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Dresdner Journal : 19.01.1861
- Erscheinungsdatum
- 1861-01-19
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186101198
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18610119
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18610119
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1861
- Monat1861-01
- Tag1861-01-19
- Monat1861-01
- Jahr1861
- Titel
- Dresdner Journal : 19.01.1861
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nenweihe einer gesteigerten Lebendigkeit entgegensetzen, welche durch die Eröffnung der Privattheater noch ver mehrt wird. — Infolge de» energischen Widerspru che», welchen die preußische Regierung zugleich im Na men Oesterreichs durch den diesseitigen Gesandten in Tu rin gegen die Aeußerung Valerio'» in Bezug auf die Stadt Triest erheben ließ, ist vor einigen Tagen dem diesseitigen Cabinet von Seiten de» sardinischen Premier-, Herrn Eavour, eine Erwiderung in den genugthuendsten und beschwichtigendsten Ausdrücken übermittelt worden, welche jene Aeußerung de» Valerio vollkommen deSavouirt. — Nach dem „D. D." befanden sich auf dem aller Wahrscheinlichkeit nach in dem japanischen Meere unter gegangenen Schooner „Frauenlob" außer den drei Seeoffizieren Leutnant» Rätzke, Franke, Reibnitz und dem Verwalter Decker 42 Mann (Unteroffiziere und Matro sen). Der Schooner war im Jahre 1849 au» den Bei trägen patriotischer Frauen undJungfrauen gebaut worden. v Weimar, 16. Januar. Wie e» scheint, wird der Ausschuß des National»erein- bei seinem nächsten Zusammentritt in Eisenach den Darmstädter Antrag mit der öffentlichen Erklärung beantworten, daß der Bund gar nicht kompetent zur Fassung der bekannten Beschlüsse über das BereinSwesen sowohl, wie über die Presse und über die Aufhebung der Grundrechte gewesen. In die ser Richtung ist bereit- auch eine Versammlung der hie sigen Mitglieder deS NationalvereinS übereingekommen, in der Eisenacher Versammlung eine Resolution folgen den Inhalt- zu beantragen: „Der Bundettag hat unter dem LZ. August lttül, dem 6. Juli 18L4 und dem 13. Juli I8L4 Beschlüsse über Aufhebung der Grundrechte in den Sinzelstaaten, über Verhinderung des Mißbrauch« der Presse unb über da« Bereintwesen gefaßt, welche unzweifelhaft außerhalb seiner Eompetenz liegen und dir Verwaltung und Gesetzgebung der Einzelstaaten nicht binden k-narn. Es ist deshalb die Pflicht jeder deutschen Volksvertretung, mit allen ver fassungsmäßigen Mitteln darauf hinzuwirken, daß dir auf Grund jener Bundeslagsdeschlüsse erlassenen Gesetze und Verordnungen wieder außer Kraft gesetzt werden/' 8 Frankfurt, 15- Januar. Eine durch verschiedene Blätter gewanderte Frankfurter Notiz, welche sich über den zu erwartenden Bericht der vereinigten Ausschüsse in der Elbherzogthümerangelegenheit verbreitet, will wissen, derselbe werde von Schleswig ganz absehen und, mit andern Worten gesagt, im Wesentlichen nur entschiedener die Forderungen und Bedingungen des Bundesbeschlusses vom 8. März 1866 wiederholen. Daß die Bundesversammlung sich nur mit der Wahrung der Rechte der Herzogthümer Holstein und Lauenburg be fasse, daß es Hingtgen eine besondere Aufgabe der Groß mächte sei, im gegebenen Falle der Opportunität für die wohlstipulttten Rechte Schleswig- sich zu bemühen, ist eine bekannt« Sache. Was jedoch Holstein und Lauen burg betrifft, so dürste der zu erwartende Bericht sich keineswegs auf eine entschiedene Wiederholung deS Frü hem beschränken. Er dürste wohl von der Ansicht auS- gehen, daß die Regierung Dänemark- die Bedingungen nicht erfüllt hat, unter welchen die Bundesversammlung in ihrem Beschlüsse vom 8. März 1860 die Erecutive sistirte, und somit keinen Grund mehr habe, die Fort dauer der Sistirung zu beantragen. Das wäre denn doch etwa» wesentlich Neues. Sodann aber auch dürste der Bericht wohl auch eine Frist beantragen, innerhalb welcher der Bund der Erfüllung seiner, im Rechte der Herzogthümer begründeten Forderungen entgegenzusrhen hätte. Da» wäre ein weitere-, wesentlich neue» Mo ment in dm Verhandlungen über die Elbherzogthümer- frage. Hätte man von dem Berichte Nicht- zu erwarten, als DaS, waS die durch verschiedene Blätter gewanderte Frankfurter Notiz verheißt, dann würde man damit in Kopenhagen wohl sehr zufrieden sein. Bon der Elbe, im Januar. Der „Weser-Zeitung" wird geschrieben: In öffentlichen Blättern, namentlich in dänischen Zeitungen, war vor einiger Zeit die Rede da von, daß die dänische Regierung im Begriff stände, einen Herrn Hansen die Concesston zur Anlage eine-, daS Her- zogthum Holstein durchschncidenden Canals zu ertheilen, vermittelst dessen es selbst den größten Schiffen ermög licht würde, die beschwerliche Fahrt durch das Kattegat zu vermeiden. Weniger hat bisher über die Bedingungen verlautet, welche die dänische Regierung an die Erthei- lung dieser Concesston geknüpft hat. Diese Bedingungen sind durch ein Rescript de» Ministeriums für die Her zogthümer Holstein und Lauenburg vom 25. August v. I. zur Kenntniß deS Herrn Hansen gebracht worden. Es dürste Ihre Leser interessirrn, daß die dänische Regierung für die zu ertheilende Concesston keinen geringem Preis sich ausbedingt, als die völkerrechtliche Anerkennung der Neutralität des grsammten holsteinschen Gebiete». Paris, 15. Januar. E» find wieder mehrere Bro schüren erschienen. Vor Allem ist die von Cayla zu zu erwähnen „ba kraneo »ans le ?ape", eine weitere Durch führung der in seiner frühem Broschüre „l.e Pape et I'kmpereur" angeregten Idee der Lostrennung der fran zösischen Kirche von Rom. Die Titel der beiden andern lauten: „l?kxlise et I'inslruelion primaire ü la eampaxne" und „l-e roi «le IVaples krsnyoi» II. et I'Lurope". E» wird in der letzten zu Ehren und zu Gunsten Franz II. der italienische Bundesstaat aufs Wärmste empfohlen. l. 6. Neapel, 11. Januar. Die Stimmung ist hier fortwährend eine sehr unheimliche. Bei Einbruch der Abenddämmerung werden alle Wachtposten verstärkt, und die Volksquartiere durchziehen zahlreiche Patrouillen, welche jede Versammlung von mehr al» sechs Personen auf der Straße auflösen. In einem Hause in Vico-di- S- Andrea hat die Polizei nach Waffen geforscht, ohne aber etwa- gefunden zu haben. Gestern wurde ein Schmied verhaftet, der Lanzenspitzen verfertigte, ohne sich auswcisen zu können, wer sie bestelle. — Die Gast höfe und Miethwohnungen werden von der Polizei sehr strenge überwacht, da viele Bourbonische Emissäre aus dem Römischen über Terracina nach Neapel gekommen sein sollen. — Wie man mir mittheilt, soll die Unter suchung gegen die vcrschwornen Generale Barba- lunga, Polizzi und Consortcn bereit» begonnen haben. Im Ganzen befinden sich 42 Angeklagte in den Händen der Justiz, darunter auch ehemalige Unteroffiziere der neapolitanischen Armee, Invaliden und mehrere Bürger. Di« Anklage lautet auf VaterlandSverrath und Versuch zur Rebellion. — Aus den Provinzen lauten die Nachrichten noch schlimmer. Die Bewegung, an deren Spitze La Grange, Georgi und Ehiavoni stehen, ist noch keineswegs unterdrückt, ja sie macht vielmehr in den Bezirken von Avezzano, Filletino, Vale-de-Ro vetto und Carsoli Fortschritte. JnhTagliacozzo hat man eine Proclamatjion de» Jnsurgentenchef» La Grange aufgcfangen, die im Wesentlichen folgender maßen lautet: „An dir tapfrrn Bewohner d'rr Xbruzzen! Wir Haden uns erhoben, um den Thron unser« rechtmäßig«» Fürsten, unsre Heist,« Religion, unsre Geschichte, unsre Sitte zu verthri« digen. Dieser Kampf ist rin heiliger, heroischer, und Derjenige, 62 der nicht daran Lheil nimmt, ist ein Feigling und VrrrLeher. Abruzzeser! Ihr führt trefflich di« Büchse, in eurer Brust schlägt rin gottesfürchtiges, tapfere« Herz! Auf -egen den Feind! Wenn wir uns mit unfern tapfrrn kriegsgewohnten Schaaren eurer Städte, Dörfer und Weiler nähern oder in rurei Thäler kommen, soll von allen Lhürmen und Bergspitzen da« Signal »um Kampfe ertönen- Vertraut auf mich, ich werde bald unter Euch sein! Unser Feidgelchrst ist: Ustr di« heilig« Religion und unfern Kö nig! Gegeßen im Lager bei St. Stefan» am>7. DeeemberI8k0. La Grauge, Oberst." Au» Galerno, 11. Januar, wird dem „Jndipen- dente" geschrieben: In den Bezirken von Pagltara, St-rgi und G. Mango haben sich die Landl rate zusamMen- gerottet und sich unter Vortragung der tricoloren Na- lionalfahne — um jede politische Verdächtigung zu ver meiden — zu den ersten Gutsbesitzern begeben, von wel chen sie da» Getreide billiger verlangten, al» eS im Zollhause verkauft wird. — Jndeß sprengte die Ra- tionalgarde und eine Abthrilung de» 53. Linienregiment» die Versammlung sofort auseinander, wa» in derselben einen peinlichen Eindruck hervorbrachte. l. 6. Ctzteti, 7. Januar. I» Villamagna dauern die tumultuarischrn Auftritte fort. Ein Thril der Be wohner beschloß, den Reaktionären entschiedenen Wider stand entgegen zu setzen, und steckte zum Zeichen de» Kampfes auf Leben und Tod die rothe Cocarde auf. Dir» wurde aber von der Nationalgarbe mißverstanden, und es kam zu einem Conflict, wobei Mehrere ver wundet wurden — In Casale fand gestern (6. d. M.) ein reactionärer Au-bruch statt, der aber nicht von fremden bewaffneten Banden, sondern von den Bewoh nern selbst au-ging. Der Ruf; „viva kraaoesoo!" gab da» Zeichen zum Kampfe. Die Aufständischen griffen die Hauptwache der Nationalgarde an, welche im Vereine mit einer Abtheilung Linientruppen unter dem Befehle de» General» Pinelli die Sicherheit handhaben sollte. Da» Gefecht dauerte volle zwei Stunden, wobei e» viele Todte und Verwundete gab. Die Nationalgarde mußte sich über Hal» und Kopf (preeipitvssmenle) nach Chieli zurückziehen, wie man sagt, wegen Mangel an Munition. — ES heißt, daß das Corps deS Generals Pinelli be deutend verstärkt werden soll. Turin, 15. Januar. (W Z.) Das allgemeine Wahl resultat scheint der liberalen Partei günstig zu sein. Die vier Candidatcn für Turin sind: Cavour, Minghetti, Cassinis und Chiavarina. — Piemont leitet mit Per sien Unterhandlungen betreffs eines Handelsvertra ges ein, namentlich wegen freier Ausfuhr der Seide. — ES heißt, die piemontesisch« Regierung beabsichtige in Paris ein Generalkonsulat zu gründen. — Die Bri gade Pisa ist in Genua angelangt und geht unverzüg lich nach Neapel ab. Madrid, 15. Januar. (Jnd.) Die Marokkaner haben erklärt, daß sie bereit seien, 40 Mill. Realen zu bezahlen. — ES werden demnächst Maßregeln ergriffen werden, um der Auswanderung nach Amerika Ein halt zu thun. Landtagsverhan-lungen. Erste Kammer. XXlV.öffentl. Sitzung. Donnerst.,17. Jan.,Dorm.1lUhr. Am Ministcrtische anwesend die Herren: SiaatSmini- ster vr. v. Falkenstein, Geh. Rath vr. Hübel und geh. Kirchenrath vr. Gilbert. Auf der Tagesordnung befindet sich die fortgesetzte Berathung deS Entwurf» einer Kirchenordnung. Bei 8> 81, worin der Geschäftskreis der Konsistorien angegeben wird, beantragt Bürgermeister Müller zu dem Satze 1b. in Betreff der obern Aufsicht über die Geistlichen und Kirchendiener einen Zusatz deS Inhalt»: „daß die von den Superintendenten einzureichendcn Be richte (8. 76), soweit sie einen Tadel der Geistlichen und Lehrer enthielten, den Betreffenden auf Verlangen mit- getheilt wütden." Der Antragsteller erklärt, er sei eigent lich ganz gegen diese sogenannten Conduitenlisten, habe aber versäumt, bei 8- ?6 deshalb einen Antrag zu stellen und wolle nün insoweit dies wieder gut machen, daß er dieselben den Betreffenden zugänglich mache. Es solle hierin kein Mißtrauensvotum gegen die Superintendenten liegen, aber Jrrthümer seien doch leicht möglich in die sen Berichten, namentlich bei den mitunter vorhandenen weiten Entfernungen de» Superintendenten vom Geist lichen, und deshalb müsse den nachtheiligen Folgen etwaiger Jrrthümer möglichst vorgebeugt werden. Sein Antrag sei aber auch ein Vertrauensvotum für die Geistlichen und Lehrer, welche im Ganzen sich desselben doch wohl würdig bewiesen hätten. Bürgermeister Hennig: Er trete dem Anträge gern bei, weil dadurch ein deprimiren- dc» Gefühl von Geistlichen und Lehrern genommen werde. Da» Urtheil der Superintendenten, weil nur von ihnen ausgehend, sei doch immer nur ein einseitiges und es wäre deshalb dafür zu sorgen, daß sich die Bettoffenen auch vertheidigen könnten. Freiherr v. Schönberg- Bibra n: Auch er sehe in dem Anträge einen Act der Gerechtigkeit und glaube, derselbe werde eine Verstän digung zwischen Geistlichen und Oberbehörden nur befördern. Staatsminister vr. v. Falkenstein: Regelmäßige Con- duitcnlisten, wie sie der Antragsteller im Sinne zu haben scheine, cristirten gar nicht. Es handle sich lediglich um Mittheilungen, welche au» den Erfahrungen der Super intendenten bei den Revisionen sich ergäben. Natürlich känsin darin auch vorgefundene Mängel zur Sprache; wären sie erheblich, so veranlasse das Ministerium weitere Erörterungen und befrage die Betreffenden deshalb, welche somit schon Kenntniß von den Berichterstattungen erhiel ten. Uebrigen» zeige die Erfahrung, daß zwischen Su perintendenten und Geistlichen ein amtSbrüderlicheS Ver- hältniß bestehe, das sich auch in den persönlichen Ver nehmungen zwischen ihnen kennzeichne. ES bedürfe des gestellten Anträge» nicht, um Offenheit in diese» Ver- hältniß zu bringen. Jndeß wenn großer Werth darauf gelegt würde, so wolle er ihm nicht gerade widersprechen. Bürgermeister Müller: Er sei für diese Aufklärungen dankbar, halte aber in Bezug auf die im 8- 76 für den JahreSschluß regelmäßig angeordnete« Berichterstattungen seinen Antrag doch für nöthig. StaatSmin. lft. v. Fal- kenstcin: Zwischen Conduitenlisten einerseits und JahreS- oder RevisionSbrrichten andererseits sei doch ein sehr großer Unterschied. Bürgermeister Müller: Sein An trag bezwecke nur, den Geistlichen, die angegriffen, Ge legenheit zur Verthridigung zu geben. Frhr. v. Welck: Um den Zweck deS Antrages zu erreichen, wäre e» wohl besser gewesen, schon bet 8- 76 gegen die Verbreitung der Berichte auch über die „BerufSthätigkeit" und da» „Verhalten" der Geistlichen und Lehrer zu stimmen. Da dir» einmal angenommen, scheine der Müller'sche Antrag durch die Erklärungen de» Herrn CultuSministrr» un- nöthig gemacht. Bürgermstr. Henaig: Er halte deshalb den Antrag nur um so wichtiger. Freiherr v. Welck: Prak tisch würden die Folgen de» Müller'sche« Anträge» die sein, daß die Superintendenten sich künftig schwer ent schließen würden, überhaupt etwa» zu tadeln, oder dies nur in mehrdeutiger Weise thäten. Oberhofpredtger vr. Lirbner: Auch er besorge, daß der Antrag den Oder behörden die Hände zu sehr binde und das Vertrauens verhältnis lockere. Bürgermeister Koch: Wenn virld«« tige Berichte erstattet würden, so biete dagegen der iMl- ler'sche Antrag in sich selbst die Aufklärung. Referent Freiherr v. Friesen: Er sei mit dem Anträge wohl ein verstanden, aber wenn die BetheUigten erst „auf verlan gen" Kenntniß tadelnder Berichte erhalten sollten, so frage er, wie solle denn Jemand wissen, ob er getadelt sei; bes ser diese Worte blieben aus. Bürgermeister Müller: Damit sei cr gern einverstanden. StaatSmin. Vr.v. Fal ke n st ein: Da das ganze Verfahren deS Kirchenregi- meutS schon jetzt völlig dem Anträge entsprochen habe, würde der Ausfall dieser Worte die Obcrbchörde noch mehr beschränken und das Vertrauen zwischen Super intendenten und Geistlichen würde gefährdet werden, da der Geistliche dann auch von manchen unwesentlichen Din gen, die sonst auf sich beruhen blieben, in Kenntniß ge setzt werden müßte. Bürgermeister Müller: Er wolle nunmehr diese Worte im Anträge beibehalten. — Bei der Abstimmung wird 8- 81 mit den durch die Be schlüsse bei den früher» Paragraphen deS Gesetzes sich nöthig machenden Abänderungen, sowie der Müller'sche Antrag einstimmig angenommen. 8. 82 findet ohne Debatte einhellige Annahme. Mit 8- 83 beginnt das Capitel vom Obercon- sistorium. Diese neue Behörde an Stelle des jetzigen LandeSconsistoriums soll nach der Vorlage „zur Vertre tung der Kirche im Allgemeinen und als höchste Instanz für alle innern kirchlichen Angelegenheiten, welche die Glaubenslehre, den Gottesdienst, den kirchlichen Religions unterricht und die Verwaltung des geistlichen Amtes be treffen" errichtet werden und unter einem recht-gelehrten Präsidenten au- zwei geistlichen und rechtsgelehrten welt lichen Räthen bestehen. „Der erste Geistliche — sagt 8. 83 weiter — ist der jedesmalige evangelische Oberhosprediger. Hierüber werden noch vier außerordentliche Beisitzer, zwei geistliche und zwei weltliche, bestellt, welche zur Berathung und Beschlußfassung über besonder- wichtige Angelegen heiten, namentlich für solche, die das Wohl der ganzen evangelisch - lutherischen Landeskirche betreffen, oder auf dasselbe entschiedenen Einfluß haben können, nach dem Ermessen deS Präsidenten oder auf den Beschluß des Col legium», oder auf Anordnung deS Ministeriums de» Cul- tuS zugezogen werden. Dieselben haben dann mit den ordentlichen Räthen des KberconsistoriumS gleiches Stimm recht. Zu den mit den Superintendenten anzustellenden Colloquien, zu den Prüfungen von Geistlichen und^Can- didaten der Theologie, an welchen beide geistliche Räthe des Oberconsistoriums Theil zu nehmen haben, können noch andere außerordentliche Beisitzer für immer oder in einzelncn Fällen zugezogen werden." Der Deputatiousbericht will nun den Wirkungs kreis diese- Oberconsistoriums bedeutend erweitert wissen und auch die Verwaltung der äußern kirchlichen Ange legenheiten in der Hauptsache dem CultuSministerium ent nehmen und auf da- Oberconsistorium übertragen. In den folgenden Paragraphen des Gesetze» wird diese Absicht von der Deputation durch eine entsprechende Vertheilung der Geschäfte näher durchgrführt. Bei 8- 83 beantragt die Dcputarion, ihrer Ansicht entsprechend: im ersten Satze statt „für alle innern kirchlichen Angelegenheiten" zu sagen: „für alle kirchlichen Angelegenheiten"; sowie den Wegfall des ganzen folgenden Zwischensätze» von „welche die Glaubenslehre" bis „geistlichen Amtes betreffen"; ferner eine Abänderung dahin, daß die Zuziehung außer ordentlicher Beisitzer nicht „auf Anordnung de» Kultus ministeriums" geschehen könne, sondern daß gesagt werde: „auf Anordnung der in Lvsngeiiei» beauftragten Staats minister". An die Entscheidung dieser Frage über den Umfang der Kompetenz des Oberconsistoriums und die Stellung deS Kultusministeriums zum Kirchenregiment, knüpft sich die Erledigung nicht nur der Capitel über das Oberconsistorium und da» CultuSministerium, son dern auch die Entscheidung über mehrere, bis jetzt in der Berathung ausgesetzte frühere Paragraphen des Ge setzes. Der Deputationsbericht begründet seine Vorschläge vorzüglich auf die früher« ständischen Verhandlun gen und Anträge, aus denen er das Ergebniß ent nimmt, eS habe sich darin die Absicht ausgedrückt, eine kirchliche Oberbehörde zu gewinnen, welcher Alle», WaS nicht zur verfassungsmäßig vorbrhaltcnrn landesherrlichen Kirchengrwalt gehöre, zu übergeben sei. Staatsminister Vr. v. Falken stein: Er wolle die Ansichten darlegcn, von denen da» Ministerium bei der Abfassung dieses Kapitels der Vorlage ausgegangrn sei. ES komme hier wieder die Frage, ob eine Trennung der Kirche vom Staate durchführbar sei, zur Verhandlung, und er weise darauf hin, wie auch die jetzigen Kammer verhandlungen ergeben, daß eine konsequente Durchfüh rung dieses PrincipS unmöglich sei. Die Deputation, welche diesem Principe hier Rechnung tragen wolle, müsse zugeben, daß die Sache praktisch viel schwerer fest- zustellcn sei, als die Anerkenntniß eines allgemein an sich richtigen PrincipS zu erlangen. Seit nun länger al» 20 Jahren habe in kirchlichen Dingen eine große Un ruhe geherrscht. ES sei eine Gemeindeorganisation ver mißt, sowie «ine oberste starke Behörde, und dies mit Recht. Man habe nun Vorschläge und Versuche ge macht, um diesen Wünschen zu genügen, ohne daß dies möglich gewesen sei. Was folge daraus? Daß man im mer blo» nach einzelnen Seiten hin gesehen, bald die Kirche, bald die Kirchengesellschaft berücksichtigt und darüber den Zusammenhang des Ganzen nicht im Auge behalten habe. Die Vorlage versuche nun den Zusammenhang in der Wechselwirkung der Institute zu erreichen. Die Kirchen gesellschaft solle eine Vertretung gewinnen und eine oberste Behörde solle geschaffen werden, welch« in inner« kirch lichen Dingen unabhängig vom Staate dasteht. Au der jetzigen Stellung de» CultuSministerium- habe man vor züglich auSzusetzrn gehabt, e- könne die Kirche unter drücken, die wichtigsten Angelegenheiten betreff- CultuS, Lehre und Amt befänden sich in der Hand eines Man ne-, der nicht an «in Collegium gebunden sei, und die Parität der Confesstonrn werd« dadurch verletzt, daß da» CultuSministerium, welche» eine solch wichtige Stellung in der evangelischen Kirche einnähme, bezüglich der an dern Ktrchengrsellschaften nur die staatliche Oberaufsicht au»übe. E» sei in Alledem viel Wahre-, und darum habe eben die Regierung den Vorschlag gemacht, eine oberste Consistorialbehörd« zu schaffen, welch« die innern Angelegenheiten der Kirche zusammenfaffe, während der Staat nur die äußern behalte. Hierdurch würde da» nothwendige Gleichgewicht zwischen Kirche und Staat her gestellt. Gehe man noch weiter und gebe, wie die De putation wolle, dem Oberconsistorium auch die kirchen gesellschaftlichen Rechte, so möge man sich fragen, ob nicht die Gefahr gegeben sei, daß der Älaßt durch hie Richtungen der Kirche Schaden leiden »Nne und nun seinerseits unterdrückt werde- Nach den Vorschlägen der Deputation würde der Staat jeden Einfluß auf die Kirche verlieren, und sei dir» schon bedenklich, so wurde auf der andern Seite auch der Kirche der Nachthetl er wachsen, daß der Staat sie nicht mehr schützen könne. In formaler Beziehung sei ferner hervorzuheben, wie r» mit der Verantwortlichkeit für di« au» Staatskassen ge schehenen Bewilligungen für die Kirche werden soll«. Der Chef einer kollegialen Behörde, wie da- Oberconsisto- rium, könne nicht wohl den Ständen verantwortlich sein, und der Cultusminister ebensowenig, da er ja nicht mehr darüber verfügen könne. Zu einzelnen GeschäftSthrilen bemerke er noch, daß z. B. bei Stiftungen Rücksichten vorkämen, die da» Oberconsistorium bei seiner isoltrten Stellung gar nicht kennen könne. Sodann würde durch Uebergebung eine» großen TheileS de» Schulwesens an da- Oberconsistorium nur da» gesammte Schulwesen au»- einandergerissen. Die dem Oberconsistorium gebührende Betheiligung bei der Leitung des Religionsunterrichte» sei in der Vorlage gewahrt; wenn aber Universität, Gym nasien und Realschulen dem CultuSministerium verblie ben, Seminare und Elementarschulen dagegen dem Ober- conststorium anheimfallen sollten, so würde ein Schul system auSeinandergeriffen, welche- doch die trefflichsten Früchte für Sachsen getragen habe. Man möge doch hier den Grundsatz „Schritt vor Schritt" einhalten, um vor Rückschritten bewahrt zu bleiben. Die Vorlage biete die größten Fortschritte bezüglich der Gemeindevertre tung, der Synode und der Uebergabe der innern kirch lichen Angelegenheiten an eine oberste kollegiale Behörde. Nun möge man erst abwarten, wie diese verschiedenen Organe sich einlebtrn und bewährten- Erst nach ge wonnenen Resultaten könne man fragen, ob noch weiter zu gehen sei. Man solle auch nicht vergessen, daß e» verschiedene Richtungen in der Kirche gebe, und dgß dir Kirche in die Lage gebracht werden könnte, rin Anleh nen an den Staat wünschen zu müssen. Bürgermeister Koch: Im Allgemeinen mit der Depu tation einverstanden, sei cr doch in einzelnen Puntten anderer Ansicht. Er wünsche z. B., daß da- gesammte Schulwesen dem Kultusministerium verbleiben solle. Staatsminister Frhr. v. Beust: Er knüpfe Da-, Wa rr heute zu sagen habe, an die Worte, welche er zu Be ginn dieser Berathungen gesprochen habe. Damals habe er darauf hingrwiesen, daß durch diese Vorlage die Grund lagen deS Verhältnisses zwischen Staat und Kirche nicht erschüttert werden sollten, aber daß es sich darum handle, solchen Auffassungen zu begegnen, wonach die Regierung auf die innern Angelegenheiten der Kirche politische Einflüsse auSüben könne. Eine Unabhängigkeit der Kirche für alle Fragen deS Glaubens und der Lehre würde am entschiedensten herausgestelll, wenn daS Oberconsistorium am wenigsten mit persönlichen Angelegenheiten der Geistlichen zu thun habe. Andererseits habe der Staat wichtige Gründe, keine Um gestaltung deS bestehenden Verhältnisse- vorzunehmen, welche leicht zu Störungen und Reibungen zwischen Kirche und Staat führen könnte. Er weise hierbei ausdrücklich auf die DiSciplinargewalt hin, weil er daran denke, wie in Bezug auf politische Bewegungen sich Ansichten fest stellen könnten. Er bemerke zum Voraus, daß e» nicht Absicht der Regierung sei, strengere Grundsätze in Bezug auf die DiSciplinargewalt in dieser Beziehung jetzt ein treten zu lassen. Die Haltung von Geistlichen und Beamten ffei auch so beschaffen, daß derartige Ge danken nicht aufkommen könnten. Vielleicht finde man ' es mißlich, jetzt auf diesen Punkt hiuzuweisen, allein Gesetze und Verfassungen würden auf die Dauer gemacht und eS komme darauf an, daß die Grundsätze, wäche die Ordnung des Staates verbürgten, darin Gewähr finden. Politische Bewegungen — er meine da- im Allgemeinen und denke weder an revolutionäre noch an Reformbrwe- gungen.— machten e» gerathrn, in Bezug auf die Bethriligung öffentlicher Diener bestimmte Grund sätze festzustellen. Die Zeitumstände wechselten und verschiedene Grundsätze würden dabei geltend werden, je nachdem die politische Bewegung sich innerhalb gesetz licher Schranken hiette und gesetzliche Zwecke verfolge oder zu Ausschreitungen führe. Aber ein- sei dabei oberste Bedingung: die Harmonie und Coasequenz in der Anwendung der Grundsätze, und in dieser Beziehung sei eS nicht einerlei, ob eine unabhängige Korporation mitwirke, die nach keiner Seite eine Verantwortlichkeit habe. Sie könne entweder milder verfahren, al» die Regierung und dann sei die Aufgabe der letzten» sehr erschwert, oder sie »erfahre strenger und auch daraus werde sich für das Ganze-eine empfindliche Störung ergebe«. Er verweise darauf, daß daS Verhältniß zwischen Obereon- sistorinm und CultuSministerium, wie eS nach der Vor lage sich gestatte, Aehnlich«- in der Justiz finde. Auch daS OberapprllationSgericht würde befähigt sein, die DiSciplinargewalt über Justizbeamte auSzuführen, aber nie sei ein Gedanke daran aufgckommen. Man sage, daß die alte Consistorialverfassung wieder gewonnen werden solle; aber das alte Consistorium sei faktisch eine Staats behörde wir daS CultuSministerium gewesen, und sodann hätten die damaligen ruhig dahin fließenden Zeiten gar keine Ähnlichkeit mit der politischen Beweglichkeit unsrer jetzigen Zeitverhältaiffe. Es erinnere ihn da» daran, daß 1848 selbst die konservativsten Geister Beruhigung in der Idee vom Reiche und einer Reich-Verfassung gesucht und so an dem Aufbau einer Verfassung mitgewirkt, welche vom alten Reich nicht- al» den Namen hatte und welche entwed«r unausgeführt bleiben mußte, oder, wenn sie ausgeführt worden wäre, di« Zustände nicht befestigen konnte. Er wiederhole, daß nicht von beabsichtigten Maß regeln die Rede sei. Daß der geistliche Stand an sich nicht gegen Verirrungen auf dem politischen Gebiete schütze, habe da» Jahr 1848 gelehrt. Freilich hätte der jetzige Organismus auch nicht dagegen geschützt, aber die Vorgänge von 1848, wo Alle» au- den Fugen gegan gen, könne er nicht al» maßgebende Entscheidungen be trachten. Referent Frhr. v. Friesen: Man müsse in dieser Sache störend« Nebengedanken fern Halts«. Persönliche Rücksichten und solche auf geradr bestehende Verwal- tungSzustände wären freilich nicht maßgebend für die Deputation gewesen, sie hätte vielmehr di« Güte der be stehenden Verwaltung gern anerkannt. Die gute, treue und gewissenhaft« Leitung de» CultuSministertnrn» sei hoch zuschätzen und der Aufschwung de» kirchliche« Leben» an- zuerkeunrn; allein e» handle sich irr einer so wichtigen Angelegenheit vor Allem um Grundsätze. Die Richtig keit derselben sei von bedeutenden Autoritäten zugestan den und selbst der Herr Kultusminister habe die» so eben gethan. Sei der Grundsatz aber einmal richtig, warum solle man sich nicht über die Ausführung einigen können. Die Bildung einer obersten kollegialen Behörde, welche di« Kirche vollkommen vertrete, sei schon früher von den
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