Dresdner Journal : 18.05.1862
- Erscheinungsdatum
- 1862-05-18
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186205182
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- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18620518
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1862
- Monat1862-05
- Tag1862-05-18
- Monat1862-05
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- Dresdner Journal : 18.05.1862
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Lipe<I1ti»u <ie« vre»6aer .lourn»!», Oreeäea, >t»riea»tr»s»s Kr. 7. Amtlicher Theil. DxrSdt«, 10. Mai. S«. Majrstät der König haben allrrgnädiast geruht, dem geheimen Regierungsrathe a. D. Reiche-Eisen stuck auf Schönfeld das Ritterkreuz des Verdienstordens zu verleihen. Nichtamtlicher Theil. Ueberftcht. L«lesx«»HiscHe Nachricht«». vrr Ha»-el«»ertra- mit Frankreich. m ragrtgkschichtk. Wien: Hofnachxichte«. — Prag: Feier des St. Nrpomuktages. Zustimmungsadresse an Bischof Zirsik. — Pesth: Gerücht von bevorstehen der Einberufung d«S Landtags. — Triest: Die ver schwundenen Neapolitaner. — Berlin: General v. Mllisen zurück. Die Borbereitungen zur Mobil machung eingestellt. Herr Kühlwetter. — Görlitz: Erceß. — Gotha: Nachricktrn vom Herzog. Baron v. Roppert. Bom Landtage. — Altenburg: Per souenveränderungrn in Beamtenkreisen. Paris: Zur mexikanischen Frage. Miro». Bicekö- nig von Aegypten. Die holländischen Majestäten ab gereist. —Rom: Bischofsversannnlung. König Franz. Goyon. — Turin und Mailand: Verhaftung. — Lissabon: Die Unruhen. Aus den Cortes. — St. Petersburg: Häfen geöffnet. — Warschau: Bialobrzeski zurück. — Konstantinopel: Aus der neuesten Post. — Smyrna: Die griechischen Flücht linge. — Athen: Neuer preußischer Gesandter. Dresdner Nachrichten. Provinziaiuachrichten. (Chemnitz. Löbau.) Beilage. Dresdner Nachrichten. Nekrnlog. (lw. Fr. Jul. Siebenhaar.) Gerichttvertandlnagen. (Leipzig.) Statistik Inserate. Telegraphische Nachrichten. Berlin. Sonnabend, 17. Mai^. Bei der Nach W^l der »»rite« Berliner WahlBeztrtt ist von «trv >e»sthlt vorden. Der Gearncandidat, Nit- tergntsbefitzer Bauck, erhielt 225 Stimmen. Stuttgart, Sonnabend, 17. Mai. Der „Wärt- tembergischr Staatsanzeiger" demevtirt die Nach richt der „Allgemeinen Preußischen (Stern ) Zei tung" (?), da- Württemberg die kurhesfische Regie rtmguvterstüstt habe. Im Gegevtheil habe sich Würt- temberg Bei einflußreichen Buudesgeuossev, nament- lich in Wie», für Wiederherstellung des kurhesfischen LerfaffuugSrechtS autdrücklich verwendet, auch kürz lich gegen die kurhesfische Regierung selbst fich in obiger Weise ausgesprochen. Nagnsa, Freitag, 16. Mai. Rikfitsch ist am 13. Mai von den Montenegrinern mit Sturm ge «ommcn morden. 86V Gefangene, darunter der Mrrdtr, wurden nach Cettinje abgeführt. Paris, Sonnabend, 17.Mai. Ein Telnzramm des „Mouitevr" aus Cadir bringt aus Havana vo« 3V. April die Nachricht, daß die erste Bri gade der (aus Mexico abziehenden) Spanier daselbst gelandet sei. General Prim überwache in Vera- Cruz die Einschiffung des Restes der Spanier. Mexico rüste fich zum Kriege und rufe seine Siamohner zu de» Waffen. Es sei indeß Bür gerkrieg ansgebrochrn, und man versichere, die Monarchisten hätten Lortheile davon getragen L« einer Depeschen melden da- ehemalige Ga- ribaldianer in Mailand eine Expedition nach Ti- Feuilleton. K. Hoftheater. Am 16. d. wurde ein einactiges Lustspiel von P. Henrion, „die Liebesdiplomalen", zum ersten Male gegeben. Zwei junge Männer werben darin wetteifernd um die Tochter einer der Ehelust noch nicht völlig entrückten Witwe, der eine mit Selbsttäuschung und-Beschränktheit, der andere mit überkluger Berech nung, die eine momentane Verwirrung herbeiführt. Mo tive und Situationen sind zwar nicht im Mindesten neu, aber scenisch wirksam und unterhaltend, und der Ver fasser hat Unrecht gethan, sie nicht mit mehr Esprit und Geschmack auszunutzen. Seine Behandlung ist plump und ungeschickt, und der Dialog schweift zu sehr ab vom Tone der guten Gesellschaft. Die Darstellung, an der sich Frau Bayer-Bürck und Fräulein Guinand und die Herren Deitmer und Marimilian betheiligten, war befriedigend, ohne indessen durch besondere Feinheit und Leichtigkeit der Ausführung die Schwäche des Stücks gemildert erscheinen zu lassen. Herr Deitmer muß seine Neigung beherrschen, Lustspielfiguren ins Burleske her- abzuziehrn; er bemüht sich zu sehr, Ernst v. Thalheim, der doch nicht blos von Adel, sondern auch Arzt ist, als lächerlichen Dümmling zu zeichnen. Fräulein Guinand spielte die Flora recht natürlich und angenehm: ihr Kolorit ist mannichfaltiger, ihr Nüancen sind treffender geworden. Eingetretener Hindernisse wegen mußte für Kleist'» Meistertustsplel „der zerbrochene Krug" Hollprin'S geschmackloser Scherz „Er erperimentirt" eingrschoben werden. Offenbachs Operette „Fortunio's Lied" — mit einer Umänderung des Texte», dir diesem den Pa riser kaut goüt nimmt — schloß die Vorstellung. C. B. Dresden. Im Kunstvereinslocal auf der Brühl'schrn Terrasse ist gegenwärtig rin großes geschichtliches Gemälde rol vorhatten (vgl. das folgende Telegramm). Gari baldi habe die Freilassung der verhafteten Offi ziere verlangt, aber die Regierung habe fich dessen geweigert, indem sie fest rntschloffen sei, fich nicht zwingen zu lassen, und bei den geheiligten Inter essen de» Landes die Initiative nicht ans der Hand geben wolle. Turin, Freitag, 16. Mai. Die officielle Zei tung schreibt: Die Verhaftungen Luder Lombardei (vgl. Mailand unter Tagesgeschichte) hängen damit zusammen, da- eiuiae Hundert ehemalige Baribal- diaver eine Expedition über die Grenzen beabsich tigten. Der Pöbel von Brescia habe versucht, die Gefangenen mit Gewalt zu befreien, sei aber zurück geschlagen worden. ES habe drei Verwundete und ein« Tobten gegeben. Ein Rundschreiben deS Ministers des Innern an die Präfectrn legt denselben avS Herz, beim Wiedervorkommen solcher Anschläge, welche die Sache Italiens gefährdeten, die Regierung zu un terstützen London, Sonnabend, 17. Mai. In der gestrigen Sitzung deS Unterhauses erklärte Lord Palmerston auf eine deSfallfige Interpellation: die Regierung sei bereit, dem Hause die auf die Intentionen Frankreichs hinsichtlich Mexicos be züglichen Dokumente vorzulegen Die Regierung kenne diese Intentionen Frankreichs eben einzig und allein ans der im October v I. abgeschlosse nen Convention. Von der polnischen Grenze, Freitag, 16. Mai. Rach eiuew Gerüchte hätte in War schau bei einigen höher» Militärpersonen Haus suchuug stattgefundev und sei für Einige Haus arrest angeordnet worden. General Rzewuski wird als Stellvertreter deS Generals Krisza- nowskt bezeichnet. New Aork, 7. Mai. Nach der Räumung Morktowus wurden die Conföderirten von den Unionisten bis Williamsburg verfolgt, und nach- dm» ihre Arrivregarde geschlagen worden war, ha- be« sie auch Williamsburg geräumt. Dresden, 17. Mai. Der Handelsvertrag mit Frankreich, in. Das am Schlüsse unsers vorigen Artikels (vergl. Nr. 109) aufgerollte allgemeine Bild Hal erkennen lassen, daß die Industrie des Zollvereins in 25 Jahren sehr erhebliche Fortschritte gemacht hat und daß mindestens eine starke Vermuthung dafür sprickt, dieselbe werde nach verschiedenen Richtungen hin die in Frage stehenden Ta- rifermäßigungen sehr wohl ertragen. In manchen und gerade in Bezug auf die Zahl der beschäftigten Arbeiter äußerst wichtigen Zweigen sprechen die Zahlen es ganz deutlich aus, daß eine Beseitigung von Hindernissen wei terer Expansion viel wichtiger ist, als ein Schutz gegen das Eindringen von fremden Producten. Wenn wir dies jetzt etwas specieller zu verfolgen suchen, so halten wir uns, theils um nicht zu lang zu werden, theils weil diese Betrachtung für uns zunächst die wichtigste ist, vorzugsweise an die sächsische Industrie. In erster Linie stehen aber bei uns Weberei u. Spinnerei in Wolle, Baumwolle und Leinen, nebst den sich anschließenden Zweigen der Strumpfwirkerei, der Bandmacherei, der Stickerei, der Spitzen- u. Posamentenfabrikation. Die Druckerei ist bekanntlich auf keiner solchen Höhe, als z. B. die preußische. Von allgemeinerer Bedeutung sind ferner die Fabrikation musikalischer Instrumente, man cher Gattungen von Holzwaaren, von Papier. Manche andere Industrie leistet in einzelnen Etablissements Gro ßes und Tüchtiges, aber sie kommt doch quantitativ für das Ganze nicht so in Betracht. Was die Eisenproduction anlangt, so hat sich zwar auch diese in Sachsen seit 25 Jahren etwa verdoppelt. Es ist indessen bekannt, daß dies, was Roheisen und Schienen an langt, wesentlich von einer einzigen Hütte herrührt, und daß theils die natürlichen, theils die anderweitigen Verhält nisse einer bedeutenden Entwickelung dieses Zweiges in Sachsen so wenig günstig sind, daß es sich für sächsische Hütten zu allererst darum handelt, ob sie mit den schle sischen und rheinischen Werken concurrirrn können. Sie werden also gewissermaßen erst in zweiter Linie von der Eoncurrenz des Auslandes getroffen. Es ist überhaupt daran zu erinnern, daß mancher fühlbare Concurrenz- druck, den einzelne locale deutsche Industriezweige em pfinden und bereitwillig stets auf die mangelhaften Zölle schieben, bei näherer Untersuchung von den eigenen deut schen Landsleuten herrührt, welche in einer andern Ge gend dasselbe Fabrikat unter günstigen Bedingungen oder mit mehr Geschick und Geschmack Herstellen. Die Eoncurrenz, welche unsre lausitzer Damaste, unsre tuchartigen Wollenstoffe, unsre Druckwaaren, z. Th. unsre Stickereien und Weißwaaren u. s. w. empfinden, rührt sie nicht mindestens eben so sehr von der schlesischen u. württembergischen, von der niederlausitzer und rheinischen, von der Berliner und Eilenburger, von der Ravensbur ger Eoncurrenz her, als von der englische», französischen und schweizerischen? Die Frage kann immer nur sein, ob ein Industriezweig in seinem entwickelten Zustande die Eoncurrenz vertragen kann. Zölle danach bemessen zu wollen, daß aucb Der mit Sickrrbrit und Gewinn fortfabriciren kann, der hinter seinem eigenen Nachbar zurückbleibt, wäre vergebliches Bemühen ; der ganze Vor theil würde doch nur in die Tasche dieses günstiger situirtrn oder geschickter» Nachbars stießen. Wir wer den uns also aus die Eisenindustrie hier nicht näher einlassen und bemerken nur, daß nach den Preisen frei Ruhrort für englisches Fabrikat der Zoll von 7'^ Sgr. für Roheisen immer noch 20 bis 25^, von 25 Sgr. für Schmiedeeisen (welcher erst 1865 eintreten soll) 20H>, für Kesselblecbe 16—18A» beträgt, und daß grobe Ei- senwaaren inEngland meist 1 bis höchstens 2 Thlr. per Eentner weniger kosten, als dieselbe Gattung deut sches Fabrikat hier. Nimmt man die Bezugsspesen hin zu, welche etwa Isk Thlr. im Durchschnitt betragen, so wird auch hier der niedrigste Zollsatz von 1^ Thlr. noch ausreichen, um ein Erdrücken zu verhindern. Nach den neuesten Mittheilungen Haden sich auch die Eisrnprodu- centen selbst mit einem Zolle von 8 Sgr. für Roheisen und 1^ Thlr. für Schmiedeeisen einverstanden erklärt. Sachsen ist an sich weit mehr bei der Eisenverarbei tung interessirt und namentlich bei dem Maschinen bau, dessen höchst erfreuliche Entwickelung ganz in die letzten 25 Jahre fällt und an absoluter Bedeutung bei nahe alle andern Industriezweige übertrifft. Vor 1834 bot derselbe nur einzelne Anfänge dar, 1846 beschäftigte er schon 22.50 Arbeiter und 26 Dampfmaschinen mit 208 Pserdckräften; 1856 war er auf 7000—8000 Ar beiter und 41 Dampfmaschinen mit 414 Pferdekräften angewachsen, und die letzten fünf Jahre haben eine wei tere Steigerung mit sich geführt, deren Betrag in die sem Augenblicke nicht genau anzugeben ist. Die jähr liche Gcsammtproduction beläuft sich auf wenigstens 5 Millionen. Daß derselbe in den Preisen seiner Pro dukte mit England noch nickt allenthalben gleichen Schritt zu halten vermochte (nach Rußland und Schweden con- cnrrirt er jedoch in Wollverarbeitungs u. Spinnmaschi nen erfolgreich mit England), liegt zum größten Theile an den höhern Preisen des Materials. Gegen eine Er leichterung des Bezugs seiner Materialien kann der Ma schinenbau nichts einzuwcnden haben, und wenn die Herabsetzung der Zölle auf fertige Maschinen nur nicht mehr beträgt, als die Herabsetzung der Zölle auf Eisen, werden die Verhältnisse für die Einfuhr englischer Maschinen ziemlich gleich bleiben, die Möglichkeit der Ausfuhr deutscher Maschinen nach neutralen Märkten wird aber offenbar entsprechend erhöht. Für alle ma schinenbedürftigen Industriezweige ist aber außerdem eine Verminderung der Maschinenpreise von höchster Wichtig keit, sie wird gewissermaßen eine Nothwendigkett, wenn jene Industriezweige der Eoncurrenz zugänglicher ge macht werden sollen. Der Staat ist bei der bisherigen Gestaltung der Masckinenzölle stets in der Lage gewesen, bei Einfuhr solcher Maschinen, welche der vercinslän- dische Maschinenbau nicht ausreichend oder gar nicht lie sert, wie Flachsspinnereimaschinen, Papiermaschinen, ge wisse Gattungen mechanischer Webstühle, Kämmmascki nen rc. mehr oder minder bedeutende Erlasse an Zöllen gewähren zu müssen, und selbst die Maschinenfabrik»« ten haben bei Bezug neuer Maschinen zum Rachbau stets solche Begünstigung beansprucht. Diese Opfer der Staatskasse werden künftig kaum mehr nöthig sein. Der inländische Maschinenbau hat aber bei Zöllen, welche selbst von 1865 ab, einschließlich der Bezugsspesen, eine englische Maschine in Deutschland immer noch um 6 bis I6N (der dermaligen Preise in Ehemnitz gebauter Ma schincn von 12 bis höchstens 40 Thlr. per Eentner), je nach Qualität der Maschine, vertheuern, schwerlich Wesentliches zu fürchten. Was nun die Verarbeitung der spinn- und webba ren F-sern anlangt, deren verschiedene Richtungen die große sächsische Industrie bilden, so müssen wir von vorn herein die Spitzen, die Handstickereien, die feinern Posamente u. dergl. ausscheiden, deren Durchschnitts werth so hoch ist, daß in der That praktisch darauf nicht viel ankommt, ob der Zollsatz 10 oder 20 Thlr. höher oder niedriger ist. Da diese Waaren so wenig ins Ge wicht fallen, ist nicht einmal die Finanzsragc bei Herab setzung der Zölle von Bedeutung. Letzteres ist weit mehr der Fall bei den Sei den waaren, deren 5000 6000 Eentner jährlich betragende Einfuhr in den Zollverein «gegen 17,000 Etr. Ausfuhr) 500,000-600,000 Thlr. Zolleinnahmc lieferte. Wir glaube» nicht, daß die Ein fuhr an Seidenwaaren infolge der Herabsetzung des Zolls von 110 Thlr. auf 50 und später 40 Thlr. eine solche Vermehrung erfahren wird, um diesen Ausfall zu er gänzen; selbst wenn dies der Fall wäre, würde die Ein fuhr an Seidcnwaaren immer noch nicht der Ausfuhr gleich kommen. Die Erzeugung reiner Seidenwaaren ist in Sachsen zu wenig entwickelt, als daß man nach säch fischen Verhältnissen den Grad der Eoncurrenzfähigkeit dieses wesentlich preußischen Industriezweiges beurtheilen könnte. Wir wagen deshalb kein Urtheil darüber, ob mit dieser Herabsetzung in der That etwas zu weit ge gangen sei. Im Allgemeinen gehören freilich dir reinen Seidenwaaren, deren Wertd zwischen 1500 und 3000 Thaler per Eentner n«-u» schwankt, zu denen, für welche die Höhe der Zollsätze eine relativ geringere Bedeutung "hat. Die große Ziffer für die Ausfuhr zollvereinsländischer Seidenwaaren beweist, daß der Zollverein sich gewisser Genres.bemächtigt haben muß, in denen er auf neutra lcm Gebiete mit Frankreick und der Schweiz erfolgreick concurrirt, oder die ihm eigenthümlich sind. Sollte der Umstand, daß diese Waaren frei von jedem Zoll nach England und Frankreich importirt werden können, nickt einen Vorthril in Aussicht stellen, welcher die erleichterte Eoncurrenz Frankreichs und der Schweiz in faoonnirtcn und leichten Artikeln mindestens aufwicgt? 'Näher stehen uns die halbseidnen Waaren, da nach dem Zollver einstarif sckon einzelne seidene Fäden eine Waare zur halbseidnen machen, und gerade im Gebiete der wollnen und halbwollnen Waaren die Verzierung mit einzelnen seidenen Streifen oder Figuren immer häufiger und in Sachsen bekanntlich mit steigendem Glücke ausgeführt wird. Die Betracktung derselben fällt jedoch mit der der gemischten Waaren zusammen. Auch die Strumpswaarenbranche ist — so sehr sie hoffen kann, infolge der Zollfreihett in England und der Zollherabsetzung in Frankreich neues Absatzgebiet zu gewinnen, und so sehr dieses zu wünscken ist, damit sie nicht allein vom amerikanischen Markte abhängig bleibe bei der Herabsetzung der Außenzölle des Zollvereins nur wenig interessirt. Dank der in Deutschland noch sehr allgemein verbreiteten Sitte des Strickens ist für ihre hauptsächlichsten Artikel — baumwollne Strümpfe und Socken — der Zollverein nur ein sehr kleiner von I. Scholz aufgestellt, welches derselbe im Auftrag der „Verbindung für historische Kunst" vollendet hat. Der Künstler hat die Aufgabe trefflich zu lösen gewußt und namentlich sind seiner Arbeit große malerische Vor züge eigen. Wir sind arm an guten Malern, an Malern in der eigentlichen Bedeutung des Wortes, d. h. an solchen, die das Colorit beherrschen, seine Vollendung und feinste Belebung, an solchen, die in einem realistisch angelegten Bilde das realistische Princip auck in der Farbe durch führen können und sich nicht mit halben Ansätzen, mit schwankenden, matten Verwirklichungen begnügen. Je seltner man ein gut gemaltes größeres Bild hier zu sehen Gelegenheit hat, um so angelegentlicher können wir einen Besuch des Kunstvereinlocals jetzt empfehlen. Das dort ausgestellte Scholz'sche Gemälde stellt das „Banket der Generale und Obersten der Wallenstein'schen Armee zu Pilsen" dar, ein Banket, das besonders durch Schiller's „Wallenstein" populär geworden ist. Eine noch aus führlichere Erläuterung dieses Stoffes giebt uns der große Dichterhistoriograph in seiner „Gesch. d. 30jährigen Kriegs". Das Motiv des Bildes gehört aus manchen Gründen der Sphäre sittenbildlicher, nicht reiner Geschichtsmalerei an, was den Künstler rechtfertigt, wenn er in der Behand lung des Themas realistisch verfuhr, das Element der Farbe hauptsächlich betonte, sich in die äußere That voll ständig vertiefte und das unmittelbar Poetische, was an derselben haftet, zur Darstellung brachte. Das Bild läßt uns in einen tiefen, hell erleuchteten Saal blicken, wo an langen Tafeln die Offiziere der Wallenstein'schen Armee banketiren; kecke Gestalten mit charakteristischen Köpfen und in der überaus malerischen, reich gepufften und ge schlitzten Tracht des 30jährigen Krieges. Es geht stürmisch zu, vom feurigen Wein und feuriger Rede sind die Köpfe erhitzt; es war eine volle Mette, wie es in alten Be richten heißt. Im Vordergrund in der Mitte des Bildes hat sich der wilde Jlow von der Tafel erhoben und legt den Kameraden die bekannte Schrift, den berühmten „Pil sener Schluß", zum Unterzeichnen vor; in leidenschaftlicher Erregtheit drängen sich einige Offiziere herbei; während man- nichfach variirend das hier verhandelte Thema in den übrigen Gruppen an der Tafel sich fortsetzt. Im Dämmer deS Hintergrundes hallen sich zwei Kameraden umschlungen und heben begeistert ihre Degen zu dem Generalissimus empor, dessen tragische Gestalt in einem Bilde, ernst und schweigend, durch den Lichterqualm auf die bewegte Ver sammlung niederblickt. Ein Anderer, den zur Tafel musicirenden Spielleuten gegenüber, ist auf den Tisck gestiegen und hält dem Friedländer eine Lobrede. Nur eine Gruppe von drei Gestalten im Vordergründe des Bildes, wahrscheinlich Piccolomini darunter, ist ernst und bedenklich und schaut, allein nüchtern geblieben, ver wundert in das Treiben und auf die verräterische Schrift. Der Vorgang ist sehr natürlich und thatsächlich im Cha rakter der Zeit und zugleich überaus lebendig dargestellt. Vielleicht könnte die Gruppirung sich noch bedeutungs voller gliedern und die Handlung noch mehr in einer .Hauptgruppe sich gipfeln; doch, davon abgesehen, setzen sich die verschiedenen Gruppen klar von einander ab, und was die Behandlung der Farbe betrifft, so zeigt dieselbe eine seltene Vollendung, sie ist voller Saft und Kraft und dabei leicht und frei, ohne den Beigeschmack einer Manier. Prächtig sind alle Details gemalt, Alles wirkt mit greifbarer Realität, mit dem Duft und der Patina der Vergangenheit; die gut individualisirten Köpfe sind durch kleine wirkungsvolle Lasuren fein und lebendig herausgearbritet, und ebenso ist die sehr schwierige künst liche Beleuchtung im Bilde gelungen, die wie die ganze Atmosphäre der Oertlickkcit von großer Wahrheit ist. Der Künstler hätte sich die Beleuchtung erleichtern kön nen, wenn er den großen Kronleuchter durch eine Dra perie dem Auge des Beschauers entzogen hätte, was viel leicht auch noch von besserer Wirkung gewesen wäre. Jedenfalls darf man jedoch der Verbindung für histo rische Kunst Glück wünschen und Dank wissen, daß sie die Entstehung eines so trefslicken Werkes veranlaßt hat. c. ck«. Literatur. Von „Giesebrecht's Geschichte der deutschen Kaiserzeit" ist vor kurzer Zeit die erste Abtheilung des 3. Bandes erschienen, welche allen Freun dcn»der vaterländischen Geschichte um so mehr zum Studium empfohlen zu werden verdient, je weniger die seitherigen Darstellungen dieser Periode genügen. Einerseits sind hier die in neuerer Zeit theils erst bekannter gewordenen, theils ihrem Werlhe nach besser gewürdigten Quellen der Geschichte des 11. Jahrhunderts gründlich benutzt, an dererseits wird der in diesem Bande behandelte überaus interessante Stoff, die Erhebung des Papstthums und der Kampf Grcgor's VII. mit Heinrich IV. mit einer so objektiven Ruhe und in einer so schönen klaren Dar stellung zur Gestaltung gebracht, daß die in dem Kampfe der Gegensätze auch in unsrer Zeit nothwendige und be greifliche, aber die Gesckichtc oft genug entfälschende Par teileidenschaft hier keinen Anhalt findet. Gregor erscheint zwar als der geniale und energische Vertreter eines großen Princips, das damals zur Geltung kommen mußte, aber, wie die meisten großen Männer, welckc eine in der histo rischen Entwickelung reifende Idee consequent durchführen wollen, völlig unbedenklick in der Wahl der Mittel, durch welche sein Ziel erreicht werden konnte. Dagegen zeigt sich der Kaiser Heinrich trotz vieler Verirrungen seiner Jugend auch in dem ersten Stadium des Kampfes denn dieser Band geht blos bis zur Buße in Ka nossa — bei Weitem klüger und tüchtiger, als er seither nicht nur seinen ultramontanen Gegnern, sondern auch vielen durch die Afterkritik Leo'» und seiner Nachtreter verblüfften Protestanten erschienen ist. ttg.
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