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Dresdner Journal : 12.01.1865
- Erscheinungsdatum
- 1865-01-12
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186501129
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18650112
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18650112
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1865
- Monat1865-01
- Tag1865-01-12
- Monat1865-01
- Jahr1865
- Titel
- Dresdner Journal : 12.01.1865
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A. DonuerStag, den 12. Januar.1865 Limnnrmnttsprrlse: ^»drlivd: 6 Dblr. — Ikssr. io I—K—o > lm sc„Uu»6» ZLjsbrl.r 1 „ 1» ., „ „ (tritt koot ooö Wloootliek io vr»iL«o: Id K^r. s 8t«wp«l,o iXniokt» Koww»ro: 1 tixr. ) ,ekl»^ Nloro »nstratrnprristr kllr ä«o L»om «io«r erip»It«oeo 2«il«: 1 Utz«. Ilntor ,,Liox«>»oät ' 61« L«U«: 2 lkxr. erscheinen: mit Kaio.km« ä«r Sonn- n»6 r«t«rt«r». ^d«o6, Nir ä«o koi^«oä«o D»U. Dres-nerZMrnal. Verantwortlicher Redakteur: I. G. Hartmann. - Hnseralenallnohmr auswan». Lotxiiz: t'». B»mo»r«rrr», l)ou,iui«,illoile 6s» Oresäosr ckvuruul«; »d«o6»«.: 8. Lülil.!-«, L. Ivl-n««; SL-odur^-Litoo» IIn,r«,r,i^ tb Vvui.t:,^ Lsrlio: (Io<>i>lv» »siis tiuvii- K«n6i., Iturs-iu; vrswso: HI. 8vul.c>rr«i Sr«il»u. 8r»«oi!K; krouillurt ». »l.: tiuobb.; Low; Aooi.k- Bäovil»»; k»ri»! V. 1-ii-vvn»»I.« (28, ru« 6s t>oo» eotoa»); kr«^: 1«. Dunvivn'» ttnelib.; Vi»o: Lomptoir 6. k. IViener ^situu^, 8t«kitu»z>I. 867, ' Herausgeber: Lvol^l. Lrp«6itioo 6«« vr««6o«e 6ooro»l«, Or«»6«ll, Llorisoitr»»»» bto. 7. Ämtlichrr Theil. Vretdev, 11. Januar. Seine Königliche Hoheit der P!rinz Gustav von Wasa ist heute früh ^4 Uhr von Wien hier etngetrofsen und im Königlichen Palais am Taschenberge abgetreten. ' Dretdru, 2. Januar. Se. Königliche Maiestat haben zu genehmigen geruht, daß der Königlich Dänische General-Consul Carl Bcrendt Lorck zu Leipzig das von des Königs von Dänemark Majestät ihm verliehene, zum Dancbrog-Orden gehörige Ehrenkrcuz annchme und trage. Dresden, ü. Januar. ve. Majestät der König haben allergnädigst geruht, den Professor an der chirur- gisch-medicinischrn Akademie vr. Mcrbach zum Medici- nalrath« und Mitgliede deS zu errichtenden Landes-Me- dicinal Collegium- zu ernennen. Verordnung des Ministeriums des Innern, Nachträge zur V. Auflage der Arzneientare und zur kiiarnruoopoea Auxonroa betreffend, vom 14. Dezember 1864. Nachdem zu der, durch Beiordnung vom 31. März 1860 veröffentlichten V. Auflage der Arzneientare für hiesige Lande der fünfte Nachtrag und in Verbindung damit ein Nachtrag zu der, durch Verordnung vom 26. De zember 1836 veröffentlichten Lliarmaeopoe« 8,xouic» im Druck erschienen, und an sämmtliche BczirkSärzte und Apotheker deS Landes vertheilt worden ist, so wird sol ches unter Verweisung auf die ungezogenen beiden Ver ordnungen, ingleichen, waS den Nachtrag zur ?K»rm,co- poo» betrifft, auf die demselben beigedruckten Vorschriften mit dem Bemerken andurch bekannt gemacht, dah beide Nachträge in der Verlagsbuchhandlung von Rudolf Kuntze hier käuflich zu haben sind. Dresden, am 14. Dezember 1864. Ministerium des Innern. Für den Minister. (gez.) Kohlschütter. Schmiedel. Nichtamtlicher TlM° Uebersicht. Telegraphische Nuchrtchlrn Tageigeschichte. Dresden: Depeschenwechsel zwischen Preußen und Sachsen bezüglich deS Bundesbeschlusses vom 5. Dccember. — Wien: Leichenfeier der Groß Herzogin von ToScana. Prinz Friedrich Karl von Preußen. Vom Finanzausschüsse. Beschwerden der Universität. — Berlin: Wiener Reise des Prinzen Friedrich Karl. Großfürst Konstantin. Königliches Weihnachtsgeschenk an Herrn v. Bismarck. Graf Stol berg-Wernigerode -s. Proceß Jacoby. — München: Vorschriften für die Sonn- und Feicrtagsschule. — Ol denburg: Ministerresidcnt f. Berlin. — Darmstadt: Kammerverhandlungen. — Paris: Tagesbericht. — Turin: Versteigerung von Staatsgütern im Neapoli. tanischen. Kriegshafen. RepräsentattonSkosten abge schafft. Volksversammlungen. — London: Parla ment einberufen. — Kopenhagen: Landsthings- verhandlungcn. — New-Bork: Senatsverhandlun gen. Zusammensetzung deS Cabinets. Vom Kriegsschau plätze. EchleSwig-Holstein. (Errichtung einer Schiffswerfte. Militärschlägerci in Altona. Veränderungen in der Landesregierung.) Ernennungen, Bersehungen rc iw üffentl. Dienst,. Dresdner Nachrichten. Provinzialnachlichten. (Leipzig. Zwickau. LeiSnig. Schandau. Bischofswerda.) Vermischtes. Statistik und VolkSwirthschaft. Feuilleton. Inserate. Tagrlkaleiider. Börsen» nachrichten. Feuilleton. A. Hoftheater, lieber die gestern am 10. Januar nach zehnjähriger Ruhe wieder veranstaltete Aufführung von Shakespeare'- „König Richard ll." (nach W. Schlegel'- Uebersetzung für die Bühne eingerichtet von E. Devrient) seien zunächst einige Betrachtungen Otto Banck's mitgethrilt, die wir dessen eben erschie nenem Werke „Aus der deutschen Bühnenwelt" entheben: „Unser modernes Publicum", sagt der Autor bei Gelegenheit einer früher» Vorstellung „Richard'- II.", „ist durch den herrschenden Zeitgeschmack und obendrein auch durch unsre besten Dichter zu sehr an solche Stücke gewöhnt, in welchen die Geschichte höchsten- den Hinter grund bietet, während ganz andere Interessen und beson ders die Liebe zwischen beiden Geschlechter« den Vorder grund einnehmen. Selbst Goethe und Schiller haben eS Jeder nur ein, höchsten- zwei Mal versucht, von diesem Princip der Liebe-Malerei abzuweichcn. Bei Shakespeare, dem größer« und weiter in das mannichfache Terrain des Menschenleben» eingreifenden Dichter, finden wir auch et« umfangreichere» Repertoir des Sujet». Wir dürfen nur an „Lear", „Macbeth", „Coriolan" rc. denken, um die weitere Scala seiner SchöpfungSkraft mit Bewunde rung anzustaunen. Er ist der einzige Dramatiker der Welt, welcher die poetisch-menschliche Verklärung der Ge schichte künstlerisch zur Vollendung gebracht hat und beim heiligen Ernste dieses Streben» jede leichte Aushilfe durch Hereinzirhen seitabliegender Nebeniateressen verschmähte, ohne doch dabei je trocken und langweilig zu werden. Dennoch glaubt der Deutsche, e» gehör« zum guten An stand seiner herzigen EmpfindungStiefe, daß er sich ei» wenig in solchen Dichtungen erkältet fühle, in welchen nicht die schönen, jeder» Menschen zur Hand liegenden - 1.7 Telegraphische Nachrichten. London, Dienstag, 1v. Januar Abends Nach den vom „Peruviau" überbrachten Nachrichten ans New York vom 31. December setzte Admiral Por ter da« Bombardement Wilmington s fort, wäh rend General Butler, weil er den Angriff von der Landseite brr für unausführbar erkannte, nach Fort Monroe zurückgekehrt war. — Vom virgtni- schen Kriegsschauplätze war gemeldet, daß General Lee einen Angriff beabsichtige. Der General der Eonfödrrirten wurde durch die Unioutkanonenboote an der Uebrrfchreitung des TennefferfluffeS gehin dert. — In einer an die brasilianische Negierung gerichteten Note hat der StaatSsecretär Seward derselben angezeigt, daß Präsident Lincoln dir Vorgänge im Haien von Bahia nicht billige und den Capitän Collins vor ein Kriegsgericht stellen werde. Der WechselcourS auf London war in New- York 24V-H, Goldagio 127A., Baumwolle 118. Tagesgeschichlo. Dresden, 11. Januar. Indem wir nachstehend im Anschluß an den von der „Norddeutschen Allgem. Zei tung" und der „Bayerschen Zeitung" veröffentlichten, die Abstimmungen in der Bundestagssitzung vom 5. v. M. betreffenden Schriftcnwechsel zwischen Berlin und Mün chen die, in gleichem Betreff, zwischen der königl. preu ßischen und der königl. sächsischen Regierung ge pflogene Correspondenz zum Abdruck bringen, haben wir dieser Veröffentlichung eine kurze Bemerkung vorauS- zuschicken. Die nach Dresden gerichtete Depesche des k. preußischen Cabinets ist andererseits noch nicht bekannt gemacht worden, und es könnte daher uns vielleicht dazu die Berechtigung abgesprochen werden. Allein es ist zu beachten, daß, wie allgemein bekannt, die von der „Nordd. Allgem. Zeitung" veröffentlichte, für München bestimmte Depesche mit einigen, aus der Verschiedenheit in der Motivirung de- diesseitigen Votums hervorgehen den Abweichungen auch hierher gelangt ist, daß ferner in jener veröffentlichten, nach München ergangenen De pesche eine specielle Auslassung gegen Sachsen enthalten ist, gegen welche eine öffentliche Bertheidigung von Seite der sächsischen Regierung unabweisbar ist, und daß end lich in eben jener, bereit- veröffentlichten Depesche gegen sämmtliche, zur Minorität vom 5. Decemder gehörige Regierungen ein sehr ernster Vorwurf erhoben wird, und die sächsische Regierung um so mehr Werth darauf legen muß, ihre Rechtfertigung bekannt werden zu lassen, als sie es nicht von der Hand gewiesen hat, dieselbe auf eine in da- Materielle eingehende Beleuchtung der angeregten Frage zu begründen. Diese Antwort aber würde ohne Voranstellung des preußischen Erlasses theilweiS nicht verständlich sein. 1 Berlin, den 13. December 1864. Die Ergebnisse der Sitzung der Bundesversammlung vom 5. d. M. sind Ew. Hochwohlgeboren bekannt. Durch die An nahme de» preußisch-österreichschen Antrag» vom 1. December bat dic Bundesversammlung au»gesvrochen, daß auch sie die Erecu- tion in den Herzoglhüniern Holstein und Lauendurg als beendigt ansehe, und hat damit die Thalsache constalirt, auf welche die königliche Regierung sich bei ihrer nach Dresden und Hannover gerichteten Aufforderung gestützt halte; durch das gleichzeitig be schlossene Ersuchen an die beiden Regierungen zur.-Zurückziehung ihrer Truppen hat sic die au» dieser'Tbatsache sich mitNolhwen- digkeit ergebende Folgerung gezogen, und e» der königlichen Re gierung möglich gemacht, die in Presden zu fassenden Entschlüsse abzuwarten. Wir haben zu diesem Auswege uns in bundcsfreundlicher Gesin nung entschlossen, um die Gefahr einer ernstern Ver wickelung abzuwenden, welche aus einer fortgesetzten Weigerung Sachsens, die Vorschriften der Er ecuti onS- ordnung zur Ausführung zn bringen, nothwendigerweise hätten entstehen müssen; und wir begrüßen mit Befriedigung diesen Erfolg einer bi» zum letzten Augenblicke bewahrten Mä ßigung und Versöhnlichkeit. Ader wir können uns auch nicht verhehlen, daß dieser Er folg selbst, in der gedachten Bundestagssitzung, von Umständen begleitet gewesen ist, welche gerechte und ernste Bedenken hervor zurufen geeignet sind, Bedenken, aus welche wir auch die Auf ¬ merksamkeit der andern Regierungen hinzulenken uni verpflichtet fühlen. E» hat un» in der Thal befremden müssen, daß bei einem Geqenstanve, bei welchem die notorischen Thatsache« und der klare Buchstabe, wie der Geist de» Bundesrecht» so unzwei deutig die Entscheidung an die Hand gebe», sich durch die Ab stimmung der Minorität ein tiefer Zwiespalt in den Anschauungen o«r Bunvesglieder kund geben konnte. Wenn es uns allenfalls verständlich war, daß die königlich sächsische Negierung, al» unsre Aufforderung an sie gelangte, zu nächst durch ihren Antrag vom 29. November eine Erklärung des Bunde- über die Thatsache der Beendigung der Erccution her- vorzurufen wünschte, so ist c» uns schwer begreiflich, wre eine Anzahl deutscher Regierungen über diese Erklärung selbst hat im Zweifel sein und gegen den einfachen Ausspruch über die Been digung der Erecution hat stimmen können. Die Motive und Er läuterungen, mit welchen dieselben ihre Abstimmung begleitet baden, konnten die Besorgniß nur erhöhen, mit der uns jede Ver kennung des Eharakters de» Deutschen Bundes für die Zukunst desselben erfüllen muß. Wir sehen uns namentlich in der sächsischen Erklärung vom l. December, welche die königlich sächsische Regierung sich beeilt hat, zur öffentlichen Kenntniß zu dringen und von welcher ich für Ew. rc.der leichtern Uebersicht wegen eine Abschrift beisüge, vergeblich nach derjenigen Begründung in den Bestimmungen der Bundrsoerträge um, aus welche Herr v. Beust sonst Werth zu legen pflegte. Nur im Vorbeigehen will ich deS Mißverständnisse» erwähnen, welch:» sich darin kund giebt, daß der Besitztitel des Königs Christian IX. auf den Londoner Vertrag zurückgesührt — ein Mißverständlich, welche- ich gern nur in einer ungenauen Auidrucksweise suchen würde, wenn es nicht wiederholt hervor träte, und wenn nicht die königlich sächsische Regierung einen Theil ihrer Argumentation daraus stützte, daß der Deutsche Bund diesen Bcsihtitel nicht anerkannt habe. Sollte es wirklich einem Staatsmanne von dem juristischen Scharfsinne des Herrn v. Beust entgangen sein, daß der Londoner Vertrag von t852 dem Könige Christian IX. keine neuen Rechte verliehen hat, noch ver leihen konnte, sondern, daß derselbe nur das Versprechen der An erkennung derjenigen Rechte enthielt, welche für denselben ans den darin erwähnten Verzichten und aus den beabsichtigten legislato rischen Schritten des Königs von Dänemark behnss Aenderung der Thronfolge hervorgcben würden, und diese Verzichte und das Thronsolgegesetz von 1853, welches in allen Theilen der Mo narchie in formal gütiger Weise pnblicirt wurde, nicht aber die demselben von fremden Mächten versprochene Anerkennung, bil deten den Besitztitel des Königs Christian IX., und wurden durch den Beitritt oder Nichtbeitrilt irgend einer Macht zu dem Lon doner Vertrage an und für sich und in ihrem Bestehen nicht be rührt. Es ist daher leicht zu erkennen, mit wie wenig Recht die sächsische Erklärung die Aussprüche des Bunde», in welchen der selbe den Londoner Vertrag als für ihn nicht vorhanden bezeich net, dazu anwenden konnte, den Charakter der Erecution still schweigend in die dem Bundesrechte fremde Occupation zu ver wandeln Mit ebenso wenigem Recht zieht die sächsische Erklä rung zu diesem Zwecke die Vorbehalte wegen der Erbfolge herbei. Im Gegentheil beruhen diese Vorbehalte gerade aus dem Um stande, daß dieErecution gegen die Regierung König Christians IX. gerichtet war, auf welche der Besitzstand formal mit voller Be rechtigung übergeganaen war. Wir glauben nicht nölhrg zu haben, den Unterschied zwischen dem Rechte dc» vorläufigen Besitzes und dem Rechte an der Sache selbst zurückzurusen; der sächsische Herr Minister wird es kaum in Abrede stellen wollen, daß in einem solchen Falle die alten Reichsgerichte den augenblicklichen Besitzer, welcher König Christian IX. am 7. December vor. I». unzwei felhaft war, in po«»e»8orio geschützt und die übrigen Präten denten aus Geltenomachung ihrer Ansprüche in pstituriu verwie sen haben würden. Die vom Bunde verfügte Maßregel trug daher am 7. December ganz ebenso sehr, wie am l. October, den vollständigen Charakter eines Erecukionsbcschlusses; und wenn einige Regierungen, und vielleicht die königlich sächsische Regie rung selbst, dies Verhältniß schon damals verkannten, so kann das doch dem wirklich erfolgten und auf den wahren, von Preu ßen und Oesterreich geltend gemachten Grundsätzen beruhenden Bundesdeschlusse gegenüber keine Bedeutung habe». Die königlich sächsische Regierung wird vielmehr mit uns anerkennen müssen, daß die Bundesversammlung, in richtiger Würdigung jener Grund sätze, in ihrer Majorität die Occupatio» von Holstein und Lauen burg aus einem andern Titel, als dem der Erecution, ab ge lehnt und ihrem Beschlüsse den Charakter eines Erecutionsbe- schlusses mit vollem Bewußtsein gegeben hat. Durch welchen Bundesbeschluß oder durch welchen Artikel der Bundesverträge sollte nun diese Erecution in eine auf ganz an dern Gründen ruhende und anderm Zwecke dienende Occupation, die sächsisch-hannöverschen Erecutionstruppen in occupi- rende Bundestruppen verwandelt worden sein? Darüber kann sich doch wenigstens Niemand täuschen, daß dazu, wenn e» über haupt kunde-rechtlich möglich gewesen wäre, eine ausdrückliche Erklärung und Beschlußfassung de» Bundes gehört hätte, und dah diese erst hätte erfolgen können, wenn dte Erecution selbst beendet gewesen wäre, als deren einfache und stillschweigende Fort setzung die angebliche Sequestration eines Bundeslandes als hcrren- josen Gutes, dock unmöglich angesehen werden könnte. Irgend einen Titel aber hierfür auszufinden, sei es in dem ausdrücklichen Buchstaben, sei e» in dem Geiste der Bundesverlrägc, ist unmög lich; und wir sind um so weniger in der Lage, derartige Behaup tungen auch nur zu widerlegen, als nicht einmal ein Nachweis derselben, gegen welchen wir unsre Widerlegung richten könnten, Gefühle von Jüngling und Jungfrau schwellend auf ein ander loSgehen Au jenen rein geschichtlichen Stücken des großen Dich ter-, die den wahrhaften Triumph in der Kunst feiern, einen poetischen Ertract der Historie, eine Enthüllung psychologischer Vorgänge, ein Gemälde kämpfender Prin- cipien zu geben, gehört auch „Richard II." Es ist der erschütternde Sturz des KönigthumS, der Fall deS Purpur», den Shakespeare in keinem Stücke so wie in diesem zur Darstellung gebracht hat. Allerdings entbehrte diese dramatische Verklärung der realen Historie die wärmer, allseitiger ansprechenden Interessen deS rei nen, aus seine eigenen Füße gestellten MenschenthumS. Der Dichter fühlte dte- Erquisite, die Menge Erkältend« deS Stoffe-, da- denjenigen Beifall zurückhält, welcher durch die beiden höchsten Lebensnerven aller Dramen her vorgerufen wird: durch die schon erwähnte, in der deut schen Poesie so sehr vertretene HerzenSgeschichte, oder durch den Kampf für einen die Menschheit bewegenden und ihren Träger ideal erfüllenden Gedanken. Den Mangel dieser Zauberkräfte zu übertragrn, schuf der Dichter die organisch nicht zum Stück gehörige Bitte der Mutter um ihren Sohn Aumerle und die mit be sonderer Liebe auSgeführte AbschiedSscene deS Weibes vom Gatten, der Königin von Richard. Dennoch konnte er für sein große« Werk nur die Elite de» gebildeten Pu blicum» zu wahrhaftem Antheil gewinnen, weil die su blimen Eigenschaften dieser Poesie: stärkste perspektivische Verkürzung und Ausammenschiebung der historischen Er- gebniffe, ein mit Geist ungewöhnlich gepanzerter klarer Dialog der höchsten Reif«, endlich eine durch den Stoff dicttrte kunstgerechte Aufopferung aller brettern Empfin- dungSmalerrt und phantastischen Arabesken vom Audi torium weit weniger GefühlSauffaffung, al» Denkkrast feiner Rester ion verlangen. Di« erstere ist dir vtelver- breitete Tugend, wodurch der große Haufe selig wird, und wodurch er sich poetisch adeln läßt; die zweite setzt eine Ausnahmebegabung und thätige Schulung der Gei ster voraus, die man in den untersten und sogenannten vornehmsten, d. h. reichsten Kreisen des Publikums oft vergeblich sucht. Der begrenzte Erfolg, welchen „Ri chard ll." stets fand, erklärt sich hieraus zum Theil. Ich sage zum Theil, denn es Hal noch einen andern sehr allgemeinen Grund, wenn wir oft ShakeSpeare'sche Dichtungen von der Menge wie eine unsre Auffassungen zu kühn anspannende fremde Welt betrachtet sehen. Ihre Anforderungen sind Tausenden heutzutage unbequem, ja feindselig geworden. Dies ist die ebenso traurige al- natürliche Wirkung des degradirten Geschmacks, welcher seit lange in Deutschland durch zu viel seichte Vorstel lungen schwacher Werke und energische- Vernachlässigen der bessern entnervt ist. Wer deswegen auf da» Publi cum zürnt, attakirt die Wirkung statt der Ursache. Diese ist in den Erziehungsanstalten de- Geschmack-, den Büh nen selbst, zu suchen, und in der poetischen Unzuläng lichkeit der gegenwärtigen heimathlichen Dichter, den Ein fluß des industriellen Zeitgeistes ungerechnet. So geleitet, wird es begreiflich, daß sich die Theaterbesucher lieber von ihren besten Schauspielern in leichten Konversations stücken französische Pikanterien oder moderne Journal oder Trndenzphrascn vorschwatzen lassen, al» sich zum Genuss« eine» unbekannten ShakeSpeare'schen Stücke» durch aufmerksame Lektüre einigermaßen vorzubereiten. Unsre Schauspieler sind in ihrem ernsten geistigen Auf schwung ebenso herabgrdrückt, wie da- Publicum. Man kann nicht verlangen, daß sie dessen Lauheit erfolgreich in» Schlepptau nehmen. Besser vermöchte die» der immer in größer« deutschen Städten vorhandene Stamm echter Kunstfreunde und Kenner, dir al» regelmäßige Theaterbesucher viel Einfluß versucht worden ist Obne einen solchen Nachweis aber dem Bun die Berechtigung zur Einmischung in die inner» Angelegenheiten eine» der Länder beilegen, deren Souveräne dem Bunde deige- treten sind, heißt die völkerrechtliche Natur der Bundesverträge verkennen. Wäre diese Verschiedenheit der Ausfassung nur rem theoretischer Natur, so könnten wir uns damit begnügen, unsre Ansicht eonftatirt zu haben. Wir dürfen aber nicht verhehlen, daß wir in derselben eine große praktische Gefahr erblicken, aus welche aufmerksam zn machen, wir für unsre Pflicht erachten müssen. Es liegt in dem Versuche, an die Stelle der Erecution die Occupation und Sequestration der Herzogtümer zu setzen und der Bundesversammlung die Besetzung und Verwaltung derselben bis zu dem Augenblicke der definitiven Entscheidung über ihre Zu kunft zu vindiciren, eine Tendenz zur Ausdehnung der Compe- tenz der Bundesversammlung, welche in den Verträgen keinen Boden findet, und wir daher als gefährlich für das Bestehen des Bundes selbst zu bezeichnen nicht umhin können. Der Bestand de- Bundes ist auf der Achtung aller Bnndesglieder vor den sehr vorsichtig gezogenen Grenzen dieser Competenz begründet, jeder Versuch will kürlicher Erweiterung derselben berührt und erschüttert die Grund lagen des Bundes selbst. Ein Regiment von Majoritäten, wel ches an die Stelle >encr Achtung ein Princip des eigenen Be liebens setzen würde und den Anspruch machen wollte, auf unsre Politik über die Bestimmungen der Buudesvcrträge hinaus lei tend einzuwirken, könnte von uns nicht ertragen werden. Wir sind nur desjenigen Bundes Mitglieder, dessen Grundgesetze sich in den Bundesverträgen niedergelegt finden. Das Maß der Befugnisse, welche der Gesammtheit dem einzelnen Mitgliede gegenüber beiwohnen, ist durch diese Verträge bemessen und die Ueberschreitung der damit gegebenen Competenz fällt mit dem Bruche des Bundes zusammen. Jede Regierung, welche Werth aus die Vortheile und die Sicherheit legt, die ihr das Fortbestehen des Bundes gewährt, sollte daher vor Competcnz- übenchreitungen, durch welche da» gemeinsame Band zerrissen wer den kann , sorgfältig auf der Hut sein. Wir sind nicht gewillt, unsre politische Selbstständigkeit über das Maß unsrer nachweis baren Bundespflichlen hinaus beeinträchtigen zu lassen; der Ver such dazu aber würde zur Thatsache geworden sein, wenn den 6 Stimmen der Minorität vom 5. d. M. noch zwei andere hin zugetreten wären. Wir würden dann in den Fall gekom men sein, dem zu Unrecht gefaßten Beschlüsse gegen über, von der uns aus der Verletzung der Verträge erwachsenden Freiheit des Handelns zur Wahrung unsrer Rechte den vollen Gebrauch zu machen. Wir können nur wünschen, daß der königlich sächsischen Regierung über diesen unfern Entschluß für ähnliche Fälle kein Zweifel bliebe, und darum habe ich es nicht für überflüssig erachtet, auch nach dem der augenblickliche Fall durch die Abstimmung vom 5. d. M- entschieden est, auf die dabei in Frage gestellten Principicn zn- rückzukommen. Ew. rc. ersuche ich ergebens), gegenwärtigen Erlaß dem dor tigen Herrn Minister vorzulesen, und ermächtige Sie, ihm eine Abschrift davon zurückzulasscn. (gez.) ». BiSmarck. An Se. rc. Herrn v. d. Schulenburg rc. in Dre-den. II Dresden, den 25. December 1864. In der abschriftlichen Anlage theile ich Ew. rc. eine Depesche mit, welche der Herr Ministerpräsident v. Bismarck unterm 13. d. M. an den hiesigen königl. preußischen Gesandten gerichtet und welche den Bundesbeschluß vom 5. d. M. und insbesondere die vorausgcgangcne Abstimmung der diesseitigen Regierung zum Gegenstände hat. Ich habe nach deren Einsicht Herrn v. d. Schu- lendurg bereits mündlich die vielfach entgegenstehenden Ansichten der königl. Regierung dargelegt, will jedoch nicht länger anstehen, meiner Entgegnung auch eine schriftliche Fassung zu geben. WaS zunächst den Eingang des Erlasses betrifft, so darf ich aus die der königl. preußischen Regierung bekannte Erklärung Bezug nehmen, welche der diesseitige Bundestagsgesandlc in der Sitzung vom 17. d. M. abzugeben angewiesen war und welche der auch jetzt wieder versuchten individuellen Interpretation des Bundcsbeschlusses vom 5. d. M. eingehend cntgegengetretcn ist. Es dürste hiernach einem begründeten Zweifel schwerlich unter liegen, daß es für die königl. preußische Regierung nicht darauf ankam, die in Dresden zu fassenden Entschlüsse abzuwarten, wohl aber darauf, die Bundesversammlung um Fassung einer Ent schließung nach Anleitung des letzten Absatzes von Art. 13 der Erecutionsordnnng anzugehen und diese Entschließung als dic allein maßgebende zu betrachten. Die diesseitige Regierung, welche ihrerseits diesen bundesmäßigen und correcten Standpunkt einge nommen und behauptet hat, muß daher die Voraussetzung, als habe sic die Vorschriften der Erecutionsordnung zur Aussührung zu bringen, fortwährend sich geweigert, ebenso entschieden ableh- ncn, als die Verantwortung für die in Aussicht gewesene Gesahr ernsterer Verwickelungen. Die sächsische Regierung hat, indem sie ohne vorausgehcnden Bundesbcschluß ihren Commissar und ihre Truppen nicht zurück ziehen zu können erklärte, jedoch aus eine Beschlußnahmc des Bundes provoeirte, lediglich dem Gebote gewissenhafter Pflicht erfüllung gehorcht. Hätte sie sich wirklich, was die Bundesver sammlung ui ihrer überwiegenden Mehrheit in keiner Weise ausge sprochen hat, mit dieser Auffassung im Jrrthum befunden, fo wäre dieser Jrrthum durch einen seilen Preußens hervorzurusendcn BundeSbeschluß leicht aufzuklären gewesen. Ernstere Vcrwickelun- auf die Geschmacksbildung auSüben könnten, wenn sic ihre Empfindungen laut und kräftig durch Beifall oder Tadel verkündigten. Leider überlassen sie dies aber der sich blos für Seichtheiten und Persönlichkeiten inter- essirenden Theaterclaque, die sich aller Orten immer mehr auSbreitet. Allem Tüchtigen, Tiefernsten Feind, sind diese Helfershelfer der Mittelmäßigkeit die feilen ge fälligen Lootsen deS Unvermögen», welche dasselbe wohl oder übel auf einige Abende in den sichern Hafen der Duldung bugstren. In unsrer Zeit, wo der anmaßenden und industriösen Ignoranz gegenüber der gebildete Mann sich in Schweigsamkeit zurückzicht, muß ein solches Un wesen zu schlimmen Zielen führen. Der Bearbeiter Richards'- ll. hat an der inner« Structur dieser Dichtung eigentlich nicht- Wesentliche- geändert; nur vereinfacht ist das Ganze zu enger ge schlossener Handlung und minderer Ortsveränderung. Da Shakespeare wenig Verwandlung der Dekoration hatte, so störte rS nicht, die kleinsten Scenen an andere Plätze beliebig zu verlegen; jetzt aber ist bei unserm Coulisscn- wcchsel diese- Bariircn lästig und das Streben zur Ge- sammtheit ein billiges, natürliches. Alle Härten, eckigen Reden und scharfen oft gewagten Ausdrücke sind Übrigen stehen geblieben, und eS zeigt sich unS aufs Beste rin originales, nur gekürzte- Bild der großen Dichtung. Di« Mittel, mit denen ein bedeutender Künstler eine dramatische Gestalt zu verwirklichen sucht, werden immer auch die Färbung des Resultat» bestimmen. Bet Herrn Emil Devrient sind Schönheit der De» clamation, Musik deS sonoren Organs, idcaltsches Trach ten der Auffassung und edle Wohlrrschcinung Haupt eigenschaften der künstlerischen Individualität, und so mußten sie sich im ganzen Bau seiner Rolle al» wesent liche Theile wtederfinden. Im Grunde paßt diese» vor herrschende ästhetische Pathos der Rede ganz vorzüglich
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