Dresdner Journal : 19.12.1866
- Erscheinungsdatum
- 1866-12-19
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186612194
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- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18661219
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18661219
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1866
- Monat1866-12
- Tag1866-12-19
- Monat1866-12
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- Dresdner Journal : 19.12.1866
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^293 186« Mittwoch, den 1 ft. December LbmmemrMovrtts«: Dres-ncr Journal Verantwortlicher Redacteur: I. G. Hartmann. Nichtamtlicher Theil apen »I ssö-Preisea. t biSwerlen eines dcutlichern und weniger hastigen Spre chens befleißigen mSchtc. Namentlich in der ersten Scene, wo das Publicum nach nicht zur rechten Sammlung und Ruhe gekommen »ar, hielt eL schwer, jedes seiner Worte zu verstehen. Herr Walther (Graf v. Brion- Sauvigny) genügte. — Dem Feuillet'schen Stück folgte „Die Widerspenstige" von Shakespeare. f Jllustrirte Literatur. Unter den in letzter Zeit aufgetauchten Modezeitungen hat die im Verlage »vn Fr. Lipperheide und Comp. in Berlin unter dem Titel „die Mvdrnwelt" erscheinende illustrirte Zeitung für Toilette und Handarbeiten schnell ein Publicum gefun den. Dieselbe bringt im Gegensätze zu andern Mode- zeitungen nur Schnitte und Muster ohne jede- belletri stische Beiwerk, d«S durch die vielen und billigen Un- terhaltungSblätter mindesten- überflüssig gemacht wird. Bisher ist die Zeitung bemüht gewesen, nur Brauch bare- zu »er-ffentlichen und alle- überspannt Phanta stische und Ertravagante zu meiden. Durch eine all jährlich veranstaltete PreiSconcurrenz für weibliche Hand arbeiten, deren Resultate in dem Blatte veröffentlicht werden, wird da- Interesse an demselben erhöht. * Lord Byron, bereits von Ernst Willkomm als Romanfigur benutzt, ist jetzt auch von K Th.Zianttzka in romantischen Skizzen verarbeitet worden. Er ist da» dieselbe Schriftstelleret, welche früher schon Rahel, H. Heine und Göthe in zahlreichen Bänden vorgeführt hat. * In Jena sind Anna und Helene Stahr, Töchter he» bekannten Schriftsteller», al- Pianistinnen aufge- trete». * Karl Siebel, einer der talentvollsten Dichter de» WupperthaleS, hat Krankheit»halber seinen Aufenhalt in der Schweiz nehmen müssen. tritt, die, sonst nichts weniger als geneigt, das Amt eines Sittenprediger- zu übernehmen, einem Feuillet u. s. w. mit jener pharisäerhaften Philistermoral zu Leibe geht, welche in Ermangelung anderer Anzriffs- mittel ja noch heute die gebräuchlichste, weil bei der großen Menge wirksamste Waffe gegen unsern Dichter- Heros Goethe in seiner Doppeleigenschaft als Port wie als Mensch ist. Um uns den Reiz eines solchen Genre bildes nicht zu verkümmern, bedarf es freilich eine» Uebersetzers, der mit feinem Verständnisse und mit liebe voller Vertiefung in den Geist des Originals an die Arbeit gegangen ist. Ohne dieses Hineinleben kommt bei aller Beherrschung der sprachlichen Technik die sinn liche Wärme des französischen Dialog» nicht zum Aus druck. Letzteres ist nun dem deutschen Bearbeiter von Feuillrt'S „Eine GewissenSfrage" in hohem Grade ge lungen, und dieser Umstand sowie die vortreffliche Dar stellung dürften wohl der Novität für einige Zeit einen Platz im Repertoire sichern. Die Pisce enthält zwar keine packenden Seinen und keine spannende Handlung , aber e» muß, gegenüber den meisten modernen Bühnen- prvducten, auch dem für psychologische Feinheiten we niger Empfänglichen schon eine gewisse Genugthuung gewähren, sich einmal in guter Gesellschaft zu befinden. Wenn zur Repräsentation derselben nicht wenigen Schau spielern durch die Posse die Fähigkeit verloren gegan gen ist, so zeigt sich Frau Bayer auch in diesem, ihrer Kunstrichtung eigentlich fremden Genre al» volendetc Darstellerin. Durch ihre Wiedergabe em pfing die Partie der Gräfin eine» geradezu classi- scheu Anstrich. Eine treffliche Leistung war auch der Raoul de» Herrn Mittel!, dessen Tüchtigkeit in diesem Rollenfache unbestritten ist und dem wir hierfür die freudigste Anerkennung zollen. Dennoch können wir den Wunsch nicht unterdrücken, daß sich Herr Mittest Iw tritt kost a. 8t«wp«I susoklsx kmm. Demoralisirung, immerhin, sie «ristirt und bildet einen Factor de- öffentlichen Lebens, mit dem wir und vor Allem auch die Comödiendichter rechnen müssen. Wie kleinlich erscheinen gegen die psychologischen Probleme, die selbst in der unbedeutendsten französischen Blüette angedeutet sind, die Verwechselungen und Irrungen unsrer Lustspiele mit ihren fort und fort polternden Vätern und den naseweisen Backfischen, die ihr Herz entdeckt oder vergessen haben! Wie glänzend sticht die feine, leben-warme Charakterzeichnung der, Franzosen gegen unsre groben Lustspielfiguren ab! Meister in graciöser Ausführung seiner dramatischen Genrebilder ist Octave Feuillet. Dies bekundet auch die vorliegende Novität, die Geist und Gemüth in gleichem Maße fesselt. Der Dichter versteht es eben, an unser Herz zu appel- liren, wie eS dem zwar leichtsinnigen, aber durch seine opferbereite väterliche Liebe wieder versöhnenden^ Raoul v. Moriöre gelingt, die sittenstrenge Gräfin v. Brion- Sauvigny zur Erfüllung seines innigsten Wunsches zu bewegen. Es ist wahr, e» handelt sich darum, einer natürlichen Tochter einen Platz in der Gesellschaft, in der Familie zu verschaffen; ebenso mag die Philosophie Raoul'- ihr vielfach Bedenkliche- haben. Aber ist c- eine Glo» rification des Laster» oder müssen wir die Gräfin als von dem Verführer ihrer Tante düpirt betrachten, wenn sie ihm am Schluffe verzeiht und seine» Kinde» sich an- nimmt? In der Thal, die Noblesse de» Herzen» und die Delicatrffe der Behandlung, die un» überall ent gegentreten — in letzterer Hinsicht hat «» der Dichter mit sinnigem Tacte vermieden, dasjenige Wesen, da» den Kern der ganzen Handlung bildet, auf der Bühne vorzuführen — heben über da» Bedenkliche der Situa tion völlig hinweg. Man braucht wahrlich nicht gesonnen zu sein, eine solche oder gar etwa- Unmoralisches verthei- digen zu wollen, wenn man derjenigen Kritik entgegen WL1», ttrge. MMt. 64 Pf». rtln», «sode»- ; ILopK »»leratrnml nahmt auowilrto. k» , CvmiowoionLr äs» Vrv»ck«or ^oar»»l», «kvnä».: H Luoi.»», Loos» koa»; Vivo-kiALUNtrt » IL: Itmsnsiiitii Vsai.»»; Isrir». Uuebk , Lurssu; K kcsr.ovr«; Nr»»I»Q: l,.8»L»o»«'i^nuouc«odorsit», ckm« t 8sssiousvss» ; krsoafnet a.N.:^so»»'svk» Luclik.; LSI»: Xo. ölvssss,ksris: Lvl.i.iss L Oo., (8, klses äs I» Loorss); Lusl.lv«'» Lueüü., Vl»» ^i.. cherauogrbrr LspsäiUoil äs» vrssäusr Ivuiust», vrsaäso, Slsrisostt»,»« K«. /. ruserateapretse: »ür ä«n «iuvr xespsltsileo 2eil«: l Xxr. Votsr „Llnxessuäl" äio Leite: S Erscheinen: T'Ugliek, mit Xosnstim« äer 8oou nnä keierts^v, -ädvoä» für äs» tolgenäeu kax. /»delted: «klilr—H-r. ZMeUeb: I „ lb ° LUlielosHuwmera: 1 „ Amtlicher Theil. Dresden, 11. December. Se. Königliche Majestät haben zu genehmigen geruht, daß der außerordentliche Professor der Medicin, vc. Christian Wilhelm Braune zu Leipzig, die ihm von Er. Majestät dem Könige von Preußen verliehene, von Allerhöchstdemselben und Sr. Majestät dem Kaiser von Oesterreich gestiftete Kriegs- denkmünze für Nichtcombatianten im Feldzüge 1864 an nehme und trage. Dresden, 14. December. Se. Königliche Majestät haben dem Lehrer an der Landesschule zu Meißen, Pro fessor vr. Friedrich Maximilian Oertel, bei Gelegen heit seines Rücktritts in den Ruhestand das Ritterkreuz »om Verdienstorden zu verleihen allergnädigst geruht. ßli» LP e starke r. au. lt-W lme» abrikate i> rcken war der Ministerpräsident Gras v. vi»marck anwesend. Ja derselben wurde mit 13 gegen 7 Stimmen be schlossen, dir Genehmigung de» Vertrag« mit dem Groß- herzoge tmn Oldenburg, betreffend dir Zahlung von einer Million Thaler al» Entschädigung sür die Ab tretung holstrinschen Gebiete», zu beantragen. , »»»»setz» »KV na au «um »Sruudflückc- , isooulurl. > schönitn räae ! Kabriklocale Garten, wend' , Dawpflrajt icurreuz, mit maltungeo uh au- za action »craestellt. Er Haler Refirc »d Chiffre L Zeitung. z drvit r. au. ierstom m. iitrblr.». er au. Hawk, vsItüeLsr eise». llwot, Feuilteton. K. Hostheater. Montag, den 17. December, ge langte „Eine GewissenSfrage", dramatische-Genre bild von Octave Feuillet, deutsch von G. v. L., zur erst maligen Aufführung. „Bevorzugte Franzosen, nur euch ist die MaSkenfreiheit gewährt im Fasching wie im Ad vent; denn hinter euch müssen alle Rechte der deutschen Autoren zurückstehen!" Mit diesem Weheruft und mit Verunglimpfungen eine- Alexander Dumas kW und Augier, eine- Sardou und Octave Feuillet sucht der Chorus der deutschen Kritik die Unfähigkeit unsrer dra matischen Schriftsteller zu verbergen. Die Genannten müssen dasselbe Schicksal über sich ergehen lassen, da» seiner Zeit Scribe erlebte. Als endlich die Vorwürfe der Anhänger der romantischen Comödie und jener An dern, welche meinen, ein gutes Lustspiel müsse durchaus langweilig sein, schwiegen, alS man sich endlich darein gefunden hatte, den angeblichen Verderber de» Theater» unangefochten wirthschaften zu lassen, und im Stillen versuchte, ihm nachzuahmen, da war er auch schon „alt geworden, veraltet, überwunden". Und wenn wir nun nach den Unterschieden zwischen Scribe und den heutigen Beherrschern de» französischen Theater» suchen, so finden wir jene entweder nicht wesentlich oder doch nicht zum Nachtheil Scribe'». Ihm lieferte die Gesellschaft de» Bürgerkönigthum» die Typen; seine Nachfolger malen da- Kaiserreich. Dieselben Figuren und Charaktere sind auch bei ihm schon vorhanden, nur ander- gruppirt find st«: wa» damals nur schüchtern im Hintergründe stand, drängt sich heute in die erste Reihe und führt demgemäß da» große und laute Wort. Nennt die jetzige Pariser Gesellschaft die Napoleon'sche, nennt sie eine corrumpirte, eine dem Abgrund zueilende, die Ge sellschaft der materiellen Interessen und der allgemeinen Berlin, 17. December. Ueber den (gestern bereits telegraphisch gemeldeten)Empfang der hohen sächsischen Gäste enthält die „N. A. Z." Folgende»: Se. Maj. der König Johann und Se. k. Hoheit der Kron prinz von Sachsen sind gestern Abend Uhr, be gleitet von dem Oberstallmeister v. Thielau-Rüsstng, den Generälen v. Thielau und v. Witzleben, dem Major Hugo Garten und dem Rittmeister Frhrn. v. Scnfft-Pilsach, mittelst Ertrazuges von Dresden hier eingetroffen. Se. Maj. der König (von Preußen) war mit dem Flügel- adjutantcn Obersten v. Steinäcker den hohen Gästen bis zum Stationsorte Großbeeren entgegengefahren, und auf dem anhalter Bahnhofe waren zum Empfange an wesend: Ihre königl. Hoheiten der Kronprinz, die Prinzen Karl, Friedrich Karl, Albrecht Sohn, Alexander, Georg und Adalbert, der Prinz August von Württemberg, die sächsische Gesandtschaft, sowie die zum Ehrendienst be fohlenen Militär», und außerdem der Stadtkommandant v. AlvcnSleben, der Polizeipräsident v. Bernuth rc. Al» Ehrenwache war, wie wir hören, auf besondcrn Wunsch des Königs von Sachsen eine Compagnie des Kaiser Alerander-Gardegrcnadierregiments Nr. 1 commandirt und hatte jede Compagnie vom Füsilierbataillon zu der selben 37 Mann gestellt. Bei der Ankunft de» ZugcS präsentirte die Ehrenwache, welche mit der Regiments- fahne erschienen war, und die Regimentsmusik spielte den Präsentirmarsch. Nach der Begrüßung geleitete Sc. Maj. der König den König von Sachsen ins hiesige Schloß, und Se. k. Hoheit der Kronprinz folgte gleich falls an der Seite des Kronprinzen von Sachsen. Um 5 Uhr fand im runden Saale des kgl. Palais Galadi ner statt. An demselben nahmen der König und der Kronprinz von Sachsen mit Ihrem Gefolge, die Prin zen und die Prinzessinnen und andere Fürstlichkeiten Theil; außerdem waren höhere Militärs, alle Minister rc. geladen. Der Thee wurde von den Majestäten und den übrigen Herrschaften bei der Königin-Witwe in Charlottenburg eingenommen. — Der „Staatsanzeiger" veröffentlicht die Verord nung vom 10. December, betreffend die Amortisa tion aus vormals hannöverschen Kassen sortgeschaff- ter Wertpapiere und die Einstellung der Zinsen- und Capitalzahlung auf dergleichen Papiere. — (N. Pr. A.) Französischerseits ist der Wunsch geäußert worden, auf der Pariser Ausstellung die Einrichtung und den Betrieb des preußischen Volks schulwesens veranschaulicht zu sehen. Dem ent sprechend wird die Regierung ein getreue» Abbild einer einklassigen Volksrlemcntarschule nach Paris senden. Dasselbe wird aus einem vollständigen Schulhause mit der darin befindlichen Lehrerwohnung bestehen. — Die (bereits telegraphisch erwähnte) Antwort, welche Graf Bismarck gestern im Abgeordnetenhause auf die Interpellation des Abg. vr. Löwe bezüglich der mecklenburgschen Abänderungen des Reichswahlgesetzes crtheilte, lautet nach dem „St.-Anz." wie folgt: „Die königliche Regierung hätte selbst gewünscht, in die Wahlgesetze der einzelnen Staaten eine volle Uebereinstimmung zu bringen. Ob sie ursprünglich vertragsmäßig dazu berechtigt war, darüber läßt sich streiten. Der Ausdruck in dem angezo- genen Vertrage lautet nicht: „nach dem Reichswahlgesctze soll gewählt werden", sondern „aus Grund des Rcichswahlgesetzcs soll gewählt werden." Ich gebe zu, daß auch hier noch die Aus legung nach iwn Seiten hin berechtigt sein würde. Für die laxere spricht indessen die Thatsache, daß das Reichswahlgesctz in seiner ganzen ursprünglichen Form auf die jetzigen politischen Ver hältnisse auch von uns nicht sür anwendbar von Hause aus ge halten worden ist. Wir haben einige Acndcrungen darin ge macht; aber welches auch die ursprüngliche Berechtigung der königlichen Staatsregiernng hat sein mögen, cm strengeres Fest halten an dem Reichswahlgesetz« von ihren Bundesgenossen zu fordern, so ist diese doch bei der jetzigen Lage der Dinge eine andere geworden, da Preußen selbst auf den Antrag diese» Hauses noch wesentliche Veränderungen außer denen, die die Regierung nolbweudig hatte machen müssen, angenommen hat. Ich erinnere S>e, meine Herren, daß ich vor diesen Aenderuu- aen gewarnt habe bei den Verhandlungen am 12. September. Ich erlaubte mir damals zu sagen: die Verpflichtung, welche die Regierungen übernommen haben, wird in demselben Maße anfechtbar, in welchem wir uns von dem ursprünglichen Texte deS Reichswahlgesetzes voo 1849 entsernen. Die Regierung hat deshalb bei dieser Vorlage sich so genau, als es ihr die veräudertc nicht scheuen, welche die Gestaltung desselben von seinen Glie dern fordert. Der vorliegende Gesetzentwurf hat die Ausgabe, der für Sachsen auS jener BerlragSbcstimmung entsprungenen Verpflich tung zu genüge» nnd die sächsische Armee nach den Principien sich entwickeln zu lassen, welche die Tüchtigkeit und Schlagfer tigkeit des Heere- unser- nunmehr befreundeten großen Nach barstaates mit erzeugt haben. Der Grundsatz der allgemeinen Wehrpflicht, worauf der Gesetzentwurf aufgebaut ist, kann theo retisch kaum augezweifett werden, und die neuen praktischen Erfolge leben noch in frischer Erinnerung. Er klingt auch her über aus früher« Bcrathungeu dcr doheu Kammer, bei welchen eS galt, sür Ausstellung der wafsensähigen Jugend gesetzliche Grundsätze zu sanctioniren. Liegt es in der Natur des nunmehr bestehenden engen BnndeSverhältllisscs, die leitenden Gesichtspunkte zu befolgen, welche insbesondere hinsichtlich des Heerwesens sestgehalten wer den, so durste sich auch der Gesetzentwurf davon nicht entfernen. Er hat daber unter hauptsächlicher Anlehnung an die königl. preußische Recrutirungsgesetzgebung mit Entschlagnng des In« stitutS der Stellvertretung die allgemeine Wehrpflicht, die Grundsätze der Bilduug der Armee und des Freiwilligendicnstes von jener adoptirt, daneben aber unbeschadet dieser Hauptgrund sätze die brauchbaren Bestimmungen des Gesetzes vom >. Sep tember 1858 und des Gesetze- vom 23. Februar 1884 mit her übergenommen, sowie zu Erleichterung dcS Uebergangs in die neuen Verhältnisse nicht unwesentliche mildernde Borschristen gegeben. Diese Grundsätze zu diScutireu oder gar in Frage zu stel len, führt bei dcr Rücksichtnahme auf den Friedensvertrag zu keinem praktischen Erfolge, nach ausgesprochener Genehmigung desselben können die daran- sich ergeveuden Consequeuzen nicht mehr reprobirt werden. Wollte die Frage der Tcmpcstivität angeregt werden, d. h. ob jetzt schon die Zeit der Reorganisation der sächsischen Armee gekommen sei, da nach Art. 3 des Friedensvertrages „die nö- thige Reorganisation der sächsischen Truppen zu erfolgen habe, sobald die für den Norddeutschen Bund zu treffenden allgemei nen Bestimmungen ans der Basis der BundeSreformvorschläge vom 1V. Juui 188« festgestellt sein werden", so würde auf Punkt 10 der „besonder« Bestimmungen" zu Art. 4 deS Frie- densvertrags hinzuweiseu sein, wonach „Preußen sortfährt, die sür die Besatzung des Königreichs Sachsen nötbige Anzabl Truppen seinerseits zu stellen, bis die Reorganisation der säch sischen Truppen im Wesentlichen durchgefükrt unt deren Ein reihung in die Armee des Norddeutschen Bundes erfolgt sein wird." Es ergiebt sich aus dieser besonder« Bestimmung von selbst, daß der Einreihung der sächsischen Truppen in die Norddeutsche Bnndesarmee, sobald die Umgestaltung der sächsischen Truppen durchgesührt ist, nichts mehr im Wege steht und daher die Stel lung preußischer Truppen sür die Besatzung des Königreichs Sachsen in Wegfall gelangen wird. Die» muß aber um so ge wisser vorausgesetzt werden, als die Hauptgruvdsätze dcr königl. preußischen Rcclutirungsgesetzgebnnfl in de« Entwurf ausge- nommeu sind und der letztere anf oer Basis der Grundzügc vom 10. Juli 188« ruht, nach welchem im Paukte IX „Seine Majestät der König von Preußen als BundeSoderseldhcrr der Norddeutschen Armee das Recht und die Pflicht hat, dafür Sorge zu trageo, daß innerhalb der von ihm befehligten Armee ine nothwendige Einheit in der Organisation, Formation, in Bewaffnung und Commando rc. hergestellt wird", als evdlich auch durch die Ausführung dcr Heeresorganisation ein gesetz licher Ausdruck dafür gegeben wird, daß Sachsen seine Ver pflichtungen gegen den neuen Bund auch nach dieser Richtung hm ohne Rückhalt zu erfüllen bereit ist. Wenn auch die nach dem vorliegenden Gesctzeutwurse ins Werk zu stellende Reorganisation i« Sachsens glückliche innere Verhältnisse empfindlich einschneidet uuh die wirthschastliche Seite des Volkslebens tief berührt, so kann und dar? doch die LandeSvertretung, gegenüber den Verpflichtungen des Fr.edeus- vertrags, nicht versuchen "oder anrathen, die Ausführung dieses Werkes zu beanstanden, da, wenn das fragliche Gesetz nicht noch innerhalb dieses Jahres znr Verabschiedung gelangt, die Organisation allererst un Spälherbste des Jahres 1887 begon nen werde» könnte und mithin Preußen fortfabren würde, die für die Besatzung des Königreichs Sachsen nöthigen Truppen seinerseits zu stelle«, die Verzögerung dcr Reorganisation daher sür das Land die größten fiaanziellcn und sonstigen Nachtheilc offenbar herbeisühren würde. Im klebrigen darf hier die Hoffnung zum Ausdruck gc- lougcn, daß, wenn die Bundes- und allgemeinen Verhältnisse sich gefestigt haben werden, alsdann das Bedürfniß einer großen Präsenz der Truppe» allmählich sich abmindern und eine Er leichterung der Steuer-, wie der persönliche« Wehrkraft des Lande- «intrelen werde." Nach Beendigung der allgemeinen Debatte, über welche wir morgen speciell berichten werden, und an welcher sich die Abgg. May, v. Nostitz Paulsdorf, Por» nitz, Riedel, Ploß, Fahnauer und Schreck, der Referent, sowie KriegSminister v. Fabrice bcthciligten, ging die Kammer zur Spccialberathung über, die bi» mit § 27 de» Entwurfs erledigt wurde, und welche heute in einer, um 5 Uhr des Nachmittags beginnenden Abendfitzung fortgesetzt werden wird. Cagesgeschichte. Dresden, 18. December. Heute haben beide Kam mern Sitzung gehalten. Die der Ersten Kammer begann Mittags 12 Uhr und ist in derselbe» der auf Grund §. 88 der Verfasiungsurkunde erlassenen Ver ordnung vom 30. Mai 1865 wegen der Vcrbrauchsab- gabe von vereinsausländischcm Fleischwerke in Uebercin- stimmung niit den Beschlüssen der N. Kammer nach kur zer Debatte die nachträgliche Genehmigung elthcilt worden. — Die Zweite Kammer, deren Sitzung Vormit tags 10 Uhr begann, hat heute die Berathung des De putationsberichts über den Gesetzentwurf, die Erfüllung der Militärpflicht betreffend, begonnen. Der Deputa» tionsbericht (Ref. Abg. Vc. Krause) lautet in seinem allgemeinen Theile folgendermaßen: „Das größte Opfer, welches der Friedensvertrag vom 2I./24. October d. I. von Sachsens Volke fordert, enthält die nach Art. 3 dieses Vertrags bedingte Reorganisation der säch sischen Trnppeo. Neben der Stenerkraft des Landes ist es die persönliche Kraft der wehrfähigen Jugend, die diese Äertrags- bestimmung in erhöhter Maße im Gefolge hat. Will Sachsen dem neuen Bunde und dem in diesem sich bildenden Verhältnisse „mit frischem Muthe, mit Offenheit und aller Redlichkeit entgegeukommcn", so dars eS auch die Opfer München, Mittag, 17. Derember, Nachmittag«. (W. T. B.) Zafolgr allerhöchst genehmigten Beschlusses de» Finanzministerium« beginnt nunmehr die Ausgabe von 15 Millionen «nvrrzin»licher Kassenanweisungen zu 2, 5 und 10 Gulden. Pari«, Dienstag, 18. December. (W.T.D.) Der kaiserliche Hof ist von Compii gne nach den Tuilerien zurückgekehrt. Der heutige „Moniteur" meldet in Bezug auf die französisch-italienische Convention betreffs der Rrgrlung der Schuld de« Kirchenstaate«: Der Antheil Italien« betraot 13A, Millionen; außerdem zahlt Italien am 15. Mär; k. I. 20A- Millionen, um drei der sieben JahrrvrouponS der von der römischen Regierung bisher ausschließlich be;ahlten Schuld baar abzutragen, und übernimmt die Rückstandsreste aus seine eigne Schuld. Florenz, Dienstag, 18. December. (W. T. B.) General Fleury kehrt heute nach Paris zurück. Rom, Dienstag, 18. December. (W T B.) Der Commandant der bisherigen sranzöfischen Besatzung, General Montrbello, ist abgereist. Der Papst hat dem Könige Ludwig I. von Bayern seinen Besuch abge- stattet. St. Petersburg, Montag, 17. December. (W. T. B.) Frankreich nnd Rußland Haden rin Ueberein- kommen abgeschlossen in Betreff des Umbaue« der Kuppel der Kirche zum heiligen Grabe in Jerusalem. Die Gesandten von Frankreich und Rußland haben ferner die Beseitigung der Privatwohnungen auf der Terrasse derselben Kirche gefordert. Beim vegrüßungSempfange der Cdrlleutc in LLilna erklärte dcr Generalgouverneur Baranoff, da« Ber- waltungSsystem werde nicht, wie in böswilliger Absicht verbreitet morden, geändert, sondern alle Befehle de« Kaisers und alle Maßregeln der Regierung in den west lichen Gouvernement» würden auf da» Pünktlichste aukgeführt werden. Rew-Pnrk, Sonnabend, 15. Derbr. (W.T.D) Der Congreß hat den Regern im Columbiadistritt do» allgemeine Stimmrecht gewährt. Telegraphische Nachrichten Berlin, Dienstag, 18-Derbr.,Mittags. (W.T.D.) Se. Majestät der König von Sachsen und Se. königl. Hoheit der Kronprinz Albert haben heute Vormittag mehrere höchste Staatsbeamte und Gesandte, darunter die Herren Graf v. Bismarck, v. Roon und v. Watz dorf, empfangen. Darauf besuchten die sächsischen Herrschaften die öffentlichen Galerien, namentlich da« Museum. Um 3 Uhr findet der Besuch der sächsischen Herrschaften bei Sr. königl. Hoheit dem Kronprinzen von Preußen, um 5 Uhr Diner bei Ihrer Majestät der Königin - Witwe und um ^10 Uhr Soiree bei Ihrer Majestät der regierenden Königin statt. Die Rückkehr Sr. Majestät de« Königs von Sachsen und Sr. königl. Hoheit de» Kronprinzen Albert ist auf morgen Vormittag 11 Uhr anbrraumt. Berlin, Dienstag, 18. December, früh. (W.T.B.) In jder gestrigen Sitzung jder AnnrxionScommisfion llebersicht. Telegraphische Nachrichten. TageSgeschichte. Dresden: LandtagSvcrhandlungen. — Berlin: Zur Anwesenheit des Königs und des Kronprinzen von Sachsen am k. Hofe. Amortisation hannöverscher Staatspapiere. Die preußische Volks schule auf der Pariser Ausstellung. Kammer» er Hand lungen. Berathungen betreffs dc» Norddeutschen Bun des. Die sächsische Anleihe. — Hannover: Ein tritt hannöverscher Offiziere inS preußische Heer. SuSpendirtc Beamte und internirte Offiziere.—Bre- mcrhafen: Näheres über die Verhaftung Militär pflichtiger. — Wien: Ofener Deputation beim Kai ser. Zur Affaire Clam-Benedek. Hirtenbrief. — Pesth: Beschlüsse der Linken. — Würzburg: Kriegsgerichtliche Verhandlung. — Darmstadt: Militärconvention mit Baden. Falsche preußische Kassenscheine. — Florenz: Glückwunschtelegramm dc» Kaisers Napoleon. — London: Explosionen in Kolenwerken. — Kopenhagen: Geh. RathBluhme -j-. Innere Angelegenheiten. (Da» Justizmtnisterialblatt.) «rvennuugrn, Versetzungen rc. im öffentlichen Dienste. 1 Dee»duer Nachrichten. Provinzialnachrichtrn. (Leipzig. Zittau. Zschopau. Mylau.) Feuilleton. Inserate. Tagerkalrndrr. Börsrnnoch- richte«.
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