Dresdner Journal : 22.05.1870
- Erscheinungsdatum
- 1870-05-22
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187005222
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- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18700522
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18700522
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1870
- Monat1870-05
- Tag1870-05-22
- Monat1870-05
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- Dresdner Journal : 22.05.1870
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V 116. 1» >2vä.: AbrUci»! Lkblr. — Hxr ^)»tzrUevi 1 „ 1S „ NauchrlieU:— „ 1b „ Li»»»w»Niui»ioerll! 1 „ I»vr»a»»«» tritt Mkrllel» ü Idlr. 8t,wv«lU«dLt»r, »u»»erd»It> a»» Kor<I<1. Luiiäe» ?o»t iu>ä 8t»wp«t»u»ct»I»x diu»». >ilser»ttn»rrisr: k>r -«o 8»«iv eiosr x«»p»It«neo Leit«: 1 Hssr. vot»r „LiQx«»«o<it" <U« L ki^r. «rschetnr»: ?<Eli«k, mit ä«r 8»Q»- »o» ^b«Qä» kiir äe» solx»»-,» HT- Sonntag dm 22 Mai. —— —— 1 — Dres-nerIMrMl. Verantwortlicher Redacteur: 3- G. Hartmann. 1870. rnstraltnaunaiMr aurwSrt«: 1.«ix»t,: t». Oomiiu«»Ic>ll7r - äe» vr«»6a«r ^ouroiU»; «devä»,.: II. L-or.«», kvo»" I-'o-v; U»mdar^-N»rlt»^ Vi,»-I.«ip»i8-L»,«I -7r»»k1vi-t ». H.: Hn„«i»r«l>i t Vooi.««, »«rUo. O«o!-iv»'»ek« Nuclid., Uir»»«»»»'« Itur«»n, iivovl.ro blo««o; Nr-m«»^ L. 8col.orr»; Lr»»I»o: 1,. 8r.«o»:»'» Xnnonoeo'vnreoll, 81-L t t'mviioi kriuillkurt » N.: ^xxtixo'xcdv 8uodd.; Lilot Ziv. LLoo«»«. k»ri«: 1,trriro, 8vl.l.i»it LOo., (8, ?I»o» ä« l» Lour»«>; kr»x: k». Loor-lvo'» Loekk.r Vi»»: ^l.. Orroi-l«. qrrauigtbtr: j iköoixl. Llpeäitioo äs« vrsiäusr äoorooi», vreiäeu, Sl»rx»r«td«r>x»»» Ho. I. Amtlicher Theil. Dresden 21. Mat. Ihre Königlichen Hoheiten der rinz uud die Krau Prinzessin Georg nebst vH« Kamille haben heute Höchstthre Billa bei Hoster- Bekanntmachung. Lus Ansuchen de- zu Berlin bestehenden berathen- den Vorstandes zur Gründung eines Kranken-Pensio- nets am Kurorte Marienbad in Döhmen ist der Ver trieb von Loosen einer zur Begründung und Vollen dung dieses Kranken-Pensionats und anderer wohlthä- tiger und gemeinnütziger Anstalten unternommenen Lotterie innerhalb des Königreichs Sachsen bis zum 30. Juni 1871 genehmigt worden. Dresden, den 16. Mat 1870. Ministerium des Innern. v. Kostitz-Wallwitz. Gdt. Nichtamtlicher Theil. Telegraphische Nachrichten. Berlin, Sonnabend, 21. Mai, Nachmittag-. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung de- Reich-, tagt wurde zunächst da- Gesetz über da» Bunde-- iudigeuat definitiv angenommen. Nächster Gegen stand der Tage-ordnung ist die dritte Lesung de» Strafgesetzbuch-. Biele neue Anträge liegen vor» darunter ein Antrag de- Abg. Planck, wonach die rode-strafe in denjenigen Ländern, wo sie bi-her abgeschafft war, abgeschafft bleiben soll. Vor Beginn der Debatte erklärt der preußische Lunde-bevollmächtigte, Justtzmtntster Dr. Leonhardt: Die Bundesregierungen gingen bei der Prüfung der ReichStaaSbeschlüsse über den Entwurf eines Straf gesetze- für den Norddeutschen Bund nicht nur von der juristischen Kritik, sondern auch von der Rücksicht aus, daß et sich um ein große- nationales Werk handle. Dir Regierungen erblicken in einer Reihe sachlicher Anträge deS Reichstags wesentliche Verbesserungen. Vielfach ließen die Regierungen schwere Bedenken fallen. Einige Beschlüsse des Reichstags aber erscheinen al- unannehmbar, und zwar der über die Beseitigung des StaatSgerichtshofs und der über die alternirende Festungshaft bei Landesverrath. Die Todesstrafe wollen die Regierungen betbehalten für Mord und Mordver such auf das BundeShaupt und auf den Landesfürsten deS eigenen oder desjenigen Landes, in welchem der Mordversuch gemacht wird. Eine Reihe von Fällen, in denen die Todesstrafe verlangt wurde, sind gefallen. Aba. Graf Schwerin beantragt die Vertagung der dritter» Lesung deS Strafgesetzbuchs bi- künf- tigen Montag, um die gehörten Erklärungen und die neuen Anträge vorher zu erwägen. Dieser Antrag wird nach längerer Debatte angenommen. Berlin, Sonnabend, 21. Mai, Nachmittags. iTel. d.DreSdn.Journ.) Jm Reich-tage entspann sich beute nach der vom StaatSmiuister Dr. Leonhardt bezüglich de- Strafgesetzbuch» abgegebenen Erklä rung (s. oben) eine lebhafte Verhandlung über den schließlich zur Annahme gelangenden Antrim de» Grafen Schwerin, die dritte Lesung de» Straf- gesetzbuch» erst Montag vorzunehmen. Abg. v. Forckenbeck empfiehlt den Antrag deS Grafen Schwerin, weil der Reichstag der Würde der deutschen Nation eine reifliche Erwägung der Sache schulde. Die Abgg. v. Hoverbeck und vr. Löwe bekäm pfen dagegen diesen Antrag auf das Lebhafteste; über eine Gewissensfrage, wie die Todesstrafe, sei Jeder mit sich einig. Abg. Liebknecht, welcher den Reichstag wegen seiner Nachgiebigkeit schmäht, wurde zwei Mal zur Ordnung gerufen. Hierauf wurde da» Gesetz über den Unter- stützungtwohnsitz in dritter Lesung angenommen, die definitive Abstimmung über da» ganze Gesetz aber wegen eine» aeueu, vom Hause aeceptirtey Antrag» de» Abg. Dr. Friedenthal Vorbehalte». E» folgte sodann die dritte Lesung de» Nach- trag-creditSfür 187V, wobei da» Kaufgrld (300,000 Thlr.) für ein Gebäude zu Zwecken de» Marine- Ministerium» abermal» und zwar mit 113 gegen 102 Stimmen abaelehnt wurde. Der übrige Etat wurde mit der Resolution de» Abg. Hagen an genommen. München, Sonnabend, 21. Mai, Mittag». (W. T. B.) Die Abgeordnetenkammer lehnte in ihrer heutigen Sitzung bei namentlicher Abstimmung mit 76 gegen 67 Stimmen den Antrag de» Abg. v. Stausfenberg auf Abschaffung der Todesstrafe ab, nachdem der Justizminister erklärt hatte, daß er die Aufhebung der Todesstrafe für eine Frage der Zeit, augenblicklich aber für unräthlich halte. Haag, Freitag, 20. Mai, Abend». (W. T. B.) Die Zweite Kammer hat heute den Gesetzentwurf, betreffend die Aufhebung der Todeüstrafe, mit 48 gegen 3V Stimmen angenommen. Pavia, Freitag, 20. Mai. (Tel. d.Pr.) Es ha ben republikanische Demonstrationen der Studenten stattgesunden. Verschiedene Placate sagen: „Seien wir bereit »um Losschlagen, bereit, auf den ersten Rus unsrer Führer. Bald tönt von Genua bi» zu den Alpen nur ein Ruf." Mehrere Placate zeigten den österreichischen Doppeladler; alle proclamirtrn die „Universalrepublik". Rom, Donnerstag, 1V. Mai. (W. T. B.) Die Berathungen deS ConcilS über die oonstltutio äv prtmntu Kaden begonnen. Am ersten Berhand- lungStage sprachen feiten der Opposition die Bischöfe von Dijon, Veßprim, St. Gallen, ferner Bischof Hefele. Cardinal Schwarzenberg ist als Redner gegen die eonstitutio vorgemerkt. Lissabon, Freitag, 20. Mai. (Eorr.-Bür.) Rach dem Kampfe vor dem k. PalaiS fraternifirten die Truppen. DaS Kort St. Georg wurde von be- waffnetea Bauern occupirt. DaS Volk rief wäh- rend deS Kampfes: „ES lebe der König! ES lebe die Armee! Niedre mit dem Ministerium!" ES wird eine spanische Flotte erwartet. Oporto und andere Städte nahmen an der übrigen» rein mili- tärischen Bewegung Theil. Die Bevölkerung fist vollständig ruhig. ES ist wahrscheinlich, daß die Kammer aufgelöst wird. Lissabon, Kreitag, 20. Mai. (W. T. B.) Der bi-herige CabinetSchef Herzog v. Loul« ver weigert die Contrasignirung der Ernennung deS FeldmarschallS He»ogS v. Saldanha zum Minister präsidenten. Der Herzog v. Saldanha bot deshalb bereits seine Demission an, welche der König jedoch nicht annahm, weil der Feldmarschall sein volles Vertrauen besitze. Lissabon und die Provinzen sind vollständig ruhig. London, Freitag, 20. Mai, Nachts. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung deS Unterhauses stellte Bulwer einen Antrag deS Inhalts: da» unbefrie digende Benehmen de» griechischen CabinetS in der Räuberaffaire bei Marathon bedinge die Ein setzung einer civilisirteren Regierung in Griechen land. Der Premier Gladstone empfiehlt Reserve bi» zur vollständigen Vorlage der bezüglichen Corre- spondenz. Hierauf zog Bulwer seinen Antrag zurück. Kopenhagen, Freitag, 20. Mai, Nachmittags. (W. T. B.) Infolge der gestrigen Abstimmung im Volksthing hat da» Ministerium seine Entlassung eingereicht, und ist dieselbe heute vom Könige an genommen worden. Die Minister führen noch vor- läufig die Geschäfte weiter. Washington, Freitag, 20. Mai. (W. T. B., Kabeltelcgramm.) Der Congreß hat sich bis zum 15. Juli vertagt. Dresdru, 21. Mai. Ju der deutschen Presse sind über das neue französische Cabtnet nur vereinzelte Stimmen laut geworden. Die »Kölnische Zeitung* meint, das französische Volk könne mit demselben »zufrieden" sein. Der Sieg vom 8. Mai habe dem Kaiserthum »plötz lich" eine »befestigte Stellung im In- und AuSIande" gegeben; es sei jetzt die „Aufgabe besonders Ollivier's, durch Fortschritte im Innern, wie Gramont'S, durch eine anständige, dem Frieden und einer guten Nachbar schaft holden Politik diese neue Stellung zu befestigen und für Frankreichs Wohlergehen, wie für Westeuropas herzliches Einvernehmen au-zunutzen." — Die zwei einflußreichsten Organe der Wiener Journalistik, die (alte) »Presse" und die »Neue freie Presse" be kämpfen die Anschauung, als ob die »Sympathien" des Herzogs v. Gramont für Oesterreich berechtigten Anlaß gäben, in Berlin „Beunruhigung" zu erregen. Das letztere Blatt bezeichnet es als rin »Unrecht", den österreichischen Reichskanzler der »Verwegenheit" zu be schuldigen, und die „Presse" bemerkt: „Diejenigen leisten dem Reiche wahrliw einen schlechten Dienst, welche da» ohnehin nicht große Vertrauen in die Ne gierung auch noch durch das Nähren des Wahnes er schüttern, man wolle sich nach außen hin Lust machen, man beabsichtige, den innern Verlegenheiten in gut Bo- napartistischem Stile durch Heraufbeschwvren eines äußern Eonfiicres zu entgehen." Dagegen hat »n der italienischen Presse die Er nennung des Herzogs v. Gramont zum französischen Minister des Auswärtigen einen förmlichen Sturm her aufbeschworen. Die Organe der Linken greifen gleich- zeitig Frankreich und das Florentiner Cabinet mit unbän diger Heftigkeit an, und selbst die reservirte »Italic" glaubt ihren Lesern nicht verhehlen zu dürfen, daß „diese Ernennung nichts Gute- sür Italien bedeutet"; denn seit der Herzog Nom verlassen, scheine er sich „mit den Feinden der italienischen Einheit verbunden zu haben." In Italien scheint eine Ministerkrisis unver meidlich geworden zu sein. Einer telegraphischen Mel dung zufolge hätte der Ministerpräsident Lanza be reits seine Demission gegeben, dieselbe aber auf Wunsch des Königs wieder zurückgenommen. Die Stellung des der Linken entnommenen CabinetSchefs war von allem Anfänge an eine vielseitig bedrohte. Durch die neuesten revolutionären Ereignisse sowie durch falsche Angaben, welche Lanza den Abgeordneten wiederholt gemacht und später demrntiren mußte, ist seine Autorität jedoch der maßen erschüttert worden, daß selbst diejenigen Par teien der Kammer, welche mit Rücksicht auf dir Noth wendigkeit, die finanziellen Fragen zu erledigen, jede ministerielle Krise perhorrescirten und der Finanzlage wegen das gegenwärtige Cabinet, selbst in seiner jetzigen weniger genehmen Zusammensetzung, duldeten, alarmirt und zu dem Beschlusse vermocht wurden, der Sache ein Ende zu machen. Während fast einstimmig Lanza, dem als Minister des Innern die Leitung der Polizet ob liegt, der Vorwurf gemacht wird, er habe sich von den letzten republikanischen Putschversuchen in unverant wortlicher Weise überraschen lassen, richtet die den Mi nisterpräsidenten beinahe allein noch vertretende „Opi- nione" einen Appell an die Gerichte, mit mögltchster Schnelligkeit in der Aburtheilung der gefangenen Re volutionäre vorzugehen. Das Land habe ein Recht darauf, zu erfahren, in welcher Weise sich bei Catan zaro und Volterra Banden bilden konnten; cs wolle ferner den Inhalt der bei den Gefangenen Vorgefun denen Documente kennen lernen, um zu erfahren, welche Verzweigungen die Verschwörung batte, von wem sie ausging und wer dabei vorzugsweise compromittirt er scheint. Allerdings habe es mit dem ganzen Aufstande nicht viel auf sich gehabt, und in jedem andern Lande würde man die weitere Abwickelung der Vorfälle ruhig der Polizei überlassen und sie nicht zum Gegenstände einer Interpellation im Parlamente gemacht haben; die „lebhafte Phantasie der Italiener" lasse aber die Dinge eben immer in einem Alles vergrößernden Hohlspiegel erscheinen. Sogar die italienische Polizei leide an diesem „Nationalgebrechen"; sic würde sonst nicht die kleine, 45 Köpfe zählende Bande Galliani's als aus 800 Mann bestehend erblickt haben. Um Ucbrigen wisse die Be völkerung, daß die Negierung stark genug sei, diese „knabenhaften Rcvolutionsversuche" aller Orten nieder» zuwerfen, und an der Magistratur, „falls sie nicht als Sündenbock für fremdes Verschulden angesehen werden wolle", sei es jetzt, den thatsächlichcu Beweis zu lie» fern, daß die Schnelligkeit der gerichtlichen Proccdur einen wesentlich integrirendcn Bestandtheil der zum Schuhe der Gesellschaft bestehenden Maßregeln ausmache. Dagegen fordern die einflußreichsten Organe der Ma jorität der Kammer, „Pcrsevcranza", „Nazione", „Gaz- zctta del Popolo", „Gazzetta d'Jtalia" u. s. w. in energischem Tone die Entfernung Lonza's und drohen dem Ministerium in entschiedenster Weise mit der Pro- vocirung einer totalen Krise, wenn es sich Lanza's nicht entledige. Die von einem der einflußreichsten lombar dischen Deputirten, Bonghi, geleitete„Perseveranza" sogt es offen heraus, daß nur die Entfernung Lanza's ihre Partei dazu bringen könnte, mit Rücksicht auf d e Finanzvorlage von der Provocirung einer totalen Krise abzugehcn und, um Lanza zu entfernen, das ganze M - nisterinm zu stürzen, obwohl in demselben mehrere ihrer Freunde sitzen, und die „Gazzetta del Popolo" er klärt sogar Herrn Lanza, daß er der „traurigste und unfähigste Minister des Innern" sei, den Italien je besessen habe. Tagesgeschichte. Dresden, 21. Mai. In der am 30. März 1868 publicirten Kirchenvorstands- und Synodalordnung hat das Kirchenregiment der evangelisch lutherischen Kirche die Zusage gegeben, aller fünf Jahre, da nöthig auch in kürzeren Zeiträumen zur Vertretung der Gesammt- heit der Kirchengemcindcn und Berathung über die Be dürfnisse der Landeskirche eine Synode berufen zu wollen. Die ziemlich umfänglichen Vorarbeiten sür die Einberufung der ersten sächsischen LandeSsynode waren seilen des Kirchcnregiments bereits im Jahre 1868 in Angriff genommen worden, mußten jedoch während des letzten Landtags ruhen. Gegenwärtig sind jedoch, wie wir aus guter Quelle hören, diese Vorarbeiten, die sogleich nach Beendigung bes Landtags wieder ausgenommen wurden, soweit gediehen, daß die Einberufung der ersten Synode für nächsten Herbst mit Sicherheit erwartet werden darf. D. Berlin, 20. Mai. Im Reichstag erfolgte heute ncch die Schlußabftimmung über den Gesetz entwurf, das Autorenrecht betreffend, und sodann die combinirte erste und zweite Lesung des Gesetzentwurfs, betreffend die Commanditgcsellschaften auf Aktien und die Acticngescllschaflen. Dieser Entwurf ist wesentlich hervorgernscn durch die bei preußischen Verhältnissen gemachten Erfahrungen, daß die staatliche Eoncession von AcliengcseUschaftcn keinen wesentlichen Vortheil biete und das Publicum nicht vor Nachtheilen schütze. Der Entwurf setzt daher an die Stelle der staatlichen Eoncession von Aciiengcscllschaflen sogenannte Norma» livbestimmungen. In letzteren fand der Abgeordnete Bremens nur polizeiliche Beschränkungen, cr kritisirte den Entwurf ziemlich herb; andererseits wurden die Fortschritte anerkannt, die namentlich Preußen durch den Entwurf mache. Bedenken erregte den Abgg. Acker mann und Miquel die Bestimmung, daß unter dieses Actiengesetz auch solche gemeinnützige Vereine fallen sollen, die keine Erwerbsgenosscnschaften bilden. Man fand es hart, daß diesen durch den Entwurf außer manchen andern, ihre gemeinnützige Thätigkeit hem menden Bestimmungen auch auferlegt werde, daß Actien, die sie anfdringen, um z. B. ein Grundstück sür einen Gcwerbevcretn anzukaufen, im Minimum 50 Thaler betragen müßten. Der Bundescommissar hielt eine solche Grenze für unumgänglich, um Miß bräuchen gegen ein uncrfahrneS Publicum vorzubeu gen. — Sodann wurde der Gesetzentwurf über den Feuilleton. Felice. Eioe Erzithluo». Bon Pauline Schanz. (Fortsetzung au- Nr. Nb.) Den Winter über lag Gotthard zwischen Tod und Leben. Dcr Arzt und der Vater warteten auf den Frühling, der dem Kranken Genesung bringen sollte. Aber der Winter in einer Krankenstube ist lang uud scheint nimmer enden zu wollen mit seinen Stür men und grauumwölkten Tagen. AIS es endlich doch Lenz geworden war und frische Lüste, weich und veilchenduftig, in die Krankenstube zo gen und der Schnee auf den Bergkuppen schmolz und in kleinen Silberfäden in- Thal rieselte, war Gotthard von seinem langen Siechbrtte aufgestanden und ging wieder in Hau- und Garten umher. Aber da- rechte Genrsungsgefühl, jene aufjauchzende Wonne eine- neuen DaseinSrmpfindenS, kam nicht über ihn. Er blieb müde, bleich und leidend- Von Arbeiten war keine Rede; feine Bücher logen noch alle unau-aepackt im Koffer. Er mochte vor Allem von Alledem nicht- sehen, wa- ihn an seine Studien erinnerte. Der Vater war unsagbar gut und zart gegen ihn. Der Ar»t hatte ihm Winke gegeben, daß die Brust sei ne- Sohne- gelitten habe, durch eine Thätigkeit, die seiner ganzen Natur nicht zusage. Sie saßen zusammen in der Veranda vor der Wohn- stube, wo dir noch blattlosen Wrinranken die milde, sanfte Lenzsonne auf den Kranken scheinen ließen, und da plauderten sie offen und rückhaltlos zusammen, wie e- alte gute Freunde thun. vtoü war längst getraut, während Gotthard noch am Tode lag. Dcr Vater erzählte cs ihm offen auf seine Frage. Was hätte es ihm auch geholfen, wenn er davon geschwiegen? Es lag jctzt ein eigner Zug um Gotthard's Lippen, den nicht nur die Magerkeit, die durch seine Krankheit entstanden, hervorgebracht hatte. Er mochte thun und denken, was er wollte, eine blonde, rosige Frau stand immer und überall vor seinen Augen und verwirrte ihm seine armen, müden Gedanken. Diese unheilvolle Jugendliebe war ihm mit tausend Wurzeln in Mark und Blut und Leben hineingewach- sen. In dumpfem, sehnsüchtigem Htnbrüten, voll maß loser, verzweifelter Eifersucht sah er Viola am Arme eines fremden Mannes. Frauen vermögen doch öfter noch nach einem Schlage, der jäh und grell ihr Liebeslebrn rrtödtete, das Gleich gewicht der Seele wirderzufinden, als Männer. Sie sterben entweder oder weinen und leben ihr Leid auS, ja, es verklärt sich nach und nach in ihrer Erinnerung. Selten bleibt eine frühe Lirbeswunde rin Frauenlebcn hindurch schmerzhaft offen und blutend. Sre deckt daS Grab ihrer Hoffnungen mit Thränen und Blumen zu und pflegt es ohne Bitterkeit wie ein Heiligthum, und Den, der ihr Leben zerbrach und vernichtete, webt ihre verzeihende Liebe eine Aureole umS Haupt. Im Männerherzen grollt und zürnt und blutet es ort. Der Mann betäubt die Schmerzen der Wunde, aber ie heilt nicht zu, er vergißt und vergilbt nicht; auch m Rausch einer neuen Leidenschaft bleibt der Stachel n seiner Brust. „Ich will reisen, Vater l Neues, Andere- sehen, vergeßen lernen, vielleicht genesen in der Ferne von diesem thatloseu, unwürdigen Brüten." „Ja, Du sollst nach dem Süden, Gotthard, ich habe Dir's längst sagen wollen; der Doctor behauptet, daß unsere Bergluft zu scharf sei sür Deine Lungen. Sie sollen sich erst «holen in den milden Lüften Ita lien-, ehe sie dauernd wieder unser Klima vertragen können." Italien! Ein flimmerndes Luftbild flog vor den Augen des Kranken vorüber. „Wir reisen zusammen, Gotthard, ich mache mich auf einige Zeit frei, dann kehre ich heim und Du kannst den Winter über bleiben, wo eS Dir am besten gefällt." Der Vater sprach sanst, tröstend, lächelnd, wie eine Mutter mit einem kranken verwöhnten Kind. „Wie gut Du bist, Vater!" In Gotthard's Stübchen, oben vergessen und be staubt auf einem Schranke lag seine Geige in ihrem schwarzen Gehäuse. Einst nahm er sie herunter und ltcß den Bogen über die verstimmten Saiten hinstreichen, die klagend und mißtönend bei der Berührung auf- wimmerten. Er stimmte, prüfte bis sie wieder rein klangen, und dann schien es ihm doch wieder, als er seine alten Weisen darauf zu spielen begann, als ob Viola'- Spicl dazwischen töne und sogleich sah er auch ihr rosig lächelndes Gesicht wieder vor sich und wars die Geige hin, daß sie ächzte. Aber der Gedanke kam ihm plötzlich, seinen alten Musiklehrer wiederzuschen. Wie lieblos erschien es ihm, daß der Alte, dessen LtrbltngSschüler er so viele Jahre hindurch gewesen, ihn nie während seiner langen Krank heit zu sehen gekommen war. Aber vielleicht war er selbst krank, verlassen, elend, alt. Am Nachmittag ging er den wohlbekannten Weg, den er lange nicht mehr gegangen war, bis er da» Haus am Kirchplatz erreichte und die schmalen Holz stiegen erklimmte, die unter dem müden, schweren Tritt de» kranken jungen Mannes knarrten und seufzten. Wie leicht war er sie einst cmpor gesprungen. Als er an die Thür kam, fand er sie angelehnt und im Stübchen war Alles leer und öde. Er trat an die Fenster die weit geöffnet standen, und sah hinüber nach dem Kirchthurm. Er sah auch den Nagel an der Wand noch, an dem so lange, lange Jahre hindurch die schöne, alle G-ige des Maestro gehangen. Aber dieser selbst war nirgends m hr. „Todt!" dachte Gotthard. Da öffnete sich die Thür, die nach der Kammer führte, worin ehemals der alte Geiger mit seinem Kinde geschlafen hatte. Eme staubige, dunstige Luft blies herein und eine alte Magd, den Besen in der erhobenen Hand, stickte den Kopf durch die Spalte, sah den fremden Herrn an und frug, ob er gekommen sei, um die leerstehende Wohnung zu mielhcn. Gotthard verneinte und frug, wohin der alte Mann gezogcn sei, der so lange Jahre hier gewohnt habe. „Fort, weit fort!" sagte die Magd und streckte den Besen dabei nach cincm Spinnengcwcbe auS, das sie plötzlich da in der Ecke des Thürgcwändes entdeckte und welches bisher ihren Nachstellungen entgang-n war. „Seine Tochter kam, um ihn zu holen", sagte da- Mädchen, „und Zeit wars, denn er war ganz herunter gekommen und arm und hatte keinen Scbüler mehr". „Seine Tochter? Und wann kam sie?" frug Gott hard, indem eine seltsame Erinnerung in seiner Seele aufwachte, wo sie lange geschlafen. »O, lange schon!" rief die Alte ungeduldig, „aber die Wohnung war bis jetzt bezahlt, wc-halb wir da» Reinigen derselben bi- heute verschoben haben. O, sie war eine schöne, große Dame geworden und Niemand hätte sie von ehemals her mehr zu erkennen vermocht."
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