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Dresdner Journal : 07.03.1872
- Erscheinungsdatum
- 1872-03-07
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187203072
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18720307
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18720307
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1872
- Monat1872-03
- Tag1872-03-07
- Monat1872-03
- Jahr1872
- Titel
- Dresdner Journal : 07.03.1872
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wo gegen Vor einigen Tagen begann im deutschen Theater zu Pesth Frl. Pauline Ulrichein Gastspiel als Adrienne Lccouvreur und wurde von dem in allen Räumen überfüllten Hause mit Beifall überschüttet. «Wie ein Heller belebender Sonnen strahl", heißt es in einem dortigen Blatte, „drang das Gastspiel des Fräuleins Ulrich durch das düstere Novitätengewölke, welches sich in den letzten Tagen über das Actientheater zusammengezogen hatte. Die geniale Künstlerin ist dem Pesther Publicum bereits zu vortheilhaft bekannt, als daß sie erst unserer Em pfehlung bedürfte, und wir haben demnach blos zu con- statiren, daß der Zauber ihrer Erscheinung und ihres Talentes auch heute das in allen Räumen dicht besetzte Haus vom Anfang bis zum Schluffe in der anregend sten Weise fesselte." — Aus Paris wird gemeldet, daß Gounod aus London als schwer geisteskrank in eine Pariser Heilanstalt gebracht worden ist. Unsers Wissens hatte sich bereits früher einmal die Aufnahme des bekannten Componisten in einer solchen Anstalt nothwendig gemacht. — Die Pasdeloup'schen Volks- eoncerte, die nun im elften Jahr bestehen, haben, wie ein Pariser Korrespondent der „Allg. Ztg." versichert, noch denselben Erfolg wie zu Anfang. Hrn. Pasdeloup ist das Lod zu spenden, daß er, im Gegensatz zu den Theaterdirectionrn, nach neuen, strebenden Kunstjüngcrn späht und forscht, daß er mit Freuden frische Werke erstehender Componisten vorführt, solcher besonders, die das Hohr Genie Beethovens sich zur Norm wählten. So sind bereit- mehrere Eymphoniesätze von Saint- Saöns, einem französischen Komponisten mit vollends deutscher Geschmacksrichtung, beachtet worden, und eben hat eine Orchrstrrsuite des jungen Laureaten von 1863, Guiraud, Brifall gefunden, die im Schlußscherzo, als Carnevalsscene bezeichnet, recht glücklich« Motiv« und künstlich formirte Abwechselungen enthalten, deren Ende sich jedoch zu flach abspielen soll. — In einer der MatinSen d«S Gattstheaters ist Mitte Februar Oper „Fantasie oder der Narr des Herzogs", welche am 21. Februar zum ersten Male im Theater an der Wien aufgeführt wurde, widmet der bekannte Musikgelehrte A. W. Ambros in der amtlichen „Wien. Ztg." einen eingehenden Artikel. „Diese komischen Singspiele", sagt er, „haben als Kunstwerke und in der Geschichte der Tonkunst denn am Ende doch auch ihre Bedeutung, womit nicht etwa gesagt sein soll, es sei klassische Musik bleibenden Werthes. Sie sind doch etwas Besseres als blos« Frivolität, blvses Amüsement für eine ge- daukenloseMenge, wie manche sittlich entrüstetemusikalisch- germanische Gemüther behaupten wollen. Man wird Offenbach den Namen eines Künstlers nicht vorenthalten dürfen. Er ist ein Original und wenn nicht eben in Allem löblich und mustrrgiltig, so doch eine in ihrer Art merkwürdige Erscheinung. Vor seinen Nachahmern aber, die schon da und dort aufzutauchen beginnen, be wahre uns der Himmel. Sie haben sich nicht sowohl die Art, als die Unarten ihres Vorbildes eigen gemacht." Die Oper „Fantasie" scheint, wie Ambros bemerkt, einen „Wendepunkt" in dem Schaffen Offenbach's zu bedeuten. Ueber das nach Alfred de Muffet bearbeitete Textbuch lasse sich allerdings nicht viel Gutes sagen; aber Offenbach sei beim Componiren desselben mit mehr Liebe und Sorgfalt ans Werk gegangen, als je früher. Er wollte uns zeigen, daß er der Mann dazu sei, eine komische Oper höherer Art zu schreiben. — Zur Mitwir kung bet einer musikalischen Festivität, welche dieser Tage der bekannte Kunstmäcen Baron Sina in Wien veran staltet, ist unter Andern auch der koncertmeister Lau terbach in Dresden eingeladen worden. — Die Zei tungen brachten jüngst die Nachricht, Franz Liszt werde im April seinen bleibenden Wohnsitz wieder in Weimar nehmen. DieS ist, wie man dem „N. Frdbl." aus Pesth schreibt, nicht wahr; vielmehr habe der berühmte Meister seinen dortigen Freunden versichert, er denke nicht darau, die ungar.sch« Harchtstadt zu verlassen. — No», 1. März. (A. Z.) Der endlich von Herrn Thier» ernannte neue französische Gesandt« bet dem ita lienischen Hofe, Fournier, wird alS ein Mann von liberalen, Italien freundlichen Gesinnungen bezeichnet, und man ist im Palaste der Con ulta — gemeldeten Instrumenten befinden sich Geigen der her vorragendsten Meister wie Antonius und Hieronymus Amati, Andrea Amati, Nicolo Amati, Guarnerius, Stradivari, Jac. Stainer und viele andere. Der Fürst Moritz Lobkowitz allein hat für diese Exposition 13 In strumente (3 Amati, 1 Guarneri, 1 Stradivari, 1 Cas par Sacon, 7 Jacob Stainer) zur Verfügung gestellt. — Die Angelegenheit der Errichtung eines Grill Par ze rmonuments in Wien hat in den letzten Tagen bedeutende Fortschritte gemacht, nnd wie das „N. Frdbl." hört, steht ein Aufruf an die Bevölkerung der Kaiser stadt an der Donau zu Beiträgen für das Denkmal unmittelbar bevor. Das Prolectorat habe Erzherzog Karl Ludwig übernommen, das Präsidium soll Fürst Schwarzenberg führen, als Viccpräsidenten Gras Wrbna und Bürgermeister Or. Felder fungiren.— „Ter wunde Fleck" nennt sich ein fünfactiges Schauspiel von Robert Byr, welches am 27. Februar im Wiener Burgtheater neu in Scene ging und mit sehr gemischten Empfin dungen ausgenommen wurde. Das Stück >st durch die Schule der neueren Franzosen gelaufen, ohne von dem Kunsthandwerke derselben mehr als Aeußerlichkeiten ge lernt zu haben. — Aus dem Wiener Theater leben ist ferner zu verzeichnen, daß nach siebenjährigem Wirken in der Leopoldstadt Fräulein Gallmeycr scebcn die Bühne des Carltheaters verlassen hat, um in Zukunft ihr Talent im Theater an der Wien zu verwerten. Sie verabschiedete sich in drei ihrer Glanzrollen: der „gebildeten Köchin", der „Laura" („Goldonkel") und der „Gabrielle" („Pariser Lebrn") von dem Publicum de» Carltheaters, „mit einem nassen, einem trocknen Äug'", wie es eben der Repräsentantin der beständigen Fröhlichkeit im ernsten Momente ziemt.— Während Paris zur Zeit mit seinem musikalischen Adoptivsohn Offen dach etwas zu schmollen scheint, beschäftigen sich neuer dings in der Wiener Journalistik sogar recht ernsthafte Leut« und Musiker mit ihm. Seiner neuesten komischen ein fünfactiges Trauerspiel in Versen, „Ulm Parricida", aufgeführt worden. Der Verfasser, Parodi, ist ein Italiener von Geburt, der aber die französische Sprache vortrefflich handhabt. Ueber diese Matineen schreibt man den „Hamb. Nachr.": Man giebt dort ein Schau spiel, classisch oder modern, welchem eine kurze, unter haltende Conferenz vorangeht. Es giebt so manche Stücke, deren Verständniß der großen Meng« durch einen einleitenden Kommentar wesentlich erleichtert wird; jenen „Ulm den Vatermörder" hätte ein französisches Publicum kaum genießbar gefunden, wären ihm nicht vor dem Aufgehen des Vorhangs einige nützliche Vor stellungen von skandinavischer Mythologie und skan dinavischen Sitten beigebracht worden. Die Kunst be steht eben nur darin, den einleitenden Vortrag so fesselnd als möglich zu machen, und Herr Ballande, der Veranstalter der Matinöen, hat ein paar geschickte «onttrvvLivr» zur Verfügung. — Das Chorpersonal der Oper in Verona hatte an die Direction die Forderung gerichtet, für je 10 Lage vorau-bezahlt zu werden, ein Ansinnen, daS die Directiou abschlägig bescheiden zu müssen glaubte, weil sie im Zuftimmungsfalle jeder Garantie dem einzelnen Choristen gegenüber verlustig gewesen wäre. Infolge dieser Weigerung glaubten die Choristen striken zu müssen, und da- Publicum von Verona muß bi- auf Weiteres auf seine Opern verzichten. — Im Süd-K- nngtonmuseum zu Lon don wird im Juni d. I. eine Ausstellung von antiken musikalischen Jnstrumen- ten eröffnet werden, zu der die Vorbereitungen unter der Leitung de» Herzogs v. Edinburgh, in seiner Eigenschaft al» Vorsitzender des mit dem Zustandekom men der Ausstellung betranten ExecutwausschusseS, in vollem Gauge sind. Die Ausstellung wird Instrumente umfassen, die sich durch ihre decorativen, archäologischen, ethnologische« oder wesentlich technischen Verdienste aus- zeichnrn. die Polen) einem aus 15 Mitgliedern bestehenden Aus schüsse zugewiesen; dagegen die Slowenen und Tiroler. Hierauf beginnt die Budgetdebatte. Für die Ge neraldebatte war kein Redner eingeschrieben. In der Specialdebatte werden die Capitel: kaiserlicher Hofstaat, Cabinetskanzlei, ReichSrath, Reichsgericht, Ministrrrath und Ministerium des Innern unverändert angenommen. Zum Capitel „Ministrrrath" wurde eine Resolution ge nehmigt, welche die Regierung auffordcrt, die Kosten der ofsiciellen Zeitungen durch Reducirung der Zahl derselben zu vermindern. Bei dem Titel „öffent liche Sicherheit" des Ministeriums des Innern brachte Abg. v. Mende das Vagabundcnwesen zur Sprache, was dem Minister Frh. v. Lasser den Anlaß gab, zu erklären, daß die Regierung in wenigen Tagen einen Gesetzentwurf zur Eindämmung des Vagabundenwesens einbringen werde. Daß im Wege des Budgets zur Abhilfe dieser Landplage das Möglichste geschieht, geht daraus hervor, daß im diesmaligen Budget für den öffentlichen Sicherheitsdienst in Wien 400,i)00 Gulden und auf dem flachen Lande 1 Million mehr veranschlagt ist, als im Vorjahre. Zum Schluffe der Sitzung zeigte der Präsident an, daß der Minister des Innern ihm einen Gesetzentwurf über die privatrechtliche Stellung der Erwerbs- und Wirthschaftsgenoffenschaften mit Mo- tivenbericht übermittelt habe. — Während der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses wurden, wie die „Pr." erfährt, die Verhandlungen mit den Polen feiten der Minister eifrig fortgeführt, und die Regierung Hosse ganz zuversichtlich, einen befriedigenden Abschluß der Frage zu Stande zu bringen. — Die Entschließungen des Ministerrathes in Be-' treff der Grundsätze für die fernere Concessionirung von Actienunternehmungen sind bereits erfloffen. Wie nämlich die „W. Abdp." vernimmt, ist der stän dige Comitv in Vereinsangelegenheiten angewiesen worden, bei der Prüfung und Genehmigung der Sta tuten für Actienunternehmungen nachstehende Grund sätze zur Richtschnur zu nehmen: 1) Die Emission neuer Actieo vor erfolgter Bolleinzahlung der Acti n früherer Emission ist ausnahmslos unstatthaft und ist jede wie immer geartete Umgebung diese» Verbotes hintan» zuhalteu. 2) Bei jed r Art von Creditinstituten wird nur die Emission von vollecngezahlten Actien, lautend ans mindestens 200 Fl-, zugelaffen. Dre Actien dürfen zur Verhütung von Umgehungen nicht in Actienantheile zerlegt werden. 3) Bei Actrenaesellschasten zu industriellen Zwecken (auch Eisenbahnen und Veisickerungsgeseüschasten) werden zugelaffen: ») Actim auf 20« Fl. lautend, mit 40dh Einzahlung; b) Actien auf 100 Fl. lautend, mit Volleinzabluna. Es ttt in allen drcr Fallen (t bis 3) kein Unterschied zwischen Actien auf Namen und solchen ans ll berbringer zu wachen. 4) In d u Fällen -uk s bleibt es dem BeremScomit« überlassen, unter Berück sichtigung der Höhe des Grnndcapitals, deS Umfanges und OrteS des Geschäftsbetriebes, dann der Art der Unternehmung u- s. w. Ausnahmen zuzugestehell und zwar sowohl in Bezug aus den Nominalbetrag der Actien, als auf die Hohe der Ein zahlung. Im Falle der Gestattuna einer solchen Ausnahme werden jedoch die Actien der betreffenden Unternehmung zur Notirung an der Börse nickt zugelaffen werden Wien, 5. März. (Tel.) Das Herrenhaus ge nehmigte in seiner heutigen Sitzung das Nothwahl- gcsctz unverändert in der vom Abgevrdnetenhause be schlossenen Fassung mit 72 gegen 10 Stimmen, mithin mit der erforderlichen Zweidrittelmajorität. — Im Fi nanzausschüsse des Abgeordnetenhauses erklärte der Cultusminister, daß die Nachtragsforderung voneinerhal- ben Million für den Curatclerus nur solchen Priestern zugedacht ist, welche staatliche Besoldungen beziehen, dem nach nur katholischen und griechisch-katholischen. — Der Petitionsausschuß einigte sich in der Ansicht, daß die bestehenden Strafgesetze gegen den Mißbrauch der Kan zel ausreichen, und beschloß, die Regierung aufzufor- dcrn, daß die politischen Behörden die Agitation von der Kanzel streng zu überwachen und die Staatsanwalt schaften vorkommenden Falles das Gesetz in vollem Um fange anzuwenden haben. * Bielitz, 4. März. Die Bezirkshauptmannschaft in Biala will, wie man der „N. fr. Pr." meldet, die Graf v. Chambord logirt, ist in derselben Straße ge legen, wo die Familie Bourdon wohnt, welche den An spruch erhebt, in der nächste« erbberechtigten Linie von dem » nige Ludwig XV l abzustammen. Graf Gruau de la Darre, der unermüdliche Brrthridiger der Familie de Bourbon in Breda, wird sich von da, wie man vernimmt, nächster Tag« nach Paris begebe«, um jetzt bei der Regierung der französischen Republik auf- Neue Schritte brhuf» Erlangung gerichtlichen Verfahrens zur GkÜctUmachung der Erbaufprüche dieser Familie zu thun. sieben Jahren ungestört in Biala abgehaltenen Versammlungen de- Blelitzer-Bialaer Gewcrdever- rineS nicht mehr in Biala gestatten und zieht den Vor sitzenden, Fabrikanten Gülchrr, in schroffer Weise zur Rechenschaft. Die Ursache dieses Vorgehens ist eine Petition des Bielitz - Bialaer Gewcrbevercius an daS Abgeordnetenhaus wegen Au-scheidung der deutschen Stadt Biala sammt den anliegenden deutschen Gemeindcu aus Galizien und Einverleibung mit Schlesien. Diese Petition wurde, der „Pr." zufolge, von der BezirkS- hauptmannschaft confiscirt. * Pesth, 4. März. In der heutigen Sitzung des Unterhauses brachte Baron Simonyi nachstehende Interpellation wegen der Auflösung des kroatischen Landtags ein: Warum wurde der kroatisch- Landtag aufaelvst, ehe er sich geäußert hat? Warum wurde 8 8 des kroatischen Gesetzartikels 27 v. I 1870, wonach nach der Auslösung sofort die Schritte zur Einberufung de- Landtage- geschehen müssen, und da- im königl Nescripte vom 1> Januar enthaltene Versprechen nicht ausgeführt? Beabsichtigt die Regierung je eher Verfügungen zur Einberufung des kroatischen Landtags zu treffen? Dit Interpellation wird dem Ministerpräsidenten zugestellt. Hierauf folgt die Fortsetzung der General debatte über die Wahlnovelle. Der Referent des Erntral- auSschuffeS Szapary spricht nochmals für den Gesetz entwurf, Tisza nochmals für seinen Antrag. Minister Totb spricht unter großem Beifall in einer polemisch gehaltenen Rede gegen die Opposition und verspricht, in den nächsten Tagen den Gesetzentwurf über die Jn- compatibilität einzubringen. Jranyi vertheidigt als An tragsteller seinen Antrag. Morgen spricht Julius Schwarcz für seinen Antrag, worauf die Abstimmung stattfindet. — Dem Bestallungsdiplom des zum schwei zerischen Konsul in Pesth ernannten Ulrich Keller ist das allerhöchste Exequatur ertheilt worden. Agram, 4. März. (W. Z.) In der kroatisch- slawonischen und der Banater Militärgrenze wurden in folge allerhöchster Anordnung der Grenzcordon mit Ende vorigen Monats definitiv aufgehoben. An dessen Statt wurde in der Militärgrenze die Steuer- und Zollwache errichtet und ist auch bereits ins Leben getreten. Pari», 3. März. (N.-Z.) Nach beinahe Jahresfrist ist die große parlamentarische Untersuchungscom mission für die Ursachen des 18. März und der Commune mit ihrem Werke so writ zu Stande gekom men, daß zwei Ungeheuer von dickleibigen Bänden den Mitgliedern der Nationalversammlung ausgctheilt wer- , den konnten. Ihres Umfanges wegen werden sie frei lich nur wenig Leser finden, wie dies bei Ergebnissen solcher parlamentarischen Commissionen gewöhnlich der Fall ist. So weit man im ersten Ueberblick einen Ein druck gewinnen kann, scheint es das Bestreben de? Commission und besonders ihres Präsidenten, des Gra fen Daru, gewesen zu sein, aus den aufgerusenen Zeugen so viel als möglich heraus zu inquirirrn, was den Männern des September zum Borwurf gereichen kann. Die directe Verantwortung für die Männer der Commune und den 18. März wird vor Allem der ge- heimnißvollcn Internationale in ihrem französischen Zweige zugeschrieben. Von politischem Werth ist na mentlich eine längere Auseinandersetzung des Herrn Thiers, über welche schon vor Monaten Indiskretionen in die Presse gedrungen waren und deren Gesammt- bild für den späteren Geschichtschreiber dieser virlbe- wegten Epoche von unschätzbarer Bedeutung sein wird. Bemerkt zu werden verdient die leidenschaftslose Weise, in welcher der jetzige Präsident der Republik seines Verkehrs mit dem Fürsten Bismarck in Versailles wäh rend seiner ersten, wie seiner zweiten Mission im deut schen Hauptquartier gedenkt. Interessant ist ferner die nun nach jenem Zrugniß feststehende Angabe, daß es Fürst Gortschakow oder vielmehr Kaiser Alexander von Rußland gewesen, der durch ein eigenhändiges Schrei ben an seinen Oheim nach Versailles die ersten Waffen- stillstandsverhaiidlungcn vom Ende October ermöglichte und zugleich für Herrn Thiers die Erlaubniß auswirkte, sich durch die deutschen Linien zuerst nach Paris be gehen zu dürfen, bevor er die Besprechungen amtlich eröffnete. Bekanntlich tonnte man Ende Octvber nicht zum Abschluß eines Waffenstillstandes gelangen. — Wie man der „K. Z." schreibt, wurden mehrere Bonapartistische Agenten, darunter ein Arzt, der früher in den Tuilerien angestellt war, verhaftet. Man soll Papiere saisirt haben, die Khislehurst stark compromittiren. Aus den Niederlanden, 2. März, schreibt man dem „N. C.": In Breda ist eine kleine Anzahl fran- - zösischer Legitimisten angelangt, um dem Grafen v. Chambord ihre Aufwartung zu machen. Das Pu blicum nimmt von der Anwesenheit des Grafen wenig Notiz. Das Hotel „La Couronne", in welchem der * Wirn, 4. März. Beide Häuser des Reichsraths hielten heute Sitzung ad. Im Herrenhause wurde der Telegraphenvcrtrag mit Deutschland, sowie die Mar kenschutzconvention mit Amerika genehmigt und eine Reihe von Gesetzentwürfen, darunter ein Gesetzentwurf be treffs Abänderung des K 14 der Bankstatuten, unver ändert nach den Commisstonsanträgen erledigt. Eine ' sehr lebhafte Debatte veranlaßte der Gesetzentwurf we gen Verleidung von Anstellungen an ausgediente Unteroffiziere, worüber Ritter v. Arneth referirte. Es handelte sich um eine Abänderung des 8 s des Gesetzes, welche das Abgeordnetenhaus bei der »weiten Letung an dem Ausschußalttrage corgeuommen Hai; die Commission de- Herren» Hauses im Unverständnisse mit der Regierung beantragte die Ablehnung dieser Abänderung und Zurückgreiten auf tue vom Austchuffe des Abgeordnetenhauses vorgeschtagme Fassung. Während der Beschluß des Abgeordnetenhauses anS der Be- sorgniß hervorging, es könnten die sich um eine Civilanstellung bewerbenden Unteroffiziere zum Nachtheile d,r Civilbediensteien bevorzugt werden, fanden umgek hrt die Commission des Herren hauses und die Regierung, in deren Namen der Ministerprä sident mit goßer Lebhaftigkeit für den CommissiouSantrag sich cinsetzte in diesem Beschlusse ein« Zurücksetzung der Unterotfi- ziere. Obgleich die Freiherren v Hein und v Rizy sich für deu Beschluß des Abgeordnetenhauses aussprachen, wurde der selbe abgelehnt und, dem Commissionsantiaae entsprechend auf den Aussckußanlrag des Abgeordnetenhauses zurückgegriffen. Die Debatte über diesen Gegenstand, wobei die bedauerliche Nothwendigkeit, im Justizdienste wichtige Geschäfte Diurnisten anzuverlrauen, zur Sprache kam, gab dem Juftizmiuister Glaser den Anlaß »ur Versicherung, drß er auf diese Uebelstände sein volles Augenmerk gerichtet balle und überzeugt sei, daß mit Ker Gerichtsmaanitation nicht bis aus die Resorm der materiellen und Procemechtsgrsetzgebang gewartet w.rden dürfe und endlich, daß er hoffe, diese Organisation bald zur l gislativcn Vollendung zu dringen. Im Abgeordnetenhaus! brachten Abg. Or. Edelbachcr und Genossen einen Gesetzentwurf ein be treffs ausnahmsweiser Ermächtigung des oberösterreichi schen Landtags zur Abänderung des Volksschulgesetzcs in Bezug auf die achtjährige Schulpflicht mit Berück sichtigung der dortigen besonderen Verhältnisse. Alsdann interpelliren Abg. Fux und Genossen den Justizmini ster, ob derselbe im Hinblick auf die, gegen die Dele- girungen der Schwurgerichte in Böhmen erhobenen Be denken von dieser Maßregel absehen werde. Demnächst begründete Abg. l)r. Walbert seinen Antrag wegen Regelung der Verhältnisse der Altkatholiken. Abg. Or. Waldert will sich in keine theologische Differ- tation einlaffen, auch nicht polennsirend gegen das Ministerium des Cultus aufircten; aber «inen WainuugSruf aus der eige nen Partei will er »hm zurufen. Redner wirst einen Rück blick aus d e Entstehung d:S Unfehlbarleitsdogmas und bemcikt, ursp ünzUch habe sein Antrag nur die Regelung der vtrmö- aenSrechttichen Verhältnisse der Altkalholcken »m Auge gehabt. Der gestern veröffentlichte Erlaß des Cultusministers, durch den die Frage zwar geregelt, ab r auch zugleich beseitigt werde, verlange eine erweiterte Auslegung des Antrags, vr. Waldert nnlerz.eht den Erlab Dr. v. Slremayr's einer längeren Krckik und kommt zu dem Resultate, das Ministerium habe keine Veranlassung gehabt, altkatholische Ehen für unailtig zu er klären. Als der Gemeinderalh von Wien den Altkatholiken die Salvatorkapelle zur Ausübung ihres Gottesdienstes über» ließ, erklärte« die Statiballerei und das Ministerium einem Recurse gegenüber, daß für die Slaatkregierung kein Fall der Einmischung vorliegr. D.e Altkatholi'cv waren somit als eine gesetzliche Religion? genoffenschast anerkannt ^o war es unter dem irüheren Ministerium; da» jetzige liberale Ministerium denke anders und spreche den Altkaiholiken das Recht einer ge setzlich anerkannten Kirche ab. Redner beruft sich auf den Vor trag, welchen Minister t«r. v. Siremavr anläßlich der Auf hebung des Coucordats au den Monarchen e> stattete und in welchem die durch das proclamirte Dogma von der päpstlichen llnseh darkeil entstandenen Veränderungen in dem Verhältnisse zwischen Kirche und Staat dargel gt wer'en, und citirt das kaiserliche Handschreiben, welches iu Erwideiung Kieses Vor trags die Aufhebung des Concordais aussprcht Das Rund- schreiben des Ministers vom 20. Februar 1872 entspreche nun weder dem an Len Monarchen erstatteten Vorträge, noch dem allerböchsten Handschreiben. Denn wenn man aus den Art. 16 des Staatsgrundgesetzes hinseh , auf welchen in jenem Rund> schreiben die Altkutholikcn -aewiebn werden, so find« man darin nur das Recht der hänslichen R.ligionsüdung. Mithin wür den alle Kaiholiken, welche die päpstliche Unfehlbarkeit nicht anerkennen, als Seltner angesehen, die sich für consessiovs- los e, klären können. Durch biescn Erlaß werde der größte Gewiffensdruck gezm Jene ansgeübt, welche treu an ihrem Glauben sesthalten zBravo! Bravo! links); es werde dieser Gewiffensdruck ausgeübt trotz des Art. 4 der Staatsgrnud- gesetze, welcher allen S aalsbürgern volle Gewissensfreiheit ga antirt. Ein weiterer Gewiffensdruck werde au-geübt rück ¬ wärtig dir auswärtige Politik Italien- residirt — mit der Wahl srhr zufrieden. — Attißer der außerordent lichen Creditforderung von 12 Millionen für militäri sche Zwecke ist der Kammer auch noch ein anderer Gesetzentwurf vorgeleat worden über einen außerordent lichen Aufwand von 6 Millionen für die Jmmvbiliar- dotation der Krone, d. h. für die Bauten im Qulrinal- palaste und für den Ankauf des Castels Porztano. — Laut einer Meldung der „N. fr. Pr." hat der Appetlhof in zwei Streitsachen, welche französische und cnglische Damen vom Collegium zum heiligen Her zen Jesu betreffen, entschieden, daß diese Collegien, obschon von Ausländern bewohnt, als keine auslän dischen anzusehen sind und den italienischen Gesetzen unterstehen. Rom, 4. März. (Tel.) Prinz Friedrich Karl von Preußen ist gestern nach Neapel abgereist, von wo er sich nach Sicilien begeben wird. — Das clericale Journal „Voce della Veritü" dement irt die vom Pa riser „Monde" gebrachte Nachricht, daß Thiers und Oesterreich dem Papste neuerlich Gastfreundschaft an geboten hätten. — Wir man der Florentiner „Nazione" meldet, wird der Generalsecretär im Ministerium des Acußern zu Montevideo, Hordegnana, demnächst hier eintreffen. Derselbe soll der bei dem italienischen Hofe beglaubigten Gesandtschaft von Uruguay Instructionen überdringen, um die durch den außerordentlichen ita lienischen Gesandten della Croce abgebrochenen Ver handlungen wieder aufzunehmen. Loudon, 5. März. (Tel.) Im Unterhausc fan den gestern lange Debatten über den Antrag Holms, das Kontingent der Armee um 20,000 Mann zu ver ringern, statt. Nachdem der Staatssecretär des Kriegs, Cardwell, das vorgelegte Militärbudget vertheidigt hatte, wurde die Discusston vertagt. Von Muntz war der Antrag eingebracht, eine Verminderung der Infanterie um 10,000 Mann vorzunchmen. — Auf eine Anfrage Henry Viviat's über die zu Huelva in Spanien geschehene Ermordung eines britischen Un- terthanen namens James Roberts wurde von der Ne gierung die Antwort ertheilt, daß der Mörder ein Sohn des zweiten Alcalden zu San-Juan in Spanien sei und ungeachtet wiederholter Vorstellungen fortwährend auf freiem Fuße sei. Die britische Regierung habe jüngst ihren Vertreter angewiesen, persönlich die Sache zu untersuchen. — Die Königin hat dem Lord-Mayor von Lon don, Gibbon-, in Anerkennung der Haltung der City beim Dankfeste für die Genesung des Prinzen von Wales die Baronetwürde, sowie einigen Aldermen die Ritterwürde verliehen. — Nach einer Notiz in der gestrigen „Times" scheint man den jungen Burschen, dervordcmBuckingham- palaste den Anfall auf die Königin machte, einfach in die Kategorie der Irren versetzen zu müssen. Arthur O'Connor war von Kindheit an schwach und kränk lich ; einige Tage vor der That hatte der Vater zu Be kannten geäußert, er fürchte, sein armer Junge würde ganz den Verstand verlieren. Er ist, beiläufig bemerkt, nicht von niedriger Herkunft. Seine Großmutter, die noch jetzt lebt, ist die Großnichte eines irischen Lords, und sein Großvater, Arthur O'Connor auf Connorville, Vetter des bekannten Feargus O'Connor, scheint noch ein sehr wohlhabender Mann gewesen zu sein. Nach und nach verarmte die Familie, doch hat man nie etwas Nachtheiliges über sic gehört. Auch in den extremsten Parteien hat übrigens die That des jungen Menschen nicht die geringste Entschuldigung gefunden. Die Lon doner Modrepublikanrr sprachen in einem Meeting so fort ihre Verdammung darüber auS, und die irischen Patrioten weisen mit einem gewissen Selbstgefühl darauf hin, daß der Königin bei ihnen in Irland niemals auch nur die geringste Unannehmlichkeit widerfahren sei. Kopenhagen, 4. März. (H. N.) Das Gesetz, betref fend die Anlage einer laaland-falsterschen Eisen bahn, wird trotzdem, daß es einem Ausschüsse über- Gehalte einig. Abg. Bätz beantragt, die Entscheidung der Frage über die Wirkung der Aufbcsserung auf die Pension-Verhältnisse bis nach erfolgter Durchbrrathung aller Etats auszuschieben. Für diesen Antrag erklären sich die Abgg. Sellner, Krämer und Frhr. v. Hafen» brädl. Für definitive und sofortige Aufbesserung sprechen Ruland und Freytag, für Reformen Wülsert, gegen die Zusammenlegung von Gerichten Rußwurm und Lauerer, gegen Reductton der Beamtenzahl Schmidt. Fortsetzung morgen. — Der Deutsche Kaiser hat, wie der „A. Z." auS Würzburg berichtet wird, am 1. d. Mts. dem General der Infanterie Frhrn. ».Hartmann den Orden pour l« märite verliehen. sittlich b«i RelieionSuMerricht- i« de« Dolk-schuleu; j,„. auch consessionSlod erklär« sür seine Perlon, um seinen eigenen Grundsätzen nEetzen zu können, der hat damit seine Liud r zwischen 7 bis 14 Jahren noch nicht von dem GewlffenSdrucke de» Religionsunterrichts in der Volksschule befrei«. (8 ifall link-) DaS Rundschreiben de- Muttster« Hobe somit einen Gewiffensdruck »cschaffeu, wie er »raec nicht mehr ^dacht wer den kann «d der de« Art. 14 des Etaat-arundgesetzeS voll» ständig ncßirt Un unS ist es, zu beweisen, daß du Lcriassang ei» Palladium ist, auf welche- sich jeder Stuatsbinaec > i !' n kann. (Beifall.) Ist dem nicht so, dan» find die Etaa S- grundges y« wohl emeZier de-„Rrich-g-setzblatte-", aber tonst vollkommen werthlo-, und der Preis, der dafür gezahlt würde, ist ein verlorener. Ww aber haben allen Grund, zu beweisen, daß di« StaatSgrundaesetze mehr denn ein theoretischer Satz sind. Schon von diesem Gesichtspunkte aus emvfiehlt sich die Regeluna der alikathol schen Verhältnisse. Dieser Aufgabe möge sich da- Abgeordnetenhaus be" ächtigen und im Einver nehmen mit der R.guruog lösen. Reduer empfiehlt seine Au- träge dem Hause zur Annahme. (Lebhafter Beifall links.) Der Antrag wird mit großer Majorität (dafür auch
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