Dresdner Journal : 31.05.1877
- Erscheinungsdatum
- 1877-05-31
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187705314
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- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18770531
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1877
- Monat1877-05
- Tag1877-05-31
- Monat1877-05
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- Titel
- Dresdner Journal : 31.05.1877
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LipsUitioo a«s Ors«6nvr Journal», OrvsUeu, ILvin^srstr»«« Ho. SO. Feyilleton. Redigirt von Otto Banck. NMamtMer Theil. U e d e r s i » t. Telegraphische Nachrichten. Zur orientalische« Krage. TageSgrschichte. Ernrununara, Versetzung»« rc. im öffratl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Provivzial-Nachrichten. (Pirna Zittau.) Vermischte«. Statistik und VolkSwivthschaft. Feuilleton. Lotteriegewivuliste vom 29. Mai. (Schlußzirhung.) Inserate. Beilage. Börsennachrichten. Telegraphische Witterungsberichte. Sold gehalten wurden, deren Thaten sie dafür lob preisend b-saugen. Auch jetzt noch fertigen sie auf Ver langen solche epische Poesie an; gewöhnlich aber er zählen sie nur und machen, wo es nöthig ist, Musik (meist mit der Trommel), wofür man sie je nach Gut dünken bezahlt. Die Berühmteren unter ihnen wandern auch wohl von einem Dorf zum andern. Wir haben in ihnen die letzten Reste eines Berufes, welcher im ganzen semitischen Alterthum und ebenso an den indi schen König-Höfen in Blüthe stand. Ihre epische Poesie ist nach den Proben, welche Thorburn giebt, etwa von gleichem poetischen Werth als das Kriegslied Pentaurs in Ebers' Uarda, wenn man die künstlerische Behand lung des berühmten Aegyptologen abzteht; die Ge schichten, welche sie erzählen, und dem Gcschmacke des Polkes entsprechend mit großer Leidenschaftlichkeit und den lebhaftesten Gesten erzählen, sind kurze, anekdoten- arttge, bald scherzhafte und witzige, bald mehr ernste, ja moralistrende Darstellungen, sehr häufig auch Mär chen oder Fabeln. Inhaltlich hängen sie fast ganz von Indien ab; aber nicht sowohl nach dieser Seite sind sie interessant — obwohl auch ihr Inhalt ost recht hübsch ist — als sie vielmehr durch ihre ganze Art und Weise und durch den mächtigen Einfluß, welchen sie auf die Hörer ausüben, für die geistige Art und Entwickelung des afghanischen sowie aller Völker, welche noch dem natürlichen Zustande angehören, lehrreich sind. Denn dieser Zustand wird literärisch (das Won im weitesten Sinn genommen) ganz und gar von diesen kleinen Erzählungen, diesen kurzen Berichten von einzelnen Heldenthaten, diesen Anekdoten und Novellen beherrscht; sie finden sich überall, auch bei solchen Völkern, wo man keine Spur von lyrischer Poesie antreffen mag. So beherrschen sie auch heute noch den räumlich größten Theil der Erde; denn in weiten Länder müßten, dies nur im Einverständnis mit den ver- schieden»« Consulaten geschehen würde. DaS Reglement betreff« de« Belagerungszu standes wird demnächst mitgetheilt werden. Der österreichische Botschafter, Graf Zichy, wurde heute vou dem Sultan in Privataudienz empfangen. Konstantinopel, Dienstag, 2V. Mai, AbrndS (Tel. d. Dresdn. Journ.) Die Regierung giebt zu, daß die Wiedereinnahme von Ardahan bisher noch nicht officiell bestätigt worden ist. Einer Meldung au« Suchum-Kaleh zufolge habeu die Türken den befestigten Platz Zill ein genommen; dir russische Besatzung zog sich zurück. Athen , Dien«tag, 29. Mai, Morgens. (Tel. d. Polit. Corr.) Infolge der Demission deS CabinrtS Deli- georgiS erfolgte beute die Berufung KomunduroS' zum König, und scheint die Uebernahme der Bil dung eine« neuen CabinetS seinerseits um so ge wisser, als er sich der Unterstützung aller opposi- tionellen Parteien bereits versichert hat. Die Aussicht auf ein CoalitionSministerium ist groß. Gestern haben vor dem königlicben Refidenz- schloffe und der Wohnung deS greisen Admiralü Kanaris kriegerische BolkSdemonftrationen stattge- fundrn. Athen, DienStag, 29. Mai, Vormittag«. (W. T. B.) Der König hat für die patriotischen Kundgebungen, die gestern Abend vor dem könig lichen Schlosse staltfanden, sofort vom Balcon deS Schlosses aus seinen Dank ausgesprochen und dabei erklärt, daß die Zukunft und die Interessen de« Vaterlande- seine eifrigste Sorge seien. Zur Bildung de« neuen CabinetS find noch keine Einleitungen getroffen. Auf Befehl der Regierung wurden mehrere Personen, die mit Waffen über die Grenze von Thessalien gehen wollten, angehalten. Da« englische Panzergeschwader wird einige Zeit im Piräu« stationirt werden. Alexandrien, Dienstag, 29 Mai, Vormit tags. (W. T. B.) Dir ägyptischen Truppen sind noch nicht nach Europa abgrgangen; die Abfahrt derselben wird von einem Tage zum andern ver- schobrn. Für orientalischen Frage. -j-* Wien, 28. Mai. Hier hat ein Artikel des „Pester Lloyd" Aufsehen erregt, welcher in ungewöhn lich lebhafter Weise die gemeinsame Reichs; egierung auf forderte, in Anbetracht der heutigen Lage auf dem Kriegsschauplätze endlich zu einer militärischen Action zu schreiten. Das ungarische Blatt beruft sich dar auf, daß unser auswärtiges Amt selbst in officiöser Weise angekündigt hatte, Oesterreichllugarn werde aus der Passivität heraustretcn, sobald unsre eigenen Inter essen durch den Gang der Ereignisse auf der Balkan halbinsel alterirt würden. Dieser Moment sei nun, so meint der „Lloyd", ohne übrigens seine Behauptung näher zu begründen, eingetreten, ja bereits verstrichen, und die Monarchie müsse daher ungesäumt zur That schreiten, um ihre Interessen und ihre Machtstellung zu wahren. Daß der „Lloyd" hiermit eine antirussische Action, womöglich den Eintritt in Feindseligkeiten zu Gunsten der Pforte empfohlen wissen will, kann bei der bekannten Haltung der Presse und der öffentlichen Meinung Ungarns keinem Zweifel unterliegen. Der Alarm ruf hätte nicht viel auf sich, wenn nicht das Publicum hier und jenseits der Leitha den Kundgebungen des „Pester Lloyd" in der Regel deshalb eine höhere Bedeutung beilegen würde, weil das Blatt häusig zu halbamtlichen Mittheilungen benutzt wird. Man glaubte also den Artikel dahin deuten zu sollen, daß die unga rische Regierung einen Druck in der Richtung einer militärischen Action auf unser auswärtiges Amt auszu üben beabsichtige. Diese Voraussetzung ist indessen Telegraphische Nachrichten. München, Mittwoch, 3V. Mai. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Dem Vernehmen nach wird der bayersche Landtag demnächst zu einer kurzen Session zur Feststellung de« Militärbudgets ein- berufen werden. Wien, Mittwoch, 3V Mai. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Die österreichische und die ungarische Quotendeputation find gestern Rachmittaa zusam- mengetreten und haben übereinstimmend beschlossen, den mväu» proeeckenckt vom Jahre 1867 beizube- halten. Haag, DienStag, 29. Mai, AbendS. (W. T. B.) DaS Befinden der Königin, welche seit gestern erkrankt ist, ist heute Nachmittag Besorgniß er regend geworden. London, Mittwoch, 30. Mai. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der „Morning Post" zufolge hätte die Pforte beschlossen, Ausländer in ihren Dienst zu nehmen. Eine Anzahl englischer Offiziere soll im Begriff stehen, in die türkische Armee einzutreten. St. Petersburg, Mittwoch, 30. Mai. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Telegramme vou der Donau und vom Kaukasus melden, daß dir Trup- pevbewegung durch Regengüsse und durch die Un wegsamkeit der Straßen gehindert wird. Ein Telegramm deS Oberbefehlshaber« der Kaukasusarmee, Großfürsten Michael, meldet, daß gestern der General Tergukaffow bei einer Recog- noScirung 3 türkische befestigte Lager bei Kara- kiliffa und Alaschkerstaschan mit zusammen 12 Bataillonen entdeckte und einen Zusammenstoß mit einem Haufen Kurden hatte, welche durch Ko saken zerstreut wurden. Der Verlust auf russischer Seite beträat 2 Todte und 2 Verwundete. Die Kosakendivifion de« General« LoriS-Melikow hatte ein erfolgreiche« Scharmützel bei Machardschich mit au« Kar« herautgetretenev türkischen Trup- pen. Der russische Verlust beträgt 1 Toptrn und 6 Verwundete; die Türken ließen 40 Todte auf dem Kampfplätze. Die Konstantinopeler Nachricht von der Wieder btsetzung ArdahauS durch die Türken ist absolut unwahr. Belgrad, Mittwoch, 30. Mai. (Tel. d. Nugsb. Allg Ztg) Der Krieg«minister Gruic hat seine Demission eivgereicht. Konstantinopel, DienStag, 29. Mai, Mit tag«. (W. T. B.) Den hiesigen Botschaftern der auswärtigen Mächte wurde heute im Anschluß an die bereit« ertheilten Versicherungen die ofsscielle Mittheilung gemacht, daß der über Konstanttnopel verhängte Belagerungszustand die Capitulationen intact lassen werde und dass, wenn Maßregeln gegen fremde Staatsangehörige ergriffen werden Literarische Revue. Wahrscheinlich ist der Orient in seiner stehen ge bliebenen Cultur, Sitte und Gesellschaft noch das einzige Terrain, auf welchem sich der Kindheitsrustand des Epos, überhaupt das Werden und die einfache Gestalt vom stofflichen Grundelement aller Poesie beobachten läßt. Djesr Wahrnehmungen sind auch für die größeren Kreise des gebildeten Publicums von Interesse. Neuerlichst hat Prof. Georg Gerland in Straß burg (in der „Zeitschrift für Länder- und Völkerkunde") durch ausführliche Abhandlungen über die literarisch- rhapsodischen Traditionen und immer fortdauernden Be- thätigungen bei den Afghanen im östlichen Persien auf merksam gemacht, nndzwar mitspeeiellerBerücksichtigung von Thorburn's Werk. DaS Talent der Afghanen und ihrer Dum's, d. h. ihrer öffentlichen Sänger, Musiker, Erzähler und Spaß macher, für das eigentliche Fabuliren, wie es Goethe s Mutter nannte, scheint ungewöhnlich groß zu sein. Der Raum gestattet nicht, Gerland's Untersuchungen so um fangreich zu berücksichtigen, wir sie es verdienten; aber wir wollen doch als Skizze einen Theil dieser Dar stellungen zur weiteren Anregung hervorhrben. Diese Dum's, denen man bei den Atghanen mit großem Eifer auf dem Vrrsammlungsplatz zuhirt, welche ferner bet allen Dorffrierlichketten, z. B. Hoch zeiten, unentbehrlich sind, haben, obwodt sie einem nieder« wenig geachteten Stande angrhörrn, dennoch groß« Bedeutung uud hatten sie namentlich in 'rühcrrr Zett, wo sie von den einzelnen Fürsten in vollkommen haltlos. Das ungarische Ministerium war und ist mit der Haltung des Grafen Andrasiy in der Oricntfrage vollkommen einverstanden und hat dies wiederholt und auch in neuester Zeit ausdrücklich aus gesprochen. Die Actionsbegeisterung des „Lloyd" ist lediglich auf die subjrctiven Anschauungen seiner Redac tion zurückzuführen. — Auf eine Anfrage des k. u. k. Botschafters in Konstantinopel, Grafen Zichy, hat die Pforte in loyalster Weise die Erklärung abgegeben, daß der von ihr über die Hauptstadt und deren Um kreis verhängte Belagerungszustand auf die dort scß- haften oder zeitweilig sich aufhaltenden österreichisch un garischen Staatsangehörigen keine Anwendung finde, daß sie vielmehr die sogenannten Capitulationen streng zu rcspectiren willens sei. Pari«, 29. Mai. (Tel.) In Bezug auf die Mit- theilung der Pforte, betreffend die Verhängung des Belagerungszustandes in Konstantinopel, und die eventuelle Ausführung der mit demselben zusammen hängenden Maßregeln gegen fremde Staatsangehörige ist feiten der Mächte eine Erklärung nicht erfolgt- Dieselben werden abwarten, wie die Pforte den Be lagerungszustand praktisch handhabt und dem entsprechend ihre Entschließungen treffen. * St. Petersburg, 29. Mai. Der hiesige Bericht erstatter der „Polit. Corr." telegraphirt: Der Kaiser Alexander wird bei seiner demnächst erfolgenden Ab reise zur Donauarurce nach Rumänien vom Großfürsten- thronfolger, dem Großfürsten Wladimir, dem Reichs kanzler Fürsten Gortschakow, General Graf Adlcrberg, dem Kriegsministcr Miljutin, dem Staatssekretär v. Hamburger, dem Staatssecretär Baron Jomini, dem deutschen Militärattache, General v. Werder und dem österreichischen Militärattache, Oberstlieutenant Baron Bechtolsheim begleitet sein. — Der diesseitige Botschafter am Wiener Hofe, v. Novikow, bleibt bis zur Abreise des Kaisers hier, begiebt sich sodann zur Ordnung von Familienangelegenheiten nach Moskau uud kehrt hernach auf seinen Posten nach Wien zurück. * St. Petersburg, 29. Mai. Ein Telegramm von „W. T. B." bringt nachstehenden, allem Anscheine nach aus autoritativer Quelle fließenden Kommentar der gesammten gegenwärtigen Situation: Die fortlau fenden Berichte von den beiden Kriegstheatcrn, welche durch die ganze Monarchie verbreitet werden, haben den entschiedenen Vorzug, die Küstenstädte am schwar zen Meere zu beruhigen. Die Wirksamkeit unserer Torpedovarkehrungen bewährt sich, wie die letzte Monitoraffaire' zeigt, auch aggressiv. Auf dir Ver wüstungen, die dir einzelnen Küstendörfer auf der asia- tischen Seite durch die türkischen Kriegsschiffe zu er leiden haben, mußte man von Haus aus gefaßt sein. An einer Küste von dieser Ausdehnung kann nicht jeder Punkt besetzt werden. Der Gang unserer Kriegführung wird durch das Sengen und Verbrennen vereinzelter Ortschaften nicht berührt. In geordneter Weise geht unser Marsch auf Erzerum vor sich, das mit Kars- Batum die erste Linie unserer Operationen bildet. In diesen werden wir nicht behindert durch die von den Türken hervorgerufenen Aufwiegelungen der Tschet- schentzen und Abchasier. Das Terekgebiet ist bereits beruhigt, und gegen die von den Türken gelandeten Cirkassier, welche die Rcvoltirung einzelner Stämme nnternehmen sollen, sind fliegende Corps beordert; der große Krieg wird davon nicht abhängig. Dieses Ver suchen der Türken aber, die Jnsurrection zu einem Hauptmotor des gegenwärtigen Krieges zu machen, könnte leicht an der Donau Gegenzüge Hervorrufen. Die russische Negierung verzichtet jedoch auf solche Hilfsmittel; wie sie die Ziele und Zwecke des Krieges beschränkt, so auch hält sie sich fern von gewissen Mitteln. Sie ist vielmehr bemüht, da, wo, wie in Serbien, Alles zum Kriege diängt, von der Thcil- nahme ernstlich abzurathrn. Rußland wird, mögen einige Tausend Abchasier insurgirt werden oder nicht, die Linie eines Vorgehens innehalten, die die Revolution nicht wachruft. strecken Astens, in ganz Oceanien und Afrika, bei vielen europäischen Völkern und ebenso bei den Eingeborenen Amerikas sind sie die einzige Art der epischen Poesie, der erzählenden Unterhaltungsliteratur, welche z. B in Polynesien, in Malaisien außerordentlich schöne Blüthen getrieben hat. In früheren Zeiten aber war ihre Herr schaft eine noch weit ausgedehntere: sie erstreckte sich auch über die Kulturvölker Europas. Das ganze Mit telalter, als dem natürlichen Zustande näher stehend, lebte und webte in der Freude an solchen kleinen Er zählungen, an seiner Novellenliteratur; mochte man auch die Einzelnerzählungen in einen Rahmen oder Zusam menhang bringen, das eigentlich Fesselnde war nicht der Rahmen, sondern die bunte Mannichfaltigkeit der rasch abgeschlossenen Einzelngeschichten, wie Boccaz, wie Ariost beweisen. Auch die meisten der großen Ritter epen (wenn nicht alle) bestehen aus der Aneinander reihung einzelner, anekdotenartiger Geschichten, welche zunächst nur durch dir Einheit der Person ihre- Trä gers selber zusammengehalteu werden. Dieselbe Erschei nung, wie das Mittelalter, zeigt auch das Alterthum in sehr früher Zeit; nur daß hier durch die hohe Ent Wickelung der griechischen Cultur der einfache Naturzu stand theils erhöht, thcils für unsere Augen überstrahlt wird. Auch die großen Epen der Volkspoesie beider, man kann wohl sagen aller Zeiten und Völker sind aus solchen einzelnen kleinen Ganzen zusammengesetzt, cder durch Erweiterung einer solchen kleineren Erzählung durch spätere Ausführungen und Zusätze entstan den und erst ganz allmählich geworden, was sie sind. Für die Schulung des menschlichen Geistes, für die Entwickelung des epischen Sinne» sind diese großen Zusammenstellungen von äußerster Bedeutung: nicht die epische Kunst hat die besten großen Epen, Ilias, Odysscr, Nibelungen, geschaffen, vielmehr umge- Belgrad, 28. Mai. Eine Privatdepesche der „Allg. Ztg." meldet: Gestern hielt der serbische Unt er st ützungsausschuß eine außerordentliche Sitzung unter dem Präsidium des Metropoliten Michael. Er beschloß, der Regierung 700 Ducaten für die Noth- leidenden in Bugar Morawa zur Verfügung zu stellen, denn die Noth in Bugar-Morawa ist unbeschreib lich groß. Turn-Sevrrin, 25.Mai. Der frühere serbische Lpe- cialcorrespondent der „Schles. Ztg." schreibt: Ich kann Ihnen die ganz positive Versicherung geben, daß bis zum heutigen Tage 20,000 Mann russischer Trup pen, Infanterie und Cavallerie, jenseits der Aluta, südlich von Krajowa auf Radowan zu stehen. Andere größere Corps aus dem Lager von Slatina werden in einigen Tagen nachrückcn, sobald die Nothbrücke über die Aluta fertig geworden ist. Im großen Lager von Slatina sind bisher 60,000 Mann aller Waffengattungen concentrirt. Die Truppen benehmen sich gegen die Be völkerung musterhaft, sind ausgezeichnet disciplinirt, equipirt und bewaffnet uud besitzen, Offiziere wie Mann schaften, Geld genug, um sich einigen Luxus zu gönnen. Gegenüber dem Benehmen der russischen Armee im Jahre 1853,54 in dieser Gegend ist ein bedeutender Fortschritt zu spüren, und versichern Leute, welche da mals mit der russischen Armee in Berührung kamen, daß man sich über diese Fortschritte nicht genug wundern könne. Jassy, 29. Mai. Ein Telegramm der „Pr." meldet: Alle F l ü s s e Rumäniens sind durch anhaltenden Regen hoch angcschwol len. — 2000 Tscherkessen und Jnguschier wucden wegen Gewaltlhaten, Meuterei und offener Sympathie für die Türken entwaffnet, zurückgesandt und in Rußland internirt. Kalafat, 27. Mai. Der Specialberichterstatter der „Pr." telegrapkirt: Die Kanonade gegen Widdin hatte nur den Zweck, die Geschütze mit großem Calibrr (15 Centimetcr) auf ihre Tragfähigleit und Treffsicher heit zu erproben. Aus diesen Geschützen wurden 18 Schüsse und aus den Geschützen mit kleinen Kalibers 5 Schüsse abgegeben. Die Geschosse mit großem Caliber trafen alle Widdin. Die Türken erwiderten lebhaft das Feuer aus 4 Batterien, ohne jedoch Schaden zu verur- suchen. Die Türken gaben 35 Schüsse, von denen 3 sehr gut gezielt waren und in der nächsten Nähe der Batterie, wo Fürst Karl stand, einschlugen. Diese Batterie ist allerdings durch ein dahinterstehendes weißes Haus scharf markirt. Fürst Karl stand auf der Krone der Brustwehr, sich geradezu dem Feuer exponirend. Um 7 Uhr Abends begann das Feuer auf Befehl des Fürsten in der Batterie Nr. 1 „Karol", welche, aus 5 Geschützen schießend, das Signal zur Kanonade gab. Die Batterie Nr. 2 „Elisabeth", Nr. 3 „Mircea", Nr. 4 „Stephan" nahmen das Feuer ab, worauf man bald den Ausbruch eines Brandes in Widdin bemerkte, wel cher jedoch schnell gelöscht wurde. Um 7 Uhr 40 Minu ten schlugen Granatcnsplitter 3 Schritt neben dem Fürsten ein, ohne Jemanden zu beschädigen; um 7 Uhr 50 Minuten schlug eine Granate in der linken Flanke der Batterie ein, wo mehrere Offiziere standen; ein Diener wurde durch den Luftruck niedergeworfen, mehrere Splitter sausten am Hauptmann Maurocordato vorüber und schlugen in die Wand. Die Mehrzahl der türkischen Geschosse fiel ins Wasser, einige in die Straßen der Stadt, einige explodirten in der Luft. Um 7 Uhr 50 Minuten wurde das Feuer von Türken und Rumä nen eingestellt. Ich stand während der ganzen Kano nade in der Batterie „Carol"; der Fürst sagte zu mir: „Heute haben auch Sie die Feuertaufe erhalten". * Widdin, 28. Mai. Ein heute Abend aufgc- gebenes Telegramm der „N. fr. Pr.", dessen Inhalt in hohem Grade tendenziös erscheint und welches jeden falls der Bestätigung aus objcctivcrer Quelle bedürfen würde, meldet: Gestern Abend um 7 Uhr eröffneten die Batterien von Kalafat ein ziemlich langsames Ge schützfeuer auf Widdin. Insbesondere haben die kehrt, an den allmählich zusammenwackscnden großen Epen hat sich erst der epische Sinn, die Kraft, ein grö ßeres Ganzes erzählend oder hörend und lesend zu be herrschen, entwickelt. Das Kunstcpos, der Roman ge hören daher einer sehr hohen Entwickclungsstufe des poetischen Geistes an. Daß nun auch die dramatische Poesie der Novellenliteratur außerordentlich viel ver dankt, daß sie in ihr eine wahre Fundgrube gehabt hat und hat, wer wüßte das nicht? Der geschilderte Ent- wickclungsgang der epischen Poesie begreift sich psycho logisch sehr wohl. Einfache Menschen sind noch nicht im Stande, ein größeres Ganzes zu fassen, weil sie zu sehr durch den Stoff beherrscht werden. Denn sie sind noch ganz abhängig von ihren Eindrücken: da jeder neue Eindruck, bei noch geringer Zahl der schon vor handenen Vorstellungen und also noch verhältnißmäßig leerem Innern, wenig zu verdrängen findet, um sich festzusetzen, so nimmt er mit großer Gewalt Besitz vom ganzen Menschen. Diese Gewalt ist wir jede psychische Erscheinung zugleich auch physisch begründet: denn die Disposition, in welche sie das Vorstellungscentrum ver setzt, ist zugleich eine völlig körperliche und zwar mit einem Lustgefühl verbunden, welches meist dem Verstand« unbewußt, aber deshalb nicht minder kräftig ist. Nun giebt aber der Erzähler nichts eigentlich Neues, welches ja dem Hörer unverständlich und gleichgiltig wäre: er geht vielmehr von Bekanntem aus, stellt aber dies B« kannte in ein anderes gefälligeres Licht, verknüpft es auf überraschende Weise, verbindet es also für den Hörer mit lauter neuen, noch unbekannten Lustgefühlen. Dazu kommt ferner noch die Spannung der Erzählung. Im gewöhnlichen Leben verlausen dir Eindrücke und Vorstellungen für den Halbwegs erwachsenen Natur menschen fast immer gleichförmig, ohne Neue» zu bringen; und tritt Neues ein, so pflegt dies doch
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