Dresdner Journal : 02.11.1879

W 255 Sonntag den >. November. 187». XK«no»«<'»i»prel»r lm ä°ut.°d°° k«i°-- d6°deut8cp«-ll . . 18 U»rll. ^jokv» tritt t'ont- und j^Unlu:«: 4 Karli 50 l't. dioru. ici»^< tu,: kilmuavrii. 10 l't. I»8VI itt«!itpr«l8k: kür dvi> kaum «insr 8v»pali-!llvu Lstit^vilv 20 kl. Vater „kill^smurdt" die 2«il4 50 kt. krsklivlaea r DLxliob mit ^usnatims der Sona- und keiertaze ^vsud» kür den folgenden D»8- ZreÄnciMmMl. Verantwortlicher Redacteur: Hofrath I. G. Hartmann in Dresden. Imreratenannatimv auzivltrtsr I-siprix: /-> Brandstetter, Lommi««>omtr de» Vresdavr dournal«; kLmdnr^-Serlm Vier l.«>prix L»«rI-8re,I»n kreruVsn t ». N: //aaien^tein L vvA/er, Leri n Vien-Nim'our^- kr»^-l-etpri^-krouiefurt a. M. 5l8ue!»eu: //ad. d/<-»r/ L«rUi>:^Hanic/c. /nratttt- ndant . Lvmaut /< .^/«tte/ Lre»l»u. LtanAe n » linieim; vkemuirr t / >. rrLNiikurt » L.: 7-7 dace/cr'i-ctw u. d. <7 //errmann- „ebo Üiicl>l>-mdlun8i ObrUtr: tr. Mitter, Hannover: <7. Lettä»»/" ,' karie Lerliü-LrLnIrknrt a. H. Stuttgart: Dauöe 4c Vv.,' Sawdarz: T>. dtieudAen, ^4d. Äeiner. Nvr»u»xederr Kömei. Expedition dee Vresdner dournnis, Dresden, ^vin^erstrasse tio. 20. Ämlticher Theil. Dresden, 31. October. Se. Majestät der König hat dem General der Infanterie a. D. Maximilian von Schreibershofen den HauLorden der Rauten- lrone allergnädigst zu verleihen geruht. Dresden, 28. October. Se. Majestät der König hat dem Localfchlachtsteuereinnehmcr und Ortsrichter Karl Gottlieb Simßen in Hermsdorf bei Königstein das allgemeine Ehrenzeichen allergnädigst zu verleihen geruht. Nichtamtlicher Theil. U e b e r s > ch 1. Telegraphische Nachrichten. TageSgeschichte. Dresdner Nachrichten. EingesandteS. Feuilleton. Erste Beilage. Ernennungen, Versetzungen ic. im öffentl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichten. (Leipzig. Chemnitz. Gelenau.) Vermischtes. Statistik und VolkSwirthschaft. EingesandteS. Zweite Beilage. Telegrapbische WitterungSbri ickte. L'nrsknnachrichten. Lcichrapstischt Uachrich!en. Darmstadt, Freitag, 3l. October, Nachmit tags. (W. T. B) Die Zweite Kammer hat heute den Verkauf deS hessischen Antheils an der Main- Wesrrbakn in namentlicher Abstimmung mit 31 gegen 17 Stimmen abgelehnt. (Vgl. die „Tages- geschichte") Wien» Freitag, 31. Oktober, AbendS. (Tel. d. Boh.) Der Führer der Tschechen, Abg. Ilr. Nieger entschuldigte sich heute persönlich beim Abg. I>r. Herbst über seine Aeußerungen in der gestrigen Sitzung des Abgeordnetenhauses, die er al» Folge innerer Erregung darstellte. Rieger's Fiasco war so entschieden, daß schon gestern Abend hervor ragende Parteiführer der Rechten ihrem Unmuthe Ausdruck gaben, erklärend, Rieger habe Vieles verdorben, mit solchen Geschichtchen mache man keine Politik. Die Abstimmung in der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses über die beiden Adrcßentwürfe wurde namentlich vorgcnommen. Für die Mino- ritätsadresse stimmten 155, gegen dieselbe 178 Stimme«. Die Minister und die mährischen Groß grundbesitzer stimmten mit der Majorität. ES folgte eine zweite namentliche Abstimmung über die Adresse der Majorität. Dieselbe wurde mit 178 gegen 162 Stimmen angenommen. (Vgl. den ausführlichen Sitzungsbericht unter „Tagesgeschichte.") Paris, Sonnabend, 1. November. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Eine anscheinend inspirirte Note des HavaS'schen CorrespondenzbureauS bringt die Meldung, baß Don Carlos' Abreise nach Eng land infolge von Andeutungen erfolgt ist, welche denselben über den Beschluß der Regierung auf- klärten, keinerlei politische Kundgebungen zu dul den, für welche kürzlich seine Anwesenheit zum Vorwande gedient hat. (Vgl. unsere Pariser Cor- refpondenz unter „TageSgeschichte".) Washington, Freitag, 31. Oktober, AbendS. (Tel. d. Dresdn. Journ.) ES wird officiell bestätigt, Feuilleton. Redigirt von Otto Bauet. K. Hoftheater. — Altstadt. — Am 3l. October: „Nathan der Weise". Dramatisches Gedicht in 5 Acten von G. E. Lessing. Die Aufführung dieses Meisterwerkes, dessen Un entbehrlichkeit für das Repertoire größerer Bühnen traditionell geworden ist, während das Werk selbst vom schauspielerischen Standpunkte als eine Schule der edeln Redekunst angesehen wird, hatte den Fleiß der Künst ler durch ein volles HauS sehr angenehm belohnt. Ein noch ersprießlicherer Erfolg war die Gesammt- tüchtigkeit der Darstellung selbst, bei der nur in den kleinen Zwischenscenen und Episoden noch einige Ab rundung zu erzielen ist, um die Güte der Leistung ihre individuelle Möglichkeit erreichen zu lassen. Für die Titelrolle ist e» jetzt, wie ich sehe, so ein gerichtet, daß darin Hr. Porth, welcher sie die- Mal spielte, und Hr. Jass«, ihr früherer langjähriger Ver treter, künftig mit einander alterniren sollen. Der Wechsel wird nicht häufig sein, da er der selbstver ständlich seltenen Zahl der Nathanaufsührungen divi- dirt durch 2 entspricht. Minder bedeutenden Rollen würde darüber da» Gedächtmh treulos werden, und zwar zur Schädigung der Sache. Hr. Porth hat in dieser großen Partie einen sehr erfreulichen Erfolg gehabt, der ein Lohn für da» Streben nach einer natürlichen, nicht theatralischen Sprache war. daß der amerikanische Gesandte in Wien, John A. Casson, den Befehl erhalten hat, sich nach Bu karest zu begeben, um die Unabhängigkeit Rumä niens anzurrkennrn und die diplomatischen Be ziehungen zwischen Rumänien und den Vereinig ten Staaten von Nordamerika herzustellen. Tayesgeschichte. Dresden, 3l. October. Im Auftrage Sr. Majestät des Königs überbrachte der königl. Flügeladjutant Oberstlieuteuant v. Minckwitz Sr. Excellenz dem Ge neral der Infanterie a. D. v. Schreibershofen aus Anlaß feines heutigen Jubiläumstages ein allerhöchstes Handschreiben nebst den Insignien deS Hausordens der Rautenkrone. Dresden, 1. November. Se. Excellenz der Herr Staatsminister I)r. v. Abeken ist von seiner Urlaubs reise zurückgekehrt und hat die Leitung des Justiz ministeriums wieder übernommen. * Berlin, 31. October. Se. Majestät der Kaiser wird morgen Nachmittag 41 1 Uhr aus Ludwigslust wieder hier eintreffen. — Die vom Verein „Jnvaliden- dank" bei Gelegenheit der goldenen Hochzeit des er lauchten Kaiserpaares im Interesse militärischer Hilfs bedürftiger veranstaltete Lotterie hat durch nachstehen des, aus Baden-Baden vom 18. d. datirtes allerhöch stes Handschreiben an Se Durchlaucht den Herzog v. Ratibor ihren Abschluß erhalten: Für die erfolgreiche Thäligkcit des Comitös deS Vereins „JnvaliSendank", von welchem bei Gelegenheit Meines gol denen Hochzeilssestes eine Lotterie im Interesse militärischer Hilfsbedürftiger veranstaltet worden ist, spreche Ich Ihnen als Vorsitzenden, sowie den übrigen Mitgliedern des ComiteS hierdurch gern Meinen besonderen Dank aus, indem Ich Sie gleichzeitig in Kenntnib setze, daß da« Kriegsministerium an gewiesen worden ist, das Erträgniß der Lotterie anzunehmen und im Sinne des Vereins zn verwenden. Ich verbleibe mit besonderer Werthschätzung Ew. Liebden srenndwilliger Wilhelm. Das Erträgniß der Lotterie hat die Höhe von über 75000 M. erreicht, von denen in den nächsten Tagen 70000 M. und der Rest binnen Kurzem zur Abgabe und Verwendung an das königl. Kriegsministerium gelangen. — Man schreibt der „N. Pr. Ztg ": Zwischen hier und Varzin findet ein lebhafter Depeschenwechsel Statt. Fürst Bismarck nimmt an allen Fragen der innern und äußern Politik regen Antheil und arbeitet aus seinem Landsitze unaufhörlich, trotz der Steigerung feines neuralgischen Leidens bis zum Unerträglichen. Bekanntlich hatte der Reichskanzler bei seiner Abreise von hier bereits darüber geklagt, daß er in allen Gliedern Schmerzen fühle Seitdem haben sich diese, wie aus den neuesten Mittheilungen hervorgeht, bedeu tend verstärkt und versetzen durch ihre ununterbrochene Fortdauer den Leioenden in Erregung und Schlaflosig keit. — Der „St.-Anz." bestätigt die telegraphische Meldung, daß Se. Majestät der König dem Staats- und Justizminister vr. Leonhardt, unter Belassung deS Titels und Ranges eines Staalsministers, tue nachgesuchte Dienstentlassung ertheilt und den Staats sekretär des Reichsjustizamts, wirkt. Geh. Rath vr. Friedberg zum Staats- und Justizminister ernannt hat. — Die „N. Pr. Ztg." meldet das Ableben des Ge nerals der Cavallerie v. Podbiclski, Generalinspec- teurs der Artillerie. Der hochverdiente General, wel cher heute Vormittag noch einen Spazierritt unter nommen hatte, ist Nachmittags 2 Uhr plötzlich einem Schlaganfall erlegen. — Die „Post" schreibt: Die zur Beiwohnung bei den diesjährigen französischen Manövern commandirten preußischen Offiziere sind zu ihren Truppentheilen zmückgekehrt und sprechen ihre vollste Anerkennung über die ihnen zu Theil ge wordene Aufnahme aus. Sie sind von den betreffen den Generälen in einer Weise und mit einer Cour- Der Künstler hatte die Aufgabe sehr sorgsam stu- dirt und ging von dem richtigen Princip aus, daß hier mit dem Würdevollen, dem innerlich stets Geadelten der Rede die natürlichste, einfachste Betonung, die möglichst geringste Anspannung des Organs zu ver einigen sei. Von dem Handwerkszeug rhetorischer Kunst darf man im Nathan nichts bemerken, ebenso wenig ist ein hinfälliges Alter oder ein abstractionS- süchtiges, trocken didaktisches Naturell zu betonen; die rein menschliche Aussafsung deS Daseins schließt in diesem Charakter einen zwar leidenschaftslosen, aber immerhin poetischen Nerv des frohen Lebensgenusses nicht aus. Einer solchen Intention der Rolle stand in der ansprechenden Wiedergabe des Hrn. Porth nichts ent gegen. Das Märchen von den Ringen fand einen vortrefflichen, zwanglos gegliederten Vortrag und sprach dem Auditorium zu Herzen. Die vom Schauspieler gewählte MaSke finde ich in Bezug auf den gewaltigen silberglänzenden Patriarchenbart nicht ganz glücklich. Nathan der Weise braucht nicht in so hohem Grade auch der Weiße zu fein. Noch muß die vorzügliche Leistung des Frl. Ulrich al» Sittah hervorgehoben werden. Diese vom Dichter so geistreich mvdernisirte Sultansschwester kommt dem großen Talent der Künstlerin, interessant zu charakterisiren, ungewöhnlich entgegen. Auch in der äußern Erscheinung war die Darstellerin unvergleichlich wirksam. Die Recha wurde anmuthig und fein von Frl. Ellmenreich, die Daja in bester Haltung von Frl. Berg dargestrllt. O. B. toisie behandelt worden, welche im Stande gewesen wäre, bei den anderen Offizieren fremder Staaten eine gewisse Jalousie hervorzurufen Namentlich wird Ge neral v. Galliset genannt, der die preußischen Offiziere stets in seine unmittelbare Nähe zog und durch sein detaillirtes Eingehen in militärische Dinge, namentlich über die Eigenthümlichkeiten und Abweichungen zwischen französischer und deutscher Truppenausbildung und Führung feine hohe Achtung vor der preußischen Armee bekunden wollte. Das Urtheil über das Ge sehene entzieht sich selbstverständlich der öffentlichen Mittheilung. Dagegen braucht nicht verhehlt zu wer den, daß die Berichte über das Entgegenkommen selten der französischen Truppenführer auf Se. Majestät den Kaiser den günstigsten Eindruck gemacht haben. — In der gestern unter dem Vorsitze des Staatsministers Hofmann abgehaltenen Plenarsitzung des Bundes raths wurde zunächst davon Mittheilung gemacht, daß der königl. preußische Finanzminister an Stelle seines Amtsvorgängers zum Mitgliede des Reichrbankcurato- riums ernannt worden sei. Der vom Präsidium vor gelegte Entwurf einer Verordnung, durch welchen daS bestehende Verbot der Einfuhr von Reben verschärft und auf alle sonstigen Theile des Weinstocks, insbe sondere auch auf Nebenblätter ausgedehnt werden soll, erhielt die Zustimmung der Versammlung; ebenso die von der Postverwaltung befürwortete Regelung des Pensionsverhältnisses mehrerer Postbeamten. Hierauf wurden Ausschußberichte erstattet und den gestellten Ausschußanträgen gemäß Beschlüsse gefaßt über: a) die Feststellung des Begriffs von Nachsteuer beim Spiel- karlensiempel, d) die Steuerpflichtigkeit der Lenormand jchen Wahrjagerkarten; c) eine Eingabe wegen der Steuerpflichtigkeit von Kinderspietkarten; d) eine Eingabe wegen Gestaltung der Umwandlung von Whistkarten in Kartenspiele mit weniger Blät tern; - zu b) wurde die Stempelpflicht anerkannt, zu e) und d) die ablehnende Bescheidung der Gesuche beschlossen; e) die Statistik der Spieltarleusabriken und des Verkehrs mit Spiel karten; 1) die Taravergülung für Tabakblätter und Tabaksabri- kate; eine Abänderung der geltenden Bestimmungen wurde nicht sür angezeigt erachtet, — 8) die Festsetzung von Mittel- werthen sür außerdeutsche Währungen bei Wechseln bchuss Er hebungen der Wechselstempelsteuer; — eine bezügliche Bekannt machung wird demnächst ergehen. Den Schluß bildeten Mittheilungen über einge gangene, den betreffenden Ausschüssen bereits zugetheilte Eingaben und die Ueberweisung der noch nicht in den Geschäftsgang gebrachten Eingaben an die zuständigen Ausschüsse. — DaS HauS der Abgeordneten trat gestern und heute zu Sitzungen zusammen. In der gestrigen Sitzung stand auf der Tagesordnung die Wahl des Präsidiums. Bei der Wahl deS Präsi denten wurden 399 Stimmzettel abgegeben; davon wa ren 17 unbeschrieben und somit ungiltig, und betrug daher die absolute Majorität der 382 giltigen Stim men 191. Es erhielten der Abg. v. Köller 218 Stim men und der Abg. v. Bennigsen 164 Stimmen. Der Abg. v. Köller ist somit gewählt und nahm die Wahl mit folgenden Worten dankend an: ES sei ihm zwar sehr wohl bekannt, welche Schwierigkeiten daS Amt eines Präsidenten dieses Hauses zu allen Zeiten, und zumal ,n dem gegenwärtigen Augenblicke, zu bewältigen habe, auch suhle er recht gut, daß daS Haus seit Jahren an dieser Stelle erprobte Kräfte von hoher Begabung wirken gesehen habe; indeß glaube er, daß der Einzelne, wenn der Rus deS Hauses au ihn ergehe, sich diesem Ruse nicht entziehen könne; er stelle sich deshalb in den Dienst des Hauses und nehme die aus ihn gefallene Wahl mit Dank an. Aber er sei fest davon durch drungen, daß er aus eine leidliche Ausfüllung dieses Amtes nur dann rechnen könne, wenn er von allen Seiten dieses Hauses freundliche und nachsichtsvolle Unterstützung finde: er richte da her an alle Mitglieder des Hauses die Bitte, ihm diese Unter stützung gewähren zu wollen ; möge das Haus überzeugt jein, daß es sein (des Redners) eifrigstes Bestreben sein werbe, die Geschäfte dieses Hauses mit allen ihm zu Gebote stehenden Kräften zu fördern, und er von dem redlichen Willen befeelt fei, bei Leitung der Verhandlungen Unparteilichkeit und Gerechtig keil nach allen Seiten hin zu üben. Er übernehme hiermit den Vorsitz und bitte die Mitglieder deS Hauses, dem Herrn Alters präsidenten durch Erheben von ihren Plätzen den Tank des HaujeS sür seine Bemühungen auszusprechen. Demnächst wurde zur Wahl des ersten Vicepräsi denten geschritten. Es wurden 398 Stimmzettel abge geben. Von diesen waren 21 unbeschrieben, also 377 giltig. Die absolute Majorität betrug somit 189. Es erhielten: der Abg. v. Benda 220 Stimmen, der Abg. Graf Bethufy Huc 1.55 Stimmen, der Abg. v. Meyer (ArnSwalde) I Stimme, der Abg. Richter 1 Stimme. Ter Abg. v. Benda mar somit gewählt und nahm die Wahl an. Bei der Wahl des zweiten Vicepräsidenten wurden 387 Stimmzettel abgegeben, von denen 4 un giltig waren; die absolute Majorität der 383 giltigen Stimmen betrug also 192. Von diesen erhielten: der Abg. Frhr. v. Heereman 215 Stimmen, der Abg. Graf Bethusy-Huc 167 Stimmen, der Abg. Siöcker 1 Stimme. Der Abg Frhr. v. Heereman war somit gewählt und nahm die Wahl dankend an. Demnächst wurden auf den Antrag des Abg. Windthorst durch Acclamation zu Schriftführern gewählt die Abgg. Grüte- ring, Graf Schmising-Kerssenbrvck, v. Quast, v. Watz dorfs, DeliuS, Sachse, Schmidt (Sagan) und Quadt. Zu Quästoren ernannte der Präsident die Abgg. v. Liebermann und Ur. Techow. Das Haus war so mit constituirt und vertagte sich um H6 Uhr. Die „N. Pr. Zlg." sagt: „Der Erfolg der Präsidentenwahl ist die erste Frucht der Vereinigung der großen Rech ten; er bezeichnet scharf d'e Niederlage des Liberalis mus in Preußen, welche sich als das Resultat der jüngsten Wahlen zum Abgeordnetenhause darstellt. DaS Präsidium in der Hand eines Conservativen wird bei allen Parteien im Lande als eine hervorragende That- sache sich geltend machen. . . Die sreiconservalive Partei wird sich für die Zukunft zu überlegen haben, ob sie weiter in Gefolgschaft der Nationall'beraleu ihr Glück suchen will. So bietet die Wahl des Präsidiums im Abgeordnetenhause und die sie begleitenden Umstände ebenso erfreuliche wie lehrreiche Momente dar " Die „Post" schreibt, „die conservativ - cleiicale Coalition" habe ihre Candidaten durchgesetzt, und bemerkt an einer andern Stelle: „Bei dem gänzlichen Mangel an Entgegenkommen, sowohl in Bezug aus die Sachlage, als hinsichtlich der Form war für die freiconservatwe Partei jede Möglichkeit abgeschnitteu, auf eine Ver einigung der übrigen gemäßigten Gruppen mit den Conservativen hinzuwirken. ES wurde demzufolge den Nationalliberalen die Liste v. Bennigsen, Graf Be- thusy-Huc, v. Köller vorgeschlagen und von diesen in loyalster Weise angenommen, obwohl sie dabei für Graf Bethusy gegen ihren eigenen FractwnSgenossen v. Benda zu stimmen hatten. Dabei sollte Letzterer trotz persönlicher Abneigung, die Wahl durch Gegner anzunehmcn, doch von der Ablehnung im Falle einer eventuellen Wahl zum ersten Vicepräsidenten absehen, um den Schein zu vermeiden, daß die nationallrberale Partei die positive Mitwirkung an den legislatorischen Arbeiten ablehne. An Erfolg war, nachdem bekannt geworden, daß ein großer Theil der Fortschrittspartei weiße Zettel abgeben wolle, nicht zu denken; übrigens würde ein unter Mitwirkung der letzteren erfochtener Sieg an Bedeutung wesentlich verloren haben. So besitzt denn das Abgeordnetenhaus ein Präsidium, zu dessen Wahl in erster Linie das Centrum mitgewirkt Hal. Denn in der ultramontan - conservativen Coalition überwiegt das Centrum mit den Polen nicht allem numerisch (114 gegen wenig über 100), sondern hat durch seine größere Geschlossenheit, längere parlamen- tarüche Praxis und die hervorragende Begabung ihrer Führer ein so entschiedenes Uebergewichl, daß ihm die leitende Rolle naturgemäß zufällt." - In der heu tigen Sitzung des Abgeordnetenhauses legte der Finanz- mimster mit allerhöchster Genehmigung den Etats entwurf pro 1880,81 vor und gab eine Uebersicht über die Finanzlage, sowie über die Etatsverände rungen. Finanzminister Bitter: Ich habe die Ehre, mit aller- Am 30. October fand im Börsensaale das Concert des jungen Pianisten Johannes Schubert Statt, der schon in der vorigen Saison durch sein entschiedenes musikalisches Talent und durch die anerkennenSwerth vorgeschrittene fleißige Ausbildung desselben lebhafte Theilnahme erregte. Dieser gute Eindruck ergab sich von Neuem durch sein warm und lebhaft empfundenes Spiel und steigerte sich durch merkbare erfreuliche Fort schritte in technischer Beherrschung und im mannich- fachen Gelingen einer verständnißvollen Gestaltung deS Vortrags. Diese wird indeß zur Klarheit und zu stil voller Behandlung am be,ten nur durch richtige Wahl der Aufgaben gefördert. Chopin» Sonate z. B., ein wenig gelungenes Werk dieses Meisters, oder gar Tschaikowsky's bizarre- musikalisches Scherzo, auch Schumanu'S sehr lchwer zu gestaltende Novellette sind hierfür nicht geeignet. In der ersten Abtheilung deS Concert» gelang dein Spitler besonder» reizend und anmuthig im Toncolorit der „Nachtgesang" von H. Scholtz. Herr Schubert wird mit seinem talentvollen Stre ben ein sehr schätzenswertste» Ziel als Pianist erreichen. Der Weg zu künstlerisch durchgebildeter Virtuosität war indeß stet« ein weiter und ist in unsererjClaveirmusik- ära nicht kürzer geworden, sondern nur bevölkerter, woran sich in Ueberzahl leider Unberufene betheiligen. i. . : Frl. Rosa Reinel unterstützte den Concertgeber durch Gesang»au»sührungen (Händel'» Rinaldoarie, Lie der). Ihre Altstimme ist kräftig und rein, aber noch unbeholfen und bedarf zuvörderst noch einer weitern fleißigen Schulung, um sür musikalisch geschmackvolle und feinere Gestaltung de» Vortrags Geschmeidigkeit der Tonbildung und Beherrschung der verschiedenen Tonstärken zu gewinnen. C. B. Literatur. „Italienische Studien." Zur Geschichte der Renaissance von Hermann Hettner. Mit 7 Tafeln in Holzschnitt. (Braunschweig, Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn.) s Fortsetzung, j Trotz dieser liebevollen Studien hätten den noch die Künstler der Renaissance das Höchste nicht erreicht, rväre ihn»n nicht die Wissenschaft zu Hilfe gekommen. Es »ft nichts in der Haut, Ivas nicht im Knochen ist. Keine Figur ist schön, die nicht anatomisch richtig ist, auch die bekleidete nicht. Die Ueberlegenheit der italienischen Kunst über die niederländische Kunst, die doch soeben in Hubert uud Jan van Eick und deren Schüler eine so ergreifende Poesie tief innerlicher Lyrik gewonnen hatte, liegt in dem gewichtigen Umstand, daß in Italien durch da» Verdienst Mondino'S, dessen anatomisches Handbuch (1314) bereit» sich auf die im Mittelalter unerhörte Zergliederung menschlicher Leichen stützte, die Wissen schaft der Anatomie schon zu eiuer Zeit in Blüthe und Anfihen stand, in welcher sie außerhalb Italiens noch völlig unbekannt war. Die Künstler wußten, wo» sie an der neuen Errungenschaft hatten. Ghiberti giebt in seinem dritten Lommentar einen Abriß der Knochen lehre (Vasari, 1. Vorw. 8). Alberti räth in seinem Buch über die Malerei dem Künstler, zuerst da» Knochengerüst und die Muskeln und dann erst da» umhüllende Fleisch zu zeichnen Wir haben keinen genauen Einblick in dir anatomischen Studien der älte ren Meister. Doch unterscheiden wir deutlich drei