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Dresdner Journal : 15.02.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-02-15
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188002156
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18800215
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18800215
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1880
- Monat1880-02
- Tag1880-02-15
- Monat1880-02
- Jahr1880
- Titel
- Dresdner Journal : 15.02.1880
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182 hört, mag vorläufig unenlschieden bleiben. Da» Mexico 91874, Utah 86 786, Washington 23 955, endlich Wyoming 9118 Seelen. — Als Ergänzung zu dem „Leitfaden der alten Geographie von Heinrich Kiepert* kann der eben aus- gegebene „Historische Schulatlas zur alten, mitt leren und neueren Geschichte in 36 Karten, bearbeitet von Heinrich Kiepert und Karl Wolf* (Berlin bei D. Reuner) angesehen werden. Je 12 Karten sind jeder der 3 Perioden gewidmet; die 12 ersten zur alten Geschichte rühren von H. Kiepert, die übrigen von K. Wolf her. ES ist eine Reihe von Tafeln, wie sie so sauber, klar und vollendet in Inhalt und Aussehen selten zu finden sind. Besonderes Interesse erregen die Karten, welche das ägyptuche, assyrische, medische, lydische Reich, die Diadochenzeit, das Gebiet von Kar thago, die mongolischen Reiche, d e Entdeckungen der europäischen Seefahrer im 15. und 16. Jahrhundert rc. vorführen. Auf wenigen Blättern ein Compendium der historischen Geographie, wie eS auch durch Zuver lässigkeit und Ausführung erfreut. gehen wird * — Die „Leipziger Zeitung* schreibt: „Die Thronrede enthält sich jeder wiNhschastlichen Prophezeiung, jeder Vertröstung aus eine bessere Zu kunft, und sie thut unseres Erachtens wohl daran. Die Versuchung dazu lag ja allerdings nahe genug; denn eS ist nicht zu bestreiten — die LourSsteigerungen an der Börse liefern den Beweis dafür —, daß das Vertrauen auf kommende bessere Zeiten in HandelS- kreisen mit großer Stärke wieder erwacht ist, und daß diese Hoffnung auf einen neuen Aufschwung des Ge- schästSleben-, diese Belebung des öffentlichen Vertrauens mit dem Zustandekommen der ZoUresoim zujammen- sälli, resp. ihr unmittelbar gefolgt ist. Trotzdem war es besser, hier die Thatsachen reden zu lassen und sich vor jeder regiminellen Schätzung deS wirthschaftlichen Fortschritts zu hüten, da dieselbe leicht zu übertriebenen Hoffnungen und dadurch znr Belebung eine» unge sunden SpeculationsfieberS führen könnte. Die Ge fahr, daß dieses Schweigen in pessimistischem Sinne gedeutet werden könnte, lag ja überdies nicht vor; auch der enragirteste Manchestermann w>rd heute zu geben müssen, daß, auch wenn die iu der vorigen Session angebahnle WirthschajtSresolM den Druck, welcher auf den gewerblichen Verhältnissen lastet, nur erst Wen g erleichtert hat, die Geschäftslosigkeit und infolge der- silben der Arbeitsmangel auf großen Gebieten noch sorldauert, sich doch ihre düsteren Vorhersagungen >n keiner Weise erfüllt haben. Zu fürchten brauchten muhin die Regierungen dieses Thema nicht; aber eS entspricht dem öffentlichen Interesse und den Grund sätzen einer soliden Finanzverwoltung, wenn sie, anstatt mit unsicheren Zukunftszahlen zu rechnen, sich streng aus dem Boden der Thatsachen stellen und von diesem aus die Lage erwägen. Eine solche Erwägung mußte denn freilich zu dem Ergebniß von der Rothwendlg- keit neuer Steuern führen. Die Thronrede constaiirt dies, indem sie sich jeder weiteren Einzelheiten enthält, offenbar aus keinem andern Grunde, als weil die Ver handlungen darüber noch in der Schwebe sind * — Der Nürnberger „Eorrrspondent von und für Deutschland* schließt seine Betrachtungen mit den Worten: „Mögen sich die Abgeordneten, die Vertreter des Volkes, stets und unter allen Partei- und Com- promißverhättnissen klar bewußt bleiben, daß sie neben den Wünschen der Regierungen, wie sie in deren Vor lagen zum Ausdruck gebracht sind, auch die Rechte des Volkes und dessen Tragkraft wohl und mehr al» je >m Auge zu beyalteu haben.* Auch die österreichischen Blätter beschäftigen sich in erster Linie mit der Thronrede zur Eröffnung des deutschen Reichstags. Die (alte) „Presse* sagt, „niehr Steuern, mehr Schulden und mehr Soldaten, dafür aber Kräftigung des Reiches nach innen und die menschenmöglich größte Sicherstellung desselben wider die Gefahren einer Erschütterung von außen her* das sei der knappe Inhalt der Thronrede, und findet es „bemerkenswerth, daß unter den gehäusten Friedensversicherungen in den Schlußsätzen der Thron rede nicht auch besonders der freundschaftlichen Wechsel beziehungen zwischen Oesterreich und Deutschland al» einer der weiteren Friedensdürgschasten gedacht worden ist * Man habe m Berlin, durch einen Hinweis auf das innige Einvernehmen mit Oesterreich daS Miß trauen anderer Nachbarn zu steigern gefürchtet. Daß „dem Kaiser Alexander eine goldene Brücke zum Wie dereintritt in den Drei-Kaiser-Bund gespannt* werde, sei augenfällig. Der Artikel schließt mit folgenden Sätzen: „Jedenfalls hat Deutschland in der Thronrede sich freie Hand nach allen Richtungen hin gewahrt. Auch uns gegenüber in handelspolitischer Beziehung. Die Thronrede wirft wohl einen Blick über den weiten Ocean, aber nicht über das Riesengebirge herüber zu uns Nachbarn. Sie gedenkt wohl des Handelsvertrages mit Hawaii; bezüglich unserer kommerziellen Verträge hat der Satz zu gelten, daß „die im vorigen Jahre begonnene Reichsfinanzreform fortgesetzt* werde. Fürst Bismarck macht eben nichts halb; er ist von keiner Gemüthlichleit angekränkelt und sein nüchterner Calcul frei von allen sanguinischen Voraussetzungen. Er ist und bleibt unser politischer Freund und Bundesgenosse, so lange seine politischen Interessen congruent sind mit den unsrigen. Das hindert ihn aber nicht, seine Reich-finanz- reform ohne uns fortzusctzen und eventuell auch gegen unS.* — Auch das „Neue Wiener Tagblatt* meint, eS wirke „einigermaßen befremdend, daß die deutsche Thronrede des größten Ereignisses de- letzten Jahres, der Allianz mit Oesterreich, Nicht mit Einem Worte erwähnt* und sagt weiter: „Es fällt das umso mehr auf, als die Vertreter der österreichischen Politik die Thronrede, sowie andere feierliche Anlässe benutzt haben, um der Freundschaft zu Deutschland in feier licher Weife Ausdruck zu verleihen, und wir dürfen Veographie. Die „Mail* macht auf Grundlage möglichst gewissenhafter Erhebungen eine Uebersicht von der Bevölkerung der Vereinigten Staaten bekannt. Interessant ist dabei daS rapide WachSthum, aber auch daS Ergebniß, daß man die jeü ge Bevöl- kernuKSziffer oftmals überschätzt hat. Die Statistik * Wie die „Franks. Ztg* erfährt, stellt Direktor Pollini in Hamburg für nächsten Sommer eine französische Gesellschaft zusammen, um mit der selben in Deutschland größere Ensemblegastspiele zu absolviren. Wie eS heißt, wird die oft genannte Judie sich der Gesellschaft anschließen. Hr. Pollini, der sich vielfach als sehr spekulativer Jmpreffario bekannt ge macht hat, wird dadurch die wahren Freunde der Schauspielkunst wenig erfreuen. Solche „zusammen- gebrachte* französische Gesell schäften- geben durch ihre auch daran erinnern, daß diese österreichische« Kund gebungen in Berlin mit großer Freude begrüßt wor den sind. Es bleibt unS jedoch der stille Trost, daß Oesterreich zu den „gleichgesinnten* Staaten gehört und daß wir, nach der Mahnung der „ürcuzzcitung", als gleichgesinnter Staat auch verpflichtet sind, unser Heeresbudget zu erhöhen und unsere Rüstungen zu verstäiken. Ob dazu auch die Befestigung Wien- ge- „Fremdenblatt* schreibt: „Die Zuversicht, daß Deutschland m seinen Bemühungen, den Frieden zu erhalten, auf keinen Fall allem steht, bietet dem deutschen Volke eine erhöhte Bürgschaft dafür, daß die Opier, zu welchen eS neuerdings gezwungen wird, wirklich zur Befestigung des Friedens gebracht werden.* — Die „Vorstadt-Zeitung* und das „Extra blatt", finden, daß die „ostentativen* FrledenSbe- iheuerungkn mit dem sonstigen Inhalte der Thronrede einigermaßen contrastiren. — Die „Morgenpost* resumirt ihre Ansicht von dem Sinne und dem Pro gramme der deutschen Thronbo:schast in die Worte: „Reaktion und Militarismus". Von den französischen Journalen, welche sich bereits mit der deutschen Thronrede beschäftigen, er wähnen wir zunächst den „Figaro", der die friedliche Bedeutung derfelben stark hervorhebt. Gleichzeitig macht er aber gegen den Artikel der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" Front, in welchen! der aufreizende Ton der französischen Organe hinsichtlich der Vermeh rung des deutschen ArmeebudgetS betont wurde, und fordert die französische Presse auf, ohne Meinungs unterschicd dagegen zu protestiren. — Die „France* und die „Estafette* wollen ebenfalls nicht gelten lassen, daß die sranzösische Presse irgend einen Grund gegeben habe, an die Möglichkeit kriegerischer Absichten von Seiten Frankreichs zu glauben. — Der „Globe" schreibt: „Zwei wichtige Erklärungen charakterisiren diese Rede. Zunächst ist es die Versicherung des Deutschen Kaisers, durch welche er seinen Wunsch nach Frieden bekundet. Wir verstehen leicht, daß bei dem gegenwärligen Zustande der Gemülher Deutschland keinen Krieg anfach.n will, der die vier Ecken Europas in Brand setzen würde und dessen erstes Opfer Deuisch- land wäre, selbst im Falle, daß eS siegreich aus dem selben hervorginge. Ganz sriscye Beispiele Haden dar- gethan, daß es nicht genügt, Schlachten zu gewinnen, um die Angelegenheiten seines Landes gedeihen zu lassen. Der zweite Punkt, der aus der Rede des Kaisers sich ergiebt, ist, daß Deutschland, um den Frieden zu wollen, nicht darauf verzichtet, seine Militärmacht zu vermehren, ohne Zweifel dem alten Sprichwvrte gemäß: si vis pacom, para beijum. Wir sehen noch nicht voraus, wie der Reichstag die Projekte ausnehmen wird, welche die Regierung ihm zu unterbreiten beab sichtigt und die darauf abzielen, den Effectlvbestand, sowie die Zahl der Regimenter zu vermehren. Wird er sie ablehnen und sagen, daß in dem Augenblick, wo die Regierung ihre friedlichen Gesinnungen ver kündigt, es unnöthig sei, die erdrückenden Lasten des KriegSbudgets zu vermehren, oder wird er sie rm Gegentheil, vertrauend auf die friedlichen Versicherungen des Kaisers, genehmigen? Sei eS, wie dem wolle, cie Erklärungen der Thronrede genügen uns. Wir sehen, daß Deutschland den Frieden will, nicht nur weil der Kaiser dieses feierlich erklärt hat, sondern auch, weil eS sem größtes Interesse ist, ihn zu wollen und auf recht zu erhalten * Lagtsgeschichte. * Berlin, 13. Februar. In der heutigen (2.) Sitzung deS Reichstags wurden bei der Wahl des Präsidenten im Ganzen 265 Stimmzettel abgegeben. Von denselben waren 21 unbeschrieben. Bon den gil- tig abgegebenen 244 Stimmzetteln lauteten 154 auf den Abg. Grafen Arnim Bvytzcnburg, 89 auf den Abg. v. Bennigsen, 1 auf den Abg. v. Forckenbeck. Ersterer, somit gewählt, nimmt die Wahl an, und daS Haus schreitet dann zur Wahl deS ersten Blcepräsidenlen. Bei dieser Wahr wurden 256 Zettel abgegeben, dar unter 92 unbeschriebene. D e Zahl der giliige» Stim men beträgt 164, die sämmtlich auf den Abg. Frhrn. zu Franckenstein fallen. Bei der Wahl zum zweiten Vicepräsidenten werden abgegeben 23 l Zettel, unter ihnen 81 unbeschriebene. Die übrigen 149 gütigen Stimmen fallen auf den Abg. v. Hölder, der mithin zum zweiten Vicepräsidenten erwählt ist. Da derselbe nicht im Hause anw.send ist, so wird demselben von dem Ausfall der Wahl Kenntniß gegeben werden. Zu Schriftführern werden auf Antrag des Abg. Or. Wlndlhorst durch Acclamation berufen die Abgg. Rich ter (Meißen), Blum, Klüg:.iann, Bernards, Frhr. v. und 'auf deren Urtheil * — Aehnlich äußert sich ein Artikel der neuesten „Hamburger Nachrichten*, in welchem eS u. A. heißt: „Der Liberalismus hat sich von der Schlappe, die er im vorigen Jahre erleiden mußte, ziemlich wieder erholt; er erstarkt zusehends, während die Eoterie seiner damaligen Gegner in offenbarer Deroute begriffen ist. Den Eonservatwen beginnt die Allianz mit den Clericalen au» gutem Grunde unbequem zu werden, während letztere auf die Rechte ebenso wenig gut zu sprechen sind, weil dieselbe es an dem nöthigen Eifer, den Gang nach Eanossa zu fördern, hat fehlen lassen, und waS die deutsche ReichSpartei betrifft, so hat es bei ihr deS ganz besonder» starken Bindemittels der wirthschast- lichen Interessengemeinschaft bedurft, um ein zeitweili ge» Zusammengehen mit dem Eentrum zu ermöglichen. Diese Annäherung war so sehr all boe vorgenommen, daß sie ihren Zweck nicht 24 Stunden überdauern konnte. Reichspartei und Centrum lieben sich unge fähr in dem nämlichen Sinne, wie sich Hund und Katze zugethan sind. Von der conservativ - clericalen Mehrheit wird also in der neuen Sefsion vorerst keine Rede mehr sein können. Daß sie sich aus anderm Anlasse neu bilde, scheint aber nicht zu besorgen zu sein. Gerade das Militärgesetz ist eminent geeignet, eine Erneuerung dieser Freundschaft zu verhindern.* — In schroffem Gegensätze zu solchem Optimismus äußert sich da» heutige Morgenblatt der „Nanonal- Zeitung*. Die Präsidentenwahl veranlaßt sie zu folgenden Bemerkungen: „Wie die Thronrede jenen inneren Schwung vermissen ließ, der unser nationales Leben durchziehen muß, soll ihm die rechte Kraft und Freudigkeit werden, so fehlt auch der Präsidentenwahl jeder ernsthafte politische Gedanke. Ja wir möchten diese Wahl die Travestie eines jeden solchen Gedankens nennen. Man hat den Freiconservativen die Wahl eines Präsidenten aus ihrer Mitte angeboten, und um eines solchen Grundes halber verbündeten sie sich mit dem Centrum und den Conservativen zu einer Coali- tion, die die politische Physionomie deS Hauses wieder spiegeln soll. . . . Wir unsererseits haben durchaus kein Interesse daran, ob der Abgeordnete, welcher die Ver handlungen des Reichstags leitet, Gras Arnim Boytzen- burg oder v. Bennigsen heißt. Wir können, wenn wir uns auf den pessimistischen Siandpunkt stellen, die Beschleunigung nur begrüßen, mit welcher die confer- vativ-clericale Coalition in solchem Vorgehen abwirth- schasten muß. Aber wir beklagen die traurige Ver blendung, in welcher ein Fractionsehrgeiz, für den wir kein Berständniß haben, die Parte» des CentrumS als die parlamentarisch maßgebende der Nation vor Augen stellt; wir beklagen eS, daß die Aussichten des Reichstags heute schon bei Beginn der Session einen schweren Stoß erlitten haben. Es wird sich zu schnell genug erweisen, daß die Coalition, welche die heutigen Wahlen auszeigte, nicht in der Lage ist, die thatsächlichen Ausgaben deS Reichstags irgend zu erledigen. In allen irgendwie entscheidenden Fragen wird da» Präsidium des Reichstags effektiv »n der Luft schweben, wenn Nicht Diejenigen, welche demsel ben fremd gegenüberstehen, ihm ihre Unterstützung ge ben... Wir unsererseits weisen schon heute die Ver antwortlichkeit für die Folgen eines Verhaltens, welches damit beginnt, die liberale Seile in die Ecke zu drücken, zurück. Wir werden berechtigt sein, die Majorität von heute aufzusordern, nun auch ihrerseits die dem Reichs tage vorliegenden Aufgaben zu erledigen, und wir kön nen der Reichsregierung überlassen, sich mit dieser Mehrheit auseinanderzusetzen. Wie weit es der libe ralen Seite des Hauses möglich sein wird, an der Erledigung der Geschäfte einen aktiven Antheil zu nehmen, ist bereits heute sehr zweifelhaft geworden. Wir werden abwarten, wie die so eingeleitete Sefsion sich weiter entwickelt, der formellen Verantwortlichkeit für den Verlaus derfelben sind wir entlastet. Und wir beken nen aufrichtig, daß in der gegenwärtigen Lage der Dinge dies für die der liberalen Seite entzogenen Präsidialehren und Präsidialpflichten einen ausreichenden Ersatz bildet.* — Die „Schlesische Zeitung" hofft, daß mit den in der Thronrede gestellten Vorlagen die Reihe der dem Reichstage zu stellenden Ausgaben nicht als ab geschlossen zu betrachten ist, und fährt dann fort: „Insbesondere vermissen wir Vorlagen zur Correctur unserer Socralgesetzqebung, und vor Allem ein Straf gesetz gegen den Wucher. Nachdem der Reichstag selbst im vorigen Jahre einen ersolgversprechenden Ver such gemacht hat, das wucherische Treiben vor den Straf- richür zu ziehen und eS vor der öffentlichen Meinung als verächtlich zu brandmarken, und nachdem sich inzwischen in den oberschlesiichen NothstandSdistricten die Folgen dieses Treibens in schreckenerregendster Weise offenbart haben, hegen wir das feste Vertrauen, daß die Re gierung nunmehr aus eigener Initiative energisch vor- stellend, sowie Paul Meyerheim'S (Berlin) „Hirsche*. Die englische Galerie beziffert sich auf nicht weniger als 170 Oelgemälde und 117 sehr schöne Aquarelle. Belgien hat bei seinen 60 Bildern da« Genresach sehr bevorzugt. Die französische Ao- theilung ist reich an direkten und indirekten Nuditäten. E. d« Beaumont's „Versuchung des heiligen Antonius* erinnert ein wenig an Faust. Es ist viel Versuchung und wenig Heiligkeit in dem Bilde. Ernst und nobel ist ein Bild Hillemacker's, ein italienische» Mädchen darstellend, da» mit verzweifelnder Todesangst in ihren Blicken vor der Leiche deS in der Kirche Santa Re- parata ermordeten Julian'S von Medicis kniet. Moreau de Tour'» „Meditation* stellt eine schöne, halb ent kleidete Frau dar, LouiS Noel'S Marmorgruppe, „Un muss ä'^uärs Odsoivr', eine weibliche Figur, die den Leichenstein deS genannten Dichter» umarmt. „Der letzte Versuch* von LouiS Pomey ist ein Salonbild im vollsten Sinne de» Worte». Eine Ballschöne im ersten Zauber der Jugend, ober ohne jedwede Jdcali- sirung, und davor «in schwarz gekleideter, ebenso jugend licher Cavalier, in dessen Hut man die Buchstaben L P. liest. zeigt folgende Scala: 1790:3929827, 1800: 5305925, 1810: 7 239914, 1820: 9638131, 1830: 12866020, 1840: 17069453, 1850: 23191876, 1860: 31443221, 1870:38558371, 1880: 50858000 Seelen. Zwischen 1790 und 1860 betrug die Vermehrung 32 biS 36 Procent, zwischen 1860 und 1870 aber (also in den KriegSjahren) nur 22H Procent. Bemerkenswert h ist einerseits das außerordentliche schnelle Wachsthum der großen Städte, andererseits die Wanderung der Be völkerung nach dem Westen hin. 1860 zählte New- Bork 813 669, 1870: 942 212, jetzt über 1 Million Seelen. Während zur Zelt des UuabhängigkeitS- kampfeS (1776) Boston, Bal.imore und Philadelphia nur 20000 bis 30000 Einwohner hatten, weisen sie nach der letzten Zählung 250000, 267 000 und 674000 auf. Chicago, am Anfänge deS Jahrhundert» noch ein kleines Dorf, und St. Loui-, 1834 noch eine indianische Trapperstation sind jetzt 300000 Einwohner stark. Die anderen Städte über 100 OM sind: Cincinnati mit 216 OM, New-Orlean» mit 191 OM, San Francisco mit 149 OM, Buffalo mit 117 714, Washington mit 109000, Newark mit 105059 und LoulSville mit 1M753 Seelen. Die Gravitation der Bevölkerung nach Westen hin geht daran» hervor, daß 18M deren Mittelpunkt nn Me ridian von Washington war, 1840 von Pitttburg, 1870 von Cincinnati, im nächsten Jahre vielleicht vön Jndianopoli«. Di« letzten statistischen Erhebungen er gaben in den westlichen Territorien folgende Ziffern: Arizona 9658, Colorado 39 864, Columbia 131 7M, Dakota 14181, Idaho 14VS9, Montana 20 59b, Neu- Sode,, Graf v. Kleist (Gchmerzin), Wichmann und Eysoldt. Zu Quästoren beruft der Präsident die Abgg. Kochhann und Or. Weber. Damit ist die Coustitui- rung deS Reichstag» erfolgt; der Präsident wird Sr. Majestät dem Kaiser die pflichtmäßige Anzeige erstatten. — In seiner heutigen Sitzung erledigte da» Herren haus ohne DlScussion die Gesetzentwürfe, betnffend die Abänderung der tztz 9 uud 12 de» Gesetze» über die Auslösung de» LehnSverbandcS in den Provinzen Sachsen und Brandenburg sowie betreffend den An kauf der Homburger Bahn. In der Generaldi-cussion über den Gesetzentwurf, betreffrnd den Erwerb der rheinischen und der Berlin-Potsdam-Magdeburger Eisenbahn, erklärte Staatsminrster Maybach infolge einer Anfrage de» Oberbürgermeisters Becker (Düffel dorf), daß die Verwaltung sich nicht von den eng herzigen fiskalischen Rücksichten habe leiten lassen, am wenigsten aber zu Maßregeln der Art greifen werde, die Production und den Absatz industrreller Unternehmun gen des StaatS durch Tarlsermäßigungen vor privaten zu begünstigen. Ohne erhebliche Debatte wurde die Vorlage daraus mit großer Majorität genehmigt — Im Abgeordnetenhauje wurde die Beralhung des Cul- tusetatS fortgesetzt. DaS Capitel 122: Kunst und Wissenschaft, wurde zu Ende geführt. Bei Capitel 123, technisches Unlernchtswesen, beantragte Abg. Leuschner die Sireichung einer Docentenst-lle für Bergdaa an der rcchnischen Hochschule, da sür »in z ündlichc» Lludrum des Bergbaues die Zersptittcrung der Lehrkräfte schade und den Zmeresjen der Monlanwiffenschaft und In dustrie durch die beiden Akademien Berlin und Llausrhal in genügender Weise Rechnung getragen werde. Geh. Rath Or. Wehrenpsennig wie» dagegen aus die zahlreichen Petitionen au» den Kreise» der Jndusiriellen Rhein lands und Westjal ns hin, welche in dringender Weise um die Berücksichtigung der Bergweitswisseuschap an Ler Aachener Hochschule killen. Das Hau» entschied sich im Sinne dieser Petenten. Den Dispvsitionefond zu Aufwendungen für technische Sammlungen u. s. w. wollte die Budgetcommission um 15OM M. ermäßigen. Abg. Graf Lrmburg-Stirum dagegen beantragte, dre Position des Etat» unverändert zu genehmigen. Dem Antrag schließen sich die Abgg. Kalle, Miquel und Or. Slraßmann an. Abg. 1>r. Reichensperger (Köln) bittet, dem Antrag der Lommigion zuzuslimmen, und geht dabei naher aus die Frage der Borbitduiig der Handwerker ein. LS werde viel zu viel Zeichnen gel.hrt, und aus die Ausbildung im Fache, aus ordent liches Schreiben, Lesen und Rechnen zu wenig geachtet Abg. Löwe (Berlin) spricht sich sür den Antrag Limburg- Stirum aus Regierungscommissar Geh Rath vr. Wehrenpsennig tritt den AllSsuhrungen des BorredtterS entgegen. Da- Vielerlei des Programms der gewerblichen Fortbildungsschule wird aller dings vereinsacht werden im Sinne einer möglichsten Lonre»- lralion ans die Fachgegenstände. Der Berliner Fortbildungs schule könne man übrigens diesen Lorwurs nicht machen. D«t Zeichnen sei von großem Bortheil sür unsere Industrie. Ler Auhchwung, den die englische Industrie in diesem Jahrhunden genommen, dalire hanpifächüch, seitdem da» Zeichnen zu einem vorzüglichen Unterricht-gegenstände geworden. An der Ham burger Gewerbeschule seien lb« Zeichnenlehrer im vorigeii Jahre melhodisch ausgebildet worden. Line solch« Anpall wolle die StaalSregierung auch in Berlin begründet wissen. Sc Ville um Bewilligung des Tttel» und Ablehnung de» Lommission», antragcs. Noch einer perfönlichen Bemerkung des Abg. vr. Reichensperger wird der Titel in der Regierungsvor lage bewilligt. Gelegentlich der Position: zur Ent schädigung der Gelsttlchen rc. für die gänzliche oder thellweije Aufhebung der Stolgebühren, führte Abg. vr. Bitter (Waldenburg) Klage darüber, daß noch immer lein 0 ejetzeutwurs zur Regelung dieser brennenden und im Interesse der Kirche wie der Geistlichen hochwichtigen Frag, von der königl. Staatsregierung vorgelegt sei und wirs aus dir entsprechende Resolution der Generalsynode hin. Das be treffende Gesetz sei erlassen worden, al» eine große Kirchenge- memjchast iu erbittertem Kampse mit dem Staate sich befand; die unausbleibliche Folgt war, daß auch die andere Kuch, unter diesem Kample zu leiden hatte, denn da» Livilftands gesetz ist gewissermaßen al» Kampsmitlel gegen die eine Kirch, rrlanen worden. Die nachtheilige Wirkung diese« Gesetz» äußere sich besonders darin, daß einerseits die Zahl der kirch lich vollzogenen Acte erheblich abgenommen habe, andrrerjeitt aber auch die evangelische Kirche in ihrer ökonomischen Grund- läge in vielen Fällen verschoben sei. In der evangelische« Kirche, die Vermögen in größerem Umsange nicht besitzt, ift dü überwiegende Mehrzahl der Kirchenbeamten aus den Bezug v«i Slolgebühien angewiesen. Durch da» Gesetz habe nun i« weilen Kreisen die Ansicht Platz gegriffen, daß, weil e» tlm besondere Entschädigung sür die Vollziehung der Acte nicht sorbert, auch die Geistlichen zur unentgeltlichen Vornahme dn- selben verpflichtet seien Es ist klar, daß bei dieser Aufsass-nij die Geistlichen außer Stande sind, die ihnen zustehrnde Lnl- schädigung zu fordern Eie würden hierdurch geradezu ihre» Berus entgegenarbeiten und das kirchliche Leben, das sie aus- recht erhallen müßten, zerstören Dem Redner liegen nm Reihe solcher Falle vor. An einem Orte mußlen von '« Trauungen 5», an einem anderen von s> L7, an einem drill» von 27 Taufen >8 unenlgeltlich gewährt werden. Da» suä leine Acte, die vom Staate entschädigt werden; es sei derhail iu «incr gioßen Anzahl von Fällen rin Zustand eingetrel». der thatsächlich die Existenz von Geistlichen und Kirchenbeaml» gefährde. Er nehme Veranlassung, diese Sache dem Lullut- vorherrschinden Kräfte dritten und vierten Rangel Dcnjeniqen, welche nicht in Pari» längere Zeit weilte«, keinen Begriff von dem Stand der französifchen Schau spielkunst. Sie paffen m eine Zeit, in der sich vielt sonst nicht gerade sehr geistige Kreise damit brüsteleii, durch den Besuch eine: französischen Truppe ihre Intimität mlt der Nachbarsprache an den Tag zu legen. * Nach dem „Queenslandrr* hat im Februar lrM der Rev. CM. Fairey ganz allein eine Mission»- seereise in einem Kano« gemacht. Dieses Wunder von Schiff, dessen ganzes Nettogewicht circa 80 M beträgt, ist .schon 1877 in Lambeth gebaut und von Fairey speciell für die Mission an Australien» Küster und Strömen angekauft worden. Es ist 12 Fuß lans! 28 Zoll breit und 12 Zoll tief; Schubladen diener sür Vorrälhe und Karten; Lufträume au» Kautschs machen e» zu einem Rettungsboot; gebaut ist e» aut englischem Eichen-, Mahagoni- und Ccderuholz; voll und hinten hat e» ein Deck und außerdem rinn leichten Mast und Sturmsegel. Der Segler sitzt a«! dem Boden und lenkt e- durch eine finnreiche Ei« richtung mit dem Fuß; so macht e», von einem e>^ schaufligen, nur an einer Seite gebrauchten Rudtf sortgetrieben und vom Steuer in richtigem Cur» ge halten, unter günstiaen Umständen 7 ln» 8 Knotet die Stunde. Die erste Reise in diesem Kano» mach« Fairey an der Nord- und Ostkaste von Tasmania diS Hobarttown, auf einer Strecke von circa SM eng' liehen Meilen; die zweite Reise im „Cvanaelist* (dick der Name de« Schiffe») soll dem Murru»chidjchi- »»1 dem Murraysiufie gelten.
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