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Dresdner Journal : 22.04.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-04-22
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188004221
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18800422
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18800422
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1880
- Monat1880-04
- Tag1880-04-22
- Monat1880-04
- Jahr1880
- Titel
- Dresdner Journal : 22.04.1880
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OS2. Donnerstag, den 22. April. 1880 I» k»L «» ».vtted.» 6« ä«m»ct>eo tlLrlick: . . »> keiod« tritt ?»»t- uoä ^jLUrUok: 4 SV kt gtvwp«i,u»ct»I»^ tum». LlKLOlllS^uwmOro 10?§ l»»er»teaprel»er r«r Uso komo «iosr xe»p»It«oeo pstitrsil« 20 PL. Votsr „kio^ssaoät" äis 2«1o KV kk. ITisUel» mit Xosookme äer 8oao- ov6 ?«iert»x«> ^veoü» kür «t«o fol^evUso l'k^. DreMerHourml. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. lo8oro1<,o»»o»Iimv onsvlirt»» H Branstetter, Ooloon»»ioaLr U« UrssUoor Uourook; Nswdoris »srlto Vis» I^iprtz L»,«I - ^nmkkui t ». H : Äa««eru»tein L LsrIM Vi«o - NLwdui^ kr»^-l.«ip,i^ rr»lllltmt , 2k. Itüaodso: ^>«ti , UsrUo: K. ^»rnic^, /»ra/iUt'Nlt«»»-!:, Lrsmso üc-il-tte Nr»il»u: F. Lta»Ae»'« ttürvLU; vk«wml, F> . ^c» At! k^luUrtort ». N.: ^aeAe^iietiv u. F t). //errman» »odv Kuedk-mülnnb; vörUt»! (r. A/üi/er, Nsooovr: 0 ?»ri» L«rlio-i?r»ll2kurc ». N. Daaüe L OO. , UEdiu',' F ^te«UAsn, Äs»»er. Hvrall«xvd«rr NÜnissl. Lxpeüitioo 6e» l >re«<in6r Uouroal«, Oresüen, ^«iouerstnu,!« tio. 20. ÄmUicher Theil. Dresden, 2l. April Se. Majestät der König hat allergnädigst geruht, dem AbtheilungSdirector im Ministerium de» Innern, Geheimen Rath Ernst Adolph Koerner den erblichen Adel zu verleihen. Nichtamtlicher Theil. u e b e r s i ch t. Telegraphische Nachrichten. ZeituvgSschau. (Bohemia. Presse. Weekly DiSpatch. Daily Telegraph. Standard. Süddeutsche Presse) Tagetgeschichte. (Berlin. Straßburg. Koburg. Wien. Prag. Paris. London. Stockholm. Konstantinopel.) Dresdner Nachrichten. Vermischtes. Statistik und LolkSwirthschaft. Feuilleton. LageSkalender. Inserate. Beilage. Deutscher Reichstag. (Sitzung vom 20. April.) Proviuzialnachrichten. (Leipzig. Grimma. Ehemnitz. Meerane. Kirchberg. Pulsnitz. Kamenz.) Statistik und LolkSwirthschaft. Lörsennachrichten. Telegraphische Witterungsberichte. Inserate. Telegraphische Nachrichten. Buda Pest, DienStag, 20. April, Abend». (W.T. B.) Die außerordentliche Generalversamm- lung der Theißbahn genehmigte den mit der Re gierung abgeschlossenen Vertrag wegen Uebernahme sämmtlicher Linien feiten des Staate». Die Re- giernng war mit 26545 Actien vertreten, im Uebrigen waren 395 Aktionäre mit 9975 Actien anwesend. Pari», DienStag, 20. April, AbendS. (W. T. B.) Der Senat und die Deputirtenkammer haben ihre Sitzungen heute wieder ausgenommen. Die Deputirtenkammer beschloß, die anläßlich der Zuschrift deS früheren SecretärS des General gouvernements Algerien, Gournault, von dem Deputirten Godelle in der Sitzung vom 19. März angeregte Interpellation auf die Tagesordnung der nächsten DonnerStagssitzung zu stellen. Im Senat wurde ein Schreiben de« Präsi denten Martel verlesen, in welchem derselbe er klärt, daß er auö Gesundheitsrücksichten sein Amt als Senatöpräsident niederlegen wolle. Der Senat beschloß einstimmig, die Demission Martel'S nicht auzunehmen. Rom, DienStag, 20. April, AbendS. (Corr.- Bur.) Der Senat hat das Budget des Mini steriums der auswärtigen Angelegenheiten ge nehmigt. Der Correspondent der „Gazzetta d'Jtalia" in Livorno, Ferenzona, wurde gestern Abend ver wundet und ist heute gestorben. Man hatte ihn für den Verfasser einer Broschüre „Der undank ¬ bare Garibaldi" gehalten. Der Mörder ist un bekannt. London, Mittwoch, 21. April. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Aast sämmtliche Morgenblätter find der Anficht, daß die Königin den Marquis v. Har tington mit der Bildung deS neuen Cabinet» be trauen werde. Der Staatssekretär für Indien, Viscount Eran- brook, erhielt daS Großkreuz des Sterns von Judien. Washington, Dienstag, 20. April, Nach mittags. (W. T. B.) Die Bill über die im Jahre 1883 in New-Dort adzuhaltende internationale Ausstellung ist heute vom Senat und vom Reprä- sentantenhause genehmigt worden. Die Commission des Senats hat sich für die Ratification deS Handelsvertrags mit Belgien ausgesprochen. Nach hier eingegangenen Nachrichten beträgt die Zahl der infolge des OrcanS vom Sonntag in Marshfield (Missouri) um das Leben gekom menen Personen nahe an 100. (Bgl. die Rubrik „Vermischtes") Dresden, 21. April. ES unterliegt keinem Zweifel, daß England seit dem langen Parlament, welches 1640 zusammentrat, keine solche radicale Volksvertretung gesehen hat, als das soeben neugewählte Unterhaus. Wenn auch die Uouu6beaä8 vom heutigen Tage ihren puritanischen Vorgängern nicht weiter gleichen, wenn sie im Gegen theile bezüglich der Religion in ein nahezu entgegen gesetztes Fahrwasser gerathen sind und dem König- thume nicht ausgesprochen feindlich gegenüber,tehen, so läßt sich von ihnen doch das Bestreben auf einen Umsturz in vielen tief einschneidenden socialen Fragen erwarten, welches seine Kreise nicht nur in England ziehen, sondern seinen sympathischen Widerhall auch unter den „Rundköpfen" auf dem Continent finden dürfte. Das radicale Parlament von 1880 scheint darum nicht nur für England, sondern auch für Europa überhaupt in seiner organisatorischen, auf daS Innere gerichteten Thätigkeit von Bedeutung zu sein, und eS ist darum wohl nicht uninteressant, das Ma terial näher zu betrachten, welches die Bausteine des neuen Gebäudes bildet und ihm den charakteristischen Stempel aufdrückt. Der genau orientale Londoner Correspondent der „Bohemia" unterzieht sich dieser Aufgabe und schreibt: Lassen wir die dies Mal zum Parlament entsandten Männer Revue passiven, so muß gesagt werden, daß der geistige Werth, die in demselben vertretene Intelligenz eine weit größere ist, daß es daher in dieser Richtung weit höher steht, als sein Vorgänger. Die bedeutendsten Persönlichkeiten beider Parteien, welche im frühern Hause saßen, sind dem Parlament, mit wenigen Ausnahmen, erhalten ge blieben. Was abfiel, wurde mehr als reichlich ersetzt, und wenn auch das materielle Capital, der Geldsack, weniger, so ist dagegen das geistige Capital desto stärker vertreten, und an interessanten Debatten wird es bestimmt keinen Mangel haben. Eine solche pagodenhafte Majorität, wie sie das Cabinet Beaconsfield sein eigen nannte, wird die liberale Mehrheit nicht bilden, und auch dies trägt dazu bei, die Erwartungen bezüglich der kommen den Dinge höher zu spannen. Eine hervorragende Rolle unter den nicht wieder Gewählten nehmen die „Blerkönige" ein. Drei Brüder Allsopps, Sir Arthur Guinneß, Sir Gilbert Greenall, dann Wells, Phipps, Mellor, Hall und Salt haben ihre Sitze trotz der ge brachten sehr namhaften Opfer — im Falle der Herren Allsopps spricht man von 35000 Pfd. Sterl. — ver loren. Ihnen zunächst stehen die behäbigen Guts ¬ besitzer, welche bisher als die natürlichen Vertreter der Landinteressen betrachtet und von den Farmern ge wählt wurden. Die Einführung der geheimen Ab stimmung hat, im Verbände mit der Agitation der Allianz der Farmer, dieses harmonische Verhältniß zwischen Gutsherren und Pächtern gestört, was der nähern Ausführung Werth wäre, wenn eS nicht zu weit führte. Brauer und Gutsbesitzer, so zahlreich sie auch vertreten waren, gehörten im großen Ganzen doch nur dem Chorus des Parlaments an, der nur auf daS Ves und Xo einexercirt ist und darin feine anschei nend unbedeutende und doch so bedeutungsvolle Lebens aufgabe findet. Diese Parlamentspagoden wurden nun von ganz gewaltig verschiedenen Figuren verdrängt. Im Vordergründe stehen im schwarzen Talare und welßgepuderter Lockenperrücke die Advocaten, die hier, wie anderswo auch, immer festern Fuß in den Volksvertretungen fassen, was, wenn man Macaulay glauben darf — und man glaubt ihm — gerade keine sehr erfreuliche Erscheinung ist. 30 learuoä wkißs, „gelehrtePerrücken", wie man hier die Herren nennt, sind dies Mal mehr gewählt worden, und der Zufluß an Intelligenz ist damit ebenso unbestreitbar, wie die Gefahr erhöht geworden, den gesunden Men schenverstand durch die Spitzfindigkeit verdrängt und die Verhandlungen ins Unendliche ausgedehnt zu sehen. Gleich großer Gunst erfreuten sich die Professoren der Hochschulen, und wenn auch einer derselben, der Geo loge Sir Lubbock, sehr vermißt werden wird, so treten doch mehr denn 10 andere in die gerissene Lücke. Den größten Triumph aber feierte die Journalistik. Wäh rend die Bierkönige fast alle Sitze verloren, behielten nicht nur alle Journalisten, die im vorigen Parlament saßen, ihre Sitze, sondern cs wurde ihre Zahl noch wesentlich vermehrt. Es wurden wiedergewählt: Mr. Walter („Times"), D'Cameron, Mr. Sullivan, Sir Charles Dilke nebst mehr als einem Dutzend anderer Veteranen. Neugewählt wurden: Mr. Labouchöre, der bekannte Herausgeber der „Truth", Ashton Dille, der Redacteur der „ Weekly DiSpatch", deren Auslage 600 000 weit überschreitet, Mr. I. H. Tillet von Leeds, Mr. Mc. Iver von Bristol, und von dem radicalen „Echo", dem billigsten, dabei aber bestredigirten Lon doner Abendblatte nicht weniger als vier Mitglieder: der Herausgeber Mr. Pomnore Edwards nebst den Mitarbeitern Arnold, O'Conner und Frith. Das größte Aufsehen erregte jedoch die Wahl des ultra- radicalen Mr. Bradlaugh, bei dessen Nennung halb England die Gänsehaut bekommt. Erklärter Atheist, erklärter Malthusianer in einem Sinne, der ihn wegen öffentlichen Aergernisses wiederholt vor die Schran ken des Gerichts führte, und als Verfasser der wegen angeblicher Unsittltchkeit confiscirten „I?ruit8 ok plrilosoptr^" bildet der eigenthümliche, geniale, aber mit einem gewissen Grauen betrachtete Mann eine der Hauptfiguren des neuen Parlaments, unter dessen zahl reichen „Rittern vom Geiste" er nicht die letzte Stelle einnimmt, uitd den am Turnierplätze als unerschrocke nen Kämpen des Ultraradicalismus wir mit Sicherheit gewärtigen können. An geistigem Fond wird es daher dem neuen Hause nicht fehlen; ob aber die Früchte dem entsprechen werden, was man von der gesteigerten In telligenz zu erwarten berechtigt ist, muß sich erst zeigen. — Als ein die Situation erschwerender Umstand tritt hinzu, daß Gladstone wiederholt von einer „bedenklichen Ausweitung der Rechte der Krone" gesprochen hat. Noch im December äußerte er sich u, Midlothian(lm Dorfe Corstorphine) über die Rechte der Krone, wie folgt: „Die gegenwärtige Regierung hat durch den Mißbrauch des Rechtes der Krone, Krieg zu erklären und Frieden zu schließen, die dem Parlament zukommenden Rechte verkürzt und die Prärogative der Nation in eine un- constitutionelle Form gebracht, welche dieselben unsicher zu machen geeignet erscheint. Im vorigen Jahrhundert pflegte die Krone, noch ehe sie in auswärtigen An gelegenheiten einen entscheidenden Schritt that, das Parlament um seine Meinung zu befragen, um sich in Uebereinstimmung mit dem Willen deS Volke- zu erhalten. Das ist nun heute freilich nicht in dem Maße möglich, denn die Verhandlungen deS Parla ments waren damals geheim, heute sind sie jedoch öffentlich. Aber weil eS überhaupt nicht und in keiner Weise geschieht, hat sich die Krone ein absolutere- und ausschließlicheres Recht, über die wichtigsten Interessen der Nation allein entscheiden zu dürfen, aneignen kön nen, als dies in den ganzen letzten 150 Jahren vor gekommen ist." Derselbe Gedankengang kehrte wieder in verschiedenen später gehaltenen Reden, die darauf hinausgehen, zu zeigen, daß die Krone gegenwärtig größere Rechte genieße und ausübe, als ihr verfassungs mäßig zukommen. Der Londoner Correspondent der Wiener „Presse" bemerkt hierüber: Im vollen Be wußtsein der Stellung, die Gladstone gegen das königl. Haus freiwillig eingenommen hat, machte er auch keinen Anspruch auf königl. Ehrenbezeugungen, die ihm unter anderen Umständen sicher gewesen wären. Es erging an ihn keine Einladung zu Hochzeiten oder sonstigen Festlichkeiten der Mitglieder der königl. Familie, und als er vor Kurzem 70 Jahre alt wurde, fand sich kein beglückwünschendes Wort von der Königin ein, deren Minister er viele Jahre lang und deren Premier minister er bereits ein Mal gewesen ist. Gewiß, ohne die Absicht, nochmals an die Spitze der Geschäfte zu gelangen, und nur im Eifer für die Sache, die ihm heilig ist, höchstens im Hasse gegen den Rivalen, der ihn im Jahre 1874 niedergetreten hat, unternahm er den so glänzend gelungenen Feld zug gegen die conservative Regierung. Nun, da er und nur er gesiegt hat, da Granville und Hartington ohne ihn nichts unternehmen zu können vermeinen, da die Organe seiner Partei und die angesehensten Toryblätter seine Berufung als unumgänglich noth wendig erklären, da hauptsächlich die gewählten Radi calen jede Regierung, deren Haupt Gladstone nicht ist, leidenschaftlich bekämpfen würden, mag es ebenso schwer für ihn sein, bei seinem Entschlusse, den er in den letzten Wochen oft geäußert hat, zu beharren und kein Amt mehr auzunehmen, als für die Königin, ihn denn doch w eder zu ihrem ersten Rathgeber zu machen. — Das Verhalten der radicalen englischen Presse in der Gladstone'schen Angelegenheit ist den gemäßigten Liberalen höchst unbequem. Nicht so den Conserva- tiven, die darin das gewünschte Material finden, um dem Lande zu zeigen, wohin das Reich durch das radi cale Regiment gebracht werden würde. Es bedarf nur eines kurzen Citats, um die bezüglichen Gesinnungen der Liberalen und Conservativen ins rechte Licht zu stellen. Die „Weekly Dispatch" wird in ihrem Eifer geradezu frech. Sie sagt: „Das Volk erkannte die Stimme des wahren Führers und schaarte sich um die von ihm aufgerichtete Fahne mit einem Enthusias mus, dem nichts widerstehen kann. Sein ist der Sieg. Wie der Sohn Kis' überragt er die Größten des Volkes. Welche Belohnung soll ihm werden? Stern und Orden können einen Disraeli zieren, bei einem Gladstone würden sie sich fast lächerlich aus nehmen. Was das Volk für ihn wünscht — die Premierschaft — zu verhindern, strengt die Gesellschaft jeden Nerv an. Es ist kein Geheimniß, daß der Mann, den zu ehren die Nation sich freut, bei Hofe verab scheut wird. Er ist der beste Staatsmann in Europa (!) und der schlechteste Hösling. Diese Ungunst des Hofes, flüstert man, ist ein unüberwindliches Hinderniß für die Amtsübernahme Gladstone's. Aber Gladstone vertritt die Majestät des englischen Volkes, und die Königin muß sich vor ihr beugen. Die Nation, die summarisch mit dem „Staatsmann" verfahren ist, kann auch mit dem Souverän so verfahren, wenn der Souverän so Feuilleton. Redigirt von Otto Baue». K. Hosthearer. — Altstadt. — DienStag, den 20. April debutirte in Wagner'S„Tannhäuser" als Land graf Hr. E. Fischer, welcher bereits im vorigen Jahre durch einige Gastrollen einen sehr günstigen Eindruck machte. Weniger durch sonore Kraft und Tiefe feiner Stimme, als durch eine musikalisch in telligente und routinirte Gesangsbehandlung und durch ein gewandteres, geschmackvolles Spiel. Er erwies sich als ein nach seinen Fähigkeiten fertig und mit künstlerischem Verständniß gediegen durchgebideteS Talent, da- voraussichtlich in vielseitiger Verwendung dem musikalischen Ensemble und der Darstellung in unserer Oper wesentlichen Gewinn bringen könne. Namentlich auch die wenig dankbare Partie deS Landgrafen, welche im vorigen Jahre zu feinen Gastrollen gehörte, wird von ihm durch einen declamatorisch vorzüglichen Vortrag ungewöhnlich gehoben und belebt. Die Ge- sammtauSsührung der Oper, wobei sich brsonder- Frl. Malten, Hr. Riese und Hr. Degele auSzeichnen, ist genugsam bekannt. B. Florentiner Skizzen. II. (Fortsetzung und Schluß zu Nr. 7».) In den Tagen, wo an der Elbe die Septemberstürme lärmen, ist am Arno in der Regel noch eitel Lust und Sonnenschein. Kenntniß der Lande-- oder wenigsten» der französischen Sprache ist natürlich Jedem zu wünschen, der Italien bereist. Indessen kommt man mit seinem Deutsch nirgends weiter als in Florenz. Nicht, daß man die Laute einer germanischen Zunge dort besser verstände als anderswo — im Lande der HeSperiden ist Deutsch überall unbekannt — aber die Menschen sind bewunderungswürdig artig, aufmerksam und gesittet; man verständigt sich mit dem Droschken kutscher, dem Gepäckträger, dem Wirthe ohne Weiteres. Man beansprucht Trinkgelder, aber man ist fern da von, den Reisenden zu betrügen. Ein Jeder wird sich in Florenz sofort heimisch finden. Das beruht in der Lage der Stadt, die, weil der Fluß die Richtung giebt, ein baldiges Zurechtfinden gestattet. Der Hauptthcil der Stadt liegt, mit Dresden ver glichen, auf dem rechten Arnoufer, also so zu sagen auf der Neustädter Seite: er wird durch die viaTorna- buoni — die Hauptstraße der Stadt — durchschnitten. Der Bahnhof befindet sich fast mitten in Florenz. Ein ruhige» Volk füllt die Straßen: die Frauen vielfach ausgezeichnet durch regelmäßige Gesichter und schöne Augen; die Männer weniger stattlich als im deutschen Norden. Interessant ist der Markt, wenn schon ihn der weise Reisende lieber nach als vor dem Frühstück besuchen wird. Früchte deS Lande» und de» Meere-, deren Mannichsaliigkeit den Vergleich mit deutschen Wochenmärkien verbietet, füllen ihn an. Am meisten fallen die lebenden und tobten Fische in die Augen: letztere oft in zierlichster Weise in Kistchen und Schachteln verpackt. Die Hotel» sind gut und nicht eben theuer, auch giebt e» im Gegensätze zu manch anderer italienischen Stadt eine Reihe vorzüglicher Restaurant», sämmtliche von einer gewissen vornehmen Einrichtung. Erschrocken blickt in der echten trattoria der Fremdling, wenn er infolge irgend einer Verwechselung der geheimnißvollen Worte ÜL80L, tiaaobstto und bottizliu eine strohumflochtene, weitbauchige und langhalsige Flasche rochen Chianti- wcines von mindestens 2 Liter Inhalt vorgesetzt er hält. Aber der gefällige Wirth sieht den Blick und belehrt, daß man nicht Alles zu trinken und nur zu bezahlen brauche, was man trinkt. Der Wein wird nach dem Gewicht verkauft. In den Kaffeehäusern bringt uns der Kellner deutsche Zeitungen, ohne daß wir sie verlangt, er sieht uns an, daß wir Deutsche sind. Meist sind es schweizerische und österreichische Blätter, doch waren auf dem Bahnhofe die Augsburger „Allg. Zeitung", die „Kölnische", die „Norddeutsche" die „Tribüne" und da» „Berliner Tageblatt" käuflich. Denn der Deutschen und Solcher, denen Deutsch Muttersprache ist, giebt eS gar viele in Florenz, e» währt nicht lange, so erkennt man auch selbst die Lands leute von Weitem. Den einen am Schnurrbart und an der militärischen Haltung, den anderen am Schnei der und am echten Schulmeisterantlitz, den dritten an der Art, wie er auf der Straße grüßt: tief und ver bindlich, den Cylinder nach der Seite schwenkend: kein Italiener macht ihm da» nach. Wie sehr Florenz mit der Steuernoth zu kämpfen hat, ist allgemein bekannt. Es soll dort Leute geben, die über 40 Procent ihre» Einkommen» an Abgaben zahlen. DaS ist eine der weniger angenehmen Folgen der Italia unit». An die Männer und an die Thaten, die zur Grün dung de» jungen Königreich» geführt haben, wird man, wie fast überall in Italien, so auch in Florenz man- nichfach erinnert. Es hat großer Idealismus und viel Muth dazu gehört, um Das fertig zu bringen, was Cavour und seine Leute erreicht haben; dies w>rd auch Derjenige anerkennen müssen, der nicht mit allem Ge schehenen einverstanden zu sein vermag. Aber auch die» »st wahr, daß die jetzigen Zustände so Manches zu wünschen übrig lassen. Gewonnen haben die früher schlecht regierten, südlichen Provinzen: ToScana war gut regiert. Hier ist nichts besser, aber manche» schlechter geworden. Die vortrefflichen, piemontesischen Beamten, die mit Cavour herüber kamen, sind allmäh lich wieder verdrängt. Autochthone Politiker machen sich breit in Dikasterien und Präfecturen: der fort währende Ministerwechsel hat der Regierung fast alle Autorität genommen. Gerade die letztvergangenen Jahre sind für Italien wenig fruchtbringend gewesen. Zum Schlüsse noch einige kurze Nottten über Aus flüge in die Umgebung. Möge Niemand das in den Bergen gelegene, etwa eine Meile entfernte Fiesole versäumen, man genießt von da, namentlich am Nach mittage, wenn die Sonne über Pistoja hm zum Meere neigt, eine herrliche, an Lichteffecten reiche Aus sicht. Der Weg führt von Anfang bis Ende an Gär ten und Villen vorüber. Die Baulust de» Italiener» und sein Bestreben, sich, die Seinigen und seinen Besitz vor Fremden abzuschließen, sällt hier sehr in die Augen. Besonder» lohnend ist auch ein Spaziergang läng» de» Arno» am Sonntagmorgen. Der Fluß füllt sich dann mit braunen, nacktbeinigen Männern, die mit schmalmaschigen Netzen in höchstem Eifer Jagd machen auf Alle», wa» da schwimmt — und hüpft. Man
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