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Dresdner Journal : 13.06.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-06-13
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188006139
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18800613
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18800613
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1880
- Monat1880-06
- Tag1880-06-13
- Monat1880-06
- Jahr1880
- Titel
- Dresdner Journal : 13.06.1880
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gar nicht zu thun ist, sondern nur darum, den Esprit des Schriftstellers ins Licht zu setzen und durch eine Schneidigkeit deS Unheils zu überraschen, welche um so wirksamer, je vernichtender und apodiktischer das Urtheil auslrüt. Zum Schlüsse heißt es: „Welcher Leser, was er auch zu Gunsten deS eigenen selbst ständigen UrtheilS sagen mag, hat gegenüber den hochgespannten Antrieben des heutigen Lebens beim besten Willen immer die Zeit der Prüfung. Im Gegentheil läßt er sich- gefallen, daß ihm ein Unheil, eine Meinung an die Hand gegeben wird, am liebsten solche, in welcher Tausende mit ihm übereinstimmen, die vielen Tausende eben, welche die Sensationspresse um sich sammelt. Befremdend freilich ist eS, daß das Publicum der Sensationspresse, wenn es auch gutmüthig und geistesträge ist, doch nicht einmal über die Foppereien empfindlich wird, welchen es durch jene Presse Tag für Tag preisgegeben ist. Vielleicht wäre es ein verdienstliches Werk, in Zahlen nachzuweisen, wie wenige von jenen Nachrichten, mit welchen die Sensationspresse ihr Publicum zu über raschen weiß, sich auf wirkliche Thatsachen stützen oder in der Darstellung der Sache entsprechen. Man würde erstaunen über die hohe Ziffer, welche die Summe der bewußten Täuschungen und absichtlichen Entstellungen ausdrückt, und zwar nicht blos auf Gebieten, auf wel chen man allerdings sich ohne Combination nicht weit sorthelfen kann, sondern innerhalb der Sphären, in welchen die Möglichkeit der Unterscheidung von wahr und unwahr sich leicht befriedigen kann, wo die Loya lität es zur Pflicht machen sollte, eine Nachricht nicht lediglich nach Maßgabe ihres pikanten Reizes, sondern nach ihrer Wahrheit zu prüfen. „Das Geschäft bringt es so mit sich* — sagen die Lmplo^vs der Sensations presse, welche, wie gesinnungstüchtig sie sich auch oft mals aufbläht, eben nur Speculation ist; trotzdem da mals, als eS sich darum handelte, das Preßgewerbe von den Steuern zu befreien, der gesammte Liberalismus darin übereinstimmte, daß die Presse, das geistige Brod und die geistige Nahrung des Volkes, nicht vertheuert werden dürfe." Mr. Challemel-Lacour ist nunmehr zum Bot schafter Frankreichs in London ernannt worden. Diese Ernennung wurde allerwärts mit großer Spannung erwartet, nachdem Waddington abgelehnt hatte und der Marquis v. Noailles aus persönlichen Gründen in London auf unüberwindliche Schwierigkeiten stieß. Löon Say bemühte sich während seines Aufenthaltes in Lon don, Challemel-Lacour, den Freund Gambetta's, zu empfehlen. Man möchte bezweifeln, daß der bisherige französische Botschafter in Bern zu jenen Persönlichkeiten gehöre, die Anspruch darauf haben, in England mit offenen Armen empfangen zu werden. Dennoch halten sich die französischen Republikaner für berechtigt, die Berufung Challemel-Lacour's auf den Botschafterposten in London als einen moralischen Triumph der Re publik zu feiern. England, das stolze aristokratische Albion nehme zum Vertreter Frankreichs am Hose der Königin Victoria einen einfachen Bürgerlichen, ja einen radicalen Republikaner an. In Bezug aus den öko nomischen Standpunkt ist der Pariser „Telographe" mit dem neuen Botschafter allerdings nicht einverstan den. Er fürchtet die ihm aufgedrungenen freihändle rischen Tendenzen, in denen er sich um so weiter vor wagen werde, als er sich mit Nationalökonomie kaum jemals beschäftigt habe und nach London mit gebun dener Marschroute gehen werde. Abgesehen davon aber lobt der „Tvlögraphe" dic Ernennung und läßt sich in dieser Beziehung in einer Weise aus, die als offi- ciöse Meinungsäußerung reproducirt zu werden verdient. Er sagt: „In politischer Beziehung können wir diese Ernennung nur günstig aufnehmen. Challemel-Lacour wird das republikanische Frankreich, das wahre repu blikanische Frankreich, welches fest und vernünftig, pro- gressistisch und zugleich gemäßigt ist, sehr gut bei der großbritannischen Regierung vertreten. Er hat uns in den letzten Jahren Beweise von Tact und politi schem Verständnisse gegeben, die seinen Namen jeder, das Ausland beunruhigenden Bedeutung entkleiden. Er kennt die europäische Staatengeschichte gründlich, was bei dem Botschafter eben kein Fehler ist und unseren Vertretern bei den auswärtigen Regierungen zu oft gefehlt hat." — Die Eitelkeit der französischen Republikaner erfährt eine etwas unsanfte Correctur durch den feinen Sprühregen der Satire, mit welchem die „Times" Hrn. Challemel-Lacour begrüßen. Das Cityblatt sagt mit ziemlicher Bosheit, man sehe seiner Ankunft in London mit berechtigter Neugierde entge gen, sintemalen er eine Persönlichkeit von „verschieden artigen und offenkundigen Antecedenzen" darstelle. Weiter Durch alle diese Anstalten soll der böse Geist in Angst gesetzt und zum Verlassen des MenschenkvrperS ge zwungen werden. Dieses Verfahren wird beharrlich Tag und Nacht fortgesetzt; ermattet der Schamane, so löst ihn ein College ab. Erst dann schweigt das Ge schrei deS Arztes und das Getöse seiner Klapper, wenn daS Kind gesund geworden oder die kleinen Augen zur letzten Ruhe geschlossen hat Das Erstere geschieht begreiflicher Weise nur in vereinzelten Fällen. Von den armen Kindern, die den Schamanen preisgegeben werden, wird unter 10 kaum ein einziges gesund, und dennoch glauben die Indianer felsensest an die Wunder heilkraft ihrer Medicinmänner und Frauen und schauen mit vertrauender Verehrung zu ihnen empor. Erholt sich einer der kleinen Kranken trotz der schädliche» Ein flüsse der ihm zu Theil werdenden ärztlichen Behand lung, so preisen die hochbeglückten Aeltern die Kunst deS Doctors mit überschwenglichen Worten und alle Anverwandten deS genesenen KindeS eilen herbei, um ihm, dem Wohlthäter der Familie, ihren Dank abzu statten. Erliegt daS kleine Wesen jedoch den vereinten Angriffen der Krankheit und der Schamanen, so tröstet man sich mit den Worten: „der Geist, der die Ein- aeweide unseres KmdeS verzehrte, war übermächtig, sonst würde er die Flucht ergriffen haben". Infolge dieser Zustände bleiben in einem Jndianerdorse nur diejenigen Kinder am Leben, die durch Zusall vor den sogenannten Kinderkrankheiten verschont wurden oder eine äußerst zähe Constitution haben. Von den Ma sern, dem Scharlachfieber oder dem Keuchhusten haben die Wilden nichts zu befürchten, wenn sie ihnen nicht durch Weiße zuaetragen werden. Dagegen richtet die Tuberkulose entsetzliche Verheerungen unter ihnen an, heißt eS: „Er war nicht nur ein Republikaner, sondern ein Radicaler — ein Wort, das von einem großen Theile des sranzösischen Volkes mit seltsamem Schrecken und Abscheu betrachtet wird. Wir lassen uns nicht so leicht schrecken; wir haben schon so viele Radicale durch die Verantwortlichkeit deS Machtbesitzes zu harm loser Mäßigung reducirt gesehen, ganz abgesehen da von, daß die innere Politik eines Franzosen bei un serer Aufnahme desselben kaum in Betracht kommen kann. Die einzige innere Politik eines Vertreters Frankreichs, welche uns angeht, bezieht sich auf die Ausübung der gesellschaftlichen Tugenden und die ge fälligen Umgangsformen des täglichen Lebens." Tagesgeschichte. * Berlin, 1l. Juni. Se. Majestät der Kaiser empfing heute bereits in der Frühe Se. kaiserl. und königl. Hoheit den Kronprinzen, welcher seine kurz zu vor stattgehabte Rückkehr aus St. Petersburg meldete. — Ueber die gestern unter,dem Vorsitze des Staats ministers Hosmann abgehaltene Sitzung deS Bundes ratHS lautet der officielle Bericht, wie folgt: Es gelangte der im Reichseisenbahnamte ausgearbeitete Entwurf einer Aendcrung und Ergänzung der auf die Bahn- hofabfchlubsignale bezüglichen Bestimmungen im Abschnitt llb. der Signalordnung für die Eisenbahnen Deutschlands vom 4. Januar 187b zur Berathung. Bon der königl. sächsischen Re gierung war ein von dem Entwurf abweichendes System in Vorschlag gebracht. Den Bericht erstattete der hanseatische Ministerresident, Or. Krüger, namens der Ausschüsse sür Land- Heer und Festungen, für das Seewesen und für Handel und Berkehr. Auf den Antrag des stellvertretenden Borsitzenden des ReichseisenbahnamteS, geh. OberregierungSraths Körte, wurde der Entwurf mit einer dem fächsischen Borschlag sich annähernden Modification sestgestellt. Die neuen Bestimmungen sollen am l. October d. I. in Kraft treten. Sodann genehmigte die Versammlung auf den Vortrag deS großherzogl. hessischen Bevollmächtigten, StaatSrathS 0 Neidhardt, dem Anträge der zuständigen Ausschüsse entsprechend, den Entwurf einer Verord nung, betreffend die anderweite Klasseneintheilung der Militär beamten deS ReichSheereS und der Marine Morgen findet eine weitere Sitzung des Bundes raths Statt, auf deren Tagesordnung die nach dem Beschlusse des Bundesraths von 1871 alljährlich auf zustellenden Nachweisungen der Strasfälle in Bezug auf die Zölle und Steuern des Reiches sich unter anderen Gegenständen befinden. Dieselben er strecken sich auf viele Einzelheiten, deren Kenntniß nach den bisherigen Erfahrungen von nur untergeord netem Interesse ist. Die Ausstellung nach Hauptamtsbezirken hat sich als un entbehrlich erwiesen. Daher wird cs zu wünschenSwerther Entlastung der Zoll- und Steuerstellen, sowie des königl. sta tistischen Amts sich empsehlen, diese Statistik zu vereinfachen, so daß die Erhebungen aus eine geringe Anzahl der wichtigeren Punkte beschränkt und die Ergebnisse nur in je einer Summe sür den ganzen Direclivbezirk nachgewiesen werden Der Reichskanzler hat daher beim Bundesrath beantragt, daß an Stelle der bisherigen Bestimmungen andere, gleichzeitig im Entwurf mitgetheilte zu treten haben, und daß nach diesen Bestimmungen auch bereits bei Aufstellung der betreffenden Statistik für das vorige EtatSjahr zu verfahren ist In den neuen Bestimmungen sind auch die ans den Spielkartenstempel bezüglichen Eontraventionen berücksichtigt, deren statistische Be handlung bisher eine Regelung nicht erfahren hat. Nach dem 8 1 der Bestimmungen hat sich die Reichsstatislik bezüglich der Strasfälle in Zoll und Steuersachen zu beschränken aus die Uebertretungcn >) der Zollgesetze, einschließlich der Ein-, Aus oder DurchjahrtSverbote, welche nach Maßgabe der Zollgesetze ergangen; 2) der Gesetzgebung, betreffend die Besteuerung be im Jnlande erzeugten Rübenzuckers, dic Erhebung einer Ab gabe von Salz, die Besteuerung deS Tabaks, die Wechsel stempelsteuer, den Spielkartenstempel; 3) der Gesetzgebung, be treffend die Uebergangsabgaben; 4) der Reichsgejetzgcbung, be treffend die Besteuerung des Branntweins und Biers und b) der Bestimmungen zur Ausführung der unter 1—4 bezeichneten Gesetze. — Auf den 15. d. ist nach der „Post" eine Con- ferenz der Rheinuferstaaten nach Berlin einbe rufen, welche eine internationale Regelung der Fischerei- Polizei im Rhein herbeiführen soll. — Das Herren haus nahm heute feine Sitzungen wieder auf, um sich über den Gesetzentwurf über die Organisation der all gemeinen Landesverwaltung schlüssig zu machen, wel cher von der 11. Commission vorberathen wurde. Staatsminister l)r. Friedenthal leitete, als Referent über den ersten Theil der Vorlage die Debatte durch einen längern Bortrag ein. Er empfahl die Annahme des Gesetzes, das den Schlußstein des großen Orga nisationswerkes abgeben solle. Ohne erhebliche Debatte wurden die 88 1 b>S 33 nach den Vorschlägen der Commission genehmigt. Einem Anträge, die Provinz Hannover in drei Regierungsbezirke zu theilen und die 6 Landdrostelbezirke auszuheben, wurde von Seiten des Ministers des Innern widersprochen, worauf daS Haus auch in diesem Punkte sich der Fassung des andern Hauses anschloß. Ueber den vierten Abschnitt und auch die an und sür sich geringfügigen Leiden, wie Munis, Hautausschlag und Wechselfieber, fordern alljährlich zahlreiche Opfer. (Fortsetzung solgi.) Literatur. In GutSmann's Verlag in Breslau ist von Karl Lange, Consistorialrath in Breslau, ein „Christliches Handbuch zu Hausandachten auf jeden Tag deS JahreS" erschienen. Wo Hausandachten in Uebung sind, wird vorliegendes Buch gute Dienste leisten; denn eS ist sehr reichhaltig und sehr brauchbar eingenchiet. Für jeden Tag im Jahr ist ein biblischer Text ausgewählt, der in knapper homiletischer Welse erklärt wird; vorher und nachher ist je ein geeigneter LiederverS hingesetzt. Voraus geht eine kurze Anwei sung, wie HauSandachten einzurichten sind, nebst passen den EinleitungS- und Segenssprüchen. Ein Anhang enthält Gebete für festliche Zeiten und alle möglichen Gelegenheiten und Lebenslagen, Trostworte, Psalmen und die fünf Hauptstücke; zuletzt folgt ein Hauskalender zur Einzeichnung von Familiengedenktagen und ver schiedene Verzeichnisse und Register. Da das Buch nur AndachtSzwecken zu dienen hat, nicht aber als ge rüsteter Streiter einer Lehrmeinung auftritt, fo genügt es hier, feine Richtung und die damit eng zusammen hängende Form der Bibelerklärungen, die eS bietet, zu bezeichnen, damit es dasjenige Publicum finde, für welches es geschrieben ist. Der Verfasser steht bekannt lich auf dem Boden strenger Bibelgläubigkeit und ge hört der rechten Seite der evangelischen Kirche an; diesem Standpunkte entspricht eS, daß die Erklärungen sich eng an den Text anschließen und meistens nur den Charakter von Paraphrasen oder Verdeutlichungen haben, nicht aber darauf an-gehen, da» dem natürlichen — Behörden für den Stadtkreis Berlin — übernahm Graf zur Lippe da» Referat. Or. v. Forckenbeck be antragte in diesem Abschnitte verschiedene Amendirungen. Für Berlin soll an Stelle der Regierungspräsidenten der Oberpräsident die staatliche Aufsicht über die Ver waltung der Gemeindeangelegenheiten führen. Die übrigen AussichtSbefugnisse, welche bisher dem Pots damer Regierungspräsidenten zustanden, will die Com missionsvorlage aus den Berliner Polizeipräsidenten übertragen wissen, während vr v. Forckenbeck im An schluß an die von dem andern Haufe beliebte Fassung die Competenz des Polizeipräsidenten lediglich in den bisherigen Grenzen aufrecht zu erhalten vorfchlug. Die Annahme der 88 34 bis 37 erfolgte nach den Anträgen der Commission. Die 88 38 bis 40 wurden unverändert angenommen, worauf sich daS Haus bis morgen vertagte. — In einer einzigen Sitzung hat die Kirchengesetzcom mission deS Abgeordnetenhauses bekanntlich gestern die zweite Lesung deS Entwurfs beendet und das Ge setz als Ganzes mit allen gegen die 8 Stimmen der Conservativen und Freiconservativen abgelehnt. Was die geschäftliche Weiterbehandlung der Vorlage an langt, so soll am Montag, auf welchen die nächste Commissionssitzung anberaumt ist, der von vr Grimm erstattete Bericht an das Plenum zur Verlesung kom men und Dienstag Abend bereits in die Hände der Abgeordneten gelangen. Da geschäftsordnungsmäßig der Bericht 3 Tage in den Händen der Abgeordneten sein muß, so wird die nächste Plenarsitzung, trotz des schneller, als man erwartete, erfolgten Abschlusses der Commlssionsberathungen, doch, der srüheren Berechnung entsprechend, erst Freitag, den 18. d. M., stattfinden. Für die Berathung im Plenum bereitet das Centrum eine Menge von Amendements vor, von denen die Mehrzahl in der Commission bereit- besprochen ist, und da auch von conservativer Seite Anträge einge bracht werden, die sich zum Theil auf die Wiederher stellung der Regierungsvorlage beziehen, so wird das Plenum, trotz des gestrigen ablehnenden Votums der Commission, den ganzen Gesetzentwurf Paragraph für Paragraph durchzuberathen haben. Für die zweite Lesung im Plenum sind 4 Tage in Aussicht genommen. Die Centrumspartei bewahrt über ihre bisherigen FractionL- beschlüsse tiefes Schweigen; die gestrige Abstimmung der Centrumsmitglieder gestattet keinen sichern Schluß auf die bevorstehenden entscheidenden Beschlüsse. Die Com missionsmitglieder der beiden liberalen Fractionen ha ben gestern nach Beendigung der Berathungen wieder holt erklärt, sie glaubten voraussagen zu dürfen, daß die gesammte liberale Partei ausnahmslos ihrem ab lehnenden Votum sich anschließen werde. — Seiten des Cultusministers ist unterm 29. Mai ein, das Verbindungsunwesen auf den höheren Lehr anstalten betreffender Erlaß an sämmtliche Provin- zialschulcollegien ergangen. Der Hauptinhalt dieser Verfügung ist folgender: Das Unwescn der Schülerverbindungen in dcn oberen Klaffen der höheren Lehranstalten hat während der letzten Jahre die Lchrcrcollcgien und die königl. Aufsichtsbehörden in zunehmender Häufigkeit zur Verhängung der schwersten Schul- strasen genöthigt, welche in den Lebensgang der davon be troffenen Schüler und m die daraus gerichteten Absichten ihrer Aeltern aus das empfindlichste eingreisen mußten. Der Ent schiedenheit des Vorgehens ist neben weit verbreiteter Zustim mung tadelnde Kritik in den Organen der OcffentlichkeU nicht erspart worden. Einzelne Summen haben versucht, die Schüler verbindungen als natürliche Reaktion gegen übertriebene Strenge der Schulordnungen zu rechtfertigen und sür deren Entstehung den Schulen selbst die Schuld zuzuschreiben; von anderer Seite hört man die Mahnung, man solle die kindische Nachahmung studentischer Bräuche ihrer Lächerlichkeit überlassen und ihr nicht durch die Strenge der Verfolgung einen unver dienten Werth beilegen. Jene Beschuldigung der Schulen kann nur aus mangelhafter Kenntniß der thatsächlich an den höheren Schulen eingehaltenen Grundsätze der DiSciplin erklärt werden; die gesammte» Vorgänge aber als ein gleichgiltiges Spiel jugendlichen UebermutheS gering zu schätzen, wird durch die Natur der constatirten That sachen unmöglich gemacht, vor denen es pflichtwidrig wäre, die Augen verschließen zu wollen. Nach diesen einleitenden Sätzen werden die Lchülerverbindungen in ihrer Schädlichkeit näher charakterisirt (übermäßiger Genuß geistiger Getränke; unsitt licher Unlerhaltungsstoff; die Luge als Ehrenpflicht u. s. w ). Der Minister erkennt an, daß die Lehrercollegien schon bisher diesen Ausschreitungen gegenüber ihre Pflicht erfüllt haben, empfiehlt aber dennoch die Angelegenheit der andauernden Auf merksamkeit und weist namentlich aus einige Punkte hin. Die Lehrer hätten nicht nur durch den Unterricht, namentlich in der Religion, sondern auch durch das eigene Beispiel ihren sittlichen Einfluß aus die Schüler zu üben. Es sei serner eine beständige Aufmerksamkeit aus die Symptome des eintretenden Uebels und Entschiedenheit gegen das thatsächliche Austreten desselben erforderlich. Namentlich fei dir Aufmerksamkeit aus auswärtige Schüler zu richten, welche in Pensionen unter gebracht wären. ES wird in Erinnerung gebracht, daß Aeltern auswärtiger Schüler verpflichtet sind, sür die häusliche Aussicht, in welche sie ihre Söhne zu geben beabsichtigen, die ausdrück liche Genehmigung de- Direktors einzuholen. Wenn das Bor- Sinn des Hörers Fremdartige feiner ganzen An- fchauungsweife näher zu bringen, insofern unbedingter Glauben Voraussetzung ist. Diesem Urtheil der „Schl. Ztg." darf sich jeder objektive Leser mit Ueberzeugung anschließen. Innerhalb deS von dem Buche emgehal- tenen Standpunktes sind die einzelnen Stücke sehr herz lich und gemüthvoll abgesaßt und das Ganse wird durch keine Polemik gegen eine etwas andere Richtung unruhig gemacht. Theater. Die moderne Uebercultur, namentlich die der Großstädte verlangt von Zeit zu Zeit eine Reaktion, einen Rückschlag von Kunst und Literatur zur Natürlichkeit, zur gesunden ländlichen Simplicität hinüber. So entzückte eine Zeit lang nach der bla- sirten Salonnovelle die Dorfgeschichte, nach dem mo dernen Roman das Freytag'jche Zurückgreifen in die deutsche Urgeschichte mit ihrem Bärensellanzug und ihrer StabverSsprache. Auf der Bühne erfreut jetzt das Volksstück, namentlich das im Nationalcostum tief aus den Bergen. Der Genuß entspringt nicht der poetischen Theilnahme an der Sache, sondern der Wirkung deS Gegensatzes. Daher gefallen feit 2 Jahren die Gaben, welche das Münchner Gärtnert Heater dringt. Waren e- in Berlin un vorigen Jahre die Naturlaute deS Zwiderwurzn, die da» Berliner Publicum ent zückten, so hat gegenwärtig der „Herrgottschnitzer von Ammergau" von Ganghofer-Neuert keinen geringeren Erfolg. Biel dramatische Kunst ist nicht in diesen volkSthümlichen Stücken, aber die Darsteller haben sich eine Bühnenvirtuosität angeeianet, um deren LebenS- frische sie mancher Hofschauspieler beneiden dürste. Scene und Gestalten erinnern an Drfregger'sche Bil» haudcnscin einer verbotenen Verbindung enoiesen — und vcr- bmen seien alle, denen der Direktor nicht dir autdrückiuhe Venehmiguna ertheilt habe —, so sei gegen alle Theilnehmer mit unnachstchtlichrr Strenge zu versahren. Ueber die ThcN- Nehmer sei außer schwerer Larcerstrase das coneilium »beomii zu verhängen, d h ihre «u«weisu,g au« der Schule ,m Wiederholungssalle anzudrohen. Schüler, gegen welche er fchwerende Umstände vorlägen, seien thatsächlich auSzuweilen In dem «bgangszeugniffe dieser Schüler sei der Grund der Ausschließung ausdrücklich zu bezeichnen. Für die Wahl einer neuen Anstalt brdürsen die Schüler der Genehmigung der betreffenden SchulcollegiumS. Diesem stehe es zu, die Strase der Verweisung durch die Ausschließung von allen höheren Schulen der Provinz zu verschärft» Dir Ausschlie ßung von den Anstalten mehrerer Provinzen, im äußersten Falle von allen öffentlichen Schulen der Monarchie, behält sich der Minister vor. Er erwartet aber auch, daß die öffentlichen Behörden unterstützt würden; so sei jedensalls in kleineren Städten mit Sicherheit zu erwarten, daß das Leben der Schü ler außerhalb der Schule nicht dauernd in Zuchtlosigkeit ver sollen könne Eine höhere Schule sei sür jede Stadt ein werth- volles Gut; sollte sich jedoch die betrübende Ersahrung wieder holen, daß städtische Behörden den Anordnungen der Schul behörden zur Aufrechterhaltung der Schulzucht Hindernisse in den Weg legen, so würde sich der Minister genöthigt sehen, als äußerste- Mittel dir Schließung oder Verlegung der Schule in Erwägung zu nehmen. — Bei der heute im 5. Berliner ReichStagSwahl- kreife vorgenommenen Ersatzwahl zum Reichstage, an Stelle des verstorbenen Abg. Dr. Ed. Zimmermann, war die Betheiligung eine außerordentlich geringe. Während zuletzt von den circa 20000 Wählern des Wahlkreises etwa 75 Procent an der Wahlurne er schienen, haben dies Mal nur circa 23 Procent ihre Stimme abgegeben. Von einem Kampf war nirgends die Rede, da außer der Fortschrittspartei von den an deren Parteien ein Candidat nicht ernstlich ms Feld gesührt wurde. DaS Gesammtresultat aus den 48 Wahlbezirken stellt sich wie folgt. Es erhielten: Rechtsanwalt Albert Träger 4266, Redacteur Job. Most in London 203, Schuhmachermeister Bierberg 9, W. Körner 9, Capell 13, die übrigen Stimmen zer splitterten sich. Rechtsanwalt Träger ist somit ge wählt. München, 10. Juni. (A. Z.) Se. Majestät der König wird von einem längern Ausflug am 12. d. Abends nach Berg zurückkehren. — Die Nachricht, daß Hr. v. Rud hart in Berg von dem Könige in Audienz empfangen worden sei, ist unbegründet. Hr. v. Rud hart hat lediglich dem Ministerialrath v. Ziegler in Berg einen kurzen Besuch abgestattet und sich unmittel bar hierauf nach Italien begeben. Köln, 11. Juni. (K. Blks.-Ztg.) Laut einem deni VerwaltungsauSschusse des Centraldombauvereins dahier zugegangenen allerhöchsten Erlasse vom 26 Mai d. I. Hat Se. Majestät der Kaiser die Ausprägung einer Erinnerungsmedaille aus Anlaß der Voll endung deS Kölner Domes, nach Maßgabe der vom Berwaltungsausschusse gemachten Vorschläge, ge nehmigt. Ueber die Frage, ob eine Feier wegen Vollendung des Domes am 4. Segtember oder auch nur überhaupt im Herbst dieses Jahres statifinden werde, ist die allerhöchste Entschließung noch Vorbehal ten Die Medaille wird gemäß dem genehmigten, in gothischem Stile gedachten Entwürfe auf dem Avers vier in Form eines VierpasseS angeordnete Medaillons zeigen, wovon die größern zu beiden Seiten die Bild nisse Ihrer Majestäten deS hochselig.n Königs Fried rich Wilhelm IV. und des Kaisers Wilhelm, die bei den kleineren oben das Reichswappen und unten das Wappen der Stadt Köln enthalten. Der Revers trägt die Ansicht der vollendeten Westfronte der Domes mit den Thürmen und darunter die Inschrift: 8oli Heo ßlorin — Gott allein die Ehre. Um den Rand wird eine Inschrift laufen, welche die Daten der Gründung durch Erzbischof Konrad v. Hochstaden, des Beginnes des Fortbaues und der Vollendung, sowie einen Auszug auS der von König Friedrich Wilhelm IV. gesegneten Andenken-, bei der Grund steinlegung zum Fortbau gehaltenen Rede enthält. Mainz, lO. Juni. (M. Journ.) Durch da- gestern verkündete Urtheil der Strafkammer des Landgerichtes in der Klage deS Feuilletonredacteurs der „Frankfurter Zeitung", Hrn. Ferdinand Groß, gegen den Redac teur deS „Mainzer Journals", Hrn. I. Schlicker, wurde das frelsprechende Erkenntniß deS Schöffenge richtes aufgehoben und der Beschuldigte zu einer Geld buße von 40 M., Tragung sämmtlicher Kosten und Veröffentlichung deS dispositiven TheileS des Unheils im „Journal" condemnirt Auch die Strafkammer erklärt in den Motiven deS UrtheilS, daß in den vom „M. Journ." besprochenen Feutlletonartikeln der „Frankfurter Zeitung" da- Aeußerste geleistet sei, um die Gefühle der Katholiken zu verletzen; eS entstehe daher die Frage, ob der 8 193 des Strafgesetzbuches der und der gemüthliche vberbayersche Dialekt muthet hier an wie frische Wald- und Gebirgsluft. * Die im Besitze des Aufschlägers Häberlin in Pappenheim gewesene größere Petrefactensamm- lung ist von der preußischen Regierung käuflich um die Summe von 6000 M. erworben worden. * Eine amtliche RechnungSablage des britischen Museums in London giebt Zeugniß von der Emsig keit, mit welcher diese wohlgeleitete Anstalt ihre Bücher und AlterthumSschätze mit jedem Jahre vermehrt. In der Abtheilung orientalischer Alterthümer allein wurden im vergangennen Jahre 5471 Stücke mit Einschluß der Fragmente erworben. Auch die Zahl der griechischen und römischen Alterthümer hat sich durch Schenkungen und Käufe bedeutend erweitert. Die Münzsammlung wurde um 795 Stücke, da- Naturoliencabinet um über 60 000 Stück, die Kupferstichsammlung um 4750 neue Blätter bereichert. Daneben herrscht unter den heimischen Gelehrten und Geschichtsforschern lebhafte- Bedauern, daß die Erwerbung der von Lord Ashburnham ererbten, dem britischen Museum zum Kaufe angebotenen reichen Sammlung von Handschriften, für welche al» Kauf preis 120000Psd.St. gefordert wurden, von dessen Ver waltung abgelehnt werden mußte und daß dieser Schatz der Berliner Bibliothek zu Gute kommen soll. Gleich dem Fuchs, dem die Trauben za sauer waren, trösten die „Time«" heute über diesen Verlust damit, daß da» britische Museum ohnedies schon gar zu über füllt sei and die Gelehrten Deutschland» die erwähnte Handschristensammlung am allerbesten für die Welt au»zubeuten verstehen würden.
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