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Dresdner Journal : 22.09.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-09-22
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188009223
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18800922
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18800922
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1880
- Monat1880-09
- Tag1880-09-22
- Monat1880-09
- Jahr1880
- Titel
- Dresdner Journal : 22.09.1880
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MSSI. Mittwoch, den 22. September. 188». l» U«»„» t«»t»ed«o L»tck« t ^Lkrlick: . . 18 dl^rtc j4 MrUed: 4 l«M-k dv?k. Liorelo« Nummern: lv?k 4v»»»rd»i!> cl«, ij«ut»ctl«o it^ictiv« tritt ?o«t- uoä 8temp«l»u»«bli»g tuo»u. lasernteupreiser kOd äeo Kümo siovr 8«»p»lt«uvll k«tit»vll« «> ?k. Unter äis bO ?k. krsekel»«!»: Dt-Iiet» mit Xusa^km« 6er 8oov- uoä ksi«rt»8* Abeaä» sgr 6ea sol^encleo 1^8 DreMerMmml. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. InüerutenunnuInne au-vili t»» ^rei»<tstetter, Cviuiuix-wullr äs» lIrvsäuer äouruuts; N»wdurU-N»rNa Vi,o I.«tp»i^ v»,«I-vr«,I»a k'rinletllit ». N.: //«asenLtsi»» L i^OAier,' v-rliu Vi«a-8»mkur^- kr»^-l.»ipnix-rr»u>lturt ». H Slüvek»»! LirUo:§.^'srri«ct, /niu/tärne/'inX., Lism«o: />.^»c/äutte/ Nr»»l»o: A>. Äa»iAt »'« Uürvitu; ^o>At; rrsokkurt ». H. t «/arAvr'soti« u. </. t) //e»r>«a'«n- »ebe Uuoktiitiiäliinx; vorlit»: 6/ AfMr, / 8»nnvv«r: <7 Lc/,«.'»7- > .' k»r>, Norlm - kr»ukkurt » H. itllt^»rt: Dau-« L t/s.,' Usmdur^t Lte»»«'. llsrausxvd«!»: Lvniel. Lrpeäition äe» Ilrvsäner äo»ru»i«, tiresäen, ^vivskvrstra»«« Ho LO. Amtlicher Thell. Aekannlmachung. Nachdem der Postrath Gottgetreu aus Arnsberg in gleicher Eigenschaft zu der Kaiserlichen Ober-Post, direction in Leipzig versetzt und zu dieser Anstellung im Königreiche Sachsen aus Grund Artikel 50 der Verfassung des Deutschen Reiche« die landesherrliche Bestätigung ertheilt worden ist, wird Solches hierdurch zur öffentlichen Kenntmß gebracht. Dresden, den 15. September 1880. Königlich Sächfifches Finanzministerium. Frhr. von Könneritz. Müller. Nichtamtlicher Lheit. Telegraphische Nachrichten. Berlin, DienStag, 21. September, Nachmit tags. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Se. Majestät der Kaiser hat gestern Abend das Schauspielhaus be sucht und heute Vormittag die regelmäßigen Vor träge entgegengenommen. Se. Majestät wird vor aussichtlich am 27. d. MtS. nach Baden-Baden abreisrn. Elberfeld, DienStag, 21. September. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Die „Elberfelder Zeitung" meldet auS Düsseldorf: Bei dem gestrigen Fest mahle des CentralverbandeS deutscher Industrieller theilte Präsident Haßler einen Brief drS Com- merzienraths Baare (Bochum) mit, nach welchem Letzterer auf die Einladung drS Reichskanzlers soeben 2 Tage in Friedrichsruhe mit dem Kürsten Bismarck über die Frage der Arbeiterverfichrrung conferirt habe. Baare ist ausdrücklich ermächtigt, öffentlich zu erklären, daß der Reichskanzler diese Angelegenheit energisch unter Beirath Sachver ständiger zum Abschluß zu bringen gedenke. Prä sident Haßler brachte ein begeistert aufgenomme- neS Hoch auf Se. Majestät den Kaiser auS. Die Versammlung sandte sofort ein Danktelegramm an den Reichskanzler, als den energischen, nimmer müden Förderer der nationalen Wohlfahrt. Wien, Montag, 2V. September. (Tel. d. Boh.) Wie dir „Presse" meldet, benachrichtigte di« Genfer Polizei die österreichische Behörde von der Abreise nihilistischer Emissäre nach der Bu kowina. Die Emissäre wurden ermittelt und noch vor Beginn der Bukowinaer Festlichkeiten ver haftet. Paris, Montag, 20. September, AbendS. (W. T. B.) Bis jetzt ist noch nichts Definitives über die Zusammensetzung deS neuen Ministeriums ent- schieden. Der „National" will wissen, der Mar quis v. NoailleS habe die Ueberuahmr deS Mini steriums deS Auswärtigen abgelehnt. — Hier haben ca. 2000 Tischlergesellen die Arbeit ein gestellt. Paris, DienStag, 21. September. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Alle Morgenblätter sprechen sich für die Aufrechterhaltung der bisherigen fried lichen Politik auS; einige verlangen die vorzeitige Einberufung der Kammern; dock scheint die Ein berufung derselben bis jetzt unwahrscheinlich zu sein. Unmittelbar nach Constituirung deS Cabi- netS soll, wir in gut unterrichteten Kreisen ver lautet, ein sehr friedlich gehaltenes Rundschreiben an dir Bertrrtrr Frankreichs im Auslände gerich tet werden. London, Montag, 20. September, AbendS. (W. T. B.) Der Staatssekretär deS Auswärtigen, Earl Granville, hatte heute im auswärtigen Amte Feuilleton. Nedigir« von Ltto Banck. Erinnerungen und Bilder auS dem Serleben. (Fortsetzung und Schluß zu Nr. 2tS.) Ich war jedoch dem Lootsen nicht allein für feine werthvolle Unterweisung, sondern auch dafür so dank bar, daß er sich freundlich gegen mich zeigte, was mich um so wohlthuender berührte, als sich bis jetzt Nie mand von der Besatzung mit Ausnahme HemrichS, meine- Kojenkameraden, um mich gekümmert hatte. Lapitän und Steuerleute schienen mich nur als eine Arbeitsmaschine zu betrachten; Keiner von ihnen hatte ein gütige- Wort an mich gerichtet, und die Matrosen im LogiS benutzten mich als den Jüngsten ebenfalls nur zu barsch geforderten Dienstleistungen. Wie oft biß ich die Zähne aufeinander, um meinen erregten Empfindungen nicht laut Luft zu machen, doch auch da« hatte sem Gute-, denn ich lernte mich selbst überwinden und die meinem Eharakler innewohnende Heftigkeit unterdrücken Nur de» Bootsmannes Be nehmen änderte sich allmählich günstig für mich. Meine Willigkeit, allen mir gewordenen Befehlen so schnell und gut wie möglich nachzukommen, mochte dazu bei- traaen, ihn wohlwollender gegen mich zu stimmen, wahrscheinlich aber auch der Einfluß de» Lootsen. Ich wurde seiner Wache zugetheilt, zwar teine-weg» geschont, aber wenn er jetzt „Schweizer* rief, dann klang e» nicht mehr so hart wie früher. Ich hörte öfter ein ermunternde» Wort and begann durchzufühlen, daß in mit dem russischen und mit dem italienischen Bot schafter, sowie mit dem türkischen Geschäftsträger längere Unterredungen. Dresden, 21. September. Die diesjährigen großen Herbstübungen bei Berlin werden insbesondere von der englischen Presse aufmerksamer denn je beachtet und zum Gegenstände eingehender Erörterungen gemacht. Es mag lein, daß die Anwesenheit zweier Angehörigen des englischen Königshauses dazu beitrug, in England eine erhöhte Theilnahme für das militärische Schauspiel zu er wecken, aber dennoch wird man zugestehen können, daß den diesjährigen großen Manövern eine mehr als ge wöhnliche Tragweite innewohnte. Während sich Europa in einer gefährlichen Krisis befindet und die Vorgänge im Orient wieder drohend in den Vordergrund treten, während der AuslösungSproceß der Türkei sich immer rascher vollzieht und dre Nachbarländer mit in denselben zu verwickeln droht, bietet Deutschland der Welt daS Schauspiel eines starken, in sich festgegliederten Orga nismus, der vor aller Augen seine Heereskrafr ent faltet, welche mächtig genug ist, nicht nur ihm selber, sondern auch seinen Nachbarn den Frieden zu sichern. In diesem Sinne ist daher die Entfaltung der deut schen Heereskräfte, welche unter anderen Umständen vielleicht zu Beunruhigungen Veranlassung geben würde, eine Gewähr dafür, daß die im Südosten Europas bestehenden Zustände den europäischen Cultur- ländern keine Gefahr zu bringen vermögen. Deutsch land zeigt durch den Augenschein, daß es die Worte seines großen Strategen wahr gemacht und inmitten Europas eine Macht gebildet hat, welche stark ge nug lst, den Frieden zu erhalten. Dieses ist auch der Standpunkt, welchen der conjervative englische „Standard" den deutschen Herbstmanövern gegenüber einnimmt. „Die Resultate," sagt das Blatt, „welche die deutsche Armee erzielt hat, können nur von einer wirklich großen Nation erzielt werden, die sich wirklich großen Führern anvertraut hat. Dies Gefühl ist eS, welches die Welt bewundert, ja fast neidische Blicke aus Berlin werfen läßt. Eine große und wohl orga- nisirte Armee ist an und für sich ein Gegenstand, welcher hohe Beachtung verdient; allein es ist unmög lich, dabei zu übersehen, welche Verwendung dieselbe finden dürfte. Keine Armee der Welt hat eine größere Existenzberechtigung als die deutsche. Deutschland wurde stets von Frankreich bedroht, von Rußland patromsirt. Die Regierung Kaiser Wilhelm's hat diesem unerträg lichen Stand der Dinge ein für alle Mal ein Ende gemacht. Sie hob Deutschland in den Sattel, und die Manöver haben gezeigt, daß es retten kann. Das könnte beunruhigen!' klingen, wenn man annehmen wollte, daß Riesenkräfte auch immer nach Riesenart verwendet werden müßten. Deutschland hat diese Be fürchtungen zu. Schanden gemacht. Es kann ihm seine Stärke allein vorgeworfen werden und wird es diese Be schuldigung eben nur von Denen vorgebracht, welche die veraltete Ansicht «heilen, daß eS die Mission Deutsch lands sei, schwach zu sein. Wäre Rußland eine kon servative und Frankreich eine permanent friedliche Macht, so könnte. Deutschland abrüsten und sich der behaglichen Ruhe hingeben. Allein Rußland conspirirt und Frankreich harrt der Gelegenheit; daher die Macht entwickelung in der Umgegend Berlins. In einem derartigen Augenblick, in einer Welt deS VerratHS, der Gefahren und Plackereien, von Gerüchten über inter nationale Verwickelungen und bevorstehende Kämpfe, muß ein folcheS Schaufpiel einen gewaltigen Ein druck machen. Wie schrecklich muß die Veranwort- lichkeit fein, welche auf einem Regenten oder Mi nister lastet, auf dessen Antrieb die Heerfchaaren Euro pas zu wirklichem Kampfe einander entgegen stürzen!" — der Brust des alten Seebären trotz der rauhen Schale doch ein warme» Herz schlug. Endlich war der Wind müde geworden, stets aus derselben Ecke zu wehen. Er ging in der Nacht südlich, freilich link» herum, durch Süden statt durch Norden und der Lootfe meinte deshalb, er würde keinen Be stand haben, aber der Capitän wollte sich die günstige Brise nicht über den Kopf wehen lassen und mit Tagesanbruch wurden die Anker gelichtet. In unserer Näh- hatten sich in den letzten Tagen wohl einige 40 Schiffe angesammelt, die ebenfalls m See wollten und nun mit uns die gute Gelegenheit benutzten. Welches rege Leben herrschte da ringsum auf der Wasserfläche und wie interessant war das Schauspiel, eine so große Flotte sich gleichzeitig in Bewegung setzen zu sehen! Von allen Seiten ertönten in der hellhörigen Morgenluft die EommandoS, das Klipp klapp der Ankerspille, mit denen die Ketten eingewunden, sowie das Hoi ho! und der Gesang der Matrosen, nach dessen Tacte die Segel gehißt oder andere Arbeiten verrichtet wurden. Vom Winde gebläht entfaltete sich die weiße Leinwand an den Raaen und diese wurde in das Kreuz gebraßt, sobald die Anter gerade unter dem Schiffe standen. „Licht Anker!" lautete dann der Befehl; die Leute eilten an daS Spill zurück und wiederum hörte man das Klipp klapp der Ankerwinden und daS Hoi ho! der Matrosen. Glied für Glied und nur mit gewaltiger Krastanstrengung wanderte die Kette durch die Klüfenöffnung im Bug de» Schifft» herein auf ca- Deck, bi- der Anker au- dem zähen Grunde gebrochen war und da» Fahrzeug frei von seinen Fesseln auf den Fluthen schwamm. Sofort folgte e» dem Drucke der vorderen gegen den Wind gestellten Allein e» ist nicht bloS die Probe unserer Stärke, die wir vor den Augen der Welt ablegen, welche das militärische Schaufpiel in Berlin jo erfreulich erschei nen ließ, es ist noch ein anderer Umstand, welcher gerade dieses Mal Veranlassung war, daß Gesammt- deutschland feine Sympathien den großen militärischen Uebungen feiner Armee zuwandte. Besonders zahlreich und glänzend waren die Offiziere der österreichischen Armee als Gäste bei den Manövern vertreten und insbesondere war es der österreichische Kronprinz, Erzherzog Rudolf, welcher dieselben durch seine Gegen wart ehrte. Der glänzende Empfang, welcher dem Erben der österreichischen Kaiserkrone in Berlin be reitet wurde, wird aller Orten nach seiner ganzen Be deutung gewürdigt. Er war ein sichtbares Zeichen der intimen Beziehungen, welche gegenwärtig zwischen Deutschland und Oesterreich-Ungarn bestehen und welche nunmehr beiden Staaten gestatten, ihre große europäische Friedensaufgabe zu erfüllen. Oesterreich deckt uns heute nach Osten den Rücken; die alte Ver bindung zwischen Deutschland und dem Träger deut scher Eultur nach Osten ist wieder hergestellt und hoffentlich dauernd begründet. Kronprinz Rudolf er scheint, soweit die Fortdauer dieses Verhältnisses in Frage kommt, als der „Bürge der Zukunft". In diesem Sinne beschränkte sich daher, wie die Blätter hervorheben, die herzliche Aufnahme deS österreichischen Kronprinzen nicht nur auf die Kreise des Hofes, son dern auch unter dem Publicum entsprach dieselbe der Popularität, deren sich das deutsch-österreichische Bünd- niß erfreut. Dadurch, daß durch die Wiederherstel lung der Verbindung zwischen Oesterreich und Deutsch land eine Lücke wieder ausgefüllt wird, welche zwischen den Völkern deutschen Stammes bestand, erscheinen beide, Deutschland und Oesterreich, gestärkt und ge kräftigt. Letzteres findet in Deutschland den Rückhalt und Krastzufluß, in den östlichen Ländern seine große deutsche Culturmijsion zu erfüllen. Ein Oesterreich, das anderwärts seinen Halt suchte, als in Deutschland, ein Oesterreich, das sich gänzlich in den Bereich des Ostens drängen ließe, wäre ein Unding und die Los trennung von Deutschland wäre das nächste Mittel, das deutsche Element in Oesterreich machtlos zu machen und den Kaiserstaat völlig zu orlentalisiren. Das deutsche Element, das leider in den letzten Jahren genug Terrain verloren hat, würde, wenn der bisherige Zustand sortgedauert haben würde, zu einer machtlosen Minderheit geworden, und Buda-Pest würde an die Stelle von Wien getreten fein. Es bewährt sich heute, was Julius Fröbel 1864 in feiner „Theorie der Politik" schrieb: „Aus Gründen der geographischen Lage, der ethnologischen Verhältnisse, des kulturge schichtlichen Berufs, der inneren Lulturzustände, der erzenen Machtbedingungen und der europäischen Staa tenordnung kann Oesterreich sich weder von Deutsch land lostrennen und in den Orient hineindrängen, noch mit Deutschland verschmelzen lassen. Oesterreich muß im Wesentlichen bleiben was eS ist — ein Satz, der sich eigentlich von selbst versteht. Ein Staat kann so wenig wie ein Mensch aus seiner Haut heraus, oder in diese Haut einen andern Körper oder Geist hineinschaffen. Die Aufgabe ist nur die, das eigene Wesen richtig zu verstehen, eS von Zufälligkeiten und Widersprüchen zu reinigen, und sich klar zu machen, was daraus im Verhältniß zur Welt hervorgeht." Die Gefahr, daß Buda-Pest, wie Fröbel voraussagte, an die Stelle von Wien treten würde, lag nahe und die neuesten Vorgänge in Oesterreich-Ungarn beweise» wieder, wie Slawen- und Magyarenthum bemüht sind, Oesterreich völlig zu orientalisiren. Man ist nunmehr in Oesterreich wieder zur Erkenntniß gekommen, daß Oesterreich nicht anderwärts als in Deutschland feinen Hart suchen kann, ebenso wie man diesseits die Er fahrung gemacht hat, daß Deutschland zunächst selbst Segel, sie wirkten wie ein Hebel und warfen den Kopf herum, bis die den andern Weg gebraßten Hintersegel füllten. Dann war die Aufgabe der Vorsegel gelöst; sie wurden mit den Hinteren parallel gestellt; die dis dahin noch unter den Raaen zusammengefalteten Unter- fegel fielen, das Schiff wurde mit Hilse des Steuer ruders aus feinen CurS gebracht und glitt vor der strammen Brise und in feinem Laufe durch die Ebbe beschleunigt pfeilschnell auf dem Strome dahin. Von den übrigen Mitfeglern war bereits die Hälfte unterwegs, aber unsere „Alma" zeigte sich flink. Ihr Bug, scharf wie ein Messer, durchschnitt saft geräusch los daS Wasser; Hand über Hand lief sie auf und ließ eines der Fahrzeuge nach dem andern hinter sich. „Platz für den Ostindiensahrer" schien sie zu sagen und ihre Flagge flatterte lustig im Winde. Der Seemann identlficirt sich mit seinem Schiffe; er empfindet dessen Vorzüge als feine eigenen und triumphirt, wenn er einen Schnelljegler unter den Füßen hat, fo wenig es fein Verdienst ist. DaS finstere Gesicht deS CapitänS hellte sich auf; die Leute scherzten mit gutmüthigem Hohn nach den Fahrzeugen hinüber, an denen wir vorbeiliefen und auch ich war in meinem Herzen bereit» soviel Seemann geworden, um den Triumph mit zu empfinden. Der Wind frischte auf, wir liefen zehn Knoten, zwei eine halbe Meile, in der Stunde und passirteu Mittag» Kuxhaven. DaS niedrige rechte Elbuser war bereits unsern Blicken entschwunden, auch da» linke begann sich allmählich unter den Horizont zu senken und der Thurm der Elbinsel Neuwerk erhob sich al» letzter Wachtposten de» Festlandes au» der ihn um gebenden Wasserfläche. Wir schossen an dem inner» einer Stütze beraubt wäre, wenn Oesterreich seinen Schwerpunkt nach Osten verlegen wollte, wie diese» eine politische Doctrin behauptet. Angesichts der be unruhigenden Agitationen des englischen Premier-, dessen Politik es heute wieder daraus anlegen zu wollen scheint, die Orientsrage gewaltsam herauszubeschwören, dient die durch den Besuch deS österreichischen Kron prinzen kund gegebene Intimität zwischen Oesterreich- Ungarn und Deutschland wesentlich zur Beruhigung Europas gegenüber den Umtrieben einer unruhigen, unfriedfertigen, turbulenten Politik. Als eine Botschaft des Friedens, als eine Bürgschaft für die Erhaltung des Bestehenden wird der Besuch deS Erzherzog- Rudolf in Berlin zunächst in Deutschland und Oester reich aufgefaßt. Dieser Anschauung entsprechen auch die Worte, mit welcher die „Neue freie Presse" ihrer Freude über die Ausnahme des österreichischen Kronprinzen in Berlin Ausdruck verleiht. Das Blatt sagt: „Weit hinaus über den Rahmen höfischer Etikette reicht der Glanz und die Herzlichkeit der Aufnahme, welche dem Erben der österreichisch ungarischen Mon archie soeben in Berlin zu Theil wird. Ehren, welche sonst nur gekrönten Fürsten Vorbehalten sind, genießt Kronprinz Rudolf am deutschen Kaiserhofe. Der greise Herrscher des mächtigen Nachbarreiches erscheint am frühen Morgen persönlich auf dem Bahnhose, um den Sohn seines Verbündeten zu begrüßen, und ernennt den jugendlichen Gast zum Generalmajor, wobei er ihm mit eigener Hand die Abzeichen des neuen Ranges anheftet. Dieses Schauspiel wäre menschlich schön, auch wenn es politisch weniger bedeutsam wäre; es ist von einem doppelten Reize umwoben, weil es den Wün schen und Gesinnungen der beiden Völker entspricht, von denm daS eine in dem Kaiser Wilhelm feinen Stolz, das andere in dem Kronprinzen Rudolf feine Hoffnung erblickt. Vergangenheit, Gegenwart und Zu kunft mischen sich zu einem Bilde, aus dessen leuchten der Pracht die Ahnung srieclicher Tage den Völkern entgegenweht, denen der Glaube an eine ungestörte Entwickelung ihrer Wohlfahrt fast schon abhanden ge kommen ist." Lagesgeschichte. * Berlin, 20. September. Wie der „ReichSanz." meldet, ist Se. Majestät der Kaiser durch ein leichtes, jedoch zu keurerlei Besorgnissen Veranlassung gebende» Unwohlsein verhindert, sich nach Brühl, wo Se. kaiserl. und königl. Hoheit der Kronprinz, um den Caval- leriemanövern beizuwohnen, bereits heute angekommen ist, zu begeben. Wie die „Post" meldet, bleibt Se. Majestät auf Anrathen der Aerzte hier zurück, die nach den Anstrengungen der letzten 10 Tage für den hohen Herrn eine solche Reise, die mit neuen Fatiguen ver bunden wäre, nicht für rathsam hielten. — Ihre königl. Hoheiten der Herzog und die Herzogin v. Connaught gedenken heute Abend Potsdam zu ver lassen und ihre Rückreise nach England anzutreten. — Se. königl. Hoheit der Großherzog von Mecklen burg-Schwerin hat bereits am Sonnabend Nach mittag am hiesigen Hose sich wieder verabschiedet und ist Abends nach Schwerin zurückgekehrt. — Sr Ma jestät Schiff „Prinz Adalbert", an Bord den Prinzen Heinrich von Preußen, Commandant zur See Mac-Lean, ist am 17 September in Plymouth einge- troffen. — In Bezug auf die Gebührenüberschrei tungen von Beamten, welche, ohne festen Gehalt, auf Gebühren der ihre amtlichen Leistungen in Anspruch nehmenden Privatpersonen angewiesen sind — Ge richtsvollzieher, Fleischbefchauer — hat das Reichs gericht, I. Strafsenat, durch Erkenntniß vom 24. Juni d. I. eine Entscheidung gefällt, nach welcher em der artiger Beamter nicht nur strafbar ist, wenn er wissent lich das Gebührellmaß überschreitet und von dem nicht Feuerschiffe vorbei, das am Tage durch seine rothe Farbe und durch Kugeln auf den Spitzen der Masten, sowie Nacht- durch weit leuchtende Laternen vor ge fährlichen Sünden warnt; dann kam die in der Elb- mündung verankerte Lootfengalliote in Sicht und wir hielten auf sie zu. Die Lootfenflagge wurde bei un» im Vortop gehißt und auf dies Signal stieß ein Boot von der Galllvte ab, um den Lootsen abzuholen. Die Untersegel wurden fortgenommen, die Hinterraaen gegen den Wind gebraßt, das Schiff verlor seine Fahrt und trieb langsam auf das wartende Boot zu. Der Lootfe stand mittschiffs an der Fallreepstreppe und nahm die Briefe in Empfang, die als letzte Grüße in die Hei- math gingen. Auch ich brachte den meinigen; ich hatte viele Tage daran geschrieben, aber fein Inhalt verrieth nicht- von Dem, was ich fühlte und fest in meiner Brust verschlossen hielt; die Meinigen sollten glauben, daß ich in meinem Berufe glücklich und zufrieden fei. Ihre Abschiedsbriefe waren mit thränendem Auge ost von mir gelesen worden und die mir darin gesandten Segenswünsche hatten meinen herben Schmerz gelin dert; für lange, lange Zeit sollten sie mein einziger Schatz und mein Trost m der Einsamkeit fein. Der Lootfe drückte mir warm die Hand. „Kopf oben, mein Junge!" sagte er „Du wirst darüber fort- kommen;" er schien in meinem Herzen gelesen zu haben. Da» Boot kam längseit und er ging von Bord. „Behaltene Reise!" klang sein seemännischer Abschiedsgruß — fo einfache Worte und doch so viel sagend! „Danke, danke Lootfe!" war die Erwiderung der Besatzung. Ein letzte» Winken mit der Hand und da» Boot flog dahin. „Braßt voll!" commandirte der Eapitän; die Hinterraaen flogen herum, und der Wind
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