Dresdner Journal : 25.09.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-09-25
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188009258
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- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18800925
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1880
- Monat1880-09
- Tag1880-09-25
- Monat1880-09
- Jahr1880
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- Titel
- Dresdner Journal : 25.09.1880
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U 221 Sonnabend, den 25. September. 188». 1» E»»«« : ^U»rliod: . . IS Kiuk Mrliek: « K»rtc iw?k. Woxlue^uiuwvro: 10 ?f. aa«»«rv»Id ä« äeottckso koiok»» tritt?a«t- uoä 8tempeI»u»ct>I»K kio-a. Inseratenpreise r k»<r <1eo k»uw einer sseipiütenvo ?etitssä« 20 ?s. Vater „Lia^eennctt" äi« Lei!« b0 kl. DreMerÄurml. kriclielnenr l^liet» mit Xu,n»km« äer 8ovn- na6 keiert»^» XOeoär kür äea kol^enäen k»z. Verantwortliche Reduktion: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. luxerelenuuniNime au,«Nrt« r Lra-tlt-tetter, Vonuiil»<u<rnLr 6«, Vresänvr ^ourunk; S»«»unr -SerUa Vtea l^ipii^ L»»«I - Lr««I»n vrenkla: t ». N : L kopier, Lerliu Vl«a-S»mdurx kr»U -I,«ip,ix ». ». MUvednu^ Kn<i »,riin: §.Znrn/«ir»i</ttn^, vrom«,: /t §c/Uott« vr«,l»u: I. Lta,tA^« t! Uürenu; vdewiul, >>. kr»nkkart ». N.t L ^«rsr^neti» u. t,' //er»»,«»,»- »ek« UucdkimÜInn^; SorUt»: t/ /U««/ter,' N»a»«v»r: 6 ?an« Lerlia - ^raa^turi » II. It,ttU»rt: La«-« « / UEdorU: F üts»n«r. Uerauexeder? 8öninl. Lapeäitioa äe« l»reiner /onrnnt», iire-Uev, Xvinjseretr!»»»» Zlo VO. Amtlicher Theil. Se. Majestät der König hat allergnädigst geruht, dem Lehrer an der Kunstgewerbeschule zu Dresden, Professor Krumbholz, das Ritterkreuz I. Klasse vom AlbrechtSorden zu verleihen. Nichtamtlicher Theil. Telegraphische Nachrichte». Wien» Donner-tag, 23. September. (Tel d. Boh) Direkte Nachrichten von der Demonstra- tiontflotte melden, daß der Obercommandant, Ad miral Seymour, gestern durch den Capitän Lord Kerr in Dulcigno die Sommation zur Uebergabe überreichen ließ. Pari-, Freitag, 24. September. (Tel. d. DreSdn. Journ.l Die neuen Minister haben ihre Functionen üvernommrn. Der Präsident GrSvy ist heute Morgen in- Juradepartement abgereist. St. Peter-burg, Donner-tag, 23. Septem ber. (W. T. B) Dem „GoloS" wird au- Smo- len-k von heute von Ruhestörungen gemeldet, die unter den 3VVV Arbeitern einer Fabrik in Jar zewo vorgekommen seien. Der Gouverneur, der Staatsanwalt und der Chef der localen Gendar merie hätten sich nach Jarzewo begeben, zur Wiederherstellung der Ordnung sei heute auch rin Militärkommando dahin adgegaugen. Die Ruhe störung scheine durch eine plötzliche Herabsetzung de- Arbeitslohnes veranlaßt zu sein. Konstantinopel, Donnerstag, 23. September. lLorr.-Bur.) Die Pforte übermittelte heute den Botschaftern eine Note, worin sie sich zur Ueber- gabe DulrignoS unter folgenden Bedingungen be reit erklärt: Keine Flottendemonstration wegen der montenegri nischen, griechischen und armenischen Frage, die Ga rantie der Principien des natürlichen und gemeinen Rechte» bettest« de« Eigenthum» und Glaubens, der Ehre und de« Leben- der Muselmanen und Christen, die im abgetretenen Gebiete wohnen, eine Grenzttace nach dem »tatus yuv östlich vom Skutarisee, nament lich die Belassung von Dinosch und Gruda bei der Türkei und die Verpflichtung, künftig nichts weiter an Montenegro abzutreten. Die Note schließt, indem sie die Lonsequenzen einer eventuellen Flottendemonstration ablehnt. Dresden, 24. September. Das neue französische Ministerium ist ge bildet. Dasselbe bietet unS, wenn wir von dem Rück tritt de Freycinet'S abstrahiren, im Wesentlichen keine große Veränderung, aber de Freycinet war für die guten Beziehungen zwischen Deutschland und Frank reich von solcher Bedeutung, er trug in so hervor ragender Weise zu dem Zustandekommen des euro päischen ConcerteS bei, daß wir wohl ein ernste- Augenmerk auf Denjenigen richten dürfen, der zu seinem Nachfolger auSersehen ist. Der neue Mi nister de- Aeußern, JuleS Bartholemy de St. Hilaire, ist am 19. August 1805 in Pari- geboren. Bis zum Jahre 1838 war er Beamter im Finanz ministerium und beschäftigte sich gleichzeitig viel mit literarischen Arbeiten, indem er einerseits journalistisch sür den „Globe" thätig war, außerdem aber neben anderer wissenschaftlicher Thätigkeit eine Uebersetzung der Aristoteles herauSgab, welche seinen Namen als Gelehrter begründete. Im Jahre 1838 wurde er Pro fessor der klassischen Philologie am College-de-France und Mitglied der „Acadömie des Sciences morale-*; 1840 war er durch 4 Monate CabinetSchef des da maligen Unterricht-Ministers Cousin. Seine eigentliche politische Thätigkeit datirt sei» dem Jahre 1830, wo er als Redacteur des „Globe* den Protest gegen die Ordonnanzen unterschrieb. Nach der Julirevolution wurde St. Hilaire Secretär der provisorischen Re gierung und saß in der Nationalversammlung, in welcher er mit den Gemäßigten stimmte. Bei dem Staatsstreiche von 1851 wurde er in das Gefängniß von Maza- abgeführt. Er verweigerte Napoleon III. den Eid und legte feine Professur am College-de- France nieder. Von dieser Zeit an schied er gänzlich aus dem öffentlichen Leben und widmete sich, von einer kleinen Rente lebend, vollständig seinen Stu dien. Seine beschränkten Vermögensverhältmsse änderten sich mit einem Schlage im Jahre 1867, als ihn Vic tor Cousin zum Universalerben einsetzte. Im Jahre 1869 wurde er in den gesetzgebenden Körper, 1871 in die Nationalversammlung gewählt. Als ThierS zum Chef der Exekutivgewalt gewählt mar, wurde er dessen Staatssekretär, welchen Posten er vom Jahre 1871 b»S 1873 bekleidete. In dieser Eigenschaft war er auch als CommissionSmitglied bei den Frankfurter Friedens verhandlungen thätig. Nach dem Sturze ThierS' zog er sich abermals in das Privatleben zurück, blieb aber in der gesetzgebenden Versammlung, wo er mit der gemäßigten Linken stimmte. Im Jahre 1876 wurde St. Hilaire zum Senator auf Lebensdauer ernannt. Neben feiner AristoteleS-Ueberfetzung sind auch andere wissenschaftliche Arbeiten von ihm, unter Anderem seine Abhandlungen über die Bedas und den Koran, bekannt geworden. Wir sehen, Herr Bartholemy St. Hilaire ist 75 Jahre alt und hat eine ehrenvolle Vergangen heit hinter sich. Allein er ist kaum daran zu denken, daß der neue Minister die Energie und die Umsicht besitzen wird, welche seine Stellung erheischt. Man hält daher Bartholemy St. Hilaire für eine vorge schobene Figur Gambetta'S, welche diesem dazu dienen soll, die Ausführung seiner Pläne, ohne sich selbst zu compromittiren, zu gestatten. Der Sitz des Ministeriums de- Auswärtigen ist nunmehr die Studirstube deS Präsidenten der Deputirtenkammer im PalaiS-Bourbon, und Gambetta dürste hier die Unterhandlungen mit Gladstone und anderen auswärtigen Staatsmännern, welche er angeblich seither schon geführt haben soll, fortsühren, um die von ihm angestrebten Allianzen zu erringen. Von diesem Gesichtspunkte aus kann ein Telegramm der „Wiener Allgemeinen Zeitung" die Sachlage richtig charakterisiren, wenn es be hauptet, die Ernennung deS Herrn Bartholemy St. Hilaire habe, als sie bekannt wurde, Heiterkeit er regt. Man hat, sagt die „Presse", sür das aus- wärtige Amt keinen Diplomaten, wohl aber eine Firma gefunden, welche, an die Traditionen der ThierS'- schen Periode anknüpfend, die Politik der Contrebande mit der Friedensflagge deckt. Der greise Akademiker und Secretär ThierS', Bartholemy St. Hilaire, hat das Portefeuille des Auswärtigen übernommen, eine Opferwllligkeit, für welche ihm die herrschende Clique eine unbegrenzte Dankbarkeit zollen sollte, da der Mi nister wenigstens den Namen eines Gelehrten zuzu- setzen haben wird. Charakteristisch sür die Ernennung ist, daß der Name deS neuen Portefeuillemhabers bis zur letzten Stunde, ja bi» zur letzten Minute niemals genannt wurde, da keine Seele daran gedacht hat, daß Herr Bartholemy in Frage kommen könne. Dem Kopfe JuleS Ferry'S ist die Combination sicherlich nicht entsprungen, denn der Conseilspräsident war schon dem Verzweifeln nahe und im Begriff, sein Mandat in die Hände des Präsidenten zurückzulegen. Bis zu einem gewissen Grade bezeichnend, nicht für die Politik de- neuen Minister-, sondern für seine Art politischer Conception, ist ein Brief, den er vor einigen Monaten an die „Deutsche Revue" richtete und der damals wenig Beachtung fand. In dreißig Zeilen ist von dem Orient und Occident, von der mnern und auswärtigen Politik des Fürsten Bismarck, Oesterreich und Rußland die Rede, wobei zugegeben werden soll, daß sich der Schreiber sehr freundlich für Bismaick und Oesterreich äußert. Dieses Schreiben dürfte Herrn Gambetta durch Zufall wieder vor Augen aekommen sein und die geschickte Combination war fertig. Von dem praktischen Dienste hat Herr Bar tholemy de St. Hllaire nur in Gesellschaft deS Herrn Thiers' einen beiläufigen Begriff bekommen können; durch Willenskraft und politischen Scharf sinn zeichnete er sich nie besonders aus. Dergleichen hat aber ein Minister in Frankreich jetzt nicht nothwendig. Wir sind gespannt darauf, wie die Lösung im Lande selbst ausgenommen werden wird. Es war für Herrn Gambetta keine Stunde mehr zu früh, eine zu finden, denn die Blätter, nicht bloS in transigente oder reaktionäre, sondern auch gemäßigt republikanische, wie der „National", waren nicht mehr zu zählen, welche den großen Schauspieler und Ober regisseur aus den Coulissen de« PalaiS-Bourbon her vorriefen. In ironischer Weise beurtheilen „Figaro" und „Gaulois", sowie die Journale der Intransigen ten den neuen Minister deS Aeußern. Clemenceau veröffentlicht in seiner „Justice" einen Artikel, worin er das Aufgeben der seitherigen Manöver des Präsi denten der Deputirtenkammer hinter den Coulissen und ein Cabinet Gambetta verlangt. Unterdessen sucht Letzterer in seinem Organ die öffentliche Meinung und insbesondere Europa zu beruhigen, und die würdige Person des greisen Barthelemy St. Hilaire soll dem Auslande als Friedensgarantie dienen. Die „Repu- blique franyaise" vom23.September schreibt: „Der Präsident des Ministerrathes hat sich mit zweien seiner Freunde zurückgezogen. Man hat sie ersetzt, das ist Alles. DaS alte Ministerium hat sich completirt, offenbar entschlossen, das Programm, von dem es sich nicht trennen wollte, auszusühren. Dieses Programm besteht darin, mit der Kammermajorität in allen wesent lichen Punkten vereint vorzugehen Nämlich zuerst in der Ausführung der Decrele, betreffend die Unterdrück ung der nichtautorisirten Klöster. Die Regierung kann klug, mäßig und langsam vorgehen, aber ihrer Unter schrift muß sie Genüge thun. Ferner haben wir den obligatorischen unentgeltlichen Laienunterricht und die ernste Reform der Magistratur. Unsere Beziehungen mit Europa sind der Friede; ein ehrenhafter Friede, wie er einer der ersten Mächte der Welt geziemt; der Name deS ehrenwerthen Barthelemy St. Hilaire giebt diesbezüglich den Furchtsamsten die überreichste Gewähr. Waddington ist gefallen, weil er das Trägheitsgesetz den Forderungen deSLandes entgegensetzen wollte;Freycinet hat sich unmöglich gemacht, weil er Alles besser machen wollte, als man von ihm verlangte. Möge das neue Cabinet sich nicht in Widerstand, noch in diplomatische Finessen einlassen. Es hat nirgends eine schwere Aufgabe, es hat nirgends groß zu thun. Man erwartet von ihm einfach die pünktliche AuSsührung des Nationalwillens. Begegnet daS Cabinet unübersteiglichen Hindernissen, wird das Land dies den neuen Ministern nicht an rechnen, d^nn die Demokratie ist der gerechteste und am wenigsten anspruchsvolle Herr. Wenn das Cabinet diese- Ziel erreicht, wird daS Land dasselbe am Wahl tage großartig belohnen." Die anmaßliche und hoch fahrende Sprache, welche das Organ Gambetta'S her vorragenden Männern wie Waddington und de Frey cinet gegenüber einhält, wird nicht unbemerkt bleiben. Es soll aber hier zunächst auf eine andere Stelle des Feuilleton. Nedigirt von Otto Banck. K. Hoftheater. Am 29. d. M. wird zum Besten der Genossenschaft deutscher Bühnenangehöriger im Neustädter Hause ein interessanter Theaterabend sich dem Publikum darbieten. Neben des so gern gelesenen Romanschriftstellers Karl Wartenburg neuem Drama: „Die Schauspieler deS Kaisers", kommt Schiller'« „Lied von der Glocke" mit lebenden Bil- , dern und der Lindpaintner'schen Musik zur Ausführung. Auch dieser Dramatisirung de- erzählend didaktischen Gedichte- wird bei der Schaulust des Publicum- die glänzende Ausstattung, diese« moderne Zauberwort, gewiß in einem Maße zu Gute kommen, wie eS dem edlen Zwecke de« Unternehmen« wahrhaft zu wün schen ist.O. B. Lu-stellung der Kaustcartov». Die gegenwärtig aus der Brühl'schen Terrasse durch die Ernst Arnold'sche Kunsthandlung verdienstlich aus gestellten Kohlenzeichnungen der Liezen-Mayer'schen Illustrationen zum 1. Theile von Goethe'« Faust verdienen von den Freunden dieser Dichtung und der Kunst überhaupt mit Theilnahme betrachtet zu werden. Mayer ist allerdings weit davon entsernt geblieben, die bereits in der deutschen Malerkunst vor ihm ge schaffenen Abbildungen nach der Fausidichtung durch eine im Einzelnen und im Ganzen große Gesammtthat in den Schatten zu stellen, oder sie in eine individuell ganz neue bedeutungsvolle Phase der Auftastung hinein ¬ zuführen. Dazu reicht seine künstlerische Potenz nicht au». Ost über die Reize der Anmnth gebietend, im partiell Phantastischen zuweilen glücklich, treffend und malerisch stimmungsvoll in der technischen Ausführung, fehlt feiner Mufr doch die Macht, ursprünglich zu charakterisiren; sie ist mit Vorliebe glatt und elegant, nicht selten sogar dem Englischen „lovely" zugeneigt und aus Mangel an selbsteigener Erfindungskraft von edlem Stil, welche die ganze LebenSeigenthümlichkeit und Daseinsatmosphäre de- Faust'schen Zeitalters wieder zu erwecken hätte, ersetzt diese anempfindende Muse solche wichtige Factoren durch die Traditionen der Theaterdarstellung. So kommt denn in Mayer's Bildern ein Bruchtheil jener stereotypen Unzulänglich keiten scenischer Arrangements und Coulisseneffecte zu Tage, welche den schmerzlichen Gegensatz zwischen Bühnenmöglichkeit und Lebenswahrheit für immer kennzeichnen werden. Nicht nur au- Schwäche, sondern vielleicht auch um beim großen Publicum leichter ver standen zu werden, that der Maler, wa» sich für die erhabene Stellung der Kunst nicht ziemt: er empfing seine Anregungen weniger direct aus der Poesie, als aus den Leistungen der Schauspiel- und Regiekunst, und mischte ihnen dadurch ein reproducirrndeS Ele ment bei. Somit muhten wir einen CykluS empsangen, der unS die Verwirklichung unserer Faustideale schuldig bleibt. Diese Skizzirung der Schwächen, welche sich durch viele Einzelheiten erweitern ließe, anullirt aber keines wegs da« Interesse der Leistungen. Zeigen sie auch, daß wir e« nicht mit den überwältigenden Gaben de« Genie« zu thun Haden, so reden sie doch laut für ein fesselnde», bewegliches, sinnig fein fühlendes Talent, welches sich getrost unter jene zahlreichen Geister mischen durfte, denen der Drang für Faustillustrationen die Seele be wegte. Sie dienen alle nach ihrer Art der großen Sache, und wenn noch keiner der Maler die gewählten Ausgaben auf gleichem Niveau mit der Dichtung löste, so entspringt da«, besonders für die kleinern Talente, aus der ungenügenden Beachtung der Schranken, die zwischen dem Malerischen und Dichterischen einer Auf gabe bestehen. Wie schon das Theater so will auch die bildende Kunst aus dem Faust gar Vieles darstellen, das nur dem schildernden Worte geistig, niemals aber den sinnlichen Mitteln figürlich möglich ist. Beim zweiten Theile der Dichtung wird diese Vermessenheit geradezu in vielen Momenten lächerlich, indem sie daS Wollen eine- Don Quixote mit dem wirklichen Können veiwechselt. Dem stolzen Phantasiegebilde brechen die angeklebten Flügel ab und eS fällt wie Ikarus in die kalten Fluthen. Ich freue mich auf den schönen Fortschrittsmoment, wenn man in der Kunst und auf der Bühne zum ersten Male gemalte Musik in Separatvorstellung für Harthörige zu sehen bekommt. Gesprungene Worte giebt e- bereits, wie unS daS pantomimische Ballet ftöhlich hüpfend belehrt. Solche Ausstellungen von Originalzeichnungen, die später ducch Vervielfältigung im Kunstverlag veröffent licht sind, haben immer da» Gute, die Leistungen deS Maler» in ihr eigentliche» Licht zu setzen. Man sieht da, wie sehr die Wiedergabe zurückzubleiben pflegt und wie mangehaft man danach die Zeichnungen de» Maler» beurtheilen konnte. Mayer hat sein Gretchen nur in einigen Bildern Artikels aufmerksam gemacht werden, die Behauptung nämlich, eS handle sich zunächst um die Ausführung der Decrete, womit angezeigt werden soll, das Ver halten de Freycinet'S den Dekreten gegenüber sei die Veranlassung zu seinem Sturze gewesen. Diese Be hauptung ist bisher ostensibel in der Presse Gam- betta'S wiedergekehrt, und mit ebenso viel Nachdruck wurde hervorgehoben , daß die Ministerkrisis zu der auswärtigen Politik in gar keiner Beziehung stände. Die geringe Meinungsverschiedenheit in der OrdenS- frage vermag die folgenschwere Krisis absolut nicht zu erklären, und >m Gegensatz zu den Blättern Gambetta'S bezeichnen die Organe de Freycinet'S, sowie die monarchistischen Zeitungen die äußere Politik als daS Hauptmotiv deS Rücktritts des vor maligen Premiers. Die eigentliche Ursache deS Stur zes deS Minister- war die Friedensi ede zu Montauban, mit welcher er auf die Rede Gambetta'S beim Punsche der Handlungsreisenden in Cherbourg erwiderte. DaS Vertrauen, welches man dem neuen Cabinet im AuS- lande entgegenbringt, wird demgemäß zunächst ein ziemlich geringes sein. „Bei der öffentlichen Meinung Europas", sagt die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung", „welche den Sturz des Hrn. de Freycinet unliebsam vermerkt hat, und von dem Einblick ui die Motive, welche diesen Sturz herbelführten, wenig er baut ist, wird die neue Combination sich erst einführen müsfen. Daß dies jo schnell und leicht als möglich geschehe, liegt im allgemeinen Interesse begründet." — Die heutige officiöse „Politische Correjpondenz" läßt sich aus Paris schreiben: „Gewöhnlich gut unter richtete Personen behaupten, daß die einzige Ursache dieses Rücktrittes in der von Freycinet in Montauban feierlich angekündigten versöhnlichen Politik gegenüber den religiösen Congregationen zu suchen sei. Aber ernste Politiker bemerken, daß die Montaubaner Rede sich auch sehr bündig über die auswärtigen Fragen verbreitete, und behaupten, daß Gambetta mit der mi nisteriellen Sprache nicht zufrieden war. Es ist That- fache, daß die „Republique franyaife" feit damals in ihren Artikeln einen andern Ton gegen Hrn. de Frey cinet und in den auswärtigen Fragen angeschlagen hat. „Wenn es aus dieser Seite keine Wolke gäbe", sagte heute ein sich m höheren Kreisen viel bewegender Mann, „so hätte Freycinet nur die Conseilspräsident schaft aufgegeben und Minister deS Aeußern bleiben können." Hr. Grsvy halte trotz feiner großen Zurücks Haltung die Ideen Freycinet'S bezüglich des Innern wie deS Aeußern positiv gebilligt. Und in der That sind diese, in Montauban sehr gut dargelegten Ideen so zu sagen der Nation, oder jener großen Mehrheit derselben, welcher alle ernsten und gemäßigten Männer angehören, aus der Seele genommen. Früher oder später wird man auf diesen Boden zurücktommen müssen, wenn man ihn überhaupt lange ohne Gefahr verlasfen kann." Wenden wir unS noch zum Schluffe den beiden ande ren neuen Ministern zu. Der Minister der öffentlichen Arbeiten, Marie Franyois Sadi Carnot ist der Sohn des Lazare Carnot und entstammt der Familie deS berühmten Conventsmannes. Herr Sadi Carnot ist im August 1837 geboren. 1863 verließ er mit Aus zeichnung die polytechnische Schule und wurde bald darauf Ingenieur ^u Annecy. 1871 Prüftet der Seine- inferieure, erhielt er den Auftrag, die nationale Ver- theidigung der drei Departements: Seine-inserieure, Eure und Calvados zu organisiren und wurde später im Cüte- d'Or in die Nationalversammlung und die Deputirtenkammer geschickt. Hier stimmte er in allen Fragen mit der vorgeschrittensten Linken und findet nun seinen Lohn in einem Ministerporteseuille. Der neue Marineminister, Viceadmiral Clou«, ist eine bis her außerhalb de-- engeren Fachkreise gänzlich unbe kannte Persönlichkeit. Wir wissen von ihm nur, daß portraitmäßig als dasselbe Mädchen festgehalten. Mei stens sind seine Gretchendarstellungen in Typus und Jahren verschieden. Mit dieser Eigenthümlichkeit, die auf ein freie- Entstehen einzelner Blätter zu deuten fcheint, hat man sich abzufinden. Einen erfreulichen Genuß gewährt innerhalb dieser Ungebundenheit fo manches reizend gezeichnete, oft tief empfundene Blatt. Z. B.: „Gretchens Kirchgang", „Am Fenster", „Reue", „Erscheinung". Auch „Oberon und Titania* ist an- muthSvoll und durchaus mit Delicatesse empfunden. Die „Walpurgisnacht" erinnert auf diesem phantasti schen Gebiete an die Gaben der besten Künstler. Im Kunstverlag von StröferS in München erscheint nun auch eine kleine wohlfeile „Prachtausgabe" von diesem ersten Theile deS Liezen Mayer'schen „Faust*. Mit den letzten Lieferungen dieses Unternehmen-, von dem die beiden ersten Hefte vorliegen, beginnt gleichzeitig in demselben Verlag „der Tragödie zweiter Theil* illustrirt von Max Klinger. Ich habe von diefen Arbeiten noch nichts gesehen, kann also auch keine Ansicht darüber auSsprechen. O. B. Literatur. Wir haben mehrfach Gelegenheit ge habt, de» vor zwei Jahren in der Verlag-Handlung von W. Baensch erschienenen Werke»: „Johann, König von Sachsen. Ein Charakterbild von vr. Johann Paul ».Falkenstein* zu gedenken. Der In halt nicht minder wie die Darstellung in genanntem Buche haben seiner Zeit allseitig so hervorragende An erkennung gefunden, daß der Wunsch nach weiteren Au»führungen laut wurde. Dieser Ausgabe hat sich de: geh. Hofrath 0r. Petzoldt unterzogen, der in der
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