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Dresdner Journal : 29.09.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-09-29
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188009299
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18800929
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18800929
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1880
- Monat1880-09
- Tag1880-09-29
- Monat1880-09
- Jahr1880
- Titel
- Dresdner Journal : 29.09.1880
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227 Mittwoch, den m. September, 1880 I- k»"— ' L-I^u» 6« L«-ot»vb« . . l« k«ick«. tritt ?o.t- »vL It^li-K- ä Uturk S0kk. t»i^. MMUHtKO KuwMvrv: 10 ?t lo»«r»tei,prel,er ttr «1s» lt»u» «>»« b»,p»lt«nell ?«llt»«llw »0 kf. voter »oLt" Li» L«ü« L0 kk. Iriebet»«» r D-Llieb i»it Xl»»»km« Ler 3ovv- u»L ^eiert»^* Xt-«aL» für Leo folzenLeo 1»^ DrrMerZmmml. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dre-den. Ia»tt roleoonnokme »n«Hriirt»l Fe /<ra»<i,!r<trr, cV>i»ui>- lanäe Ls» vreeLosr Louru»t»; Soiotor» - LerUo Vt»o I-«>p»t^ L»»»I - Lr»il»o rnuLltort » : 2/aa»en»t«»» L ^»A/er, LerUo Vi»»-L»>odor^ Fr»^-L»tp»iss keillkeurt » « «Sllek,ll: /t»L / S»rUo: §. /nr a/,Le»ckki»t, Lr«m»>: F Schott«,' Nr»»I»a: F, -§ta»<At»< « öulotU; Odimoitn Fe. Vv«Ft; kr»oktllrt ,. K.: F Fae-ee^ete« u, F. (,'. »cüv Uucbk >»LIn»8! NürUt»: t/. iULNer, U»o»ov»r: 0, <8cbü>>te k»ri» Lsriio - ?r»nkturt ». H It»tt^»rt! Davi»« St 0L.,- S»mdor,: F' L?e»LAe», ^«i St«»«e. Il«r»»»^»b«i-r ItSnissl. krpsLitiov Ls» I>rs»Lner ltre»Len, ^vin^erxint»»« Ko, 20, Abonnements - Einladung. Auf das mit dem 1. October beginnende neue vierteljährliche Abonnement des „Dresdner Jour nals" werden Bestellungen zum Preise von 4 M. 50 Pf. angenommen für Dresden bei der unterzeichneten Expedition (Zwingerstraße Nr.20), sie anSwärtS bei den betreffenden Postanstalten. Die Ziehungslisten ausgelooster königl. sächsischer Staatspapiere, sowie die officiellen Gewinnlisten der königl. sächsischen LandeS- lstterie werden im „Dresdner Journal" voll ständig und Zug um Zug veröffentlicht. Ankündigungen aller Art finden im „Dresd ner Journal" eine sehr geeignete Verbreitung, und werden die Jusertionsgebühre» im Jnseraten- theile mit 20 Pf. für die gespaltene Petitzeile oder deren Raum berechnet; für Inserate unter der Rubrik „Eingesandtes" sind die Jnsertions- gebühren auf 50 Pf. pro Zeile festgestellt. In DreSden-Nenstadt können Abonnements bestellungen abgegeben werden in der Kunst- und Musikalienhandlung des Herrn Adolf Brauer (Hauptstraße 31), woselbst auch Inserate zur Beförderung an unser Blatt angenommen werden. König!. Expedition des Dresdner Journals. (Zwingerstraße Nr. 20.) Nichtamtlicher Theil. U e b e r s i ch t. Telegraphische Nachrichten. Zeitung-schau. (Grenzbotrn.) Lagr-geschichte. Zur orientalischen Frage. Lre-dver Rachrichtm. Statistik und Lolk-wirthschaft. Beilage. Betriebsergebuisse der königl. Staatseiseabahneu. (KohlentranSport.) Dresdner Nachrichten. Proviuzialvachrichten. (Leipzig. Zwickau) Telegraphische Nachrichten. Essen, Dienstag, 28. September. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Die „Essener Zeitung" meldet aus Herne: Am 27. September Abend- ^12 Uhr verunglückten infolge eiueS Flötzbrande- auf der Zeche Shamrock 2V Bergleute, wovon 11 todt auf dem Platze blirbeu. Frankfurt a. M., Dien-tag, 28. September. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Zweiter Berein-tag der deutschen Vereine vom rothen Kreuz. Da- Kest- banket im zoologischen Garten war überau- glän zend. Ein Begrüßnvg-telegramm der Kaiserin lautet: Ich danke für den Gruß de» zweiten deutschen VrreinStageS, den ich herzlich willkommen heiße. Meine vollste Theilnahme gilt den Berathungen der deutschen Landesvereine vom rothen Krenz, indem ich dem aufrichtigen Wunsche Ausdruck verleihe, daß dieselben vom wahren Erfolge begleitet und in jeder Weise geeignet sein möchten, unsere gemeinsamen nationalen Interessen auch fortan zu gewährleisten, die von den Landesvereinen so wirksam in bewegter Feuilleton. Redigirt von Otto Banck. Rach neun Jahren! Oberammergauer Eindrücke von Ad. Stern. II. (Fortsetzung zu Nr 22«.) Dit Initiative zur Wahrung ihre- werthvollsten Besitze» muß von der Gemeinde Oberammergau selbst auSgehen. Bon ihr allein auch ist die unerläßliche Weiterbildung de» Spiele» zu erwarten. Denn wenn ich glücklich genug war, nach neun Jahren jeden Vor zug der PassionSdarstellung voll und warm zu empfin den, so konnte ich mich doch auch dem Eindruck nicht entziehen, daß da» Spiel in sich selbst einer Fortent wicklung und Vervollkommnung fähig, ja, daß diese in ge wissem Sinne geboten sei. Nun ist e» Regel, daß, so ost davon geredet wird, eine Anzahl Enthusiasten sehr ver- schiednen Gepräge« auffahren und sich geberden, al» habe man mit dieser Meinung an ein Heilige» und nicht zu Berührende» oder doch an etwa» Naturwüchsiges getastet, welches sich jeder kritischen Reflexion ein für alle Mal entziehe. Dem gegenüber muß einfach an die Geschichte de» Oberammergauer Spiel» erinnert werden. ES haben im Laufe der Jahrhunderte viel fache Veränderungen stattgefunden, eS find beständig Verbesserungen und Vervollkommnungen angestrebt worden. Der wachsende Ruf und Ruhm der PassionS- darstellung ist keineswegs ohne Rückwirkung auf die Gemeind« geblieben, und die Reclame hatte in diesem wie in friedlicher Zeit bis jetzt vertre'en und geför dert worden sind. Augusta. Es toasteten: Herr Haß auf Deutschlands Sou veräne, Graf Drechsel auf die VereinSthätigkeit, v. Crie- gern auf die gastliche Stadt Frankfurt, Miquel, zu gleich im Namen der Stadt Frankfurt dankend, auf die FriedenSthätigkeit der Vereine, Koppel - Ellfeld auf die Verwundeten, v. Weich aus StaatSminister Dr. Friedenthal u. s. w. Heute findet die Fortsetzung der Berathungen im Saalbau Statt. London, Dienstag,-28. September. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Infolge Mittheilungen, die auch in die Oeffentlichkrit gelangten, ist der Befehl er gangen, daß der Zutritt zu der Werft, wo die für den Kaiser von Rußland bestimmte Dacht „Livadia" erbaut wird, allen nicht Befugten untersagt wird. Weiter verlautet, die hiesigen Polizeibehörden seien von der St. Petersburger und Genfer Polizei benachrichtigt, daß 3 Nihi listen mit 2 Höllenmaschinen in Korm von Uhren nach Gla-gow unterwegs wären. Diese Indivi duen sollen schon von London abgereist sein. Die Polizei in Gla-gow forschte in allen llütvl x»r- uls, namentlich in den von Autländern besuch len, nach. Bi- jetzt erfolgte keine Verhaftung. Man untersucht auch sorgfältig alle Theile der Dacht nach etwa dort versteckten Maschinen. Dre-dev, 28. September. Zu den Einrichtungen, welche die liberale Strömung in- Leben rief und welche die religiöse Toleranz för dern sollten, gehört auch die Simultanfchule. In den letzten Jahren, wo schon zur Genüge besprochene sittliche Schäden des öffentlichen Lebens zu Tage tra ten und wo man demzufolge da» Bedürfn'ß empfand, in Staat und Gemeinde, in Kirche und Schule eine Wiedererweckung des kirchlichen Lebens anzuregen, mußte sich die Aufmerksamkeit nothwendig auch der von dem Liberalismus protegirten Simultanschule zuwenden. ES ergab sich das merkwürdige Resultat, daß die durch die Simultanschule beabsichtigte kirchliche Toleranz auf Kosten des Protestantismus verwirklicht wurde, sowie daß lediglich der religiöse JndlfferentiSmuS durch die selbe gefördert wird. Sehr lehrreich ist in dieser Be ziehung eine Correspondenz der „Grenzbotrn" aus Baden. Dieselbe wird von der „Norddeutschen All gemeinen Zeitung" an hervorragender Stelle abgedruckt und bespricht in der letzten Nummer dieser Wochenschrift u. A. die Frage der Simultanschulen aus Gesichtspunkten, die der landläufigen liberalen Auffassung dieser Frage unter Berufung auf d«e thatsächlichen Wirkungen der Simultanschulen ein drastisches und jedenfalls sehr beachtenSwertheS Bild gegenüberstellen. Die Correspon- denz äußert sich zu dem Gegenstände in folgender Weise: „In Baden ist seit nahezu zwei Jahrzehnden das System der Simultanschulen zur Herrschaft ge langt, und wenn irgendwo, so zeigt sich's hier, daß die hauptsächlichste Folge, die man sich davon versprach, der consessionelle Frieden, nicht eingetreten ist, auch gar nicht eintreten kann, eS sei denn, daß er hergestellt würde durch vollständigen religiösen Jndifferen- tiSmuS. Bis jetzt sind aber die konfessionellen Ge gensätze, soweit nicht etwa der JndifferentiSmus schon Platz gegriffen hat, noch so scharf bei unS wie in ir gend einem andern Lande. Das Gefährliche und Schä digende der Simultanschule ist der Umstand, daß um deS JudenthumS und um des KatholiciSmuS, ja selbst um des absoluten Unglaubens willen der Protestantis mus durch sie aufs empfindlichste beschränkt wird. ES soll, abgesehen davon, daß der Religionsunterricht ganz aus dem Lehrgänge verbannt ist, auch aus dem Ge schichtsunterricht Alles ausgeschlossen werden, was ir gend ein religiöses Bekenntniß verletzen könnte. Wie Sommer nur allzu sehr dafür gesorgt, die Anstreng ungen, welche für die äußere Ausstattung deS Spiels gemacht worden waren, überall hin kund zu machen. Die Naturwüchsigkeit und Unmittelbarkeit der Ammer- gauer Darstellung liegt im Ganzen — in der Beschränk ung auf die Gemeinde, in der Festsetzung, daß dieselbe lediglich aus ihrer Mitte, mit ihren Kräften, wie weit dieselben nun immer reichen, das Passionsspiel aus zuführen hat. Die Unmittelbarkeit liegt in der freu digen Hingabe Aller an die ihnen zu Theil gewordenen Aufgaben, und sie kann durch eine erstrebte Vervoll- kommung de» Einzelnen gar nicht in Frage gestellt oder gefährdet werden. Unzweifelhaft aber drängt sich jedem Unbefangenen die Wahrnehmung auf, daß die Stei gerung der Leistungen sich lediglich nach der malerisch plastischen Seite deS Spiel» hin erstreckt hat. Bis zu einem gewissen Punkt hin ist das naturwüchsig und vollberechtigt: den HcrrgottSschnitzern von Oberammer gau liegt diese Seite zunächst, sie steht mit ihrem täg lichen Thun und Treiben im engsten Zusammenhang. Allein eine sernre einseitige Pflege diese» Theils der Spiele, eine ausschließliche Vervollkommnung der Bilder, die in Bezug auf leuchtende Farbenpracht und künst lerische Stimmung kaum noch etwas zu wünschen übrig lassen, empfiehlt sich nicht. Der Musik und der Rede muß sich eine schärfere Aufmerksamkeit zuwenden. Ist von vornherein jede opernhaft-virtuose oder schauspiele risch-virtuose Vollendung ausgeschlossen und könnte nur zerstörend auf die Totalität deS Spiels wirken, so folgt daraus nicht, daß innerhalb beS Rahmen« der Spiele keine Besserung möglich wäre. Wa» ich vor neun Jahren empfand, drängte sich die« Mal stärker auf und ich spreche e« schärfer au«: die Musik ist unzulänglich, empfindlich in diesem Punkte die Juden sind, ist be kannt. Aber auch die Ultramontanen sind eS kaum minder, und schon jetzt kommen sie bei unS mit Forde rungen, die zwar in dem System der Simultanschule tief begründet sind, die aber dem protestantischen Geiste einen geradezu tödtlichen Streich versetzen würden, wenn sie allgemeine Gewährung ersühren. Da« leitende Organ der ultramontanen Partei, der „Bad. Beobachter", läßt aus Freiburg, dem Sitze de« ErzbiöthumSverweserS, laute und mit den heftigsten Schmähungen gewürzte Klage darüber führen, daß in unseren Schulen, besonders in den höheren Bürgerschulen, daS Lese buch von Hops und Paulsiek eingesührt sei. In diesem deutschen Lesebuche seien Lesestücke, in welchen Luther als der Glaubensheld und Vorkämpser des Protestantismus und als der Besieger der papistischen Ueberhebung gepriesen würde, „waS die katholischen Schüler, denen der große Mann Luther nur als Sectenstifter gelte, verletzen und ihnen Aergerniß be reiten müsse." Daher solle dieses Lesebuch abgeschafft werden. Beharrt man aus dem Boden der confessionS- losen Schule, so kann eS nicht fehlen, daß man endlich jenen Forderungen nachzugeben sich gezwungen sehen wird, und die Folge wird sein, daß wir einen Ge schichtsunterricht erhalten, der, allen Charakters beraubt, olle Thatsachen, welche ultramontane oder jüdische Empfindlichkeit zu verletzen geeignet sind, unterdrückend, den Eonsequenzen der Geschichte ängstlich aus dem Wege gehend, entweder nur noch eine trockne Chronik ist, oder aber von dem Geiste tiefer Unwahrhaftigkeit durchsetzt, der jene einseitige Geschichtschreibung von jeher ouSzeichnete. Der Geist protestantischer Freiheit aber und die Begeisterung für dieselbe wird durch solch' eine Geschichte ertödtet, ganz zu schweigen von der nicht minder hoch zu veranschlagenden religiösen Schädigung. DaS ist eines der fatschen Ziele, dem uns das liberale Prmcip in seiner Verkennung wahrer Freiheit zuführt. DaS es ein falsches, zu vermeiden des ist, hat man an leitender Stelle, wie wir zu wissen glauben, erkannt, und wir hoffen, daß man das evan gelische Volt davor zu schützen suchen wird. Bei der unbedingten Macht, welche der KatholiciSmuS über seine Gläubigen und auch daS Judenthum über seine Anhänger hat, ist eS das evangelische Volk allein, das darunter leidet. Man schreie nicht, daß die Schule dann wieder dem UltramontamsmuS und der Kirche überhaupt ausgeliefert werden würde. Soweit daS schädlich ist, ist eS in ersterer Beziehung doch auch jetzt der Fall; e- fehlt aber das heilsame Gegen gewicht, welches allein die protestantische Freiheit deS Unterrichts verbürgt. UeberdieS steht der Staat mit seiner Machtvollkommenheit der Kirche jederzeit gegenüber und würde jeden Augenblick im Stande sein, einer Ueberwucherung ihres Einflusses entgegen zutreten. Möchte immerhin der Religionsunterricht m den anderen als den Volksschulen ausgeschlossen bleiben, dahin darf aber das Prmcip der Simutlan- schule nie führen, daß aus dem Systeme der vom Staate geleiteten nationalen Erziehung jede religiöse Färbung verschwinde." Tagesgcschichte. * Berlin, 27. September. Se. Majestät der Kaiser hatte gestern Nachmittag noch eme Conferenz mit dem CultuSminister v. Puttkamer und reiste hier aus Abends HlO Uhr nach Baden ab. Die Ankunft daselbst erfolgte heute Vormittag 11 Uhr. Der Kaiser wurde von sämmtlichen in Baden weilenden Fürstlich keiten, den Spitzen der Civil- und Militärbehörden, dem gesammten Stadtrath und den hier anwesenden Diplomaten und Generälen empfangen. Beim Ein fahren deS kaiserl. HofzugeS intonirte die Curkapelle das „Heil Dir im Siegerlranz". Am Bahnhofe hatte dem Geist des Spiels unentsprechend, stellenweise geradezu unwürdig. Findet sich in der Gemeinde Niemand, der hier bessernd Hand anlegt, so muß sich wenigstens Jemand finden, der die Ausführung dieser Musik, wie sie denn eben ist, auf einen gewissen Grad der Erträglichkeit bringt, Alles, was grell und gerade zu beleidigend in die Ohren fällt, beseitigt. Von zehn zu zehn Jahren ist eine hinreichende Zeit, um eine anspruchslose, aber gleichmäßige Ausfüh rung zu bewirken. Coloraturen und Gesangskunst im engern Sinne begehrt kein Mensch in Oberammer gau, eS sind andere Dinge, um die eS sich handelt. Ohne alle Frage würde die Anstellung eines schlicht tüchtigen Cantors hier entscheidend zu wirken ver mögen. DaS Gleiche gilt von der stellenwelS peinlich wirkenden Disparität deS Sprech- und VortragstonS. Kein gesund fühlender Mensch nimmt Anstoß an der Dialenfärbung der Rede, keiner möchte, daß sich hier die ländlichen Darsteller in einen unnatürlichen Ton hinein steigerten. Aber gewisse grelle Ungleichheiten stimmen nicht zu der plastisch malerischen Vollendung de» Spieles und würden in dem gleichen Augenblick verschwinden, wo die Unzulänglichkeit empfunden und anerkannt wurde. Wa» endlich das Spiel selbst, den Text desselben anlangt, so ist nach den Ergebnissen der neuesten Untersuchungen und der ganien Geschichte deS Oberammergauer Spieles kein Zweifel gestattet, daß wenigsten» frühere Generationen nach Maßgabe ihrer Anschauungen eine Verbesserung größere oder reinere Wirkungsfähigkeit erstrebt haben, daß also Tradition und Pietät sich der Beseitigung gewisser Elemente ent schieden nicht widersetzen sich eine große Menschenmenge eingefunden, welche Se. Majestät mit enthusiastischen Zurufen begrüßte. — Se. kaiserl. und königl. Hoheit der Kronprinz kam heute Mittag mit dem Zuge um 12 Uhr von Pots dam nach Berlin, um der Trauerfeier am Sarge deS Generalarztes Geh. Rath Dr. WilmS im Diakonissen- hause Bethanien beizuwohnen. Nachmittag« kehrte der selbe wieder nach dem neuen Palais zu Potsdam zu rück. — Der Kaiser hat der „Köln. Ztg." zufolge der evangelischen Geistlichkeit in Köln ausdrücklich seinen Wunsch ausgesprochen, daß tue für den aus Anlaß der Dombaufeier am 15 Ocober stattfindenden Gottes dienst bestimmte Zeit von 45 Minuten in keinem Falle überschritten werden dürfe. Es steht übrigens ander weiten Mittheilungen gegenüber fest, daß der Kaiser entschlossen bleibt, nur am 15. October der Kölner Feierlichkeit beizuwohnen. — Der Reichskanzler hat ä. ä. Friedrichsruhe 17. September an die HaiidelS- und Gewerbekammer zu Plauen aus Anlaß einer von derselben an ihn gerichteten Eingabe eine Ver fügung erlassen, welche wir hier reproduciren. ES heißt darin: Die p. t. hat der Meinung erneut Ausdruck gegeben, daß alle, die Interessen von Handel und Gewerbe betreffen den Gesetzentwürfe rechtzeitig den Handels- und Gewerbever- Iretungen zur Kcnnlnißnahme behuss möglichst eingehender sachverständiger Begutachtung vorgelegt werden möchten. Mit Bezug hieraus erwidere ich dem Präsidium ergebenst, daß ich von der Nützlichkeit einer derartigen Einrichtung überzeugt bin und meine gegenwärtige Stellung als preuhijcher Minister sür Handel und Gewerbe zu benutzen beabsichtige, um in dieser Richtung zunächst sür Preußen thätig zu sein und so einer entsprechenden Einrichtung sür da« Reich vorzu- arbeiten. Ich bin mit Ihnen der Ansicht, daß bei Borbrreitung der Gesetzentwürse, welche die volkswirthschastliche» Interessen betreffen, die Kritik derselben vom Standpunkte Derjenigen, die später davon durch die Aussührung betroffen werden, neben der Berathung durch die amtlichen Factoren der Ge setzgebung erhöhte Bürgschaften sür die zweckmäßige Gestal tung der Gesetze gewährt Mein Streben geht dahin, den Entwürscn vor ihrer Einbringung in die gesetzgebenden Kör perschaften eine vorgängige größere Pudlicität und eine spe- cielle sachkundige Beuriheilung aus den Kreisen der haupt sächlich Betheiliglen zu sicher». Dieser Zweck würde meine» Erachten- durch die Herstellung eines permanenten Bolk»- wirthschastSrathS zu sördern sein, welcher au» Vertretern de» Handel», der Industrie, der Landwirthschast und der übrigen Gewerbe behuss Begutachtung der wirthschastUchen Eesetzent- würse zu bilden wäre. Die Verhandlungen deS königl. preu ßischen Staatsministeriums über diese Frage sind in der Vor bereitung begriffen. gez v. Bismarck. — Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" wird von hochachtbarer Sette ersucht, und zwar von einem Deutschen, der den internationalen Volkswirth- schaftlichen Congreß in Brüssel mitmachte und der seit Wochen in Belgien weilt, entgegen einer Brüs seler Correspondenz deS „B B.-C.", zu constatiren, daß ihm weder auf dem Congresse noch sonst wo von belgischer Seite her irgendwelche deutschfeindlichen Tendenzen entgegengetreten sind. Die neue deutsche Handelspolitik scheint den Herren drüben allerdings ein Dorn im Auge zu sein, m allem Uebrigen sind die Belgier aller Stände aber bereit, der deutschen Nation volle Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, und hat unser Gewährsmann überall das dankenSwertheste Bestreben gesunden, gerade den Deutschen zu zeigen, was belgische Liebenswürdigkeit und Gastfreundschaft be deutet. — Die Uebungsreise des Generalstabes des Gardecorps nahm gestern ihren Ansang. Sie er streckt sich nach Schlesien und wird ungefähr bis Mitte October dauern. Es haben sich derselben Offiziere von allen Regimentern des Gardecorps angeschlossen, einzelne dazu commandirt, andere auf rhren besonderen Antrag und auf eigene Kosten. Unter andern wird auch der Erbprinz vor Meiningen, Major und Ba- taillonScommandeur im I. Garderegiment z. F., an dieser Reise Theil nehmen. — Der Mlether eines möblirten Zimmers (Chambregarnist) macht sich Weimar, 27. September. Der Bericht, den ich Ihnen über den Verlauf des heutigen letzten Tages der Versammlung des Verbandes deutscher Schrift steller sende, wird auch entfernt nicht den Eindruck wiederzugeben vermögen, den derselbe auf alle Theil nehmer an dem unvergleichlichen Wartburgfeste gemacht hat. Bald nach 9 Uhr versammelten sich die von auswärts gekommenen Gäste mit ihren Damen, sowie die Mitglieder deS hiesigen FestcomitsS auf dem Bahnhofe und bestiegen den Extrazug, der sie auf Befehl Sr. königl. Hoheit des Großherzogs nach Eisenach führte. In heiterster Stimmung ward die Fahrt durch die freundliche Gegend, an Erfurt und Gotha vorüber, zurückgelegt: Scherzworte und fröhliche» Lachen ertönte au» den CoupöS und bald lag in präch tigem Sonnenschein emeS köstlichen Herbsttages Eisenach und die Wartburg vor allen Blicken der Festgenosjen. Dort von einigen Genossen begrüßt, begab sich ein Theil zu Wagen, ein anderer zu Fuß »u der alten Beste hinauf; ein leiser, in unseren nordischen Gegen den so seltener Silberduft lag über den üppig grünen Thälern und über den Wäldern, die freilich hier und da schon rm herbstlichen Braun sich färbten. Unter halb der Burg sammelte sich der Zug, und begab sich nun, empfangen von dem Commandanten der Schlosse», Hrn. v.ArnSwald, Musik an der Spitze, in die Wartburg und zwar in den Banketsaal. In dem prächtigen Raume war ein überaus stattliche- Buffet errichtet, streng im Stile mittelalterlicher Tafelherrichtungen: Pfauen und Auerhähne bildeten eine prächtige Tafelzier, daneben gewaltige Krüge und Kannen. Daß hinter der Hülle, die die allgemeinste Bewunderung hervorrief, die Fülle nicht zurückblieb, davon überzeugten die Gäste sich bald,
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