Dresdner Journal : 07.12.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-12-07
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188012075
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18801207
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- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18801207
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1880
- Monat1880-12
- Tag1880-12-07
- Monat1880-12
- Jahr1880
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- Titel
- Dresdner Journal : 07.12.1880
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Wägung de» Wurmbrand'schrn Anträge» vorhanden gewesen wäre, dann hätte man sich vielleicht die Frage vorgetegt, ob der Moment eia glücklich gewählter sei, um erne Revisiou de» Artikel» 19 anzubahnen und überhaupt eine Verfassungsänderung anzuregen, soll» da» Schicksal derselben ein andere» sein soll, al» jene» de» seinerzeitigen Antrag» auf Aufhebung der Delega. tion-tnstttution. Unter dem Eindrücke dieser Ueber- zeugung, welche sich auch dem Antragsteller aufdrängen mußte, war dessen Rede weniger eine Befürwortung seine» Antrag», al» ein Angriff auf die Sprachenzwang«« verordnuag, und in dieser Richtung enthielt der durch eine vornehme, glatte Form sich au»zeichnende Vortrag auch manchen glücklichen Gedanken, manche treffende Pointe.* In auffällig skeptischer Weise äußert sich die „Wiener Allgemeine Zeitung*. Dieselbe schreibt: „Hätte Graf Wurmbrand seinen Speech in einer Sitzung der Akademie der Wissenschaften vom Stapel gelassen, so müßte man ihm die unbedingteste Aner kennung »ollen. Philosophisch und historüch hat er seine These begründet, und die edle Form, in die er seine Gedanken gekleidet, erwirbt seiner Rede ein volle» Anrecht auf da» Prädikat einer akademischen. Aber eben darum können wir sie eine politische nicht nennen, und in da» Parlament gehören nur po litische Reden. Wa» für die Stoa paßt, gehört nicht aus» Forum, die Tribüne ist keine Lehrkanzel. In der praktischen Politik handelt e» sich ebenso sehr darum, Recht zu behalten, al» Recht zu haben. Nicht die Ideen und da» Wollen, die Thatsachen und da» Können sind da» Ausschlaggebende, nicht das Beste, sondern das Mögliche muß der Staatsmann sich al« zu erreichende» Ziel stecken. Er muß sich auch stets fragen, ob, indem er ein Uebel bekämpft, er nicht ein neue», ärgere» schafft, ob die Medicin, die er an- wendet, manchmal nicht schlimmer ist, als die Krank heit, die er beheben will. Graf Wurmbrand ist al» Politiker noch jung, und diese Erwägungen scheinen ihm entgangen zu sein, sonst würde er sich sicherlich zur Einbringung seines Antrages nicht entschlossen haben. Er ist in jenen Fehler verfallen, vor dem Tallehrand gewarnt hat: er hat zu viel Eifer ent wickelt. Graf Wurmbrand will, daß das Deutsche zur Staatssprache Oesterreich» erklärt werde. Welcher Deutsche wird nicht mit der Grundidee eines solchen Vorschlages sympathisiren, aber welcher besonnene Politiker wird nicht dem Antragsteller mit der Frage oder dem Ausruf entgegengetreten: Ja, ist denn das Deutsche bisher nicht die Staatssprache in Oesterreich gewesen? Ist es denn nöthlg, eine offene Thür einzurennen? Ist es nöthlg, ist eS zweckmäßig? ES kann wünschenSwerth sein, etwas auszusprechen, waS bisher dubios war; aber ist denn der Charakter der deutschen Sprache als Staatssprache von irgend Jemandem, der als ernster Politiker gilt, in letzterer Zeit bestritten worden? Hat Jemand be hauptet, das Ungarische, das Tschechische, das Italie nische oder Lateinische sei die Staatssprache? Nicht einmal Gra^ Clam-Martmitz hat eine solche Behauptung ausgestellt. Im Gegentheil war man stillschweigend auch im föderalistischen Lager immer der Ansicht, daß die deutsche Sprache die Staatssprache, die Sprache de» Kaiser», der Diplomatie, des Heeres, die Sprache der Ministerien und des Parlamentes sei. Vielleicht, sogar wahrscheinlich war das den Tschechen, Polen oder Slowenen innerlich nicht recht, aber man ließ es gelten, weil man, wenn auch widerwillig, zugeben mußte, daß es nicht zu ändern sei. Nun stellt Graf Wurmbrand den Antrag, etwas feierlich auszusprechen, wa» bisher nie bestritten worden ist. Die Majorität des Abgeordnetenhauses wird das wahrscheinlich ver werfen, und so wird — während bisher weder Graf Elam, not, l)r. Rieger, noch vr. Smolka jemal- förmlich bestritten haben, daß Oesterreich eine Staats sprache brauche, und daß diese die deutsche sein müsse — nunmehr von der Volksvertretung feierlich und förmlich ausgesprochen sein, daß Oesterreich keine Staatssprache braucht und daß die deutsche Sprache nicht die Staatssprache ist. Dieses Resultat herbei- gesührt zu haben, wird daS zweifelhafte Verdienst des Grafen Wurmbrand und jener Abgeordneten sein, die seinen Antrag mit unterschrieben haben, und sie werden solchergestalt just daS Enlgegengesetzte deS Resultates erzielt haben, das sie anstrebten. In England gab eS einst einen Premier, der unreifen Politikern, die ihn mit himmelstürmenden Anträgen belästigten, zu sagen pflegte: „Vun't ^ou let it aloas?" Wir fragen den Grafen Wurmbrand: Hätten Sie'» nicht besser in Ruhe lassen können?* An einer andern Stelle sagt die „Wien. Allg. Ztg.*: „Welches da» weitere Schicksal der den Ausschüssen zugewiefenrn Anträge Wurmbrand- Hecbst sein wird, steht dahm. Ein gute» schwerlich. Aber mag auch mit den beiden Anträgen geschehen, was da wolle; die Reden, zu denen sie den Anlaß gegeben, werden lange nachklingen in der deutschen Bevölkerung Oesterreichs, auch der Gedanke, der in den Anträgen verkörpert ist, wird eines Tage- seine Auferstehung feiern * Lagesgeschichte. Dresden, 5. December. Am Königlichen Hose werden am bevorstehenden Neujahrstage die Be- glückwünschungS- und PräsentattonS-Couren in her kömmlicher Weise stattfinden. Weitere Vorstellungen angemeldeter Damen und Herren können bei den für den Earneval in Aussicht genommenen großen Hosbällen zur Ausführung ge langen. Dresden, 6. December. Der gestern Nachmittag 5 Uhr hier stattgefundenen Einsegnung der sterblichen Hülle des am 3. d. Mts. verschiedenen königl. Ober schenk und Kammerherrn v. Metzsch-Reichenbach wohnte im allerhöchsten Auftrage Sr. Majestät des Königs der Obelkanimerherc v. Gersdorff bei. * Berlin, 4. December. Die vereinigten Aus schüsse des BundeSrathS für Zoll und S'euerwesen, für Handel und Verkehr und für Rechnungswesen, die vereinigten Ausschüsse desselben für Zoll- und Steuer wesen und für Rechnungswesen, sowie der Ausschuß für Zoll- und Steuerwesen und der Ausschuß für Justizwesen hielten heute Sitzungen. — In der heu tigen Sitzung der Budgetcommission des Abge ordnetenhauses wurde, wie die „Nat.-Z'g.* mit- theilt, die Antwort des Finanzministers aus die seiten der Budaetcommission auf Grund des Antrags Rickert gestellte Frage über die Höhe der Matricularbei- träge pro 1881/82 mitgetheilt. Der Finanzminister erklärte, daß er den Betrag der Matr cularbeuräge pro 1881/82 zur Zeit noch nicht mittheilen könne, da der Etatsentwurs im Bundesrath noch nicht festgestellt sei. Jndeß unterliege es keinem Zweifel, daß die Reichs- auSgaben infolge der Erhöhung des Militäretais nicht unerheblich höher sein würden, als im letzten Etat. Ob diese Mehrausgaben durch Erhöhung der Matricu- larberträge oder wie sonst gedeckt werden, werde sich erst im Reichstage herausstellen. Man würde für eine Erhöhung der Position 42 Nr. 1 (Matricularbetträge) zur Zeit jedenfalls keine sichere Unterlage haben Sollte eine Erhöhung der Matricularbeiträge im Reich wirklich eintreten, so würde die erforderliche Zahlung nur als Mehrausgabe gegen den Etat in Rechnung gestellt werden können. — Die „Post* schreibt: „Wie wir hören, bestätigt sich unsere Auffassung, die wir gestern an dieser Stelle ausgesprochen haben, vollkom men, daß nämlich der erwähnte Artikel der „Grenz boten* zur Geschichte Sachsens in den Jahren 1866 und 1870 keineswegs aus osficiöser Quelle ge flossen ist. Am allerwenigsten rührt derselbe von einer dem Herrn Reichskanzler irgendwie nahestehenden Seite her * — Der „Köln. Ztg.* wird geschrieben: Wenn eS im Allgemeinen als feststehend gilt, daß die auf Arbeiterfragen u. s w. bezüglichen Gesetzentwürfe des Reichskanzlers den Bundesrath und Reichstag erst in der nächstjährigen Session beschäftigen werden, so scheint man doch den Gesetzentwurf über die Anzeige von Unfällen in den Fabriken und ähnlichen Betrieben, sowie den Entwurf von Vorschriften, betreffend den Schutz gewerblicher Arbeiter gegen Gefühlen für Leben und Gesundheit nicht so lange vertagen zu wollen. Es wird uns versichert, daß eine Art von Enquöteverfahren durch eine Sachverständigencommission elngelcitet werden soll und daß für dieselbe bereits ein sehr großes Material vorliegt in zahlreichen Ein gaben, welche von Arbeiterverbänden u. s. w. über beide Entwürfe dem Reichsamt des Innern, beziehent lich dem Bundesrath bereits zugegangen sind und sich noch dauern^ erweitern. Die früheren Enlwü.fe, welche von den Ausschüssen und dem Plenum deS BundeSrathS bereits angenommen waren und wegen de» Widerspruch» de» Reichskanzler» trotzdem einer nochmaligen Umarbeitung unterzogen werden mußten, scheinen dabei doch in vieler Beziehung tüchtige» Material geliefert zu haben. * Straßburg i. E., 4. December. Heute Vor mittag wurde mit der Verhandlung gegen Hippolyt Tissot, 33 Jahre alt, Inspektor der Feuerversicherung»- gesellschaft „va Oäoäralv* in Pari«, wohnhaft in Nancy, beschuldigt de» LandeSverrath», begangen dadurch, daß er Pläne der Festung Diedenhofen, die Stärke der Fort», deren Ausdehnung, die Anlagen der Easematten rc. der französischen Regierung zur Kennt- nih brachte, begonnen. Da» Kriegsgericht ist zusammen gesetzt, wie folgt: Vorsitzender: LandgerichtSrath v. Stengel. Beisitzer: LandgerichtSrath Bomhard, Haupt mann Lancelle de» Infanterieregiment» Nr 2b, Haupt mann Aster I de» Infanterieregiment» Nr. 105 und Jäckel deS Infanterieregiment» Nr. 47. Vertreter der Staatsanwaltschaft: erster Staatsanwalt Popp Ver- theidiger: die Rechtsanwälte vr. Müller au» Metz und vr. Petri von hier. Die Verhandlung, zu welcher 16 Zeugen geladen waren, wurde um l Uhr unterbrochen und um 4 Uhr wieder ausgenommen. Der Angeklagte wurde für schuldig erkannt und auf Grund des 8 3 de» Gesetze» für Elsaß-Lothringen vom 12. Juli 1873 zu einer Festungsstrafe von 3 Jahren veruitheilt. — Die hiesigen sogenannten Feuerwehroffiziere haben aus Anlaß des kürzlich an die Feuerwehr ergangenen Verbots öffentlicher Aufzüge mit Musik ihre Demission gegeben. Hoffentlich giebt dieser Schritt Veranlassung, das Corps der „Sapeur-PompierS", welches lediglich ein Herd des Franzosenthums ist, zu reorgamsiren und eine deutsche Institution an dessen Stelle zu setzen. — Nachdem über die Vergebung des Straßburger Stadttheaters eine Concurrenz ausgeschrieben wurde, ist die Wahl der Theatercommission auf den Theater director Ammann in Basel gefallen, welcher die Direc tion mit nächster Saison übernimmt. München, 3. December. (A. Z.) Nach der heute ver öffentlichten amtlichen Publikation ist die Erhebung deS SiaatSministerS vr. v. Lutz in den erblichen Adelsstand deS Königreichs „als Merkmal allerhöchsten Wohlwollens und in huldvoller Anerkennung seiner Verdienste* erfolgt. — Nach einem heute Vormittag aus St. Petersburg im Staatsministerium des Aeußern elngetroffenen Telegramm ist im Befinden des königl. Gesandten Hrn. v. Rudhart langsame Besserung eingetrelen. Darmstadt, 4. December. Wie das „M. Journ.* erfährt, wurden gestern Nachmittag zahlreiche Haus suchungen bei Socialisten vorgenommen, und ist al» deren Ergebniß tue ftaitgehabte Verhaftung von 4 Personen zu berichten, gegen welche Anklage wegen versuchten Hochverrats erhoben werden soll. * Koburg, 5. December. Se. kafferl. und königl. Hoheit der Kronprinz des deutschen Reiches und von Preußen, welcher gestern zu einem kurzem Besuche am herzogl. Hofe eintraf, ist heute von hier wieder abgereift. — Dem „Reg.-Anz * zufolge hat Se. Hoheit der Herzog dem StaalSmimster Frhrn. v. Seebach vom l. December d. I. ab einen 6 monatigen Urlaub bewilligt und während der Dauer dieser Beurlaubung den geh Slaatsrath Samwer mit der Stellvertretung des Staatsministers, zugleich aber in der Abtheilung für das Herzogtum Gotha den Ministerialrath Mönich mit der selbstständigen Leitung der Sectwn für Justiz und Innere» und den Ministerialrath Frhrn. v. Wangenheim mit der selbstständigen Leitung der Section für Kirchen- und Schulsachen beauftragt. * Wien, 4. December. Im Abgeordneten hause gelangten heute die Anträge der Abgg. Graf Wurmbrand und vr. Herbst zur ersten Lesung Der Antrag Wurmbrand verlangt ein AusführungSgesetz zu Artikel 19 der StaatSgrundgesetze, womit unter Festhaltung der deutschen Sprache als Staatssprache der Gebrauch der landesüblichen Sprachen in Amt, Schule und öffentlichem Leden geregelt wird. Der Antrag Herbst verlangt eine Berichterstattung über die Jnterpellativn-beantwortung betreffs der Sprachen- verordnung. Abg. Griff Wurmbrand ergreift zur Begründung stine» Antrag» da» Wort Er bemerkt, daß rin großer Theil de» liberal denkenden und deutsch-österreichischen Bolte» mit dem Anträge einverstanden ist Da» Berdienst der Rechten sei e», die Minorität dahin gebracht zu haben, daß diese sich zurBer- tbeidiguug ihrer nationalen Interessen geeinigt hat; da« Ver dienst der Minorität sei e« eine» «'"lag einznbringen, der die Größe und Wohlfahrt de« Reich« 'M Auge hat, der wirklich confervativ ist angesich,, her Lons-irattonen, die von der rech- ten Seite genährt worden stad. Er s-he in der Nationalitäten frage keine Racenfragr; daß sie da» nicht ist. beweist da» Namen»verzeiniß de» tschechischen Club» Graf W^imtiand er- klän weiter: Wenn mein Antrag im Aulschusse verstümmelt wird, so daß er da» GegeutheU vou Dem enthält, wa» er in- tendirt, dann mache ich Sie für die Folgen verantwortlich. Wir Deutsche, die wir die Mehrzahl tu der Bevölkerung sind, werden jetzt überall zurückgedrängt und die Rechte, welche wir den anderen Nationalitäten ««geben, werden jetzt gegen un» al« Waffe benutzt, um ua» an dir Wand zu drücken. Ich »in aber überzeug«, daß e» keine österreichische Regierung geben kann, welche den Staat schwächen will, welche dem Staate nehmen will, »a« dr» Staate» «ft, und deshalb verspreche ich mir da» Beste von meinem Anträge. Abg Graf Hohenwart: Ich muß bemerken, daß ich am allerliebsten diesen Antrag in erster Lesung abgelehnt hätte, weil ich mir einen praktischen Erfolg Savo« nicht versprechen kann, namentlich unter den gegenwärtigen vrrhältniffen Diese Frage kann nicht einseitig gelöst werden, sondern nur durch ein aufrichtige» Zusammenwirken aller Parteien Diese« Zusam menwirken ist leider jetzt nicht möglich. Ich hätte vielleicht auch den Bvrwurs, daß wir die Minorität muthlo» mache», zu ertragen gewußt, weil ja rin solcher Bvrwurs von der Be völkerung nicht ratificin wird, sondern diese vielmehr Dem jenigen danken würde, der sagt, daß da» gegenwärtige Parla ment, welche» in finanziellen Fragen rin so fruchtbare« Frid findet, sich mit diesen besaffen solle. Allein di» Wiedrrausnahmr diesrs Antrag» und namentlich dir Motivirung vou heute mußten un« überzeugen, daß die Minorität aus die Besprechung dieser Frage große» Gewicht legt, und au» rein parlamentari scher Courtoiste gehen wir daher auf dieselbe ein. Wir werden sür die Zuweisung diese» Antrag» stimmen, müssrn aber die Opportunität dem Antragsteller überlasten Heut» wrrd»n «jr nicht näher darauf emgehen, uw nicht die Zeit uunütz zu v«r- lieren, und werden, wa» wir zu sagen haben, bei der zweiten Lesung vorbringen. Der Antrag Wurmbrand'- wird hierauf einem AuSfchuffe zugewiefen. Sodann begründet Abg. vr. Herbst feinen Antrag auf Einsetzung eine» Ausschusses zur Prüfung der Sprachenverordnung. Abg. vr. Herbst geht auf die Entstehung dir Verordnung zurück und behauptet, daß die Verhältnisse in Böhmen solch« sind, daß diese Verordnung für diese« Kronland nicht passe. In Böhmen seien 77 deutsch« E «richttbezirk, in wrlchen sich keine einzige tschechische Gemeinde befindet Deutscher kann also ein Land schon nicht sein. Zahlreiche Auudgebungen der deutsch-böhmischen Gemeinden haben sich entschieden gegen dir Sprachenverorbnung ausgesprochen, und dies» Thaljach« läßt sich nicht durch gewiss« Blätter hinwegdccretiren. Redner pole- wisirt gegen tue seinersritige JntrrpellationSbeantwortung d»« Juslizmlnister» vr. Stremayr, insbesondere gegen besten Auf fassung vom Lompetenzgebiete de» Reich-roihe» und der Land tage und bemerkt, daß nach dieser Auffassung sogar der Ber liner Vertrag, da er von vielen Seiten al» nicht rn dir Com- petenz des ReichSrathcS fallend erklärt worden ist, in di« Landtage gehören würde, da ja Minister Slremihr gesagt hab«: Wc» nicht dem Reich»ralhe zugehört, fällt in die Lompetenz der Landtage. Redner weift nach, daß eine Sprach« in einem Bezirke, einem Orte üblich jein könne, ohne daß sie deshalb Landessprache oder uur landesüblich wäre und zieht zur Be weisführung selbst die Sprachenverorbnung an. Wir Deutschen in Böhmen wollen gar nicht bevorzugt werden, aber wir «ol len nicht schlechter behandelt werden, al» der Deutsche in Tirol und Steiermark Redner sragt, warum wurde denn eig«n»lich die Sprachenverordnung ertasten - Ein SeclionSches erklärte im Herrenhause, e n praktische» Bedürsniß sei e» nicht gewesen. Ja wa» war e» dann für ein Bedürsniß, wenn e» kein prak tisches war / Die Verordnung wurde erlassen aus Grund einer EnquSte. Redner besuchtet nun die Ergebnisse dieser Enquöte and wünscht, den Antrag dems« den AuSjchustr, dem der Wurm- brand'jche zugewiesrn wurde, zuzuwttsen. Abg. Liendacher will nur wenige Worte sprechen. Die Rechte habe die Anträge Herbst und Wurmbrand niemal» niedergestimmt, sondern nur vertagt. Wie soll man glauben, daß auf der Linken wegen der Sprachenverorbnung Beun ruhigung herrscht, da dieselbe während der Rede Herbst'» sich fortwährend der stürmischsten Heiterkeit hingab? Die Rechte hätte Ursache genug, gegen die Zuweisung d»S Anträge» an einen Ausschuß zu stimmen; aber sie thut e» nicht, weit sie glaubt, durch erne ruhige, objeclive Bijprcchung den Sprach»- preit ganz au» der Welt schaffen zu können. Er selbst Halle den Antrag für eine Umgehung der Erschonsorduuug. Der Präsident weist diese Bemerkung zurück, weil schon ost Debattrn an Jnterp«llation»branrwortung«u geknüpft wor den sind Abg vr. Herbst verwahrt sich gleichfalls gegen dieAeußr- rung Lienbacher'» Hierauf wird der Antrag Herbst auf Zuweisung der JnterpellatlonSbeantwortung an einen Ausschuß angenommen. ES folgt die Fortsetzung der Spenal- debatte über da- Schanksteuergesetz, und wird dasselbe ohne Aenderung angenommen, nachdem der Abg. Roser erklärt hatte, daß er für sich und seine Freunde dre Urheberschaft an diesem Gesetze verleugne, da man au- seinem ethischen Modell eine fi-calische Carricatur gemacht habe. Da- Hau- wird in der nächsten Frei tagssitzung sich mit der Wucherfrage zu beschäftigen haben. Vielleicht läßt sich da Einiges vom „ethischen > ----- ------ - Durchbruchsversuch, die Schlacht am Mont-Valerien 09. Januar). Unmittelbar darauf, nach I32tägiger Belagerung, mußte die der HungerSnoth nahe Staot capitulirev, 177 000 Gewehre, 602 Feldgeschütze, 1200 Mumtivn-wagen, 3H Mill. Patronen, 7000 Centner Pulver rc. wurden den Siegern auSgeliefert. DaS Heft zeichnet sich durch eine große Anzahl von Karlen, forme durch den Abdruck wichtiger Aktenstücke aus, welche namentlich die leitende Thätigkett des großen Hauptquartiers klarlegen. Geographie. Immer zahlreicher werden die Reisen französischer Offiziere und Privatleute in dem Gebiete zwischen Senegal und Niger; immer deut licher wird da- Bestreben Frankreichs, seine Macht dort weiter auSzudehnen, Befestigungen anzulegen, Vorstudien für Eisenbahnen zu machen rc. Beweis dafür ist die Unterstützung der Reisen Soleillet'S (wel cher in diesem Sommer einen neuen Versuch gemacht hat, Timbuktu zu erreichen, aber schon nach 50 Weg stunden durch kriegerische Verhältnisse zur Umkehr be stimmt wurde), ferner die große Expedition unter Gallieni und die Erbauung eines Forts in Bafulabe, wodurch die französische Grenze um circa 200 km vorgeschoben wurde. Weitere Maßregeln sind jetzt in der Au-führung begriffen: am 5. October hat sich auf Veranlassung de- Marineministcriumr unter dem Be fehl de- ArtillerieschwadronSches» BorguiS-DeSbordeS eine Expedition in Bordeaux nach St. Loui- einge- schifft. welche zugleich militärische und politische Zwecke veiffolgt. Dieselbe besteht au- einer topographischen Abtheilung von 7 Offizieren unter dem Schwadron-- chef im Generalstabe Derrien, einer „Oowpuxoi« »arUiair« ck'ouvriar» 6'artiUvrio" mit 4 Offizieren, und einem Stabe de- obersten Chef- von 2 Offizieren, dazu 2 Compagnien Marineinfanterie und 4 Com pagnien Senegoljchützen, zusammen über 700 Mann. Diese ansehnliche Macht ist bestimmt, eine Anzahl kleiner Forts zwischen Senegal und Niger zu errichten und zu besetzen und die Arbeiten der Astronomen, Geodäten und Topographen zu schützen. Letztere haben einen Strich Landes zwischen Bafulabe am Senegal und den Städten Dina und Bamaku am Niger auf- zunehmen wenn möglich sogar zu trianguliren und die beste Route für eine dort zu erbauende Eisenbahn zu bestimmen. Befestigungen sollen errichtet werden in Bafulabe (am Zusammenflüsse des Bafing und Bak- Hoy), Fangalle (am Zusammenflüsse der beiden Quellen des Bakhoy), Goniakuri, Kita und Bangassi, alle im Gebiete von Stämmen, die sich freiwillig unter Frank reichs Protektorat gestellt haben. * Amerika und die Amerikaner haben von Bodenstedt, der über dieselben einen Vortrag zu Wiesbaden nach persönlichen Erfahrungen hielt, eine nicht gerade viel Neues bringende, doch recht wohl wollende Charakteristik gefunden. Er erwähnte unter Anderm die historischen Eigenthümlichkeiten de« New- Iorker Broadway und geht dann kurz zur Geschichte der Stadt über, bemerkt, wie Henry Hudson die eiste Kunde von der von Rothhäuten bewohnten Insel Man hattan brachte, wie dann die Holländer Neuamsterdam, daS spätere New-Jork gründeten, und wie dann 4 Jahre nachher (1664) die Engländer sich der Stadt bemächtigten. Al- diese Niederlassung von den Eng ländern New-Jork benannt wurde, zählte dieselbe noch keme 1000 Einwohner, während sie jetzt bereit» deren 2 Millionen in sich schließt Bei der beispiellos schnellen Entwicklung de» Landes darf e» den Ameri kanern nicht verargt werden, wenn sie, von sich und ihrem Lanoe sprechend, sich in Superlativen zu ergehen pflegen; nur sollen sie vermeiden, den Begriff de» Schönen mit dem de- Großartigen (nämlich Wettaus- gedehnten, Kostspieligen rc.) zu identtficiren. Wenn die Amerikaner auch New-Jork mit Fug und Recht die großartigste Stadt der Welt nennen können, io berechtigt sie dies doch keineswegs dazu, sie als die schönste zu bezeichnen, denn hierzu fehlt ihr Da-, wa- ihr erst nie echte «deale We je zu geben vermag, fehlen ihr die Denkmale der Kunst. Hierbei berührte Redner einen Punkt, der dem amerikanischen Leben den eigent lichen Ton, die chaiakteristische Farbe giebt. Der Ame rikaner liebt sein Land, aber er besitzt keinen Local- patrioti-muS, sein HeimathSgefühl klebt nicht an der Scholle. Daher giebt er in seinen häuslichen Ein richtungen keinem individuellen Geschmacke Ausdruck, eine gewisse Gleichmäßigkeit tritt überall zu Tage, sie erstreckt sich auf Leben, Thätigkeit und Arbeit, sie macht das ganze amerikanische Volk zu einem rastlos schafsenden, das dem Müssiggänge keinen Raum giebt. So gleicht die amerikanische B völkerung in ihrer Ge- sammtheit einem im Geschwindschritte, «m Siegesmarsch vorrückeiiden Heere, mit Ansvannung aller ihrer Kräfte tritt sie auf den Plan und so darf sie in rastlosem Wettkampfe auch auf dem Gebiete der Kunst erne- großen Schaffens gewiß sein, wenn einst die Zeit er süllt sein wird. Karl Schurz war der erste Deutsche im amerikanischen Senate; jetzt bekleidet er die Stelle eines Ministers deS Innern und sein Wort besitzt einen solchen Einfluß, daß er eS war, der dem jetzt gewählten neuen Präsidenten General Garfield den Wahlsieg sicherte Der Deutsche ist für Amerika eine» feiner wesentlichsten Bildunqselemente; indem er die guten alten Eigenschaften, die ihm das Mutterland ver erbt, in die neue Welt überträgt, erweitert ihm diese den Blick und verleiht ihm eine größere Anschauung. * Der „Vossischen Zeitung* wird au- Kopenhagen vom 9 November geschrieben: Die wissenschaftliche Expedition nach Grönland, welche im vorigen Jayre unter Leitung de» Premierlieutenant- Hammer, und de- Landidateu Steenstrup von hier abgmg, ist nach einer sehr gefahrvollen Ueberreise wieder wohl behalten zurückgekehrt. Di« Expedition hat im vorigen Winter wissenschaftliche Untersuchungen über da- Bor- wärtSschreiten des Festlandeise» bei den Eitfjorden Omenak und Jakobshavn angestelll und sich Kenntniß über die Bildung der Eisberge daselbst zu erwerben versucht. Im Laufe diese» Sommer- sind bisher un bekannte Fjorde vermessen und von dem westlichen Theil der großen Insel Di»ko ist eine Karte ausge nommen worden. Auch traf die zweite Expedition, welche m diesem Frühjahre unter Führung deS Premier lieutenants G. Holm nach Grönland abging, mit dem Dampfschiff „Fox* hier wieder ein. ES waren dieser Expedition zwei Aufgaben gestellt, nämlich theilS mehrere der großen Ruinen zu untersuchen, die sich in dem D stricte Julianehaab vorfinden, theil» Aufklärungen über die Bevölkerung und die Verhältnisse an der Ostküste von Grönland zu sammeln. Diese Unter suchungen sollen zunächst zur Vorbereitung einer be absichtigten größern Expedition nach dem südlichen Theil dieser Küste dienen. Dem vorläufigen Berichte, den G. Holm der Commission für die Untersuchungen in Grönland erstattet hat, entnehme ich Folgende»: Außer den gut erhaltenen Ruinen bei Kakortak, Jgaliko und Kagsiarsuk im Jgalikofjord hat die Expedition bei Segsardlugtok in demselben Fjord und im Rorder- Sermilikfjord, gerade gegenüber von Kagsiarsuk im Tumugdttarsiksjord, eine Reihe von vorzüglich gebauten und erhaltenen Ruinen entdeckt. Auch am innen» Theil des Amitsuarsuksee» und im Kordtortohthale wurde eine große Zahl von Ruinen gefunden, die jedenfalls seit mehr al- 100 Jahren nicht besucht und daher den Grönländern ganz unbekannt wareu. Bon acht Ruinengruppen sind Sltuation»pläne und Zeich- nunaen ausgenommen worden; auf einzelnen Stellen, bei Kagsiarsuk im Jgalikofjord, sind auch Ausgrabungen vorgenommen worden, bei wrlchen Bruchstücke von Schüsseln und Schalen, Ringe, Genksteine zu HochS- netzen, wovon einzelne mit einfachen Ornamenten, Mahlsteine, ein Sarg und Leichenkleider gefunden wurden.
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