Delete Search...
Dresdner Journal : 06.05.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-05-06
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188105067
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18810506
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18810506
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1881
- Monat1881-05
- Tag1881-05-06
- Monat1881-05
- Jahr1881
- Titel
- Dresdner Journal : 06.05.1881
- Autor
- Links
-
Downloads
- Download single page (JPG)
-
Fulltext page (XML)
A103. i» U«t«v«: 74t»rlicd: . . iS zzMrUck: 4 bv kk. H,ll«rlo« Nummern: 10?k L«««iv»ld ckosäeulredvo ksickv» tritt ?o»t- uoU 8temz>elrusctllu^ kioru. l»„vra1eiipr«l»«r ffßr äcn k»om eillvr xo»p»It«uso ketitreila >v ?k. Unter „Lin^o«L<tt" clla 2«il» KO kk. Lrsokeluaur It-Iied mit Lninnkine äer 8ovn- nnä k'visrt^b Xkvoä» kür den kolxenüeu ^»8 Freitag, den 6. Mai. Zres-mrÄiMal. Verantwortliche Redaktion: Oberredactenr Rudolf Günther in Dresden. 1881. loi«er»ten»no»time »usrekrt»: r»ix»i^: /<>. Lra»»N«tetter, Ooiunii»»ioa4r 6«, l>r«,»<iner louro»!»; S»mdnrx SsrUo V!»a 8»»«I - vr»,l«« rrnn^tarl ». N : //aasen^tk,», L ^oAier,' Lerllo Vl«n-S»mdiuF- ?r»^-l^tpi>^ ^r»nktnrt ». Nünedeo: 4k^r«/ N«riui-S.^tc-rnict,knnaNNsnttank, Sr«m«n:L.HckkM«,- vr»,I»u: /. Manorn'« Uür«»»; ^r»nktilrt «. ».: /« ^creAer^netie Nu<vk»nülun^^ SSrUti: t? LkMer, S»nnor«r! <7. ü!<^ü«»ier, k»rt« L»rUn - ». ». : DaitL« L 60., S»a>d-rU: Lteiner. U»r»a«xeder: Nünissl. Lrpsäiüoa 6s« k>rs«clo»r 6onrn»1«, 1)r»»6«v, /vin^erskr»»«, kio. 20. Amtlicher Theil. Dresden, 5. Mai. Se. Hoheit der Prinz Her mann zu Sachsen Weimar ist heute Mittag 11 Uhr 34 Min. von Leipzig hier angekommen und im Lictorm-Hütel abgetreten. Dresden, 29. April. Se. Majestät der König haben dem Echuldirector Carl Gabriel Michael in LberSdach das Berdienstkreuz Allergnädigst zu ver» leihen geruht. Dresden, 30. April. Se. Majestät der König haben dem Kirchschullehrer Tantor Johann Gottfried Müller in Otzdorf das AlbrechtSkreuz Allergnädigst zu verleihen geruht. Se. Majestät der König haben den Inhabern der in Wurzen unter der Firma »Schütz L Juel" be stehenden Teppichfabrik das Prädicat „Königliche Hof lieferanten" Allergnädigst zu verleihen geruht. Bekanntmachung der Königlichen Brandversicherungs-Commission Nachdem der zeitherige hierländische Vertreter der Feuerversicherungs-Gesellschaft zu Branden burg a. d. Havel, Loui» Silbermann in Dresden, diese Function niedergelegt hat und an dessen Stelle von der Direktion dieser Feuerversicherungs-Anstalt der Kaufmann Rudolf Zapp in Dresden zum Bevollmächtigten für das Königreich Sachsen er nannt worden ist, so wird Solches und daß der Letz- lere in dieser Eigenschaft bei der BrandversicherungS- Lommission legitimirt und bestätigt, sowie bei dem Rathe der Stadt Dresden in Pflicht genommen wor den ist, hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Dresden, am 29. April 1881. Königliche Brandverficherungs-Commission. Edelmann. Rudolph. Nichtamtlicher Theil. Uebersichk. relegraphische Nachrichten. Zeitnngsschau. ra-esgeschichte. Zur Orientalischen Krage. Ernennungen, Versetzungen re. im ösfentl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Lereinstage für innere Mission I. Beilage, vsrsennachrichten. Telegraphische Nachrichten. Augsburg, Mittwoch, 4.Mai, Abends. (Corr.- Bur.) Die Königin der Belgier und die Prin zessin Stefanie find heute Abend hier ringetroffen. Morgen früh trifft der König der Belgier mit der Prinzessin Elrmentine hier ein. Bormittag >oird ein Dsjenner eingenommen, worauf dir Wei terreise nach Salzburg erfolgt. Buda-Pest, Mittwoch, 4. Mai, Abends. (W. D B.) Der JustizausschuH der Drputirtrntafel beschloß die unveränderte Aufrechterhaltung der vom Oberhause abgelehnten Novelle zur Civil- proceßordnuug. (Vgl. die „Tagesgeschichte".) Athen, Donnerstag, 5. Mai. (Tel. d. DreSdn. Jomn.) Die Gesandten der Mächte haben der Pforte die Annahme der neuen Grenzlinie durch die Pforte mitgetheilt. Griechenland hat seine Aanahmeerklärung wiederholt und den Wunsch ausgesprochen» daß die AbgrevzungScommisfion bezüglich der Uebergabe der abgetretenen Gebiets- theile entschieden Vorgehen möge. Dresden, 5. Mai. DaS italienische Ministerium Cairoli-Depreti-, welches wegen der tunesischen Frage eine Schlappe in der Deputirtenkammer erlitten hatte und zurückzu treten gedachte, dann aber, weil eine andere CabinetS- bildung nicht gelingen wollte, aufs Neue die Regierung übernahm, trat am 28. April wieder vor die Kammer, um sich von ihr ein Vertrauensvotum geben zu lassen. Die Deputieren Zeppa und Odescalchi sollten ihm zu einem solchen durch Interpellationen über die letzte Ministerknsis verhelfen. Tairoli gab Aufklärungen über die Gründe der Krisis und die Zurückziehung des Demissionsgesuches, forderte die Parteien zur Eintracht auf, um die schwebenden Reformen zu vollenden, und verlangte eine Entscheidung der Kammer. Depretis sprach über den verfassungsmäßigen Vorgang bei der letzten Ministerkrisis. Zeppa beantragte eine Tages ordnung, wonach der Ausgang der letzten Minister krisis den constitutionellen Regeln nicht entspreche. Odescalchi erklärte sich von den ministeriellen Erklä rungen nicht vollständig befriedigt und beantragte eine diesbezügliche Tagesordnung. Der Ministerpräsident Cairoli erklärte, das Ministerium sei im Amte ver blieben, weil es hoffte, eine solide Majorität zu er langen, und weil es glaubte, in diesem Sinne den Wunsch des Landes zu interpretiren, das die Krisis beklagt habe. Der Minister constatirte die bestehende Uebereinstimmung zwischen den Frak tionen der Linken, betonte, daß die Krisis ge mäß den constitutionellen Regeln zur Lösung gelangt ist, und wies die Anschuldigung zurück, daß die Politik des Ministeriums eine schädliche und nach giebige war. Das Ministerium habe sich in seiner Politik von den wahren Interessen der Nation leiten lassen. Cairoli sprach die Hoffnung aus, daß die Kammer die Regierung unterstützen und ihr die Kraft verleihen werde, ihr Programm durchzuführen. Dec Ministerpräsident erklärte schließlich, das Cabinet bil lige die von Mancini beantragte Tagesordnung, wor auf verschiedene Tagesordnungen zurückgezogen wurden. Die Tagesordnung Mancini's lautet: »Die Kammer erkennt die dringende Nothwendigkeit, die begonnenen Reformen zu vollenden, und geht, indem sie von den Erklärungen der Regierung Kenntniß nimmt, zur Tage», ordnung über." Durch diese Tagesordnung, welche am 30. April votirt wurde, hat die Kammer ihr Votum vom 7. April zwar nicht zurückgenommen, aber doch mit 263 gegen 1 Stimme und 146 Stimmenthaltun gen durch ein anderes ersetzt, welches weder eine Billigung, no^ e:.e Mißbilligung der RegierungS- politik ausspricb', dem Ministerium Cairoli jedoch der dringenden inneren Angelegenheiten wegen gestattet, im Amte' zu bleiben. Die dreitägige Debatte war sehr erregt gewesen; die Regierung wurde von der Rechten, wie auch vom Centrum und einzelnen Fractio- nen der Linken wegen ihrer Haltung in der tunesischen Verwickelung heftig angegriffen. Man hörte nichts, als Ankagen wider das Ministerium. So sagte Massari von der Rechten, die von der Regierung nachgesuchte Remedur des Mißtrauensvotums durch das Vertrauens votum sei eine Herabwürdigung des Parlamcnts, die Kammer sei kein Appellationsgericht. Die Zurück nahme des Mißtrauensvotums sei eine Erniedrigung vor dem Auslande. Der Radicale Bovio sprach für die Nothwendigkeit der Wahlreform, weshalb er zur Zeit, obwohl er zu dem jetzigen Cabinet kein Vertrauen hege, wünsche, daß eine Krisis vermieden werde. Bonghl bemerkte, nie habe ein Cabinet eine Kammer so dreist herabgewürdigt, indem man derselben einen schamlosen Widerruf zumuthe. Man werde sich da durch vor Europa zum Kinderspotte erniedrigen. Schon dadurch, daß man die offene DlScussion der auswärtigen Angelegenheiten ängstlich vermied, habe man eine große Muthlosigkeit bewiesen. Bonomo vom linken Centrum sand, das Verlangen des CabinetS, die Kammer solle sich widersprechen, sei eine Zumuthung, die eine ungeheure Würdelosigkeit involvire. Das Mi nisterium entbehre bei seiner Politik jede- großen Ge sichtskreises. Cavallotti beklagte die schwächliche Hal tung des CabinetS gegen Frankreich. Cairoli habe bereit- in dem Berliner Vertrage daS adriatische Meer durch Zustimmung der Abtretung Bosniens und der Herzegowina an Oesterreich ausgeliesert; jetzt über antworte er das Mittelmeer Frankreich und England. Coppino beantragte festes Beharren auf dem Miß trauensvotum vom 7. April. WaS da- Cabinet heute betreibe, sei Parteiwirthschast; heute stehe die Frage der auswärtigen Politik weit höher. Das Cabinet verdiene kein Vertrauen; deshalb sei die Verurtheilung deS CabinetS seiten seiner Freunde unerschütterlich. Trotz Alledem blieb das Ministerium im Vortheile. ES verdankt seinen schließlichen Sieg hauptsächlich der Gruppe Nicotera, welche ihre eigene Abstimmung vom 7. April deSavouirte. Die Blätter der Rechten spotten bitter über dieses Desaveu. Crispi und seine An hänger hatten, bevor die Kammer zur Abstimmung schritt, den BerathungSsaal verlassen. Die italienische Regierung wird allerdings, trotz aller parlamentarischen und außerparlamentarischen Interpellationen und Oppositionen über die französischen Eingriffe in die von Italien beanspruchte Machtsphäre die französische Regierung nicht zu erzürnen wagen.« Sie muß nämlich bedenken, daß Schweigen für sie unter den gegenwärtigen Umständen wahrhaft und wirklich Gold ist. Sie hat bekanntlich die Aushebung des Zwangscourses des Papiergeldes beschlossen und decretlren lassen; daher muß sie Metallgeld belschaffen, und gedenkt deswegen eine Anleihe von nicht weniger als 600 Millionen Lire auszunehmen. Dazu ist ihr der Beistand der Pariser Börse unumgänglich noth wendig. Diese wird aber unbedingt spröde sich zurück halten, falls die italienische Regierung gegen die Po litik der französischen Front machen würde. Vor we nigen Tagen erst hat die „Opinione", daS Organ der Consorteria, in einer Correspondenz, die angeblich von einem alten, in London wohnenden Diplomaten geschrieben war, ihren Landsleuten den Vorwurs ge- m^cht, ihre Gelüste auf TumS vorzeitig enthüllt zu haben, bevor die innere Organisation des Landes ver vollständigt und befestigt sei. Da Italien nicht auf die wirksame Unterstützung Englands rechnen könne, müsse eS sich mit Oesterreich und Deutschland verbün den und sich langsam auf seine Revanche Frankreich gegenüber vorbereilen. Obwohl Sella selbst später mit einer gewissen Affectation von seinen Sympathien für den Nachbarstaat sprach, so schließt dies nicht aus, daß in jener Correspondenz sich die Wünsche und Hoff nungen einer großen Partei widerspiegeln, welche in diesem Punkte mit denen mancher Radikalen überrin- stimmen. Andererseits giebt es jedoch jenseits der Alpen eine nicht geringe Anzahl von Politikern, die von dem Anschlusse an eine etwa wieder erstehende „heilige Allianz" nichts hören wollen, in denen die Racenverwandtschaft lauter spricht, als politische Rück sichten, und die, wenn sie auch Frankreichs Vor gehen in Tunis mißbilligen, doch durchaus nichts von einer Allianz mit Oesterreich und Deutschland etwas wissen wollen. Zu letzterer Kategorie gehört auch der „ alte" Garibaldi, welcher kürzlich ein Schreiben an den Redacteur eines südfranzösijchen republikanischen BlatteS gerichtet hat, worin er für das gegenwärtige Zerwürf- niß zwischen Frankreich und Italien die „clericale ebolera morbus" verantwortlich macht und erklärt, die Republikaner Italiens würden dafür sorgen, daß tue brüderlichen Bande, die beide Länder einigen sollen, nicht zerrissen werden. Das Wiener „Fremdcnblatt" schließt seinen der Reconstituirung des italienischen Ministerium- gewid meten Artikel mit solgenden Sätzen: „DaS Ministerium Cairoli hat nun hoffentlich biS über die Durchführung der Wahlresorm hinaus freie Hand zum innern Aus bau und zu einer gedeihlichen auswärtigen Thätigkeit. Gewiß nur nach reiflicher gewissenhafter Uederleaung ertheilte Cairoli in seiner jüngsten Rede die Versiche rung, daß er bei aller Energie daS herzlichste Einver- ständniß mit den europäischen Mächten aufrecht er halten werde. Dies wurde gewiß nicht ohne Hinblick auf die brennendste TageSfrage, die tunesische Ange legenheit gejagt, und wenn vielleicht daS seitherige Thun und Lassen deS italienischen Consuls im Bardo nicht so ganz im Einklänge mit den Erklärungen deS italienischen Premiers stehen sollte, so glauben wir, daß dies mehr die Schuld des Hrn. Maccio, als die Schuld des Hrn. Cairoli ist. Jetzt, nachdem die Stellung des italienischen Ministeriums eine befestigte ist, wird eS sich sehr bald zeigen müssen, entweder daß Vieles von Dem, was man von französischer Seite Hrn. Maccio nachsagt, übertrieben oder entstellt worden ist, oder daß von Seiten der italienischen Regierung selbst der Thätigkeit eines Agenten ein Ende gemacht oder feste Grenzen gezogen werden müssen, damit nicht aus der tunesischen Affaire ein Herd des internationalen Unfriedens werde, dessen Funken nach Europa herüber- fllegen können. Eine Regierung, an deren Spitze ein so ehrlicher, ehrenfester Mann, wie Cairoli steht, wird, selbst aus die Gefahr hin, in gewissen, nie zu befriedigen den einheimischen Kreisen zu declamatorischen Aus brüchen der Entrüstung neuen Anlaß zu bieten, ver derblichen Mißverständnissen zwischen Italien und Frankreich nacbdrücklich entgegenarbeiten. Eine Regie rung, welche in Paris durch General Cwldini ver treten ist, wird und kann auf die Dauer sich in Tuni» durch einen Hrn. Maccio nicht compromittiren lassen." — Die „Wiener Allgemeine Zeitung" schreibt: „Zwei Möglichkeiten ergeben sich in der tunesischen Frage. Entweder stimmt Italien dem französischen Vorschläge, für Verzicht aller Ansprüche auf TumS sich durch eine Annexion von Tripolis zu entschädigen, zu, und beide Mächte erneuern dann aus dieser Basis ihren früher» Freundschaftsbund, oder eS erinnert sich seines landläufigen Sprichwortes: „Rache ist eine Speise, die man kalt verzehren muß", und — wartet vortheilhaftere Conjuncturen ab, um für Tunis, viel leicht gleichzeitig auch für Corsica und Niz^a, Revanche zu nehmen, das heißt den Versuch zu machen, in Anwendung deS NauonalitätenprincipeS jene chm von Frankreich entrissenen Gebiete zurückzugewinnen. An eine sosortige Actton kann es Nicht denken. In jedem Falle wird es gut lhun, mit seinem nordöstlichen Nach bar zu rechnen." Tagesgeschichte. Dresden, 5. Mai. Se. Majestät der König wird Sich mit Ihrer Majestät der Königin Mitt woch am 11. d. Mts. nach EmS begeben, woselbst S«. Majestät eine Badecur zu gebrauchen gedenkt. Ihre königl. Hoheiten der Prinz und die Frau Prinzessin Wilhelm von Preußen werden morgen, Freitag den 6. d. MtS., Mittag- 12 Uhr 20 Mm. von Berlin zu einem Besuche am hiesigen königl. Hofe hier eintreffen und am Abend 8 Uhr 43 Mim die Reise nach Wien sortsetzen. Meerane, 4. Mai. Seit Montag, den 2. l MtS. tagt hier die auf Veranlassung des königl. Ministe riums des Innern zusammengetretene Commission zur Erörterung der m der bekannten Petition de» hlesigen FabrlkanteuverelnS besprochenen Verhält nisse der Meerane-Glauchauer Kleiderstoff fabrikation. Die Commission besteht aus den vom königl. Ministerium des Innern ernannten Delegirten Feuilleton. Nedigitt von Otto Banck. Unter den Tannen. Novelle von F. v. Stengel. (Fortsetzung »u Nr. 102.) An einem trüben Winternachmittag war Ursula zu den Kindern gekommen, der Knabe lag krank zu Bette und hatte wiederholt nach ihr verlangt, so daß die Wärterin in» AmthauS schicken mußte, sie zu holen. Nun saß sie am Bette des Kinde- und beschwichtigte den Knaben mit Märchen und Geschichten, bi- er end lich einschlief, während sie dem Mädchen, da» auf ihren Knien lauschend saß, noch weiter erzählte, al» der Rec- tor eintrat, um nach dem kranken Kinde zu sehen. Er hatte nicht vrrmuthet, Ursula hier zu finden, und die Sorge um den Kleinen trieb ihn schneller nach Hause. Ein Freudestrahl glitt über sein Gesicht, al» er da» Mädchen sah. „Sie sind da, Ursula, wie gut von Ihnen, nach dem Jungen zu sehen", sagte er, ihr die Hand reichend. Bei seinem Eintritt hatte sie sich erhoben, und nachdem sie einige Worte gewechselt, wollte sie weg- gehen. Der Rector hielt sie zurück. „Können Sie denn nicht länger verweilen, warum eilen Sie denn immer so?" „Ich habe zu Hause zu thun, die Theestund« schlägt bald", entgegnete fie. „Sie haben städtische Gewohnheiten angenommen, Ursula, seit die Stadtdame bei Ihnen wohnt", bemerkte er lächelnd. „Fräulein Adele ändert Manches nach ihrem Ge schmack, und der Herr Amtmann gewährt ihr gern die kleinen Wünsche." „Man sagt, Fräulein Adele's kleine Wünsche seien meist den Anderen sehr unerwünscht." „Herr RectorI" siel Ursula ein, eS hatte etwas in seinen Worten gelegen, da» ihr mißfiel, obwohl sie eS nicht ganz verstand. „Sie sagten mir nie ein Wort davon, Ursula", beschwichtigte er, „ich hörte eS von Anderen, und Sie eilen ja immer so sehr geschäftig nach Hause, früher gönnten Sie un- doch zuweilen einen ganzen Abend." Sie antwortete nicht, aber sie bereitete sich zum Gehen. Der Knabe schlief und da- Mädchen hatte die Geschichten vergessen und brachte seine Puppe zur Ruhe. Ursula reichte dem Rector die Hand zum Abschied, er hielt sie zurück. „Können Sie mir nicht noch ein Wort gönnen?" Sie blieb stehen, der bittende, innige Ton, in dem er sprach, fiel ihr auf, ohne daß sie wußte weshalb, erst als er weiter sprach, verstand sie seine Absicht. O, warum mußte er so sprechen, warum diese Frage an sie richten, die Frage, für die sie kein Ja haben kann! Die Mutter seiner Kinder, seine Gattin! — Sie liebt die Kleinen wie jüngere Geschwister, sie sieht zu dem Rector auf, wie zu einem verehrten Freunde, einem theuern Lehrer, an Anderes hat sie nie gedacht, — seine Gattin konnte sie nicht sein! — Nie, nie! — Ein tiefes Weh erfüllt sie, sie kann da» Wort nicht auSsprech-n, da- ihn schmerzen, kränken muß, aber sie darf ihn nicht im Zweifel lassen, sie muß wahr sein, koste die Wahrheit, was sie wolle. „Ursula, sprechen Sie doch, ist das Opfer zu groß, da- ich verlange?" „Ich kann nicht!" Leise, fast unhörbar fiel daS Wort von ihren Lippen. „Warum, Ursula?" „Ich kann nicht". Wußte sie denn selbst warum? Stand nicht vor ihrer Seele ein schönes, reiches Leben, reich an Liebe und Liebesglück, an Segen und GuteSthun an der Seite eines edlen Mannes? WaS konnte sie mehr wünschen, sie, das namenlose Findelkind. Warum schreckt sie zurück, ist die Aufgabe zu schwer, kann sie sie nicht lösen, kann sie nicht liebende Mutter, treue Gattin sein? Was erpreßt ihr denn das harte Wort: „Ich kann nicht!" Der Rector sprach zu ihr, sie hörte seine innigen Worte: nicht die schwärmerische Liebe gab dieselben ein, sondern die ernste Werbung eines Mannes um d»e Hand deS Mädchens, daS er so hochcchtet, daß er eS für werth hält, die Stellung der unvergessenen Gattin einzunehmen. Ist es die», wa» Ursula ihr „Ich kann nicht", erpreßt? Verlangt sie Liebe, Liebe um ihrer selbst willen, begnügt sie sich nicht mit der Liebe der Ach tung? Macht sie Ansprüche, sie, daS Findelkind? O nein, er bietet ihr mehr, als sie verlangen darf, und sie wünscht, sie könnte ihm Etwas geben — aber sie kann nicht, in ihrem Herzen rust ein hundertstimmige» Nein! „Ursula, ich will Sie nicht drängen, aber ich kann mein Werben noch nicht verloren geben," da» war de» Rector» letzte» Wort, al» sie ging. Sie trat an das Bett deS kranken Knaben, küßte ihm die fieberheiße Stirn, und eine Thräne fiel da rauf; sie stand bei dem Mädchen, dessen Aermchen sich um ihren Hals schlangen: „Tante Ursula, warum weinst Du denn, ich war doch brav, hast Du unS denn nicht lieb?" Gott weiß, ich hab' Euch lieb — und doch — ich kann nicht! dachte sie und ging zur Thür. — Wie sie durch die Straßen des Städtchen» ritte, kühlte die scharfe Nachttust ihre glühende Stirn, hinter der die Gedanken jagten. — Warum mußte er fragen I ES war finstere Nacht, als sie zu Hause ankam; sie trat durch die Hintenhüre ein, der Weg nach ihrer Stube führte an der Küche vorbei. Frau Werber kam ihr entgegen. „Ursula, wo bleibst Du denn so lange, die Thee stunde ist da, und das Fräulein wollte nicht warten, nun ist sie böse, weil ihr Thee nicht nach ihrem Gejchmacke fei, Du weißt, ich verstehe die städtischen Dinge nicht so gut. Warum kamst Du nicht früher?" „DaS kranke Kind!" stammelte Ursula. „DaS kranke Kind! Schöne Ausrede!" unterbrach sie Adele, unter der Thüre der Wohnstube stehend, warum nicht der sich langweilende Herr Rector, dem sie die Zeit vertreiben hilft " Ursula schoß das Blut in» Gesicht. Solche» mußte sie hören — heute! — Emen Augenblick schwieg sie — die Entrüstung raubte ihr die Sprache, dann einen Schritt näher tretend, sagte sie mit tonloser Stimme: „Sie werden da» Wort znrücknehmen, Fräulein, e» ist eine schamlose Lüge!" Um Adelen'» Mund zuckte e» verächtlich.
- Current page (TXT)
- METS file (XML)
- IIIF manifest (JSON)
- Show double pages
- Thumbnail Preview