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Dresdner Journal : 16.05.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-05-16
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188205164
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18820516
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18820516
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1882
- Monat1882-05
- Tag1882-05-16
- Monat1882-05
- Jahr1882
- Titel
- Dresdner Journal : 16.05.1882
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«rr beim Anrufen der auf dem Füllorte beschäftigten Ar« beiter da» Uebergewicht bekommen hat und in den Schacht gestürzt ist. , —8- Zittau, 14. Mai. Am 10. d. hat sich auf der Braunkohlengrube „JohanneSzeche" in Oppel»- dorf bei Zittau der Bergarbeiter Christian Lebegott Waldhütter au» Reichenau, infolge AuSgleitenS de» rechten Fuße», erhebliche Verletzung de» Gelenke» zu- gezogen Zittau, 14. Mai. Gestern Vormittag gegen 4t 10 Uhr wurde au» dem Waarenkeller der am Markt befindlichen Droguenhandlung von E. H. Noack eine heftige Detonation vernommen; 2 Lehrlinge waren bechäftigt gewesen, Larbolsäure abzufüllen und dabei unvorsichtiger Weise mit einem offenen Lichte dem Fasse zu nahe gekommen, infolge dessen dieser Stoff, sowie andere Fässer in Brand gerathen und die bei den Lehrlinge niedergeworfen und betäubt worden find. Durch schnell herbeigekommene Hilfe find dieselben au» dem Keller geschafft worden; jedoch ist ihr Zu stand ein. höchst bedauerlicher, indem sie am ganzen Körper, namentlich auch Gesicht verbrannt sind. We nigsten» bei dem Ein-n sind die Verletzungen lebens gefährlich. Durch sofortiges Verstopfen aller Keller- öffnuvgen ist dem Weiterverbreiten des Feuer» Ein halt gethan worden. Der Braud der Hygieueausstelluug i» Berlin. Ihre Majestät die Kaiserin, die hohe Protectorin der Ausstellung, hat an den Ausschuß der Hygiene- au-stellung folgendes Telegramm gerichtet: .Selbst aus da- Tiefste ergriffen, kann Ich zunächst , Meiner Trauer und Theilnahme Au-druck verleihen durch die Versicherung, wie Ich für Alle die unau-sprechlich schwere Prüfung schmerzlich empfinde, deren niederbeugende Last Ich mit Ihnen theilr. Ich sehe indessen sortlausenden Mitthei- lungen entgegen über die weiteren Vorgänge und ermahne Sie. die ruhige Fassung zu bewahren und der schwierigen Ausgabe gerecht zu werden, welche Ihnen obliegt und deren zweckentsprechende Lösung Ich Ihnen ganz anheim geben muß, indem Ich Rich srene, Se. kaisrrl. Hoheit den Kron prinzen an Ihren Berathungen lheiinehmend zu wissen Kaiserin-Königin." In der am 13. d. (Sonnabend) Abend stattgehab ten AuSfchußsitzunq führte der Kronprinz den Vorsitz. StaatSminister a. D. Hobrecht erstattete dem Kronprinzen Bericht über die Beschlüsse, die der Ausschuß angesichts deL traurigen Ereignisse» bi» dahin zu fassen im Stande gewesen war. Der Inhalt dieser Beschlüsse gipfele darin, daß vor allen Dingen da» begonnene Werk zu Ende geführt werden müsse. Ueber die Details habe man sich der Natur der Sache nach noch nicht schlüssig werden können; der Ausschuß halte sich aber ver pflichtet, sofort wieder anS Werk zu gehen, um an der Haud der gemachten Erfahrungen das zu Grunde Ge gangene zu reconstruiren und Besseres als das Ver lorene zu schaffen. Die nähere Beschlußfassung wolle der Ausschuß dem am 16. d. (Dienstag) zusammenzu- rusenden Centralcomitv überlassen. Der Kronprinz be tonte, daß er zur Zeit der Angelegenheit ganz unbe fangen gegenüberstehe und bis jetzt mit keiner Behörde Rücksprache genommen habe, äußerte sich aber durchaus zustimmend gegenüber den Beschlüssen deL Ausschusses und hob nur hervor, daß eS unter allen Umständen wünschenSwerth sei, einer Wiederholung eines derartigen Unglückes durch Beschaffung eines massiven AuS- steUungSgebäudeS vorzubeugen. Zu diesem Zwecke sei der Leiter Bahnhof, der vielleicht als Bahnhof eingehen solle, ein geeigneter Raum, und er Halle eS für naheliegend, den Minister anzugehen, denselben zur Verfügung zu stellen. Der Kronprinz wiederholte die Aufforderung an die Versammelten, den Muth nicht finden zu lassen, und fügte hinzu, er werde der Seche seine vollkommene Theilnahme und Hilfe auch ferner hin bewahren. Jedenfalls machen sich in maßgebenden Kreisen, namentlich auch feiten der Feuerwehr erheb liche Bedenken gegen die fernere Verwendung von Holzbauten zu AuSstellungSzwtcken geltend. Der Schaden, den das Feuer angerichtet hat, ist ein ungeheurer. Dem „Dtsch. Tgbl." zufolge waren 2 360000 M. Werthe versichert, gegen Millionen aber leider unversichert. Von Dem, was sich im großen Hauptgebäude befand, hat nichts gerettet werden können. Es sind zum Theil Arbeiten verloren gegangen, die nicht wieder hergestellt werden können, z. B. graphische Zeichnungen, die Unica waren. Im Ausstellungs- aebäude befindet sich kein Gas, keine Küche; wie daS Feuer eigentlich entstand, ist bis zu dieser Stunde nicht festzustellen gewesen. Wie die „Nat.-Ztg." mittheilt, sind u. A. verbrannt: Die Ausstellung des preußischen Kriegsministeriums, 8 Wagen rc., die Collectivausstel- lung des Handelsministeriums (Modelle und Pläne sanitärer Einrichtungen). Größtentheils verbrannt ist die Ausstellung des Justizministeriums (Gefängnißein- richtungen rc.), des CultuS- und des Arbeitsministeriums. Vernichtet ist das Willberg'sche Panorama, die kostbare Bibliothek, die auserlesene, kaum je wieder zu ersetzende Sammlung der preußischen Regierung, das „Normal- wohnhauS", die Pläne zu dem „Normaltheater"; sie alle sind mit dem Gebäude zu Grunde gegangen. Verbrannt ist die Ausstellung des württembergischen Ministeriums, die der Stadt Wien (höchst werthvolle Modelle und Pläne), größtentheils die von Buda-Pest. Ferner sind verbrannt die Pläne von Schlachthäusern von Breslau, München, Hannover rc., die ganze Gruppe 10 (Wohneinrichtungen), Gruppe 9 (Schuleinrichtungen), 19 (Toilettengegenstände, Hauptpflege, ferner die Lösch vorrichtungen mit Ausnahme der Berliner, die Aus stellung für Rettung aus Waffersgefahr, veranstaltet von der deutschen Seewarte und der deutschen Ge sellschaft für Handel und Schifffahrt in Hamburg. Ver brannt sind ferner sämmtttche Eonserven, Nahrungs mittel, Weine u. s. w. und die ganze Collectivausstel- lung der Bergwerksverwaltungen. Verschont blieben u. A. in den Bögen der Stadtbahn — 5 Bögen sind fast vollständig ausgebrannt — die Eollectivausstellung des österreichischen KriegSministeriumS, 2 Kranken wagen des preußischen KriegSministeriumS, 2 Kranken eisenbahnwagen, während die auf den Gleisen der Lehrter Bahn stehenden Krankeneisenbahnwagen ver brannt sind Verschont ist ferner noch die Ausstellung der deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger. Bon einem Berichterstatter, der zufällig am Freitag auf dem AuSsteÜmigSplatz der Hygiene zur Besichtigung derselben anwesend war und dem Verlauf de» schreck lichen Brandunglück» in nächster Nähe beiwohnte, geh?» dem „Dtsch. Tgbl." über dasselbe noch folgende Einzelnheiten zu. Bor allen Dingen muß der braven, unerschrockenen Feuerwehr, deren einzelne Mitglieder ost mit an Tollkühnheit grenzender Todesverachtung dem entsetzlichen Element zu Leibe gingen, da» vollste, uneingeschränkteste Lob zu Theil werden. Der Bericht erstatter hat Feuerwehrleute gesehen, die, ohne da» Eommando ihre» Offizier» abzuwarten, die Leitern an lichterloh brennende, schon schwankende Holzbauten an legten, um mit Lebensgefahr zu weit herausragende brennende Sparren herabzureißen, um zu verhindern, daß sie im Follen nicht das immer wieder zur Brand stätte sich drängende Publicum verletzten. Aber auch der Schutzmannschaft und ihren Offizieren muß lobend nachgesagt werden, daß sie in maßvollster Weise dem ost unerhört unvorsichtig und äußerst zudringlich han delnden Publicum gegenüber traten. Grausig interessant war eS zu sehen, wie der Pavillon, in welchem daS „Eafe Bauer" etablirt war, von der Feuerwehr auf- gegeben werden mußte und der beständig umspringende sturmartige Wind die Flammen erst thurmhoch peitschte und dann, gleich einem springenden Fegefeuer zu dem schräg gegenüber liegenden wunderbarschönen Haupt gebäude hoch über die dazwischen liegenden Holzbauten hinwegtrug. Die Wiener Rinqtheaterkataflrophe vor Gericht. Der 13. Mai (der 19. VerhaudlungStag) wurde eröffnet mit dem Plaidoyer des BertheidigerS der beiden angeklagten Feuerwehrmänner Wilhelm und Herr, de» 0r. Fialla, welcher mit Schärse und Ge- setzeSkenntniß Alles vorbrachte, was seine Elienten ent lasten konnte. Die aufrecht erhaltene Beschuldigung bestehe lediglich darin, daß der Commandant und der Exercirmeister der Feuerwehr es unterlassen haben, sich sosort nach dem Eintreffen auf dem Brandplatze davon Gewißheit zu verschaffen, ob noch Menschen der Rettung aus dem brennenden Hause bedürfen, und weiter darin, daß die von ihnen eingeleitete Action keineswegs auf die Rettung von Menschenleben ange legt war. Höchst geistreich und mit mancher schlagen den Wendung führte l)r. Fialla die Idee durch, daß man sich wohl hüten möge, das Verschulden von In stitutionen mit dem Verschulden von Personen zu ver wechseln, die Individuen für Das verantwortlich zu machen, was im System liegt. Auch die Ausführung, daß eS strafrechtlich ein großer Unterschied sei, einen Menschen in Gefahr zu bringen, oder ihn aus einer Gefahr, in der er sich befindet, nicht zu retten, wußie vr. Fialla interessant zu gestalten. Der weitere Verlauf der Sitzung war dem Klein gewehrfeuer der Repliken und Dupliken gewidmet. Wie der stand der Staatsanwalt Or. v. Pelser auf der Höhe seiner Aufgabe. Er begann: Gestatten Sie mir, m wenigen Worten zunächst den Ausführungen des BertheidigerS deS nunmehrigen Hauptangeklagten Franz Jauner zu begegnen. Es wurde von Seite des Ver- theidigers des Franz Jauner vor Allem Klage darüber erhoben, daß die öffentliche Meinung, und ich glaube, sie steht noch heute auf Seite der Anklage, vorschnell ihr Urthett gefällt hat, unter Vorurtheilen zu Werke gegangen ist, daß sie ihren Clienten verurtheilt hat, bevor ihm daS Recht gegeben war, gehört zu werden. ES ist dies vielleicht bedauerlich, allein es ist gewiß erklärlich. Wenn in den ersten Augenblicken schon, wo die Kunde jener schrecklichen Katastrophe sich verbreitete auch ebenso allgemein bekannt war, daß zur Zeit des Ausbruches deS Brandes in jenem Unglückshause gar nichts, aber auch gar nicht- geschehen war, um die Katastrophe hintanzuhalten, oder ihre Wirkungen zu hindern, daß selbst die damals üblichen Schutzmittel versagt haben, daß Derjenige, welcher zunächst ver antwortlich ist, sich nicht an Ort und Stelle besand, und als er angekommen war, sich um das Publikum nicht kümmerte, gleich seinen Leuten, dann ist eS wohl erklärlich, daß im ersten Aufwallen sich die ganze Er bitterung gegen Jenen richtete, welchem uncontrottrbar Hunderte von Menschen ihr Leben anvertrauten. Ob und inwieweit ein strafrechtliches Verschulden nachweisbar ist, steht bei Ihnen, aber einer Bemerkung möchte ich vor Allem entgegentreten, jener Bemerkung des BertheidigerS, daß der Z 335 des Strafgesetzbuchs nur den Durchschnitts menschen, nur eine gewöhnliche Voraussicht un Auge habe. Ich glaube nicht, daß Franz Jauner, von wel chem wir — und ich erkenne es gern an — so viel Rühmliches vernommen haben, damit einverstanden ist, einfach für einen Durchschnitts-, für einen alltäglichen Menschen gehalten zu werden, welchem nicht mehr Vor aussicht zugemuthet werden könne, als irgend einem ganz gewöhnlichen Menschen. Jener Durchschnittsmensch «st nicht nur eine mythische Figur, als welche der tech nische Letter eines Theaters bezeichnet wurde, sondern auch eine ungesetzliche Figur. Es handelt sich keines wegs darum, wie dec Vertheidiger in s-iner Auslegung deS 8 335 meint, ob dar Maß gewöhnlicher alltäg licher Vorsicht beobachtet worden ist, sondern darum, ob daS Maß jener Vorsicht eingehalten wurde, welches mit Rücksicht auf die Individualität des Franz Jauner mit Rücksicht auf die Verhältnisse und Umstände, welche obwalteten, geboten war. Was der Staatsanwalt zu mal gegen den Polizeiraih Landsteiner vorbrachte, war bitterster SarkaSmus; es war das sozusagen eine Par- donnirung mtt Kolbenstößen. Er findet es sonderbar, daß Polizei und Feuerwehr, wie aus dem Plaidoyer der Vertheidiger hervorgehe, sich die Verpflichtung zur Menschenrettung gegenseitig zuschieben. AuS diesem Dilemma komme man nur dann heraus, wenn man sagt, im Momente der Gefahr ist Jedermann, Feuer wehr und Polizei, verpflichtet, Menschen zu retten. Eine solche Beipflichtung hat ja selbst Landsteiner nicht von sich gewiesen, und er erkennt eS ja selbst an, daß ihm die Einleitung einer RettungSaction zugekommen wäre. Bei einer solchen Calamität hat weder die Feuerwehrordnung von 1817, noch die Polizeiverord- nung vom Jahre 1815 zu gelten, da muß daS eigene Erkennen, daS eigene Empfinden und das eigene Ver- ständniß Jedermann das Richtige, woS er vorzukehren hat, eingeben. Ich würde Landsteiner einen schlechten Dienst erweisen, wenn ich sagen würde: „Du hast wohl Deine Menschenpflicht nicht erfüllt, Du hättest wohl mehr thun können, allein nachdem Du die Feuerwehr ordnung und die Vorschriften alle erfüllt hast, kann man Dich nicht mehr zur Verantwortung ziehen I" Ich glaube, weder daS Feuerlöschpatent, noch die Polizei ordnung können Landsteiner vor den Borwürfen seines eigenen Gewissens bewahren, daß er, gar nicht» vor« gekehrt hat im Momente der Gefahr und derselben irgendwie begegnet hat. l)r. v. Pelser schloß seinen Bottrag damit, daß er e» dem Gerichtshöfe anheim stelle, zu erwägen, welche Auffassung derselbe über die Rettungsmöglichkeit gewinnen werde; er komme zur Ueberzeugung, daß e- dem Angeklagten nicht möglich war, combinirt mit der Feuerwehr die Rettung durch- zuführen, dann möge ein freisprecheudeS Urtheil gefällt werden „zur Beruhigung de- eigenen Gewissens des Angeklagten Landsteiner". Nach dem StaatSanwalte ergriff da- Wort Jau- ner'S Vertheidiger, l)r. Edmund Singer. In scharfsinniger, gründlicher Weise durchsprach er aber mals die vom StaatSanwalte in der Replik vorgebrach- ten Einwendungen gegen die Vettheidigung und schloß sodann mit einem warmen Appell an die Richter, welcher den tiefsten Eindruck hervorbrachte. Nach l)r. Singer sprach Or. Markbreiter für Landsteiner. Er wollte auch die moralischen Flecken, welche der Staatsanwalt an seinem Clienten haftend fand, nicht dulden und war bestrebt, auch m dieser Richtung olles Entlastende für Landsteiner vorzubringen. Der Vertheidiger citirte ein interessantes Acten stück, von welchem in diesem Processe bisher nur wenig die Rede war, den Bericht nämlich, welchen der gewesene Polizeipräsident über die Thätigkeit der Polizei am Unqlückstage höhern Orts vorlegte. In demselben heißt eS, daß mehrere Concipisten mit „aneikennenS- werthem Humanitätsgefühle" am Rettungswerke sich betheiligten, und daraus deducirte der Vertheidiger, daß von einer Verpflichtung der Polizei, sich an der Rettung von Menschen zu betheiligen, nicht die Rede sein könne. Die Argumente, welche l)r. Markbreiter für seinen Clienten vorführte, waren geistvoll und zündend. Auf die Anfrage des Präsidenten an die Ange klagten, ob dieselben eine Bemerkung zu machen haben, ergriff nur Jauner das Wort und sagte: Die Stunde rückt heran, wo Sie, hoher Gerichtshof, über mein Schicksal zu enttcheiden haben werden ES ist für mich einer der furchtbarsten Augenblicke meines Leben-, Seit 5 Monaten schwebe ich in dieser bangen Pein, bi» zu diesem Augenblicke habe ich tapfer auSgehalten. Was hat mich er- mulhigt, überhaupt vor diesem Gerichtshöfe zu erscheinen? Nur das Bewußtsein meiner vollständigen Unschuld. Nach meiner Ueberzeugung giebt es überhaupt keinen Menschen aus der Welt, der vor Eie, hoher Gerichtshof, mit dem Schuldbewußt- fein im Herzen hätte hintreten können. Es müßie der furcht barste, der verstockteste Sünder sein, wenn er mit dem Brand mal der Schuld aus der Stirne vor Sie hinträte; alS solchen Menschen kennt mich die ganze Welt nicht und auch nicht der hohe Gerichtshof ES bleibt mir nur noch übrig, meine voll ständigste Schuldlosigkeit zu betheuern. Sie haben, hoher Ge richtshof, nicht über einen Schuldigen, Sie haben über ein Opfer der Katastrophe, über ein jchwergetroffeneS Opfer zu entscheiden. Getrost lege ich mein Schicksal in Ihre Hand und hoffe aus meine Freisprechung. Vor tiefer Ergriffenheit kaum der Rede mächtig, sagt das „Frdbl.", brachte der Angeklagte in kurzen Sätzen alle- DaS vor, was sein Innerstes seit Mo naten bewegt. Jauner hat eine Rede gehalten, die zwar nicht seinem rhetorischen Talente, wohl aber seinem von Ehrgefühl durchglühten Herzen alle Ehre macht. Er hielt keine Standrede, gebrauchte keine Pose, sondern sprach so einfach, schlicht und wahr, daß die paar Sätze, welche von seinen bebenden Lippen spru delten, alle Anwesenden tief ergriffen. Die übrigen Angeklagten gaben durch eine stumme Verbeugung zu erkennen, daß sie auf eine Ansprache an den Gerichts hof verzichteten. Am Dienstag, dem 16. d., wird das Schlußwort zu der Ringtyeatcrtragödie gesprochen werden. Der Gerichtshof hat zuletzt seinen ursprünglichen Plan, daS Unheil schon am Montag zu verkünden, geändert, da gleichzeitig mit der Publikation der Sentenz die Gründe derselben vorgelesen werden sollen. Am Sonn tag gedachte der Gerichtshof das Urtheil zu bcrathen, am Montag die Begründung auszuarbeiten, welche noch dem Publicum zur Verlesung gebracht werden wird. Der Gerlckishof wird am Dienstag Nachmittag um 4 Uhr das Urtheil über die Schuldsrage verkün den. Das Endurtheil wird am Dienstag spät Abends erfolgen, da die StrasplardoyerS, sowie die eventuellen Reden der Vertreter der Privotbetdeiligteu wohl einige Stunden in Anspruch nehmen dürften. DcrllUjchtLS. * Nach dem osficiellen Bericht der „Essener Ztg." über daS Grubenunglück in der Zeche „Pluto" sind im Ganzen 62 Personen umS Leben gekommen, von denen 23 direct durch die Explosion getödiel wurden. 10 zum größten Theil leicht Gerlrtzte befinden sich im Krankenhaus. Die meisten der Todten scheinen an Erstickung gestorben zu sein. Ruhig und friedlich, als ob sie schliefen, liegen sie da. Dagegen haben Andere die Hände rm TodeSkampfe krampfhaft geballt und über der Brust verschränkt. Wie groß die Gewalt der Explosion gewesen ist, davon kann man sich eine Vorstellung machen, wenn man bedenkr, daß der Dampf bis zum Jörderschacht hinausschlug, so daß der Maschinenführer sogleich bemerkt, daß ein Unglück stattgefunden haben müsse. Sofort fuhr der Steiger Schutte mit 6 Maun ein. Bei dem Versuche, daS Leben seiner Genossen zu reiten, wagte sich Schutte zu weit vor. Er war den Blicken seiner Begleiter plötzlich entschwunden und wurde erst al- Leiche wieder zu Tage gefördert. Auch ihn hatte daS Einathmen der schwachen Schwaden getödtet, während seine Begleiter zum Theil die Besinnung vorloren hatten. Unten im Schacht auf der dritten Sohle sah eS schrecklich aus: dicke Bahn- fchienen sind durch die Gewalt der Explosion krumm gebogen, schwere Eisenplatten meterwttt fvttgeschleudert; die Zimmerung ist stellenweise gänzlich zerstört, mit Mühe ein Durchgang zu gewinnen. Für jeden Todes fall hat die Zech« 300 M. an die Knappschaftskosst zu zahlen. W«e da» Unglück entstanden ist, läßt sich, wie man der „Köln. Blkrztg." schreibt, nicht sagen; e» fehlt jeder Anhalt dazu. Mau vermulhet, daß einer der vielen im Schacht beschäftigten polnischen Arbeiter die SicherheitSlampe geöffnet und so die Ex plosion herbeigefühtt hat. Ein Beweis hierfür läßt sich nicht führen; die etwaigen Zeugen sind verstummt. Sicher ist nur, daß die Beamten keine Schuld trifft, denn die Wetterführung war vortrefflich im Stande. * Jo Bezug aus die drei in Berlin verhafteten Engländer hört die „Post", daß der eine derselben NomeS DaviS -Ui« Jamc» Wilom, William», PeeSck, Jackion, Ione», George Marschall, bereits am Mitt woch aus der Hast entlassen wurde, da gegen denselben Nichts vorliegt, was seine Auslieferung nach England rechtfertigen könnte, und auch hier demfelben nichts, als der Widerstand bei seiner Verhaftung zur Last gelegt werden kann. Berner Lim» Ferguson, Grey, John son, Thompson, Brown und Smith, wie Reynolds nli»» Fedor Barnoff, Belass u. s. w. werden jedoch in Haft behalten und aller Wahrscheinlichkeit an England auSgelirfert werden. * Wie unser Pariser Correspondent berichtet, brach in der Nacht vom 13. zum 14. d. auf einem großen Platz in der zum Park deS Buttes-Chaumont führen den Rue-Secreton unter den zahlreichen dort aufge stellten Jahrmarktsbuden ein Feuer au-, welche- sich mit Blitzesschnelle über diese armseligen, mit lauter brennbaren Stoffen angefüllten Breterhütten verbreitete. Erst zu spät erfuhr man, daß in einer dieser Hütten fünf Kinder schliefen, deren Aeltern auSgegangen waren. Die sofort unter Lebensgefahr angestellten Rettungs versuche hatten daS Resultat, drei der Kinder dem Flammentode zu entreißen, die beiden übrigen konnten erst, nachdem die Feuerwehr herbeigekommen und den Brand gelöscht, als verkohlte, unkenntliche Leichen aus den Trümmern hervorgezogen werden. Mit herzzer reißendem Schreien stürzte sich der bei den Rettungs versuchen verwundete Vater auf die verkohlten Reste seiner Kinder. Statistik und Volkswirthschaft. * Dresden, 15. Mal. Aus drrGeneralversammlung deutscher Papiersabrikanten, welche auf deu 16. Juni nach Dresden einberufen ist, kommen mehrere Fragen zur Sprache, welche auch für da-schreibende und druckende Publicum von Interesse sind. Zunächst dürste das schon feit Jahren wie derholte Verlangen nach Decimaleintheilung der Papiereinheiten (Buch, Rieß, Ballen) zur Annahme und Durchführung gelangen. Wie es heißt, wäre nur darüber noch eine Differenz vorhanden, ob das Rieß zu S00 oder zu 1000 Bogen angenommen werden soll. Eine andere Frage von Belang, welche zur Berathung gelan gen soll, ist die wegen der Papierformale Im Widerspruche mit dem in anderen Ländern z. B. in Frankreich und England herrschenden Brauche, sür gewisse Bücher, Zeitschristen u. s w. ganz bestimmte Formate anzuwenden, verfährt man hierin feiten der deutschen Schriftsteller, Verleger und Drucker sehr nach Belieben. Abgesehen von anderen Unbequemlichkeiten, welche daraus entstehen, ist dieser Brauch, insbesondere sür die Papier industrie, hinderlich, da man Papiere zu diesem Zwecke nicht aus Vorrath arbeiten kann. Es sollen nun Berathungen darüber stattfinden ob man sich nicht über die Festellung einzelner, all gemein einzusührendrr Formate sür gewisse Zwecke verständigen kann Deshalb sind die in größeren Orten bestehenden Ver leger- und Druckercibesitzerverein« aufgesordcrt worden, Dele- girte zu Besprechungen nach Dresden zu senden. Der Steinkohlenbauverein Kaisergrube zu Gersdorf erzielte im 188 l er Geschäftsjahre eine um lb,L7 P höhere Kohlensörderung Zum Versandt kamen 10-53 La dungen gegen vorjährig -L85 Ladungen Der Landdebik be trug 78 622 bl gegen vorjährig 75 254 bl Kohlen. Die Lob- lensörderung erreichte die Höhe von 1 637 641 bl gegen 8S7 818 bl im Jahre 1886. Verkauft wurden 783 854 bl mit einem Erlöse von 43» 661 M., was gegen das Vorjahr ein Mehr von 107 825 bl und 84 618 M. ergiebt. Die durchjchnitt- liwe Belegschaft betrug 350 Mann. Die Knappschaft-kaffe hatte einen Bestand von 36SS1 M. Der Grsammteinnahme von 507 328 M steht eme Ausgabe von 476 538 M. gegenüber Der Ueberschuß von 3« -76 M. dient mit 35 06» Ä. zu Ab schreibungen und 1960 M. gelangen zum Bortrag aus neue Rechnung. Hs DreSde«, 15. Mai. In den weiten Räumen der vor maligen Gardereitercaserne in Neustadt werden bereit- wieder in umfassendster Weise die Vorkehrungen zu der am 3., 4., 5. Juni d. I. stattfindenden Vll. Dresdner Pferdeausstel lung getroffen, denn die diesmaligen Anmeldungen sind so zahlreich eingegangen, daß das Comitö trotz eine- umfänglichen Anbaues von Stallungen am Musterungsplatz nur 626 An meldungen entgeaennehmen konnte und 126 zurückweisen mußte. Der trefflichen Lage in unmittelbarer Nähe großer Bahnhöfe, welche nach allen Richtungen die Herbeischaffung des Pferde material« u. f. w überaus erleichtert, den gesunden und lus tigen Räumen, in denen bei hinreichender Wassermenge auch unter ungünstiger Witterung die Besichtigung der Thiere leicht geschehen kann, ist es neben der bewährten Sachkenntniß der Mitglieder des Lomitö« zuzuschreibcn, daß die Dresdner Pserdr- auestellung nunmehr eine gewiffe internationale Bedeutung sich geschaffen hat Die Beschickung de- Marktes aus allen Theilen unter - engen Vaterlandes ist gegen früher abermals eine größere, und daß auch das Ausland, in erster Reihe Oesterreich, kostbare« Material stellt, ist wohl aus die Solidität und das Bestreben des ComitöS, einem jeden Aussteller in seinen Er wartungen gerecht zu werden, zurückzuführen. Drr Berkaus der Lowe ist bereit« ein sehr flotter; eS wird nach den bis herigen Anmeldungen dem Comitö für dieses Mal nicht leicht werden, aus der Fülle des Gebotenen da- Trefflichste au-zu- wählen. 88 Dresden, ib. Mai Aus dem heutigen Schl acht- vi eh markte waren 326 Rinder, 626 Land- und 266 Ungar- schwsine oder in Summa 826 Schweine, 8-S Hammel und 266 Kälber zum Berkaus gestellt. Der Geschäftegang gestaltete sich zunächst in Rindern so flott, wie seit langen Monaten nicht, weil sehr viel fremde Käufer, darunter Exporteure au- Kur- heffcn, Thüringen, Leipzig, Reichenbach i B, Annaberg rc gekommen waren und der Austrieb der Rinder dieser Nachfrage gegenüber doch als zu belanglos bezeichnet werden mußte. PriMaqualität zog deSha'b sofort um ca 5 Procent an und wurde pro Centner Schlachtgewicht mit «0 bis 63 M. rasch genommen, während Mittelwaare sich aus 51 bis 54 und geringe Sorte aus 26 M stellte Nur von lctztbezcichnetcr Sorte blieb ein ganz schwachcr Posten unv.rkauft stehen. Englische Lämmer, die sehr knapp am Platze sich sanden galten pro Paar >u eo kg Fleisch 6» M, Landhammcl in demselben Gewichte «8 dis 66 M- und das Paar AuSschußschöpse 36 M. Von geringwerthigeren Hammeln blieben etwas Ueberstände. In Schweinen war ein flauer Geschäftsgang zu verzeichnen, da der Auftrieb dem vorhandenen Bedars gegenüber als ein viej zu starker bezeichnet werden mußte. Der Centner Schlachtgewicht von Landjchweinen englischer Kreuzung wurde mit 57 bis 66 M und von schlesiern mit 54 M bezahlt, indrß man für den Centner lebendes Gewicht von serbischen Bakoniern bei 35 bis 40 Psd. Tara 62 und 63 M., von ungarischen bei 46 Psd Tara 64, von 48 Stück Mecklenburgern bei 35 bis 46 Psd Tara 55 bis 66 und von 85 Stück OSwieinrru bei 46 Psd Tara 57 M. bewilligte Tas Kilo Koll fletsch pellte sich je nach ^üte der Stücke aus 65 bis 106 Psge. — Schließlich sei daraus hingewiesen, daß drr dirs- wöchige Kleinviehmarkt wegen de-Himmelsahrt-seste« erst Frei tag, den 1V. Mai abgehaltcn werden kann Noch lei erwähnt, daß aus dem heutigen Schlachlviehmarkte 2 junge Riesenochsr» bayrischer Race tm Gesammlgewichtc von 2200 k«, die auf der Berliner Mafiviehausftellung von dem Dresdner Aleischer- meistet Schneider angekauft und hierher gebracht worden waren, da- allgemeine Interesse erregten Prag, 15 Mai. siel d Dresdn Journ.) Die Bilanz der Bufchtehrabrr Eisen bah» weist bei der A Linie einen Rein gewinn von -86 574 Fl. auf, gegen da- Vorjahr 182 ttts Fl. «ehr Di« 8 Lime t-rachte 348,77» Fl. Reingewinn, gegen da« Vorjahr »2,»»o Fi «ehr. Die schwebende Schuld wurde getilgt Die Sanirung ist beendet. Bei dem Unternehmen ent spricht der Reinertrag »,7b flh de- Actieneapital«.
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