Dresdner Journal : 21.12.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-12-21
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188212213
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18821221
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18821221
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1882
- Monat1882-12
- Tag1882-12-21
- Monat1882-12
- Jahr1882
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- Titel
- Dresdner Journal : 21.12.1882
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WSW. Donnerstag, den 21. December. 1882. Iw L«i°L«: /Lbrli«l>r.... 18 Ll»rlr. Mbrllcil: 4 ilbrlc LV ?s. ^uwwsrn: lv?5 Ln»»»rll»1d 6»« äsvticbsn ksicdss tritt kost- uoä Stompelruickli^ lüoru. lo8or»1e»pr«>8vr kür 6sn Nimm einer ^esp»ltoaev ketitreil« 20 kk. Vvter „Kii>^esLn6t" äi« 2vilo SO kf. Lei 1'»d«Ueo- uoä ASsnisstr SO ^us»elil»^. ül-sobetven r Dtblielr mit Xusvokws äsr 8onn- unä keiorta^o ^dencl» Nir den tol^snäsn DresdnerÄomnal. loserLtvulcouadme aus^Iirt«: I^tx^8- H LranMetter, OommissionLr 6e, Oresäoor 1ourv»I»; R»wdurss-L«rU»-Vien -l^lpri^ L»„I-Lr«»I»u-rr»i>Ickurt ». » : Daa»e»«te»n ko§ier, LerUn-Vimi llsmkurx- r-»x I-sjpri^ kr»llickuct ». U. HüllcdSL: /?«<,. ^i/oE/ LorUa: /iva/icierickanL,' Lremen: 8e/i?otte,' vr»,I»«: /. üta»iAen's Lurra« (Lm-t /cadat/l),' kr»nllk«rt » H : D. FacAe^sod« lluelidLvälun^; vürliii: ü. ^/ü//er; 8»onov»r: 6. §c/>ü««'er, LsrU» rrLnkkort » ill StoUxsrt: Daube cd <7o.,- Liuodorx: ^16. Lterner. Verantwortliche Redaktion: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. lleransxedvrr Lüoiel. Lrpeäitioa 6s» vrssänsr 6ovro»I», Drss6eu, üvinFerstrosso I^o. 20. Amtlicher Lheil. Ansage. Seine Majestät der König und Ayre Majestät die Königin werden in den Paradesälen deS Königlichen Schlosset am Neujahr-tage, Montag, deu 1. Januar 1883, eine Gluckwünschungs - Cour von den Herren Staatsministern: Nachmittags 1 Uhr, von den Herren deS Oorps äiplowatiqus und den am Königlichen Hose vorgestellten fremden Cavalieren: Nachmittag- 1k Uhr, von den am Königlichen Hofe vorgestellten einheimischen Herren vom Civil, sowie von den Herren Militär- z. D. und a. D>: Nachmittags 1k Uhr und von der Generalität und den Offiziers-TorpS: Nachmittags 2 Uhr anzunehmen geruhen. Ayre Majestät di- Königi« werden die Frauen Oberhosmeisterinnen, die Zutrittsdamen und die Hofdamen in Allerhöchst- ihren Zimmern Abends 7k Uhr, die Damen deS 6orps äipivmutique Abend» 7U Uhr empfangen. Neide Königliche Majestäten sowie die anwesenden Prinzen und Prinzessinnen deS Königlichen HauseS, Königliche Hoheiten, werden die genehmigten Vorstellungen der angemeldeten Damen und Herren in der prälentations - Lour Abends 8 Uhr anzunehmen geruhen. Abends 8K Uhr ist A«»«mblöe, zu welcher sich die am Königlichen Hofe vorgestellten fremden und einheimischen Damen und Herren in den Paradesälen versammeln. Die anwesenden Prinzen und Prinzessinnen des Königlichen HauseS, Königliche Hoheiten, werden in der Assemblöe die allgemeine Glück- wünschung»-Lour entgegen nehmen. Dresden, am 20. December 1882. Königliches Oberhofmarschallamt. Se. Majestät der König haben dem in den Ruhe stand getretenen Kanzleiinspector der Oberpostdirection in Leipzig, Julius Bruno Pfitzmann, da» Ritter kreuz II. Classe vom AlbrechtSorden Allergnädigst zu verleihen geruht. Bekanntmachung. Auf Grund tz 6 der Verordnung über den Ge schäftsbetrieb ausländischer Versicherungsgesellschaften im Königreiche Sachsen vom 16. September 1856 wird hiermit bekannt gemacht, daß die See-, Fluß- und Landtransport - Versicherungs- Gesellschaft ^zrippio» zu Köln vom 1. Januar 1883 ab ihren Sitz von Leipzig nach Chemnitz verlegt hat. Dresden, den 15 December 1882. Ministerium des Innern, Adtheilung für Ackerbau, Gewerbe und Handel. Schmaltz. Fromm. nichtamtlicher Theil. Telegraphische Nachrichte». Berlin, Mittwoch, 20. December, Nachmit tag-. (Del. d. Dreödn. Journ.) Se. Majestät der Kaiser ist jetzt wieder soweit hergestellt, daß er bei günstigem Wetter wieder seiue regelmäßigen Ausfahrten wird aufnehmen können. Heute Bor- mittag nahm er die gewohnten Vorträge entgegen. Krakau, DienStag, IS. December, AbendS. (Tel. d. Pol«. Corr.) Die Gerüchte von Anbäu- suugeu bedeutender Cavallerirmasse» an der west- lichen Grenze Rußland- werden durch Personen, welche die militärischen Vorkehrungen im König- reiche Polen genau kennen lernten, dahin erklärt, beziehungsweise richtiggestellt, baß eine keineswegs erhebliche Vermehrung der Cavallerieposten aller- ding- in der letzten Zeit an der russischen Grenze stattgefundrn hat, daß diese Maßregel jedoch nur mit dem Plane der theilweisen Ersetzung der rus sischen Grenzwachen durch Cavallerie in Verbin dung stehe, da dir russische Regierung auf solche Weise dem stark überhandnehmenden Schmuggel besser zu begegnen hofft. Paris, DienStag, 19. December, AbendS. (W. T B.) In der heutigen Sitzung deS Senats stand auf der Tagesordnung die Berathung des Budgets. Lion Say machte auf verschiedene Fehler auf merksam, die begangen worden seien; namentlich ge- höre dahin die übermäßige Ausdehnung der öffent lichen Arbeiten. Zu loden sei eS, daß die Regierung die Idee acceptirt habe, die Hilfe der Privatindustrie in Anspruch zu nehmen und mit den Eisenbahngesell- schasten zu verhandeln. Er halte die Finanzlage für besser, als der Deputirte Ribot sie dargestellt habe, und sei der Ansicht, daß die Abstriche von dem ge forderten Credlt 85 Millionen betragen würden; die Ausgaben würden daher um die gleiche Summe herab gesetzt werden. Die Schwierigkeiten der Lage rührten von den mehrfachen mittelmäßigen Ernten her, sowie von den Verlusten an CopltaUen bei der Speculation, und endlich von der laschen Eintreibung der Steuern; auch hätten sich die höheren Veranschlagungen zum Theil nicht verwirklicht. Die Lage sei daher aller dings eine mißliche, aber nur vorübergehend; doch sei eS für jetzt nicht nöthig, zu neuen Steuern seine Zu flucht zu nehmen. Man müsse jedoch dem weitern Fortschritten der Ausgaben Einhalt thun und diese in ein richtiges Verhältniß zu den Einnahmen brin- aen. Man solle mit den Pensionen und dem Credit für den öffentlichen Unterricht sparsamer umgehen und daS Recht deS Verkauf- von Getränken regeln und beschränken. Man müsse gute Finanzen schaffen und gute Politik treiben, um daS Land auf die Erneue rung der öffentlichen Gewalten und der Kammern im Jahre 1885 vorzubereiten. Man dürfe für diese Epoche die Schwierigkeiten nicht häufen. Fortsetzung morgen. Marseille, DienStag, 19. Deeember, Mit- tagS. (W. T. B.) Unweit ArleS hat gestern Abend zwischen französischen und italienischen Erd arbeitern eine Schlägerei stattgefunden, wobei 1 Italiener getöbtet und je 2 Personen von beiden Parteien schwer verwundet wurden. Infolge deS Vorganges sind 7 Arbeiter verhaftet worden. London, DienStag, 19. December, AbendS. (W. T. B) Der Präsident deS Handelsmini sterium», Chamberlain, erklärte in einer heute in Ashon gehaltenen Rede, er wolle nicht säumen, die Behauptung zu widerlegen, daß die englische Re gierung rin ständiges Protektorat über Aegypten aufrecht zu erhalten beabsichtige Englands In teressen in Aegypten seien lediglich der Frieden, die Sicherheit und die Ordnung. Chamberlain schloß: „Wir werden uns zurückziehen, wenn diese gesichert sind; die Mißverständnisse mit Frankreich werden dann verschwinden." St. Petersburg, Mittwoch, 20. December, Vormittags. (Tel. d. Dresdn Journ.) DaS „Jour nal de St. PStertbourg" sagt, Bezug nehmend auf einen von der „Nordd. Allg. Ztg." wieder- gegebenen Artikel der „Moskauer Zeitung" be züglich der neuesten Aeußerungen auswärtiger Zeitungen über die Befestigung«- und Eisen dahnbauten in Rußland, eS gehöre jederzeit zu den wesentlichsten Pflichten einer Regierung, ihre LandeSgrenzen unter Benutzung der neuesten Lehren der Wissenschaften und Erfahrung in Bertheidigungszustand zu setzen. Zu anderen Zeiten sei dies nicht weniger emsig, als heute ge schehen. DaS genannte Blatt weist ferner auf die Arußrruug der „Nordd. Allg. Ztg." hin, daß die Interessen der beiden großen Nachbarvölker sich überall berühren, aber nicht kreuzen. Dresden, 20. December. In der belgischen Deputirtenkammer wurde vor Kurzem da- Gesetz über den Unterricht in der flämischen Sprache in den unter Aufsicht deS Staa te- stehenden Mittelschulen votrrt: ein Gesetz, welches ollen maßvollen Anforderungen entspricht und der flämischen Sprache die ihr gebührenden Rechte ein räumt. Die Gesetzvorlage erscheint als das Ergebniß der großen, von den Flamändern bisher entfalteten Agitation zu Gunsten ihrer Sprache. DaS Flämische, zur Zert, wo daS Königreich Belgien gegründet wurde, mißachtet und in den Hintergrund gedrängt, steht heute ebenbürtig der französischen Sprache gegenüber. In den Volksschulen herrscht in Beziehung auf den Unter richt in beiden Sprachen schon lange völlige Parität; eS sind ebensoviele flämische wie französische Volks schulen vorhanden. DaS neue Gesetz bedeutet abermals einen Erfolg der Flamänder. Hiernach soll u. A. in den Staatsinstituten der nicht flämischen Provinzen der Unterricht in flämischer, deutscher und englischer, in Geschichte und Geographie theilweise in flämischer Sprache ertheilt werden; für die anderen Fächer bleibt aber die französische Sprache beibehalten. Außerdem sollen in der sogenannten vorbereitenden Klasse alle Fächer stet- in flämischer Sprache gelehrt werden. Die Kinder von 5 bi- 8 Jahren sollen dagegen in beiden Sprachen unterrichtet werden. Den Lehrern wurde eine Zeit von 5 Jahren zur Ausbildung in dec flämischen Sprache gewährt. Die Zweisprachigkeit des Lande- thut dem Gefühl der nationalen Zusammengehörigkeit keinen Eintrag. „Flamänder und Wallone", sagt ein belgischer Dichter, „sind nur Vornamen, Belgier ist unser Familienname." Je mehr man den noch in den dreißiger Jahren ver folgten Flamändern ihre Rechte eingeräumt hat, um so mehr haben sie sich in dem belgischen StaatSorga- niSmuS heimisch gefühlt. Die Verbreitung der flämi schen Sprache hat überraschend zugenommen, und eine glänzende, reiche, flämische Literatur haben die letzten Jahrzehnte „u Tage gesördeit Die Regierung hat diesen Bestrebungen bisher eine wohlwollende Theil- nahme zugewendet, und die he.vorragendsten Persön lichkeiten Belgiens nehmen der flämischen Bewegung gegenüber eine wohlwollende Stellung ein. Die an läßlich der Feier der 50jährigen Unabhängigkeit deS Königreichs in der königl. belgischen Akademie ver anstaltete Feierlichkeit, bei welcher die flämischen Mit glieder diejer Körperschaft in französischer und die wallonischen in flämischer Rede die nationale Zusam mengehörigkeit der beiden Volkselemente feieiten, lieferte einen glänzenden Beweis hierfür. In den RegierungS- kreifln wünscht man durchaus nicht, daß daS flämische Element an Terrain verliert. Im Gegentheil giebt eS sowohl im Schooße deS Cabinets, wie der parla mentarischen Majoritär ganz aufrichtige „Flamingants", die niemals dulden würden, daß der Ausbreitung ihrer Muttersprache Gewalt angeihan werde. Die Wallonen haben niemals das Streben an den Tag gelegt, die Flamänder zu französiren, und mit vollem Rechte wieS jüngst der ConseilSpcäsident Fröre-Orban, welcher wallonischer Abstammung ist, den Deputirten Delvel aus Antwerpen mit seiner Behauptung, daß die Wal lonen geistig mit Frankreich verbunden wären, welches sie naturgemäß an sich ziehe, mit den Worten zurück: „Es giebt keine Franzosen unter uns, eS giebt in Belgien nur Belgier", ein Ausspruch, der überall die lauteste Zustimmung fand. Es ist Pflicht der Be wohner FlamlandL, darüber zu wachen, das ihre Sprache erhallen bleibt. Mögen die Flamänder an dem Unterrichte der Landessprache in den Schulen festhalten, mögen sie neue Bücher in ihrer Sprache schreiben, ihre Zeitungen und VolkSbibliotheken ver mehren, mögen sie sich neue flämische Theater bauen und einrichten, Vereine und Genossenschaften ihrer Nationalität gründen; eS ist daS AlleS unzweifelhaft das einzige Mittel, die Invasion deS französischen Elements aufzuhalten, und nach dieser Richtung hin wird Niemand daran denken, den Bestrebungen der „Flamingants" entgegenzutreten. Es giebt Leute, welche in der belgischen Sprachen frage eine Culturkampsfroge erblicken wollen; nament lich von den Liberalen fürchten Viele von der Einfüh rung der flämischen Sprache ein Erstarken der katho lischen Partei. Diese Auffassung ist eine irrihümliche. Gerade dadurch daß man den Wünschen der Flamänder entgegenkommt, sucht man jeden Anschein eines feind seligen Verhaltens gegen die katholischen Flamänder zu vermeiden. Namentlich in den geistig die höchste Stellung einnehmenden Kreisen der belgischen Gesell schaft tritt in fehr sichtbarer Weife das Bestreben zu Tage, alles Das, was beide Confessionen einander ent fremdet, aus dem Wege zu räumen und ein friedliches Zusammenleben zu ermöglichen. Wer Belgien anstatt nach den culturkämpferischen Reden der Freimaurer in der Deputirtenkammer, nach der Thäligkett seiner Forscher und gelehrten Gesellschaften beurtheilt, der wild die Ueberzeugung gewinnen, daß der Geist deS Feuilleton. Redigiri v»n Otto Banck. Nefidenztheater. DienStag, den 19. December: Gastfpiel deS Richard Wagner-Theater- unter Direc- tion de- Hrn. A. Neumann. „Die Walküre". In 3 Aufzügen. Erster Tag de» Bühnenfestspiels: „Der Ring deS Nibelungen" von Richard Wagner. Die geschäftliche Speculation ist jetzt ein so mächtig treibender und au» den Zeitverhältnffsen hervorgehen der Factor auch in der Kunst geworden und hat die von idealem Standpunkte ausgehenden Bestrebungen so sehr zur Seite gedrängt, daß sich dagegen erfolg reich nicht mehr ankämpsen läßt. Von jenem Stand punkte auS sich auSzusprechen, bleibt indessen Pflicht der Kunstkritik. Sie muß sich ganz entschieden gegen da- Unternehmen erklären, auS dem noch nicht zur Darstellung gelangten Wagner'schen „Nibrlungenring" einen einzelnen Theil derselben — wenn dieser auch, wie die „Walküre" für sich vollkommen verständlich und in seinem Stoff fast abgeschlossen ist — zum ersten Male aufzusühren auf einer Bühne, welche zu möglichst vollendeter Jnscenirung de- Werke- in ihrer beschränkten Räumlichkeit ganz unzureichend ist, und mit emem Orchester, welche- trotz lobenSwerth erreichter Leistung und vortrefflicher Leitung den ungewöhnlichen Anfor erungen der Wagner'schen Partitur in ihrem instrumentalen wichtigsten Theil hinsichtlich tonschönen Lolorit- und vollkommener Sestaltuna nicht genügen kann. Wohl hat Wagner selbst zu diesem sprculativen Wanderzug seiner „Nibelungen", der seine vor ¬ nehmste Stütze nur in einzelnen ausgezeichneten Ge- sangskräften für die Hauptpartien finden konnte, die Einwilligung gegeben; aber dieses Protectorat der Meisters kann ebensowenig einem künstlerischen Stand punkte, sondern nur verlockenden Motiven der Nütz lichkeit und deS Vorthe,lr entsprungen sein. Sein früherer Ausspruch, daß seine Nibelungentetralogie nur in Bayreuth zur Erscheinung kommen könne und solle, wurde zwar längst — wie vcrauSgesagt — und mit Recht umgestoßen; daß er indeß zu so trivialer Ge- schäftSpraxiS au-arten werde, war nicht zu erwarten. Zu einem näheren Eingehen auf die „Walküre" kann diese Darstellung derselben keine Veranlassung mehr geben. ES ist in kritischer Besprechung der ge- sammten „Nibelungenringes" für und wider die Rich tung Wagner'- in seinen letzten Tondramen hinsichtlich Musik und Dichtung, an überschwänglicher Verherr lichung, wie der dadurch hervorgerufenen verschärften Verwerfung genug und bi- zum Ueberfluß geleistet. Und auch an objekivster künstlerisch wohlbegründeter Würdigung und Beurtheilung derselben — die in unserer Zeit geringere Thrilnahme findet, als einseitige, heftig sich bestreitende Parteimeinungen — hat es nicht gefehlt. Neue- hinzuzusügen ist Niemandem mehr möglich. Sogar in blödsinnigen Ergüssen darüber ist man verschwenderischer gewesen, als sich mit dem gesunden Menschenverstände verträgt. Dies von Seiten der jüngeren, im Exaltationsfieber taumelnden Gene ration der Wagnerenthusiasten und hoffentlich nicht zum Vergnügen Wagner'S. Wer sich von dem un glaublichen Uebermaß deS über Wagner Geschriebene» überzeugen will, darf nur ein ziemlich umfangreiche» kürzlich edirte» Buch „Katalog einer Richard Wagner- bibliothek", von Nikolaus Oester lein zur Hand nehmen, in welchem dieser mit gewissenhaftestem Fleiß und merkwürdiger Begeisterung für feine Aufgabe in sechs Rubrikn Alles verzeichnet und nachgewiesen hat, waS m der deutschen Literatur, in Journalen, Broschüren, Büchern über Wagner und seine Werke bisher gesagt wurde, Alles, waS — nach seinem Ausdrucke — in irgend einer Beziehung zu dem „größten Künstler unser- Jahrhunderts" steht. Auch ern Nachtrag ist zu diesem authentischen Nachschlagebuche der Wagncr- l.teratur zu erwarten. Man möge dafür sorgen, daß daS Material dazu gering werde. ES ist wohl endlich geboten und gut, auch Wagner'S letzte Musikdramen, welche seine Reformprinripien bis zu ihren äußersten Consequenzen zur Erscheinung bringen, ihren Weg gegen zu lassen, wie ihn die Zeit bestimmen wird. Hui vivra, verra. Dit Gesammtvorstellung der „Walküre" gestaltete sich weit befriedigender, als man erwarten durfte, in» folge der in Darstellung und musikalischer Ausführung fleißig studirten, verständigen und sicheren Leistungen auch der sckwächeren Kräfte und durch die außerordent lich intelligente Direktion de« Hrn. A. Seidl, welche da» Orchester zum höchsten Grade seiner Leistungs fähigkeit führt. Der erste Act wirkt mit solcher Unter stützung schon durch die Gewalt seiner wahrhaft schönen Musikstücke — daS LiebeSduett zwischen S egmund und Sieglinde und daS FrühlingSlied deS Letztem. Mit drin zweiten Act trat eine Erhebung der Ausführung ein durch Frau Hedwig Reicher-Kindermann (Brunhilde) und Hrn. Emil Scarra, k. k. österreichifchen Kammersänger (Wotan). Beide gaben Leistungen ersten Range« durch vorzügliche, gesangliche Behandlung, Declamation, Spiel, dramatischen Ausdruck. Frau Reicher-Kindermann, die sich gleich mit ih.em ersten „Hojotohoh" brillant einsührte, besitzt eine umfangreiche, gleichmäßig starke und degeistigte Stimme, ihr Vortrag ,st voä Energie, Noblesse und intensiver Kraft und Wahrheit deS Affects, leidenschaftlich ohneUmuhe und Maßlosigkeit. Hr. Scaria hat seinem machtvollen Organ eine AuSdruckssähigkeit gewonnen, wie sie zu den seltensten Eigenschaften eines Bassisten gehört. Er giebt dem menschlich schwachen-Wotan eine wmde- volle, edle Hrltung. Seme Erzählung an Brunhilde war musterhaft m Declamaiion, Ausdruck, Deutlichkeit der Rede. Diese ist auch F,au Reicher-Kindermann eigen und ist verhältnißmäßig auch bei den anderen Mitwirkenden —Frl. Klafsky, Lindemann, Herren Unger, Biberti — löblil: Hervorzuheden. Ergreifenden tiefen Eindruck machte Brunhilde in dem wohlthätig gekürzten zweiten Act als Todveikünderin gegen Sig mund. Im dritten Act kam das geniale Tonbild deS Walkürenritt» und der Walkürenschaar nicht zu dem inten- dirten kühnen und glänzenden Effect, aber meisterhaft und voll edler Empfindung wurde die gleich geniale schöne und hinreißende Schlußscene zwischen Wotan und Brunhilde mit dem „Feuerzauber" auSgeführt. Der Beifall war allgemein und lebhaft, und wurde natür lich mit enthusiastischer Aneikennung den in künstle rischer Vollendung hervorragenden Leistungen der Frau Reicher Kindermann und des Hrn. Scaria gespendet. L. Banck.
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