Dresdner Journal : 23.12.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-12-23
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188412237
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18841223
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18841223
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1884
- Monat1884-12
- Tag1884-12-23
- Monat1884-12
- Jahr1884
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- Titel
- Dresdner Journal : 23.12.1884
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WSW. Dimitri, dm N. D«Mim 1884. Im 4«ot»«d«» L«i«L«: 1-brIiob IS KMUrliob: L 11 »rk SV kk. L»»«lL0 Htu»2»»r>»i 10 kL L»-»«rk»ii> d«» deotsob« k«ict»»» tritt?oit- Lod 8t»ap«I«ll,ollL^ tuLIL. k»s»r»te»prvli«8 ^ür dsv k»uw eiusr ^»zuUtcllvQ ?«tit»«il» SV kL vot«r „Liossv«»odt" di« 2«ils SO kt. 8« ^»b«U«o- uod LiLksn»»»t» SV k DrcMerImrnal. IU8«r»>t'U»UUItUUI«! t»i L«tp«t^: Lranckstetter, OomwisiiooLr de, Dresdner donrn»l«; Lsrndorx S»rU»-Vi«ll S»»«I Sr«,I»u-kr»uIlt<lrt ». N.: Äaa««»ude<n F l'oqier,' S»rUll-Vt«ll Ssmdurx- ?r»^-l,«jpitx Sr»okt»rt ». N. - Hünedsn - dc«d. / L«rltn: /«iraiidendarit/ Nrsm«» Lcz/vtte, Lr«»I»o: I/. ÄariAen's /i«reau <Fmil krsniltvrt » « : L ^arAer'soks öuckk»vdlun^; VSrM»: A. W««//«r; 8»vvov«r: <?. Sc?>ü««/er,' k»rt, Ssrita - rrsnilknrt ». >l Stutlk»rt DauLeF Vo., «»wdurx- ^1d. Ltrt»«r. Lr»ed»l»«>« IR^Uob mit ^nnudtlw« d«r 8oiw- a»d ?«i«rt»L« XbsQd» kür den koi^sodsQ 1»^. Verantwortliche Redacttoa: Oberredaeteur Rudolf Günther in Dresden. Hvr»u8x«d»rr Lüoiel krpeditio» des Dresdner douro»!», Dre-den, /«intkerstrn.ss Xo SO Abonnements - Kinladung. Auf das mit dem 1. Januar 1885 begin nende neue vierteljährliche Abonnement des „Dresdner Journals" werden Bestellungen zum Preise vou 4 M. 50 Pf. angenommen für Dres den bei der unterzeichneten Expedition (Zwinger straße Nr. 20), für a»«»ärt- bei den betref fenden Postanstalten. In Dresden - Neustadt können Bestellungen abgegeben werden in der Hofmusikalienhandlung des Herrn Adolf Brauer (F. Plötner), Haupt straße 2, sowie bei Herrn Kaufmann T. R. Albani (Albertplatz gegenüber dem Albert- theater), woselbst auch Ankündigungen zur Be förderung an unser Blatt angenommen werden, und ebenso, wie bei dem Bahnbofsbuchhändler Herrn Weigand (Böhm. Bahnhof), einzelne Nummern des „Dresdner Journals" zu haben sind. Äoniyl. Expedition des Dresdner Journals. (Zwingerstraße Nr. 20, in der Nähe des neuen Postgebäudes.) Ämtlichrr Llieil. Ansage. Seine Majestät der König und Ihre Majestät die Königin werden in den Paradesälen des Königlichen Schlosse- am Neujahr-tage, Donnerstag, den 1. Januar 1885, Glückwünschungs-Louren in nachstehender Reihenfolge anzunehmen geruhen und zwar: Nachmittags 1 Uhr: von den Herren StaatSministern, (Versammlung im Banketsaale) Nachmittags 1k Uhr: von den Herren des Oorps äiplomatigu« und den am Königlichen Hofe vorgestellten fremden Cavalieren, (Versammlung im Banketsaale) Nachmittags 1K Uhr: von den am Königlichen Hofe vorgestellten einheimischen Herren vom Civil, sowie von den Herren Militärs z. D. und a.D, (Versammlung der Herren der 1. und 2. Classe der Hojrangorvnung, einschließlich der Königlichen Kammerherren, im Banketsaale; der Herren der 3, 4. und 5. Classe, sowie der am Königlichen Hofe vorge stellten, in der Hofrangordnung nicht mit inbegriffenen einheimischen Herren, im Balffaale) Nachmittags 2 Uhr: von der Generalität und den OffizierS-CorpS, (Versammlung in den Gobelinszimmern der II. Etage). Ihre Majestät die Köuigia werden Abends 7 k Uhr: die Frauen Oberhofmeisterinnen, die ZutrittS- damen und die Hofdamen, Abends 7 k Uhr: die Damen deS Oorp» äiplowstiqus in Allerhöchstihren Zimmern empfangen. Aeide Königliche Majestät-- werden Abends 8 Uhr die genehmigten Vorstellungen der angemeldeten Damen und Herren in der prSsentations-Loar anzunehmen geruhen. Zu der Abends 8k Uhr stattfindenden Assemblee versammeln sich die am Königlichen Hofe vorgestellten fremden und einheimischen Damen und Herren in den Paradesälen. Dresden, am 20. December 1884. Königliches Oberhofmarschallamt. Bekanntmachung. Die nächste Aufnahme-Prüfung von Expektanten für das Königlich Sächsijche Kadetten-KorpS soll Mitte des Monats April 1885 stattfinden und werden die an das Kommando des Kadetten-KorpS zu richtenden bezüglichen Anmeldungen ultimo Februar geschlossen. Die wissenschaftlichen Anforderungen an die Expek tanten für die Aufnahme in das Kadetten Korps, die übrigen Vorbedingungen, sowie die näheren Vorschrif ten nach denen die etatsmäßigen Kadettenstellen mit einem jährlichen Erziehungsbeitrage von 90, 180 und 300 M. zur Vertheilung kommen, sind aus dem Re gulativ für das Königlich Sächsische Kadetten Korps vom Jahre 1882 — käuflich zu beziehen in der Buch handlung von Karl Höckner, DreSden-Neustadt — zu ersehen. Dresden, den 28. November 1884. Kriegs-Ministerium. v. Fabrice. Beyer. Nichtamtlicher Theil. UeterDcht: Telegraphische Nachricht««. Zeitung-schau. LagrSgeschichte. Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichten. UnglücksfLlle iu der Provinz. Statistik und Bolkswirthschaft. Eingesandt«». Keuillrton. Inserate. TageSkalender. Erste Beilage. Dresdner Nachrichten. Vermischtes. Statistik und LolkSwirthschaft. Inserate. Telegraphische WitterungSberichtr. Zweite Beilage. Börsennachrichteu. Telegraphische Nachrichten. Leipzig, Montag, 22. December, Mittag» 12 Uhr 40 Miu. (Privat-Tel. d. Dresdn. Journ.) Im Anarchistenprocesse gegen Reinsdorf und Genossen wurde heute Mittag- um 12 Uhr da- Urtheil ver kündet. Dasselbe spricht für Reinsdorf die TodeS- strafe und 15 Jahre Zuchthaus, für Küchler die Todesstrafe und 12 Jahre Zuchthaus, für Rupsch die Todesstrafe und 12 Jahre Zuchthaus aus. Kür Backmann und Holzhauer lautet das Urtheil auf je 1V Jahre ZuchtbanS; Sohngen, Rheinbach und Töllner wurden alle 3 freigesprochen. LudwigShafen, Montag, 22. December, Mit tags. (Tel. d. DreSdn. Journ.) In einer gestern stattgehabten und von »iwa 1000 nationalliberalen Wählern der Pfalz besuchten Versammlung wurde anläßlich de- Reich-tagSvotumS vom 15. d. MtS. eine Adresse au den Reichskanzler Kürsten Bis marck beschlossen. Wien, Sonntag, 21. December, AbendS. (W. T. B.) Wie verlautet, hat Kuffler gestanden, daß er gewußt, woher der stellvertretende Direktor der niederösterreichischen Escomplrbank, Luka- Jauner, die für ihn bestimmten Gelder rntnomme» habe. In den Händen der Behörde befindet sich gra- virendeS Material über die zwischen Kuffler und Jauner bestandenen Beziehungen. (Vgl. die Rubrik „Zeitungsschau".) Paris, Montag, 22.December. (Tel. d.Dresdn. Journ.) Bei der Vertheilung der von den Ge- werbekammrrn für Arbeiter ausgesetzten Preise hielt der präsidirende Minister des Innern, Wal deck-Rousseau, eine Rede, in welcher er versicherte, daß alle seine Bemühungen dahin gingen, die Harmonie zwischen Capital und Arbeit wlederherzust.llen; er erhoffe segensreiche Folgen von der Arbeiter- affociation. Ler Staat wolle zwar nicht Lo- cialiömuS treiben, begünstige aber den Schutz der Arbeit. Rom, Sonntag, 21. December, AbendS. (W. T. B ) Dir Deputirtenkammer hat in ihrer heu tigen Sitzung die Vorlage über die Maßregeln zur Verbesserung der GesundheitSverbältn'sse in Neapel mit 259 gegen 14ti Stimmen angenommen. Hierauf wurde die Berahung der Eisenbahncon- vrotronen fortgesetzt, welche voraussichtlich morgen zu Ende geführt wird. Die Kammer wird sich hierauf vertagen. London, Sonntag, 21. December, AbendS. (W. T. B.) Durch ein gestern früh in dem Ge- päckraume deS Bahnhofes von Windsor auS- gebrochenrS Feuer wurde sowohl da» Gepäckbureau, als eine große Anzahl von Gepäckstücken in Asche grlegt. Die vorgenommene Untersuchung hat er geben, daß daS Feuer durch eine sorgfältig in einem Kasten verpackt gewesene Höllenmaschine herbeigeführt worden ist; in dem Brandschutte wurdru noch einige eiserne Zahnräder, sowie eine Flasche mit Sprengstoff gefunden. London, Montag, 22. December. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Nack weiteren Ermittelungen über die Entstehung de» Feuer- auf dem Bahnhöfe »n Windsor scheint eS, daß der Zünder der Höllen maschine die Kiste in Brand steckte und so, anstatt der beabsichtigten Explosion, eine Keuer-brunst ver ursachte. Dresden, 22. December. Die bereits in voriger Nummer an dieser Stelle besprochenen Unterschlagungen bei der nieder- österreichischen Escomptebank in Wien scheinen Proudhon's düstere Spekulation zu bestätigen, daß 'N eigennützige Naturelle, die Corruption und die De fraudation mit der gegenwärtigen Gesellschaftsordnung unzertrennlich verbunden feien und in jenem Maße zunehmen müßten, in wrlchem bas moderne Bankwesen und die Industrie gedeihen. Sollen Jene Recht be halten, welche das moderne AsfociationSwesen mit sei nem Zusammenflüsse großer Capitalien für ein Motiv gesteigerter Criminalität ausgeben, weil es die Men schen zu großen Versuchungen ausgesetzt ? Die Escompte- bank war das Vertrauensmstitut der distinguirten Kreise Wiens, welche dem eigentlichen finanziellen Geschäsls- treiben fern stehen. An sie wendeten sich die meisten Wien besuchenden Fremden mit ihren Creditbriesen. Der Verkehr war dort ein sehr coulanter, frei von jeder geschäftlichen Pedanterie und Schwerfälligkeit. Die Aristokratie gehörte nicht minder zur Llientel der niederösterreichischen Escomptegesellschaft, wie das Mi litär, der Klerus, die Bureaukratie. Die Natur der Actlengejellichast bringt es mit sich, daß die Eigen thümer des CapilalS die Verfügung über dasselbe fremden Händen überlassen müssen und daß sie die Controle über diese fremden Hände nicht direkt, son dern nur durch Delegation ausüben können. Das wachsame Auge des Herrn muß ersetzt werden durch künstliche Organe, die höchst selten so gut functioniren, wie die natürlichen. Gewöhnlich ist der Geschäfts betrieb der Gesellschaften wert umfangreicher, als der deS einzelnen HandtungShauses, der Ueberdlick ist viel schwieriger, und für diesen schwierigen« Ueberdlick sind nicht geschärfte, sondern stumpsere Augen vorhanden. Wenn nun gar die Actlengesellichast sich mit einem so feinen Artikel wie Geld und Effecten beschäftigt, wo daS Inventar nicht wie bei Transport- und Industrie- Unternehmungen aus schwerbeweglichen, sinnfälligen Vorräthen und Apparaten besteht, da steigert sich natur gemäß die Nothwendigkeit und die Schwierigkeit der strengsten Aussicht. Was in gewöhnlichen Verhält nissen, z. B. bei dem Inhaber einer Wechselstube, mit mäßiger Sorgfalt erreicht wird, das erheischt in sol chen großen Instituten nur die vorzüglichste Lrgam- satron. verbunden mit der höchsten Leistung aller leiten den Beamten und Aussichtscollegien. Merkwürdiger weise werden diese Sähe ziemlich allgemein als richtig anerkannt und in der Praxis rgnorirt. Nirgends herrlcht mehr blindes Vertrauen, als gerade auf dem Gebiete deS Bankgeschäfts. Von Zeit zu Zeit wird das Ver trauen heftig erschüttert; irgend eine Katastrophe er weckt ein nicht minder blindes Mißtrauen, aber in der Regel kehrt sehr bald die alte Zuversicht zuiück, und das Publicum fährt fort, sein Geld auf die Zahlbank der Institute zu tragen, von denen es sich bei einigem Nachdenken sagen müßte: Von Demjenigen, was da drin nen vorgeht, wissen wir im Grunde Nichts. In welcher Art ein Mann wie der Directorstcllvertreter Lukas Jauner in die Netze des Börsenspekulanten Heinrich Kuffler und damit in die Netze des Verderbens geführt wurde, darüber fehlen zur Stunde noch alle bestimmten An gaben. Lukas Jauner hat ein schriftliches und motl- virtes Einbekenntniß seiner Schuld hinterlassen; es ist ein kleines Blatt Papier, das die lakonischen Worte enthielt: „Heinrich Kuffler ist Schuld an meinem Selbstmorde." So lapidar dieser Satz auch ist, so ent hält er doch ein klares Bild der Situation. Kuffler ist ein Wucherer und Blutsauger erster Classe. Der Mann operirte nur mit Millionen. Wo immer es eine wankende Firma zu stützen gab, eine halb rulnirte Familie zu arrangiren war, da bot Kuffler seine ret tende Hand an. Die Firmen Tschmkel und Weinrich, die Welngroßhandlungssirma Latzke, der gewesene Mi litärattache bei der französischen Botschaft in Wien, Prince de Bergh, der Baron Erlanger und viele An dere wissen von dieser Hilse zu erzählen. Die ge nannten Firmen waren sehr bald gezwungen, sich in solvent zu erklären; der Prince de Bergh hatte an Feuilleton. Redigirt von Otto Banck. K. Hoftheater. — Altstadt. — Sonntag, den 21. December wurde Rossini'- Oper „Teil" mit Hrn. Nawlasky in der Titelrolle gegeben. Der Gast erreichte auch m dieser Partie allerdings nicht seine Leistung als Rigolen». Mangel an Festigkeit, Metall und Klarheit des Tons infolge der Tonbildung trat sehr fühlbar hervor, besonders in den beiden ersten Acten und in deren herrlichen Hauptstücken, dem Duett und Terzett. Seme Darstellung ergab im Gesang und Spiel nicht den Eindruck des thalkräftlg männlichen, feurigen, entschlossenen Tell, dem sich unsere Sym pathie sofort zuwendet. Im dritten Act, iu der Apselschußscene indeß hob sich feine Ausführung zu dramatisch dewegterm, gesteigertem Affect, zu warm empsundenen und charakteristischem Ausdruck in sehr lobenswerthcr und wirksamer Werse, so daß seine Ge- sammtleistung einen besriedigenden, mit lebhaftem Bei- fall aufgenommenen Erfolg hatte. Eine meisterhafte Leistung gab Hr. Riese — Arnold — bewunderungS- werth an edler Krast, an Glanz und Schönheit der Stimme, wie an Energie, Schwung, feinen Nuancen und musikalischem Geschmack de» Vortrag-. HA- Friedmann sang die Mathilde mit zu nachlässiger Behandlung, nicht nur ohne Wä-me, sondern auch ohne Eleganz und Grazie. Die Aufführung der Oper, mit sorgsam gewählter Besetzung war in ihrer Ge- sammtheit eine hervorragend treffliche, und wenn eine baldige Wiederholung derselben nach dem Feste — und mit Frau Schuch als Mathilde — möglich wäre, so würde sie die lebhafteste Theilnahme des PublicumS verdienen. C. B. Literatur. „Hermann Hettner." Ein Lebensbild von Adolf Stern. Leipzig bei F. A. Brockhaus. Was uns Hermann Hettner als Autor ist, was er auf so vielen Gebieten der Aesthetik und der höhern GeisteScultur literar- und kunstgeschichtlich, forschend und kritlsirend geleistet hat, liegt der Mit- und Nach welt in seinen Schriften offen. AuS ihnen wurde es schon theilweise und kann eS noch ferner ohne Com- mentar erkannt werden. Da» mannichfaltige Ganze diefer Werke gehört zu jenen einzig werthollen und bleibenden Denkmalen, welche sich alle wahrhaft Tüch tigen nur selbst zu errichten vermögen. Was dagegen Hettner als Mensch, sowohl in gereifter Zeit wie namentlich in seinem fesselnden Entwicklungsgänge der Jugend als werdender Schriftsteller war, ist nur seinen näheren Freunden bekannt geworden und auch ihnen wohl kaum im Zusammenhänge. Denn der Ver storbene hatte bei seinem männlich spröden, kurzLange- bundenen Naturell keinen rückgewandten, sondern einen immer vorwärts dringenden Blick; der heutige Tag und die nicht zu ferne Zukunft lagen am wärmsten in seinem Jnteressenkrei-: gehörte er doch nicht zu Denen, die mit sinnigem Behagen gern erinne- rungSjelig von der Vergangenheit und sich selbst sprechen DaS ist da» erste Anzeichen vom Altwerden de» Geiste», der im Stillstehn verschnauft und sich um schaut, weil vor ihm keine Mission mehr liegt. In Bezug auf solche persönliche Rückerinnerungen, die den Lebenslauf entrollen und beleuchten, vermittelnd zu wirken und den Verehrern Hettner's das nöthige Material zu bieten und zu klären, war die Aufgabe Stern'». Er hat sie in willkommener Weise mit Pietät und feinem literarischen Tact gelöst. Bei dem von ihm gegebenen Lebensbilde des Verewigten konnte die an sich ichon höchst schwierige Arbeit nicht frei sein von bindenden Rücksichten mancherlei Art; denn die ihm von der Familie Hettner's anvertrauten Unter lagen bestanden säst ausschließlich in sehr zahlreichen, theils an die Familie, thells an viele Freunde und intime Vertrauenspersonen gerichteten Briefen. Bei der Sachlage der vorhandenen Verhältnisse, bei der amtlichen Stellung des Verstorbenen, bei der Stellung der Seinigen im weitverzweigten Gesellschaftskreise und endlich bei der des Herausgebers waren für die Re daction und Mittheilung dieser Briese Vorsicht und gesällige Delicatesse eine Grundbedingung. Jede Oppo sition und so manches geistige Salz — gleichviel ob die Opposition im Rechte und ob das Salz echtes attisches war — mußte da, wo eS nach irgend einer Seite hin unbequem wirken konnte, vermieden werden. Fassen wir mS Auge, wie bei Hettner's lerdenschaft- ltcher Begeisterung sür seine Principien des LeoenS und de» ethlsch-ästhetlschen Urtheils auch seine Polemik einen gleichartig erregten Charakter an sich trug, wie aber briefliche Ergüsse des Augenblicks nur zu leicht und zum Nachtheile der Sache und des Schreibers mit literarisch abgewogenen Richterfprüchen verwechselt wer den, so können wir das weugreisendc rücksichtsvolle Verfahren Stern'» gerade berm Zwecke diese» Buches gern toleriren. Kam e» doch hier vorwaltend daraus an, Hettner'» rüstig tapfer» Gang durchs Leben in geistig strebender, familiärer und freundschaftlicher Be ziehung frisch, unbefangen und unverblaßt hinzustellen; das Wort zu ergreifen, wo er über seine Laufbahn geschwiegen, ihn selbst reden zu lassen, wo es seine hinterlassenen Aufzeichnungen und Briefe gestatteten, die Lücken wieder erzählend und betrachtend auS- zufüllen und so in bunter wechselnder Reihensolge ein schönes, durch Thatkrast und Erfolg glückliches Men- schendasein theilnahmvoll zu schildern. Und in der That, eine Freude war'» zu berichten und in so vielen Aeußerungen de» Verblichenen durchblicken zu lassen, wie offen und unverhohlen er seine allseitig überaus reich gesegnete Lebenslage anerkannte. Sowie er ein guter Sohn war, davon uns seme Briefe an den Vaier ein rührendes Zeugmß geben, so sühlte er sich auch der Weltordnung treu verpflichtet. Verkennen wir diesen schönen lebensfreudigen Zug nicht. Er bildet eine Ausnahmeerscheinung; denn der Himmel hat mit den meisten Menschen einen schweren Stand, sie zu befriedigen. Nur wenn sie mit materiellen Gütern, Ehren, Gesundheit und häuslichem Glück wahrhaft überhäuft werden, sind sie mit ihrem Schicksal manch mal scheinbar eine Zeit lang ziemlich zufrieden; doch es ist gegen ihre Ambition, sich dieser Empfindung hinzugeben. Sie fürchten — wie man glauben möchte —, daß Der, welcher sich mit gerührter Dankbarkeit glücklich preist, gegen sich und Andere in Verdacht kommt, e» gehe ihm gut über Gebühr. Das wollen sie — wie e» scheint — vermeiden um jeden PrelS, auch um den der Unverschämtheit. Erbaulich ist's da gegen, einen Beglückten zu lehen, der seines GlückeS geständig war. Er erlabte sich de- Guten und wußte e- speculativ zu mehren, doch seine angespannte Thäiig-
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