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Dresdner Journal : 13.10.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-10-13
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188210132
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18821013
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18821013
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1882
- Monat1882-10
- Tag1882-10-13
- Monat1882-10
- Jahr1882
- Titel
- Dresdner Journal : 13.10.1882
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beschloß in wesentlicher Annahme der Anträge bei Re« serenten folgende Resolutionen: l) Zur Erzielung einer guten Armenpflege ist die gesetz liche Einrichtung größerer leistungrsähiger Verbände unbeschadet der Beibehaltung der bestehenden Eommunalverbönde, sei »« zur Ausübung der gejammten Armenpflege, sei et zur lieber- nähme einzelner Theile der Armenpflege, nicht zu umgehen. *) Stach Herstellung solcher verbände muß die Armenpflege in Stadt »nd Land möglichst nach gleichen Principien rriolgen. ») AI« ein» gute Armen- undÄohlthäligkeit-pflege ist nur die Armenpflege anzuerkennen, die neben der Erjullung der gesetz lichen Verpflichtungen bestrebt ist, anstatt sich unt der vorüber gehenden oder dauernden Roth billigft-mögllch abzufinden, dem Armen wirksam Hilse zu leisten, ihn zur Selbsthilse zu er ziehen und seiner dauernden Hllstbedürstigkeit vorzubeugrn 4) Da« geeignetste Synem zur Erzielung einer solchen Armen pflege ist da« System der Jndivlbuaiisirung, das unter Mit wirkung ehrenamtlicher Pflegerkräfle jedem Armensall eingehende Behandlung gewährleistet. Von süddeutscher Seite wurde auf die Schwierig keiten aufmerksam gemacht, welche die Schaffung größerer Communalarmenverbände und Vie gleiche (individuali- sirende) Behandlung d,r Armenpflege in Stadt und Land, abgesehen von der Jrrenkrankenpflege u. s. w. habe. — Der dritte Gegenstand: Ausdehnung de» 8 30d des UnterstützungSwohnsitzgesetzeS auf die jenigen Personen, deren UnterftützungSwohnsitz, ange wandter Mühe seiten der Gemeindebehörden ungeachtet, nicht zu ermitteln ist, gelangte zur allgemeinen An nahme. — Der einzige Gegenstand der heutigen Ver handlung: Der Unterstützung-wohnsitz und das Land armenwesen mit Rücksicht aus die vagabundirende Bettelei, über welchen ein vortreffliche- Referat deS LandratHS vr. ElvcrS in Wernigerode vorlag, gab Anlaß zu sehr heftigen Debatten, führte aber, wie vorauszusehen war, bei dem scharfen Gegensätze der bestehenden Meinungen zu keinem bestimmten Resultat. Die schweren Schäden de- Vagabundenthums und die dringende Nothwendigkeit einer Abhilfe wurden allge mein anerkannt. Bezüglich der gesetzgeberischen Mittel zur Herstellung eine- besseren Zustande- gingen die Ansichten weit auseinander. Der Vorschlag des Re ferenten, daß jeder Angehörige des deutschen Reiche» einem bestimmten Orte zugewiesen werden soll, an wel chem er seinen Unterstützung-Wohnsitz hat, und daß fortan Niemand mehr, so lange er Angehöriger des Reiche» ist, seinen seitherigen Unterstützungswohnsitz verlieren kann, wenn er nicht zugleich einen neuen er wirbt, wurde lebhaft bekämpft. Schließlich wurde der Vorschlag dem nächsten Congreß zu weiterer Erwägung überwiesen. Dasselbe Schicksal hatte der warm ver- theidigte Vorschlag der obligatorischen Einführung von Wanderbüchern. Einmüthige Annahme fanden nur die folgenden Vorschläge deö Referenten: Die Armenverbände müssen mit solchen Machtmitteln aus gestattet werden, daß sie den Trotz und die Trägheit der ihnen überwiesenen Armen zu brechen und die ihnen obliegende Er ziehung der noch arbeitssähigen Personen zu ökonomischer Selbst- thätigkeil durchzusühren vermögen Die Herbergen bedürsen einer strengen Controle, und die Behörden müssen in den Stand gesetzt werden, sie auch dann zu schließen, wenn ihre Inhaber erwiesenermaßen den Bettel begünstigen, oder wenn sie Stätten der Unordnung oder der Schamlosigkeit geworden sind. Im öffentliche» Interesse ist aus die Herstellung von Herbergen hinzuwirken, in welchen die einkehrenben Wanderer gegen Ausbeutung und Verführung zur Unsittlichkelt ge sichert sind. Mit großem Interesse wurden die Mittheilungen über die Erfolge der Namralverpflegung in Württem berg und der Appell an die Nachbarstaaten zum An schluß entgegengenommen und anerkannt, daß m Württemberg ein gelungener Versuch zur Beseitigung des HauSbettelS und zur Zucht der Vagabunden ge macht worden sei. * Wien, 11. October. Der niederösterreichische Landtagvotlrte heuteeinstimmlg2000Fl.alsSubventl0n für den deutschen Schulverein. Der Referent zollte ausdrücklich der Wirksamkeit des Schulvereins warme Anerkennung und hob hervor, welchen unberechtigten und maßlosen Angriffen der Schulverein in anderen Provinzen ausgesetzt sei. — Der GemeindeauS- fchuß deS nrederösterreichischen Landtags befaßte sich gestern mit der Berathung der Petition deS Wie ner Gemeinderathes um Erwirkung eines Gesetzes zur Einhebung einer Kartensteuer als Armensteuer von allen im Wiener Armenbezirke statlfindenden Schaustellungen, Theater- und Circu-vorstellungen» Concerten, Bällen und sonstigen Vergnügungen. Im Laufe der 2stündigen Debatte erklärte der Statt- haltereirath Ritter v. KronenfelS, daß die Hoftheater sich nie einer Kartensteuer unterwerfen werden. Der Abg. l)r. Granitsch beantragte Uedergang zur Tages ordnung; dieser Antrag wurde vom Obmann Bürger meister Uhl entschieden bekämpft. Schließlich faßte der Ausschuß mit 6 gegen 5 Stimmen folgenden Beschluß: „Ja die Berathung de« von der Gemeind» Di»n vorg»- l»gt»u »»j»tzrntwurje- wird nicht emg»gang»n; dagegen spricht der Landtag seine Berritwilligleit au«, einem Gtiryeniwurfr zuzuftimmen, durch welchen eine Armeasteuer von Schaustel lungen, Bällen und Ltrcu«vorftellungen in Wien eingehoden wird.* Demnach erscheint die vorgeschlagene Einführung einer Kartensteuer al« Armensteuer von Th atervor- stellungen und Eoncerten von Seite de- Ausschusses prmctpiell abgelehnt. Triest, 10. October. Der italienischen Polizei ist e- gelungen, den Mitschuldigen Wilhelm Ober- dank'- in die Hände zu bekommen. Demitrio Ra- gosa wurde in Prato im To-canischen verhaftet und sofort nach Udine abgeführt, woielbst er bereits gestern eingetroffen ist. Da der gegen Ragosa erlassene Steckbrief nicht nur auf Hochverrath, sondern auch auf Meuchelmord lautet, wird dessen Auslieferung binnen Kurzem erfolgen. Ueber die Verhaftung Ragosa'- er fährt da- „Frdbl.* folgende Details: DaS Triester Landesgericht erließ gegen den Apotheker und Chemiker Ragosa in Florenz einen St-ckbnef, da derselbe drin gend verdächtig war, sich an dem Bombenschmuggel, der bei Ronchi entdeckt wurde: betheüigt zu haben. Die Florentiner Polizei wurde aber auch gleichzeitig ersucht, speciell in Florenz eisrige Nachforschungen an zustellen, da Ragosa, der ein geborener Jstrianer, dort ansässig sei und sich mit dem Fabricrren von Bomben und anderen Sprenggeschossen besasien soll. D^r Flo rentiner Polizei ist eS nun allerdings gelungen, den Aufenthaltsort deS Ragosa ausfindig zu machen; eS haben sich die betreff- dessen Beschäftigung gemachten Bermuthungen bestätigt und wurde in dessen Woh nung eine große Quantität Spienggesckwsfe saisirt. Von Ragosa selbst war jedoch keine Spur mehr vor handen, und blieben alle Nachforschungen ohne jeden Erfolg. Die nun gelungene Verhaftung deS Bomben- fabrikanten ist nur einem Zufall zuzuschreiben. In der Station Sesta begrüßten mehrere Radicale aus Toscana einem in einem Omnlbustrain sitzenden Passagier in so auffallender Weise, daß die Ausmerk samleit der Polizeiorgane dadurch erregt wurde. Die selben bestiegen den Zug und nahmen den Passagier in em Verhör. Dieser wurde beim unerwarteten Er scheinen der Polizeiorgane sehr verwirrt, antwortete sehr widersprechend und machte schließlich einen ver zweifelten Fluchtversuch, indem er durch das Waggon- senster zu entspringen suchte. Als ihm die Polizisten seinen Namen sagten, ergab er sich willig in sein Schicksal. Ragosa galt sür einen fleißigen jungen Mann, der sich aus übertriebener Strebsamkeit zu sehr anstrengt. Einen politischen Fanatiker haben die mit ihm in Verkehr stehenden Personen niemals in ihm vermuthet. Buda-Pest, 11. October. (Tel.) In der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses wurde da- aller höchste Reicripl, welches die Delegationen aus den 25. d. einberuft, verlesen Die Wahl der Mitglieder wird in der morgigen Sitzung vorgenommen werden. Abg. Otto Herman beantragt, da- Haus möge auf das am 15. d. zu enthüllende Petöshmonument einen Kranz niederlegen. Nach einer zustimmenden Bemerkung des Ministerpräsidenten v. Tisza wurde der Antrag ein hellig angenommen. Der Ministerpräsident v. Tisza entwickelte nun seine Ansicht über das Arbeit-Programm deS HauseS. Danach wird sich das Haus nach Vor lage des StaatSvoranschlageS pro 1883 bis 15. No vember vertagen. Während dieser Zeit werden die Fachcommissionen ihre Arbeiten aufneymen, und zwar zunächst die Finanzcommission, welche das Budget zu verhandeln haben wird, und der Justizau-schuß, der m erster Reihe den Gesetzentwurf über die zwischen Juden und Christen zu schließenden Ehen m Berathung ziehen ioll. Bei der Ankündigung deS Gesetzentwurss über die Civilehe wurden Eljenrufe laut. Ueber den wei tern Verlauf der Sitzung berichten wir nach einem Telegramm der „W en. Allg. Ztg.*: Als erster Inter pellant trat der Abg. Alexander Hegedüs auf, welcher die Betheiligung des Hauses an dem Jahrestage der Gründung Ungarns beantragte. Als zweiter Inter pellant erschien der Abg. Ivan Simonyi, dessen In terpellation aber um so weniger Interesse erregte, als der Hauptgegenstand seiner Anfragen die Preßburger Judenexcesse betraf und schon gestern vom Minister präsidenten beantwortet wurde. Abg. Simonyi fragt, wa« die Regierung zur Verhinderung neuer Ausschreitungen gethan habe, o)»r zu thun gedenkt; er begleitet diese Interpellation mit einer Einleitung, welcher zu entnehmen ist, daß er die Vorgänge in Preßburg als ganz ungefährlich erachtet. Er giebt au, daß alle Zeitungrberichte ganz übertrieben gewesen feien; nur in Lanschüy sei eine Per fon verwundet worden, doch dort sei die Bevölkerung durch dl» Ind»n ausgejogen und antgtwuchert; ihr Haß ist daher d»g reiflich Ja Prrßdurg wären zur Herstellung der Ruhe nach seiner Anficht keine Soldaten nöthig gewesen Die Bürger- wrhr, welche er gründen wollte, hätte genügt; zu diesem Zwecke waren schon alle Anstalten getroffen. Er beschuldigt dir Juden der Renitenz, spricht von der Agrarfrage und der Börl», um. schließlich zu erklären, daß, selbst wenn man ihn al» Agiialor bezeichnet, er fortfahren werde, in derselben Richtung wie bis her thätig zu fein. Nach ihm trat al- dritter Interpellant der Abg. Geza Onody auf, welcher die TiSza-Ezlarer Af« faire bespricht. Der Abg. Onody führt an, daß die Zeitungen Nachrichten brachten der Staatsanwalt Hava« hätte einen Gefän,nißwärtkr zu falschen Au-sagen verleiten wollen Da diese Nachricht nicht desavouirt wurde nimmt er sie al« Thatsache an und wünscht nach Artikel tü de« Strafgesetze«, 8 212, daß über den Staatsanwalt die Untersuchung verhängt werde Er beschul digt den Oberstaatsanwalt Kozma direct der absichtlichen Ver zögerung, um die Vereitelung de« Proersje« hcrbeftusühren. Onody erzählt, Kozma hätte den Untersuchungsrichter von TiSza-Eizlar, Gabriel Farka-, sofort nach feiner Ankunft lort beauftragt, keine weiteren Verhaftungen vorzunehmen, was dem Interpellanten al« eine beabsichtigte Unterdrückung de« Pro- ceflc« erscheint. Auch gegen die Oberstaaisanwalifchaft will er Einleitung der Untersuchung. Onody erzählt, der Oberstaats anwalt hätte geäußert: .Wenn »in Strafverfahren in der Tisza Eszlarer Affaire nöthig wäre, müßte e« gegen K bi- 8 Herren gerichtet sein, welche die ganze Affaire gemacht haben " Auch fall Kozma dem UntersuchungSriä ter in Tisza E^zlar gegenüber geäußert haben: .Wie ist e« möglich, daß an der ganzen Räubergejchichte etwa» wahr ist, ohne daß man die Juden hier erichlagen hat?" Kozma Hal, wie der Interpellant sagt, die Untersuchungsrichter bewegen wollen, die Untersuchung in and,re Bahnen zu lenken. Er wendet sich gegen den Prä sidenten der Unabhängigkeit-Partei und wundert sich, daß dieser der antisemitischen Bewegung den politischen Zweck abspricht, zumal diese in erster Linie gegen die Corruption gerichtet sei. Emerich Szalay (unterbrechend): Ach, er (Mccjüry) mag die Juden auch nicht! Schließlich fragt Onody den Justizminister, ob derselbe Kenntniß davon habe, daß der Staatsanwalt Havas einen Kerkermeister zu falscher Zeugenaukjage veranlassen wollte, und ob er HavaS al« geeignet erachtet, weiter die Untersuchung zu leiten. Nun nimmt unter großer Spannung de- HauseS der Abg. Ludwig Lsernatony da- Wort. Derselbe richtet an den Minister des Innern die Frage, ob derselbe die andauernden Aufwiegelungen, welche die Ti-za-E-Uarer Affaire zur Folge hatte, wortlos lassen wolle, und ob er Ryiregyhaza angesichts deS dort herrschenden Terrorismus al« geeignet erachte, daß den Angeklagten ihr Recht werde Seine Motivirung leitet er mit den Worten ei«: .Diese Interpellation wird zur Genüge er klärt, wenn man die Rede des Vorredners vernommen !" Hierauf verurtheilt er aus die schärfste Weise den Antisemitismus Lier natony ist überzeugt, daß diese durch und durch verwerfliche Bewegung, welche die Nanon entehrt und Alle, ohne Ausnahme, schädigt, von einem frischen Lusthauche sortgewchl werden wird. Er erörtert den Gang der TiSza-Eszlarer Affaire, welcher sich einige Männer angenommen haben, die tiejer und tieser in diese Dummheit hineingeriethen! (Großer Lärm; aus der äußersten Linken schreit man: .Zur Ordnungl — Präsident soll reden!') Der Präsident bittet den Redner, das beleidigende Wort zurückzunehmen da vielleicht Personen im Hause dasselbe aus sich beziehen könnten (Ungeheure minutenlange Heiterkeit) Lsernatony (sortsahrend) erlläit, daß sich im Czabolcser Comitat der Terrorismus breit macht, daß man dort nnt aller »sewalt einen rituellen Mord constaliren möchte. Von Seite aller Parteien haben Männer, wie Jranyi und Somssich, gegen die entsetzliche wahnwitzige Vorstellung, als ob eS rituelle Morde gebe. Zweifel erhoben, und Jedermann muß ein derartiger Ver dacht peinlich betrübend berühren Man glaubt nicht, im iS. Jahrhundert zu leben, wenn man derartige Anschuldigungen hört oder liest. Schließlich sagt Redner, er glaube kaum, daß die Agitatoren dieser Bewegung nicht von» Läs handeln, doch erinnern ihn die Führer des Antisemitismus an jenen Mann, welcher sich einbildete, von Ela- zu sein, und sich fürchtete, sich niederzusrtzen, »eil er glaubte, zerbrechen zu müssen. Eine neue Zeit, und dieselbe ist sehr nahe, wird die Antisemiten verlachen. Er wiederholt als feine innerste Ueberzeugung, daß die ganze Bewegung von einem frischen Lusthauche weggebla,en werden wird. Der Ministerpräsidentv.TiSza bemerkt Simonyi gegen über, daß er schon gestern aus eine ähnliche Interpellation ge antwortet habe Er wiederholt, daß er jeder irregeleiteten Menge, welche sich gegen Gesetz und Recht vergeht, mit der ganzen Strenge entgegrntreten wird. Er hält auch keine Re gierung in Ungarn für möglich, welche anders, als er bezüglich der Preßburger Affaire gehandelt hätte Ec drückt seine Ver wunderung darüber au-, daß gerade die äußerst Linke, welche sür Freiheit, Unabhängigkeit und Brüderlichkeit schwärmt, und rm Jahre tvsb diese Principien auch auf ihre Fahne geschrieben hatte, einen ganzen Stamm sür vogelfrei erklären will. Die Anfrage wegen der Einbringung der neuen Gesetze beantwortet der Minister ablehnend, weder die Agrarfrage, noch die Preß- srage fallen berührt werden. Der Minister wünfchl nicht eine Zeit herber, in welcher mit den bestehenden Gesetzen kein Aus langen gesunden wird. Der Interpellation Ljernatony's gegen über bemerkt Tisza, er hoffe und vertraue aus den RechtSsinn deS Volkes (Lebhafter Beifall.) Nun entgegnete wieder Simonyi, welcher sich und seine Partei gegen den Vorwurf vertheidigl, den Aufruhr zu schüren. Er will nur die Juden als Geldmacht und in der Presst unterdrücken Schließlich behauptet er, daß viele Personen im Hause ihm im Herzen Recht geben, wenn sie auch anders stimmten. Die heutige Sitzung bildet überall den Gegenstand der Besprechung. Erstaunen erregt es, daß Geza Onody, ohne eine Rüge vom Präsidenten zu erhalten, die aalen Phylloxeraübereinkommen- über Ver packung und Verfrachtung der au- dem Au-lande stammenden Sendungen nicht eingehalten worden sind, erklärt worden, daß fernerhin eine jede solche Sendung, welche den erwähnten Bedingungen nicht entspricht, durch da- Zollamt in vorschriftmäßiger Weise zurück- gewiesen werden wird, demnach die Betreffenden allen hieraus etwa entstehenden Schaden sich selbst zuzu schreiben haben würden. E» empfiehlt sich daher sür die betheiligten Kreise, bei Sendungen lebender Pflanzen nach Ungarn die bezüglichen Bestimmungen der internationalen ReblauSconventlon und de- dazu gehörigen SchlußprotokolleS vom 3. November vorigen Jahre- (Reichsgesetzblatt von 1882, Seite 125 flg.), insbesondere in Artikel 3 und 7 genau zu beachten. * Berlin, 11. October. Wie die ,N. Pr. Ztg.* erfährt, wird der BundeSrath am Montag, den 16. d., Nachmittags, zu seiner ersten Plenarsitzung nach seiner Vertagung zusammentreten. In dieser Sitzung findet u. A. die Wahl verschiedener Ausschüsse Statt. Der Ausschuß für Handel und Verkehr trat heute zu einer Sitzung zusammen. — Die gedeckte Corvette „Leip zig* die als Seecadettenschulschiff auf 2 Jahre nach Ostasien geht, hält in den nächsten Tagen noch Tor pedoschießübungen ab und wird am 15. d. ihre Reise antretev. An Stelle deS schwer erkrankten Capitän» zur See Sattig ist der Corvettencapitän Herbig, bis her Decernent für Ausrüstung im Admiral-stabe, mit dem Commando de- Tadettenschiff» „Leipzig* betraut worden. Der Capitän zur See Sattig ist infolge von lleberanstreugung erkrankt, indem er außer seiner Function al- Decernent für militärische Verwendung der Schiffe genölhigt war, in Abwesenheit des Capitän- zur See Knorr, welcher seinerseits mit dem Commando deS Panzergeschwaders beauftragt worden, die Ge schäfte deS Letzter» als Chef de- Stabes der Ad miralität mit zu führen. Aus diesen Thatsachen geht, wie man der „N. A. Ztg.* mittheilt, zur Evidenz her vor, wie groß der Mangel an Offizieren in den höheren Commandostellen der Marine ist, so daß man genöthigt war, zum Geschwaderchef einen hohen Offizier deS Stabe- zu ernennen und einem Andern doppelte Func tionen zu übertragen. Karlsruhe, 11. October. Die „KarlSr. Ztg.* schreibt: DaS großherzogl. Landgericht Mannheim (Straskammer) hat unterm 12. September, betreffend da- Eisenbahnunglück beim Heidelberger Bahn hofe vom 29^30. Mai l. I., gegen verschiedene Be dienstete der Bahnverwaltung Strafurtheil erlassen und, wie damals öffentliche Blätter berichteten, bei der mündlichen Verkündigung der Entscheidungsgründe, am 18. September, strafmindernde Momente zu Gunsten eine- der Angeklagten darin erblickt, daß die feiten der Generaldirection für den Bahnhof in Heidel berg getroffenen Anordnungen unzureichend gewesen feien und daher die Generaldirection von der Mitver schuldung deS Unglücks nicht völlig freigesprochen wer den könne. Sofort nach Bekanntwerden dieser Kund gebung de- Gerichtshofs hat sich die Generaldirection an die großherzogl. Staatsanwaltschaft und nachmals auch unmittelbar an den Gerichtshof gewendet, um thunlichst fchnell in den Besitz des Wortlauts jener EntfcheidungSgründe zu gelangen, waS inzwischen auch, am 4. d. M., geschehen ist. In der That enthalten denn die erwähnten EntfcheidungSgründe mehrfache Ausführungen, welche der Generaldirection eine erheb liche Verschuldung zur Last legen. Die Generaldirec- tion ist im ganzen Verlaufe der gerichtlichen Verhand lung nicht gehört worden; wir sind aber in der Lage, schon jetzt zu erklären, daß die bezüglichen Ausführungen der EntfcheidungSgründe auf unrichtigen Unterstellungen beruhen und daß feiten des zuständigen Ministerium- die geeigneten Schritte eingeleitet sind, um auch vor der Oeffentlichkeit eine völlige Klarstellung deS Sach verhalt- herbeizuführen. Darmstadt, 8. October. (Schwäb. Merc.) Gestern und heute tagte hier der Congreß deS deutschen Vereins für Armenpflege und Wohlthätigkeit, der au- allen Gauen deS deutschen Vaterlandes sehr zahlreich besucht war. Di« Anträge der statistischen Commission deS Vereins über die Führung einer ein gehenden und fortlaufenden Ar men st at ist ik, und zwar bezüglich der finanziellen Seite deS Armenwesens und der individuellen Verhältnisse der Unterstützten, wurden mit dem Zusätze angenommen, daß auch die etwaigen besonderen Verhältnisse der Armenverbände untersucht werden sollen. Der zweite Gegenstand, über welchen der Vorsitzende der Armendeputation in Crefeld, Seyffardt, referirte, beiraf die Organisation der Armenpflege in den Gemeinden. Der Congreß „O, Hermann, nein, nicht damit Du mir danken solltest, erzählte ich Dir das Alles,* sagte sie, „eS floß mir nur vom Herzen, weil ich mir sagte: er ist dein Sohn geworden — er darf in das Leben, in das Herz feiner Mutter schauen l* Er hatte nun ihre Hand genommen und dieselbe stumm an seine Lippen gedrückt. „Und nun reden wir nicht weiter!* fetzte sie rafch hinzu. „Wir wollen unS jetzt wieder anderen Dingen zuwenden, Hermann — die Stunde, in der wir unS die Herzen öffneten, wird darum nicht vergessen sein!* Sie hauchte noch einen flüchtigen Kuß auf seine Stirn und erhob sich dann, um das stille Asyl, da» sie eine Zeit lang ausgenommen hatte, wieder mit dem glänzendern Raume, der die Gesellschaft umschloß, zu vertauschen. Hermann blieb noch zurück; in seinem Kopse wie in seinem Herzen wogte eS unruhig, ohne daß er sich sein Empfinden bereit- völlig klar machen konnte — nur so viel wußte er, daß eS ein schmerzhaftes war. Wie viel Schatten auf eine sonnige Landschaft fällt und ihr plötzlich Glanz und Farbe raubt, so war auch in ihm mit einem Male etwa- verdunkelt worden — vielleicht nur seine Stimmung, die Fähigkeit, sich in diesem Augenblick einem lieblichen Traume hinzugeben. Er zürnte seiner Pflegemutter nicht, daß sie ihm jene Enthüllungen gemacht, ja, er hatte sie vielleicht nie inniger geliebt, al- da sie ihn einen Blick in ihr Leben thun ließ, und noch jetzt fühlte er sich von diefer Empfindung durchdrungen — zugleich aber noch von einer andern: dem bestimmten Bewußtsein, daß sie mit ihren Worten etwa- in ihm zerstört, zertrüm- Mert hatte! Worin die- Etwa- bestand — er konnte er sich in diefer Stunde noch nicht fügen, und däm merte ein Ahnen in ihm auf, fo fuchte er eS noch zu- rückzudrängen, sich über dasselbe zu täuschen; nur das blieb stehen, daß in Dem, was sie gesagt, eine geheime Forderung gelegen hatte, eine Forderung, die er er füllen mußte auf Kosten seines eigenen Geschicks! Als Hermaun endlich in den Saal zurückkehrte, fand er auch hier eine Wandlung vor — die Physiog nomie des Festes hatte sich verändert; der letzte Tanz war soeben beendigt worden und das war das Signal zur Heimkehr gewesen, die aber auch wieder mit einem Contrast zu der ersten fröhlichen Fahrt drohte, denn ein kaum vermutheteS, rafch eingetretenes Thauwetter hatte, da eS mit Regen verbunden war, den Gebrauch der offenen Schlitten mißlich gemacht, und fo waren Wagen auö der Stadt herbeigeholt worden, in denen die Damen wenigsten- geborgen werden konnten. — Er selbst sollte Virginie also nicht wieder fahren — — nun, eS war vielleicht thöricht. daß er bi» zu diesem Augenblick die Voraussetzung a'.S zu seinem Rechte ge hörig betrachtet hatte, aber er fühlte jetzt doch, daß er im Stillen die Stunden gezählt hatte, bi- er sie wieder an seiner Seite haben, ihr heiter-ernste- Geplauder und ihr liebliche- Lachen ihm allein gehören würden! — Ein Ton nur dieses Lachen», ihrer Hellen Stimme müßte seine Stimmung von ihrem Druck befreien, meinte er, und in dem Verlangen, ein Wort wenigsten- von ihr zu hören, ließ er seine Augen nach Virginien durch den Saal schweifen. Dort war sie; sie wandte sich eben von O-kar ab, mit dem sie au- dem letzten Tanz getreten war, der ihre Hand hielt und anscheinend noch zu ihr reden wollt«, während ihre Miene, ihre Bewegungen eine seltsame Hast bekundeten, von ihm loszukommen. Der junge Mann fügte sich und trat zurück, seine Augen jedoch folgten ihr, und obwohl andere dazwischen tre tende Personen ihn in der nächsten Minute Hermann'- Blicken entzog, fo hatte diefer doch eine heftige, fast leidenschaftliche Erregung in jenen Augen gelesen. Mehr aber noch al- auf ihn wandte sich deS Letztern Aufmerksamkeit jetzt auf Virginie, deren Züge gleich falls eine große, an Verstörung grenzende Aufregung verriethen. Erschrocken über den Äu-druck, trat er ihr einige Schritte entgegen, als sie ihren Weg nach se>.ier Sette hin emfchlug. „Virginie, waS ist Ihnen?*-wollte er geradezu ausrufen, als ihr Auge ihn gewahr ward. Wie ein Schreck glitt eS nun auch durch ihre Glieder und in raschem Wechsel kam und ging dl« Farbe auf ihren Wangen. Einen Augenblick jchien eS, als würde sie ihm au-weichen, dann aber faßte sie offenbar einen raschen Entschluß, denn sie sagte hastig, während sie den Fuß schon zum Weiterfchreiten ansetzte: „Hermann, die große japanische Lilie in unserm Gewächshaus?, welche Sie neulich schon in der Knosp« bewunderten, blüht jetzt — wollen Sie dieselbe morgen sehen?* Und ohne eine Antwort abzuwarten, fast als habe sie etwas Unerlaubtes gethan, eilte sie von ihm fort. WaS war das? Virginie wollte ihn sprechen — warum forderte sie ihn nicht in ihrer gewohnten Weise auf, da» Hau» ihre» Vaters zu betreten? Lag denn eine so lange Zeit zwischen diesem Augenblick und dem andern, wo sich jene Weise bl» zum Uebermuth ge steigert und sie durch ihn fein Kommen erzwungen hatte? — Sein Herz klopfte, al» er sich da» Alle» fragte, aber er beschloß, morgen zu ihr zu gehen, um sie zu sprechen. Kaum war Virginie aus dem Saale verschwunden, fo trat Oskar zu seinem Pflegebruder. „Ich sah Dich mit Virginie sprechen,* sagte er mit unruhigem Athem, „hatte sie Dir etwa» nutzutheilen — etwa- Besonderer meine ich?* Ein prüfender Bl'ck Hermann'- glitt über die Züge deS jungen Mannes. „O nein, nur eine Kleinigkeit; — um eine Blume handelte e» sich,* setzte er langsam hinzu. Sein Gesicht blieb gelassen, als er dl« Worte sprach und Oskar'» Erregung schien sich zu besänftigen, da er in diese ruhigen Züge blickte. „Ich danke Dir!* sagte er wie unwillkürlich; dann aber, ohne sich über die Bedeutung diese» Danke» weiter zu äußern, wandte er sich ab und Beide schritten mit der übrigen Gesellschaft hinaus. (F-rtfetzung folgt.) Telegraphie. Am 7. October ist eine sehr wichtige unterseeische Telegraphenverbindung an der Westküste Amerikas in Betrieb genommen worden, mit welcher einem lange gefühlte» Bedürsniß derHan- delSwelt abgeholfen worden ist Bisher bestand zwi schen der nördlichen Küste von Peru, sowie den Städten der kleineren Republiken an der Westküste und in Centralamerika und der übrigen Welt keine Kabel verbindung; jetzt sind Peru, Ecuador, Columbia, Costa-Rica, Nigaragua und Guatemala in da» Trlegraphennetz mit den Bereinigten Staaten und dem übrigen Europa u. s. w. hineinbezogen. Di«
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