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Weißeritz-Zeitung : 09.06.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-06-09
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1761426109-192306096
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1761426109-19230609
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1761426109-19230609
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWeißeritz-Zeitung
- Jahr1923
- Monat1923-06
- Tag1923-06-09
- Monat1923-06
- Jahr1923
- Titel
- Weißeritz-Zeitung : 09.06.1923
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Faschismus immer noch Trumpf. Dr. L. Mühling. So hell, wie während der ersten fünf Monate der faschisti schen Herrsä)aft leuchtet der Hinmiel nicht mehr Uber dem Haupte Mussolinis. Die vollkommen zum Schweigen ge- vvachtc Opposition beginnt sich zu regen. Einige Zeitungen wagen es, vorsichtig Kritik an der faschistischen, sich von den Methoden der Diktatur kaum unterscheidenden Herrschge- wohnheiten des »schwarzen Herzogs" zu üben. Aber auch in den Reihen der eignen ins riesengroße gewachsenen Partei entstehen Bewegungen, die den obersten Grundsatz des Fa schismus, den der Ordensregel der Jesuiten entlehnten Grundsatz des widerspruchslosen Gehorsams, nicht mehr anerkennen. In Siiditalien ist aus den Reihen des Faschismus die sogenannte Soldinobemegung hcrvorgegangen, die sich nach ihrem Symbol, einem biankgeputzten Kupferstiick von 5 Lentesime nennt, das ihre Anhänger im Knopfloch tragen. Der Führer dieser Bewegung, der Hauptmann Padovani, hat gefunden, das; der Faschismus insofern nicht monarchistisch genüg ist, als sein Idol weder der König, noch die Monarchie, sondern ganz allein sein Schöpfer, der schwarze Herzog, ist. Und das Fünfpfennigstück wird von ihnen im Knopfloch getragen, weil ihm das Bild des Königs ausgeprägt Ist. Im Parlament hat der Abgeordnete Misuri eine Rede gehalten, in der er mit einer ganz unromanischen Mäßigung an einigen Maßnahmen Mussolinis Kritik übte. Weil einige Mitglieder der faschistischen Partei ihm nach dieser Rede die Hand drückten, berichtete die Presse darüber wie Uber ein kapm glaubliches Wagnis. Die »Aufrührer" wurden denn .auch gleich durch den Hohen Rat der Partei, nicht der Frak- ,Mon, aus dem Parteivcrbande ausgeschlos. s« n. Auch der Hauptmann Padovani hat sich dem ihn tref- Anden Verdikt Mussolinis löblich unterworfen. Man kann tagen, daß die Soldinibewegung, die in Sizilien und Sar dinien Fuß gefaßt hatte, vollkommen erloschen ist. Vorläufig ist trotz aller dieser Mißstimmungen, die inner- halb der eignen Partei entstanden sind, Mussolini in seinem Lande noch immer der mächtigst« unter allen Ministerpräsidenten Europas. Er muß jetzt zwar mit einer Opposition rechnen. Aber es un- terliegt keinem Zweifel, daß er mit ihr fertig wird. Man weiß, daß er freiwillig nicht aus dem Amte scheiden wird, und es ist in ganz Italien niemand vorhanden, der den Mut oder auch nur den Willen hätte, ihn gewaltsam zu beseitigen. Seine Reden atmen nach immer eine Menschenverachtung und «ine Tatkraft, die nicht das geringste Gefühl von Unsicherheit unter seinen Anhängern aufkommen läßt. In Padua hat er gleich drei solcher Reden an einem Tage, am 1. Juni, gehalten. Garin hat er denen geantwortet, die von Krisen des Faschismus gesprochen haben. Zuerst sagte er zu den dort versammelten faschistischen Frauen: „Glaubt nicht den mehr oder weniger im Der- vovgenen krächzenden Unglücksraben, den mehr oder weniger kam brüllenden Affen, dieser ganzen weitverbreiteten Tier welt Italiens, die sich politisch nennt und die einen anderen Ramen verdiente. Glaubt denen nicht, die von einer Krists tu, Faschismus sprechen. Es handelt sich um einzelne Vor- «änge, um kleine Episoden des großen Ereignisses, um Fragen, die einzelne Menschen, nicht um solche, welche die Masse angehen. Die Erscheinung ist schon überwunden, weil dk Faschisten, wenn sie gerade nicht ihren Feinden aufs Maul zu schlagen haben, sich den Luxus leisten können, unterein- ander ein wenig zu streiten. Aber wenn die Feinde das Haupt erheben und mehr oder weniger dumme Opposition machen, dann schließen sie sich sofort wieder zum Block zu sammen, und dann wehe den Besiegten! Und da die Ge- kegenheit günstig ist, so möchte ich euch sagen, daß der Versuch, Mussolini vom Faschismus zu trennen, der nutzloseste, der aroteskeste, der lächerlichste Versuch ist, den man machen kann. Ich bin nicht so stolz zu sagen, daß Mussolini und der Faschismus ein und dasselbe ist. Aber vier Ähre Geschichte haben klar bewiesen, daß Mussolini und der Faschismus zwei Körper und eine Seele oder zwei Seelen und ein Körper sind. Ich kann den Faschismus nicht verlassen, weil ich ihn ge schaffen, erzogen, starkgemacht, ja auch gezüchtigt habe, ich halte ihn noch fest in meiner Faust und werde ihn immer halten." j An demselben Tage sprach er ähnliche Worte, Worte moller Hohn über das Parlament und seine ehrwürdigsten Ge- - Holtenau den Studenten, und eine dritte Rede ähnlichen In- Halts hielt er an demselben Tage in Rovigo vor einer , Mchetterversammlung. Und überall wurde ihm zugejubelt. > Er ist jetzt auf einer Reise nach St.... ien und Sizilien, also I nach den Heroen der Bewegung, die .m>. aus den eigenen ; Reihen entgegcntrat. Ein kurzer Aufe -. /Nt wird genügen, j um das Feuer, das dort schon im Erlöschen ist, vollends aus- i zutreten. Dann wird er der Kammer, so ungern sie sich auch zu diesem ihr angesonnenen Selbstmord entschließt, das Wahlgesetz aufzwingen, das ihm eine unerschütter liche Dreiviertelmehrheit verschaffen wird. Und ! wenn er Uber diese Kammer verfügt, dann wird er sich durch j «ine Verfassungsänderung vom Parlament unabhängig § machen. Frankreich nicht vechandluWsbereit. Di« Prüfung der deutschen Vorschläge von s vornherein abgelehnt. Dem Matin zufolge hat Jaspar während der Konfe- ! renz ein Telegramm aus Berlin bekomme«, in dem di« Absendung der neuen deutschen Vorschläge mttgeteilt »nd deren Grundzüge angegeben wurden. Jaspar teilte dieses Telegramm Poincars mit, der dar- «f erklärte, dass die neuen Borschläge Deutschlands aus bi« wesentlichsten Forderungen Frankreichs und B«l- MienS nicht eingingen, hauptsächlich nicht auf die Ein - stellung des passiven Widerstandes. Diese Vorschläge könnten deshalb nicht geprüft werden. Dieser französische Standpunkt wäre nach kurzer . Besprechung auch von den Belgiern angenom- - men worden. Poineart erklärte, dass man Deutschland > «nr erwidern könne: „Euer passiver Widerstand soll ^««gesetzt werden — folglich werden wir nicht unter- Handeln!" General Degoutte und Tirard sind aus- ! gefordert worden, einen genauen Bericht darüber aus zuarbeiten, worin die Einstellung des passiven Wider standes besteh«. Deutschland werde somit genau von den Massnahme« unterrichtet werden, die «S zu ergreifen habe, um den Passiven Widerstgpd aufzugeben. Poinear« wäre der Ansicht gewesen» dass die Haltung Frankreichs und Belgiens so klar wär«, dass «ine neue Begegnung nicht mehr nötig sein würde, um über die Ablehnung der neuen deutschen Vor schläge zu beraten. Der Verlauf der Konferenz. Havas meldet über den Perlauf der Brüsseler Konferenz: Nach einer Unterredung zwischen Poincars, Theunis und Jaspar, die mehr als eine Stunde gedauert hat, sind die Sachverständigen zur Teilnahme an den Beratungen be rufen worden. Die Sitzung dauerte bis 6^ Uhr. Sofort nach Beendigung ist das folgende Eommuniqu« ausgegeben j worden: „Die belgische und die französische Regierung haben heute die gemeinsame Prüfung -er verschiede nen durch die Rnhrbesehung aufgeworfenen Fragen fortgesetzt. Sie habe» restlos alle ihre frü- i Heren Beschlüsse aufrechterhalten, na mentlich was die Bedingungen betrifft, unter denen die Räumung des Ruhrgebiets nach Zah- lung der Reparationen erfolgen wird, und was die Verpflichtung Deutschlands betrifft, vor jeder Prüfung seiner Vorschläge dem Passi ven Widerstand «in Ende zu bereiten. Die beiden Negierungen haben das Programm neu zu ergreifender Massnahmen geregelt, um den Druck zu verstärken und um Deutschland zu einer raschen Erfüllung seiner Verpflichtungen zu zwingen." Me Havas berichtet, haben die Minister den Sitzungssaal durch eine Hintertür verlassen, um den Fragen der Journalisten zu entgehen. Poincars ist nach Beendigung der Konferenz von dem belgischen König empfangen worden. Der französische Ministerpräsident nahm die Gelegenheit war, um seinen Standpunkt in der Neparationsfrage auseinanderzusetzen. Es lei kein Geheimnis, erklärt der Matin, daß der belgische König ein besonders warmer Freund Eng- lands sei und es lebhaft wünsche, daß England sich an den Reparationsbesprechungen beteilige. Poincare hab cerklärt, daß er gleichfalls ein Zusammenarbeiten mit England wünsche, doch müßten sich die belgische und die französische Regierung vorerst über gewisse Grundlagen verständigen. Das Blatt teilt nicht mit, daß cs Poincare gelungen ist, den belgischen König von der Stichhaltigkeit seiner Gründe zu überzeugen. Enttäuschung. Die Berichte der Pariser Blätter über den Verlauf der Konferenz stellen ein Sammelsurium wider- sprechender Meldungen bar. Als wesentlichsten Ge samteindruck darf man wohl verzeichnen, daß eine ge-j wisse Enttäuschung über die ganze Angelegenheit teils verhohlen wird, teils unverhohlen zum Ausdruck kommt! Die Brüsseler Konferenz hätte etwas Besonderes werden sollen, sie wäre aber genau so unwesentlich geblieben, wie alle die vielen anderen Konferenzen vorher. Zum Teil wird her- vorgehoben, daß in der offiziellen Mitteilung, die wir heute früh zum Abdruck gebracht haben, dieübliche Versiche rung des vollkommenen Einver st ändnisses der Konferenzteilnehmer gefehlt habe, was ja auch unzweifel- > Haft kein Zufall ist. Und recht charakteristisch ist auch die Mel- ! düng, daß die belgischen Minister verschnupft wären, ihren i Reparationsplan mit den dort vorgesehenen Monopolen : u. f. f. von Poincars so verächtlich behandelt zu sehen. In den Berichten aus Brüssel wird allgemein noch hervor- j gehoben, daß nunmehr neue Druckmittel im Ruhrge- j biet angewendet werden sollen, um Deutschland zur Kapitu- ? lation zu zwingen. Die Mittel sind offiziell noch nicht be- s kannt. Auf der Konferenz sprach man auch über die Ein- ! treibung der Ausfuhrtaxe, die man jetzt euer- - gischer betreiben wolle, auch darüber, wie man die deutschen s Eisenbahner zwingen könne, für die Alliierten zu arbeiten, s und sogar vom R h eiugcld. Be'mscke Kühler in Lo^ösn? i Die Pariser Zeitungen mrldcn, dass das belgische .Kabinett in London einen Fühler ansstrecken wolle, um festzustelle», ob sich England einer Lösung anschliesse, dass eine deutsche Neparationsnote vo» Frankreich und Bel gien nicht geprüft werden soll, wenn nicht vorher der Passive Widerstand im Ruhrgebiet eingestellt würde. Falls England sich dieser Lösung anschlicssc, soll eine gemeinsame Antwort auf die deutsche Rote erfolgen. Würde England das aber nicht tun, dann ist es wahrscheinlich, dass auf die Note der Neichs- regierung überhaupt nicht geantwortet wird. OieMMarisienma der Hern er S trecke Nach einer Meldung der Kölnischen Zeitung -aus Gelsen kirchen ist die Besetzung der Eisenbahnstrccke Herne—Gelsen kirchen—Altenessen gestern nachmittag 4 Uhr beendet worden. Die Franzosen vermiesen die Beamten und Ar beit e r, nachdem sie sich geweigert hatten, in französische / Dienste zu treten, von ihrer Dienststelle mit dem Bemerken, daß die Strecke militarisiert werde und sie in Zukunft nichts mehr auf ihren bisherigen Dienst stellen zu suchen hätten. Eine große Menge rollen- oen Eisenbahn- und Baumaterials ist den Franzosen in die Hände gefallen. Die Beute, die ihnen aus den Stationskassen und den Gütcrabfcrtigungsstellen in die Hände fiel, ist jedoch nicht bedeutend. Mittwoch kurz nach 4 Uhr verließ die militärische Beglcittruppe der Besetzung das Gelsenkirchener Gebiet, nur die Militüreiscnbahner und die französischen Zivileisenbahncr sowie ein stärkeres Macht kommando blieben zur Bewachung der Strecke, der Brücken und der Uebergünge zurück. In Ludwigshafen wurden neuerdings 4 7 Eisen bahner mit ihren Familien, darunter 115 Kinder, von de» Franzosen ausgewiesen. In Duisburg sind wieder 166 l-iic -'aahncr ausgewiesen worden, in Heißen 6, in Cssen-West 1 Eiseubahnbeamtcr. j Vie größten Lumpen im Lande. Nach Meldungen aus Dortmund gelang.es der Kriminal- Polizei, einen Spitzel zu verhaften, der im ftanzöfischen Sold« stand. Er hat u. a. den vom Düsseldorfer Kriegsgericht zu lebenslänglicher Zwangsarbeit verurteilten Sadowsky in die Hände der französischen Besatzung», behördegespielt. Im ganzen fitzen vier Spitzel wegen dieser Angelegenheit hinter Schloß und Riegel. Es steht fest, daß Angehörige der fvanzösischen Spitzelorganisation nach der Verhaftung Schlageter» etwa 700 000 Mark von den Franzo. sen erhalten haben. Der Sonderbündler Reuter gibt zu, den Schuß getan zu haben, dem in der Fronleichnamsnacht der Pförtner D i tz zum Opfer fiel. Er will in Notwehr gehandelt haben, was aber durch Zeugen widerlegt wird. Die Franzosen lassen di« Verhaftung nicht zu. Bluiiqe Krawalle in Leipzig. s Lote, S7 Schwerverletzte. — Lichtscheues Gesindel als Hetzer. Für Mittwoch nachmittag hatte das Gewerkschaftskartell , Leipzig gemeinsam mit der Vereinigten Sozialdemokratischen j Partei ttne Massenkundgebung auf dem Augustusplatz ein- j berufen. Bereits um 4 Uhr hatten sich am Eingang der Srimmaischen Straße zum Augustusplatz undisziplinierte Massen ! angesammelt, die die dort stationierten Polizeibeamten ver- grügelten und versuchten, sie zu entwaffnen. Dabei erlitten tin« Anzahl Beamte Verletzungen. Es wurden. Verstärkungen hinzugezogen, jedoch wurden die Beamten^ schließlich von der Menge bis an die Ritterstraße zurück--^ gedrängt. Zu dieser Zeit langten die Demonstrationszügc auf dem Augustusplatz in völliger Ordnung an, und die Demonstration selbst verlief ebenfalls in Ruhe und Ordnung, jedoch verzögerte sie sich etwas. Diese Gelegenheit wurde von, wilden Rednern benutzt, um di« Massen aufzuhetzen. Die Meng« in der Grimmaischen Straße nahm eine immer bedrohlichere Haltung an und verlangte, daß die Polizei abziehen sollte. Weil die Gefahr bestand, daß die Polizeibeamten abgeschnitten und die Wache gestürmt würde, wurde nach Hinzuziehung weiterer Verstärkungen die Menge zurückgedrückt und der Augustusplatz geräumt. Aus den Kreisen der Demonstranten fielen hierbei Schüsse. Darauf wurde auch von feiten der Polizei geschossen, zunächst blind, dann auch scharf. Nach den bis jetzt vorliegenden Berichten sind fünf Tote und 32 Verwundete zu beklagen. Bei der Firma Bamberger L Herz wurde eine große Schaufensterscheibe zertrümmert. Plünderungen wur den durch die Polizei und den Ordnungsdienst verhindert. Der gewerkschaftliche Ordnungsdienst ver mochte sich nicht zu halten und zogsich zurück. Eine An zahl der Ordner wurde von der Menge mißhandelt. Die Sttmmung im Stadtinnern ist nach wie vor erregt. Im wei teren Verlauf der Polizeiaktion wurde auch eine berittene Abteilung eingesetzt. Das Vorgehen der Polizei ist von den Leitern des Gewerkschaftsverbandes dem Polizeipräsidenten gegenüber als in jeder Beziehung korrekt be zeichnet worden. Die Demonstranten wurden schließlich nach dem Hauptbahnhof zu abgedrängt. In der inneren Stadt und auf dem Ning ist die Ruhe wieder hergestellt. Ueber die folgenschweren Exzesse wird amtlich mit- geteilt, daß bei den Vorgängen ersichtlich lichtscheue Elemente die treibenden Kräfte gewesen sind. Die Zahl der Opfer stellt sich, wie aus den nachträglichen Fest- stellungen hervorgeht, auf 6 Tyte, 3 7 schwer und etwa 6 0 leicht Verletzte. Auf Grund der Vorgänge hat der Leipziger Polizeipräsident nunmehr alle Umzüge und Versammlungen unter freiem Himmel bis auf weiteres verboten. Ein Neparationsplau der enqliscqen Industrie. London, den 7. Juni. Die 70 Mitglieder umfassende Industriellengruppe des Unterhauses hatte in den letzten Tagen Besprechungen mit deutschen Industriellen. Es wurde eine Denkschrift ausgearbcitet, die folgendes vorsieht: 100 Millionen Pfund Sterling sollen in Deutschland sofvrtaufgebracht werden, die an Frank reich, Belgien und Italien als erste ä-eonto-Zahlung zum Wiederaufbau der zerstörten Gebiete gegeben werden sollen. Für die Gesamtschuldiumme Deutschlands sollen ein Minimum und ein Maximum festgesetzt werden, ersteres in Höhe von 11/2 Milliarden Pfund Sterling, letzteres 3 Milliar den Pfund Sterling, wovon die bereits gezahlten Summen abgezogen werden sollen. Eine inter alliierte Kommission, in der Deutschland und Amerika ver treten sein sollen, würde den Fortschritt der deutschen Industrie und des deutschen Handels genau verfolgen und Vorschläge an ihre Negierungen erstatten. Die Kommission soll auch das Recht haben, der deutschen Regierung Por schriften zu machen. England würde auf dic Rückzahlung der alliierten Schulden verzichten, dafür aber jährlich 3b Millionen Pfund Sterling von den deutschen Reparationszahlungen er halten. Dre TeuerrmgemLÄtpr rattsn im Auf der Tagesordnung stand am Donnerstag eine sozial demokratische Interpellation, die Maßnahmen gegen die Teuerung infolge der Markentwertung fordert. Abg. Aufhäuser (Soz.) begründet die Interpellation. Sie wurde eingebracht, so erklärt der Redner, um eine Ent spannung der heutigen Lage herbcizuführcn. Gewiß, die Franzosen tragen schwere Schuld an der wirtschaftlichen Not lage, aber es muß endlich gegen diejenigen Front gemacht werden, die an der Markentwertunq ein In teresse haben und die die deutsche Wirtschaft zum Tum melplatz ihrer unbegrenzten Profitsucht machen. (Beifall links.) Das sind nicht Einzelpersonen, sondern b e st i m m te T e i le des deutschen Besitzes, die die augenblickliche Notlage aus nutzen. Mit diesen Feinden, die im Lande stehen, und die das deutsche Volk zur Verzweiflung treiben, muß endlich abge rechnet werden. Die deutsche Arbeiterschaft ist zu besonnen, als daß sie glauben könnte, daß die Krisis durch Putsche ge löst werden könne. Das Schlimmste an der Lage ist, daß die
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