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Dresdner Journal : 17.04.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-04-17
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189304176
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930417
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930417
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1893
- Monat1893-04
- Tag1893-04-17
- Monat1893-04
- Jahr1893
- Titel
- Dresdner Journal : 17.04.1893
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«62 hat. Auf Grund seiner Mitteilungen entschied der Pascha sich dafür, in Tabora einen Stützpunkt der deutschen Herrschaft zu gründen. Er sandte auS diesem Ort einen Brief in die Heimat der ein ganzes Pro gramm für die Entwickelung Deutsch-OstafrikaS ent hielt. I)r. Emin dachte an eine Dreiteilung der Kolonie für die Verwaltung und sprach die Überzeugung aus, finanziell unterstützt und Mit einer gewissen Selbständigkeit versehen, würde er das Seengebiet bald soweit fördern, daß es die Kosten auS eigenen Erträgen zu decken vermöge. Diese Aufgabe zu lösen war ihm nicht besch'eden. Schon durch die Besetzung TaboraS war er mit Major v Wißmann zerfallen, eine grund sätzliche Meinungsverschiedenheit in der Behandlung der Araber kam dazu, sowie S reitigkeiten mit dem vom Reichskommissar ebenfalls entsandten Händler StokeS und die Schwierigkeiten, der von vornherein zu schlecht ausgerüsteten Expedition aus den geringen vorhan denen Mitteln den nötigen Nachschub zu verschaffen. Von der bureaukratischen Art, die der Stellvertieter WißmannS gegen Emin Pascha anzuwenden beliebte, wollen wir schweigen Aus all diesen Verhältnissen entwickelte sich eine wachsende Verstimmung, die schließlich dazu führte, daß Emin abberufen wurde Den Befehl zur Rückkehr hat Emin Pascha erhalten, aber er ist ihm nicht gefolgt. Wie aus Briefen hervorgeht, dachte er daran, nach Westen zum Hinterland ton Kamerun zu ziehen, und man darf anrehmen, daß Frhr. v. Gra- venreuth, den die ReichSregierung 1891 als Expedi- tionssührer nach Kamerun sandte, einen Vorstoß in das Innere plante, um Emin Pascha zu begegnen. Nachdem in Bukoba, Karagwe und Muansa Stationen angelegt waren, trat der Pascha mit vr. Stuhlmann den Marsch nach den Waldgegenden an, durch die Stanleys Expedition seinerzeit vom Kongo gekommen war. Unterwegs vernahm er, daß am Albert Nyapza geflüchtete Soldaten aus seiner Äquatorialprovinz sich niedergelassen hätten, und versuchte sie zum Anschluß an seine Karawane zu bewegen, doch nur wenige folgten der Aufforderung. Mangel an Lebensmitteln in dem von Sklavenjägern verwüsteten Gebiet, Feindseligkeiten der Eingeborenen und schließlich dec Ausbruch der Pocken unter den Leuten zwangen Emin Pascha schließlich zur Umk.hr, nachdem er eine Strecke weit in die ungeheueren Waldungen eingedrungen war und alle ihre Schrecken kennen gelernt hatte, wie sie in Stanleys Schilderungen übertrieben erschienen. Fast erblindet schickte er, als die Krankheit in sein r Expedition immer mehr um sich griff, Or. Stuhlmann mit den wenigen Gesunden voraus. Der treue Be gleiter wollte ihn nicht verlassen, aber schriftlich kam ihm ein erneuter Befehl zu. So zog ec bangen Herzens von dannen, und seitdem sind nur G rüchte von dem Ergehen des einsamen Paschas nach Europa gelangt. Nicht mehr fähig, seine Leute so zu beauf sichtigen wie sonst und wehrlos gegen die Ränke der Araber und Eingeborenen, ist er wohl ihnen zum Opfer gefallen. Die Person Emin Paschas hat immer etwas Rätsel haftes gehabt und in ollen seinen Handlungen zeigt sich diese Eigentümlichkeit. Daraus erklären sich zum Teil auch die widersprechenden Urteile, die über ihn gefällt worden sind. Was Stanley und dessen An hänger von ihm erzählen, ist längst als haltlos er wiesen, doch auch die Freunde schwanken in ihrer Charakterisierung. Einig sind sie im Lobe seiner Uneigennützigkeit, Herzensgüte und Gelehrsamkeit. Or. Junker und Casati, Schweinfurth und Felkin, der katholische Missionar Schynse und der preußische Hauptmann Richelmann rühmen bei jeder Gelegenheit die Hingabe des Paschas als Arzt und Mensch. Ohne größeres Vermögen ist er gestorben, und das deutsche Volk hat eine Dankesschuld abzutragen. In Bagamoyo lebt das einzige Kind des Paschas, Ferida, die Tochter einer Abessinierin. Für sie zu sorgen, ist deutsche Pflicht, denn überall hat der Vater dem deutschen Namen mit treuester Hingabe und Pflicht erfüllung Ehre gemacht. Tages geschuhte. Dresden, 17. April. Gestern vormittag wohnten Ihre Majestäten der König und die Königin dem Gottesdienste in der katholischen Hoskirche bei. Darauf empfingen Allerhöchstdieselben im Residenzschlosse den zum Kammerjunker ernannten Hauptmann a. D. Frhrn. v. Könneritz. Se. Majestät der König erteilten ferner um 12 Uhr einer aus den ersten Delegierten der internationalen Sanitätskonferenz bestehenden Deputa tion eine Abschiedsaudienz. gemeine Bewegung in der Menge hervor. Alles drängte herbei und man verstellte teilweise den Weg, so daß sich der Kutscher gezwungen sah, im Schritt zu fahren. „Sie ist's I Sie ist's l" „Wer?" „Die Ragotz." Wirklich sah man im Innern eine verschleierte Frauengestalt sitzen, die sich ängstlich in die Ecke ge drückt hatte, um den neugierigen Blicken zu entgehen. Das ärgerte einige aus der Gilde der Lärmmacher und sie ließen verschiedene mißliebige Äußerungen ver lauten, welche die Bestimmung hatten, die Massen zu einer feindseligen Kundgebung zu bewegen, allein der Kutscher benutzte eine Öffnung, um die Pferde anzu- treiben und nach wenigen Minuten war der Wagen in der Einfahrt verschwunden. Der Saal hatte sich indes bis auf den letzten Platz gefüllt. Den Raum, d-r dem Gerichte bestimmt war, hatte man mit einem Schranken abgesperrt, so daß die Zuhörer abgesondert waren, und auße dem hielten dort zur Wahrung der Ordnung zwei Gen darmen Wache. Innerhalb dieses abgeschlossenen Platzes befanden sich zwei Thüren, eine zur Rechten und eine zur Linken, letztere bloß mit einem Vorhänge verhängt. Ein eintönige- Gesumme und Gemurmel ging durch den Raum, das mit einem Schlage ein Ende nahm, als ein Glockenschlag ertönte. Unmittel bar darauf wurde der Vorhang zurückgeschoben und daS Gericht trat herein, um Platz zu nehmen; dann befahl der Vorsitzende, die Zeugen zu rusen. (Fertigung folgt.) Ihre Majestäten nahmen um 5 Uhr an der Familientafel bei Sr. Königl Hoheit dem Prinzen Friedrich August teil und besuchten abends das Altstädter Hoftheater. Se. Majestät der König nahmen im Lause deS heutigen Vormittags die Vorträge der Herren Staats minister und TepartementSchefS der Königl. Hofstaa'en entgegen. LreSdrn, 17. April. Ihre Excellenz Frau v. Pflugk, Lberhofmeisterin Ihrer Majestät der Königin, hat sich heute vormittag zum Kurgebrauch nach Karlsbad begeben. * Berlin, 16. April. Se. Majestät der Kaiser, Allerhöchstwelcher gestern abend in Swivemünde ein- aetroffen waren, hatten gestern früh an Bord des AvisoS ,,Hohenzollern" die Fahrt nach Kiel angetreten. Tie Ankunft daselbst erfolgte nachmittags ^6 Uhr. Bei Passieren brr Festung Friedrichsort s,ab die Strandbatterie den üblichen Kaisirsalut ab, während beim Einlaufen der „Hohenzollern" in den Kieler Hafen sämtliche im Hafen liegende salutfähige Schiffe die Kaiserstandarte salutierten. Beim Vorbeisahren an den einzelnen Schiffen, die Topsflaggen gesetzt, hatte die Besatzung in den Reelings Ausstellung genommen und begrüßte den Monarchen mit einem dreifachen klüftigen Hurra. Nachdem der Aviso dem König lichen Schlosse gegenüber an der Boje festgemacht hatte, begab sich Se. Königl. Hoheit Prinz Heinrich zur Begrüßung seines Kaiserlichen Bruders an Bord. Alsdann meldeten sich der Chef der Marinestation der Ostsee Vizeadmiral Knoir und der mit der Wahr- mhmung der Funktion des Kommandanten von Kiel beauftragte Oberst v. Mützschefahl. Ihre Königl. Hoheit die Prinzessin Heinrich sah mit dem kleinen Prinzen Waldemar von der Schloßterrasse aus dem Einlaufen des prächtigen Fahrzeuges zu. Gegen 8 Uhr wurde an Bord das Tuner eingenommen, zu dem, außer tum Kaiserlichen Gefolge, verschiedene höhere Marineoffiziere befohlen we.ien. Der Kaiser, Aller höchstwelcher an Bord übernachteten, sprachen wieder holt seine Zufriedenheit über den Bau des Schiffes aus. — Heute vormittag wohnten Se. Majestät der Kadettenvorstellung in der Marineakademie und danach mit dem Prinzen und der Prinzessin Heinrich dem Gottesdienste in der Garuisonkirche bei. Dann wurde der Schleusenbau in Holtenau besichtigt Später be gaben Sich der Kaiser wieder an Bord der „Hohen zollern", wo um 1 Uhr das Frühstück stattfand. Nachmittags erfolgte die Rückreise rach Berlin. — Auf Grund des Artikels 6 der Verfassung ist von Sr. Königl. Hoheit dem Gcoßherzog von Baden, nach einer Bekanntmachung des Reichskanzlers, der Minister des Großherzoglichen Hauses und der aus wärtigen Angelegenheiten v. Brauer zum Bevoll mächtigten zum Bundesrat ernannt worden. — Der Kommissionsbericht über die Mili tärvorlage ist, wie wir schon am Sonnabend tele graphisch meldeten, nunmehr von dem bestellten Re ferenten, Abg. Gröber, vollendet und am Freitag dem Bureau nebst Anlagen vollständig übergeben worden. Der Kommissionsbericht befindet sich bereits im Satz und wird den Kommissionsmitglie ern im Bürsten abzug vor der Feststellung durch die Kommission mit- geieilt werden Die Feststellung des Berichts in der Kommission findet voraussichtlich am künftigen Donners tag statt. — Bekanntlich ist es s. Z. angeregt worden, auch für Altona ein Freihafengebiet zu schaffen. Wie man jetzt hört, soll von höherer maßgebender Stelle die Errichtung eines Freihafengebietes in Altona genehmigt worden sein. — Tie durch den Tod des Abg. Boediker er- foi derlich gewordene Reichstag-wähl für Mül heim - Wipperfürth - Gummersbach findet am 6. Juni statt. — Ein Antrag deS Abg. Ahlwardt über seine vielgenannten Aktinstücke, wie ihn der Präsident des Reichstages nach der Geschäftsordnung für erforderlich erachtet hat, war gestern bis zur späten Nachmittags stunde dem Reichstage noch nicht zugegangen; wohl aber waren über diese Angelegenheit allerlei, zum Teil einander widersprechende Angaben verbreitet; in der „Voss Ztg." lesen wir darüber: Thnjächtich hat Hr. Ahlwardt für seinen Antrag die Unterstützung der Sozialdemokraten erbeten, die diese Unter stützung zusagten, indem sie erklärten — beiläufig ein Stand punkt, den auch andere Parteien im Reichstag teilen — es sei Hrn. Ahlwardt und seinen Anhängern jede Behauptung un möglich zu machen als ob der Reichstag sich um eine Er örterung Ahlwardlscher Beweisstücke herumdrücken wollte. Die Sozialdemokraten erklärten sich bereit, solgeuden Antrag zu unterstützen: „Der Reichstag »olle -»schließen, eine Kommission von 2l Mitglieder» zur PrSsnng der von dem Abg Ahlwardt vor- gelegten Schriftstücke zu wählen und mit der Berich erstattung darüber an dar Haus zu betrauen." Hrn Ahlwardt schien dies nicht autzureichen. LS schnubte ihm so etwas wie die Einsetzung einer UutersuchungSkommission mit Befugnis der Zeugenvernehmung re. vor. Dafür waren die Sozialdemokraten nicht zu haben, und so ist denn bis jetzt die Einbringung eine- Anträge» nicht ersolgt. Prag, 16. April. In der gestrigen Land tagssitzung wurde die in der vorangegangenen Sitz ung eingebrachte Regierungsvorlage, betreffend die Ausscheidung des tschechischen Gerichtsbezirkes Laun au- dem deutschen KreiSgerichtSsprengel Brüx und der tschechischen GerichlSbezirke Libochowitz und Raud- nitz aus dem deutschen Kceisgerichtsiprengel Leitmeritz mit dem Amtssitze in Schlau, ebenfalls wie die anderen Abgrenzungsvorlaben der Gemeindekommission zu- gewiesen. Für diese Zuweisung stimmten die Abge ordneten des Großgrundbesitzes und die deutschen Ab geordneten, wogegen die alttschechischen Abgeordneten, welche doch für die Zuweisung der früheren Abgren zungsvorlagen an die Gemeindekommission gestimmt hatten, sich den Jungtschechen anschlossen und ihr Vo lum gegen die erwähnte Zuweisung abgaben. Zur Rechtfirtigung dieses Votums erklärt heute ein alt» tschechisches Blatt, daß die neuen Abgrenzungsvorlagen nur dazu bestimmt seien, das GermanisierungSwerk fortzusetzen, und dabei könnten die Alttschechen nicht mitlhun. Zugleich verlangt das erwähnte Blatt, der konservative Großgrundbesitz möge nicht an der „ver kappten Fortsetzung der AuSgleichSmeierei" teilnehmen; wenn es wirklich geschehen sollte, daß die Abgren zungsvorlagen mit Hilfe des konservativen Groß grundbesitzes angenommen würden, so sei es leicht möglich, daß infolgedessen das Verhältnis des konser vativen Großgrundbesitzes zum tschechischen Volke einer Katastrophe zntreiben könnte. Die Lage der alttschechi- schen Partei gestaltet sich sonach immer peinlicher, weil ihre Führung eine gar zu wankelmütige und unentschlossene ist und schließlich weder da noch dort Vertrauen findet. Wenn sich diese Partei in dergroßen Frage, welche in Böhmen die Gemüter beherrscht, nun wi.der der jungtschechiseben Partei zuneigt, so ist das wohl nicht ter richtige Weg, um die Geneigtheit des konservativen Großgrundbesitzes sür sich zu erhalten. Letzterer hat soeben die Einladung der jungtschechischen Parteiführung zur Teilnahme an einer gemeinsamen Beratung mit den alt- und jungtschechischen Klub- vertretein abgewiesen und zwar „mit Rücksicht auf gewisse Kundgebungen und Vorkommnisse, welche in letzter Zeit teils im Landtage, teils in einem ge wissen Teile d<r Prager TageSpresse erfolgt sind." Wenn nun die Alttschechen der ,freist, nigen National- partei" Handlangerdienste gegenüber dem konservativen Großgrundbesitze zu leisten entschlossen sind, so ist das ein Umstand, der ihre Beziehungen zu letzterem keines wegs zu festigen geeignet ist. Die Gefahr einer „Katastrophe" droht mehr der alttschechifchen Partei als dem konservativen Großgrundbesitze — das muß jeder zugeben, der die politischen und nationalen Partei- Verhältnisse genau kennt. Buda-Pest, 15. April („Voss. Ztg") In der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses inter pellierte der Abg Polonyi (äußerste Linke) die Re gierung, ob die serbischen Ereignisse nicht Vor kehrungen der Regierung erfordern und ob für die Sicherheit und das Eigentum der ungarischen Staats bürger in Serbien gesorgt sei. Ministerpräsident Wekerle antwortete sofort folgendes: Er habe keinen Grund, mit der Antwort zu zögern, da die Monarchie keine Gelegenheitspolitik mache, sondern systematisch vorgehe. Die serbischen Ereignisse Huben in Ungarn Überraschung hervorgerufen, aber nicht, wie der An frager behauptet, Aufregung Tie Regierung würde auch, wenn nötig, Sorge tragen, daß keinerlei Auf- r>guvg um sich greife. „Die Regierung kann positiv vdsichern, daß die vollzogenen Ereignisse unsere Politik in keiner Weise beeinflussen Wir trachten, mit den orientalischen Völkern in guten Beziehungen zu stehen, und fördern, so weit es an uns liegt, wohlwollend ihre Interessen; aber in ihre inneren Angelegenheiten mischen wir uns nicht ein. Die Belgrader Ereignisse sind auch eine rein innere Angelegenheit und die Re gierung ist überzeugt, daß kein Grund vorliegt, des halb den Friede» für gefährdet anzusehen. Aus dem selben Grunde bieten sie auch keine Veranlassung, be sondere Vorkehrungen zum Schutze der ungarischen Staatsbürger zu treffen. Wenn nötig, wird die Re gierung gewiß ihre Pflicht kennen." Das Haus nahm die Antwort zur Kenntnis. * Paris, 14. April. Die mit Erstattung de, Berichts über daS neue französische Cadres- gesetz betraute Kommission der Deputiertenkammer hat ihre Arbeit vor kurzem beendet und dieselbe dem Plenum zur weiteren Behandlung zugehen lassen. Alle nicht t-chnischen Erörterungen sind in dem Be richt grundsätzlich vermieden Worten, insbesondere gilt das von dem parteipolitischen Moment, dessen Hereinziehung in eine Frage der militäri schen Organisation weder in der Kommission der französischen Deputiertenkammer, noch in letzterer selbst und vor allem in ganz Frankreich nicht einmal verstanden, geschweige denn gebilligt werden würde. Weiter geht aus dem Bericht hervor, daß die Mitglieder der Kom Mission in ihrem Bestreben, die schwebenden Fragen lediglich vom militärischen Gesichtspunkte aus und von dem der praktischen Wirkung auf die Leistungsfähigkeit der Armee zu betrachten, nicht allein einstimmig und einmütig waren, sondern daß sie in wichtigen Positionen noch weit über die Regierungs forderungen hinausgegangen sind und sich in ihrem Eiser, der Militärverwaltung eutgegenzukommen und wesentliche Verbesserungen einzuführen, erst beschränken ließen, nachdem der Kriegsminister erklärt hatte, er halte solche Erweiterungen der Regierungsvorlage nicht für nötig. Die Bezeichnung „loi 6s» caärs," wäre nach dem Belicht zutreffender durch den Ausdruck „loi ä'enoaärsmeat' zu er sitzen, da oaS neue Gesetz vor allem bezmecki, die französischen Reserven m einen Rahmen zu bringen, ihnen einen Halt zu geben DaS Ziel, welche» sich die neue loi äs» ouärs» gesteckt hat, besteht darin, die Arime schon in Friedenszeiten mit einer hinreichenden Anzahl Chargen auszustatten, um einen A>S- gleich in der V^chietenheit der LeistungS'ähi^keit des ReserveregimentS herbeizusühren, ohne dabei das Linienregi ment zu schwächen oder dasselbe zu entwerten. Und zwar soll daS nicht nur bei der Infanterie geschehen, sondern bei allen Waffengattungen, wo sich dasselbe Bedürfnis herauS- stellt. Die Bersajser deS Berichts begründen das, indem sie sagen: „Wir würden eine ungeheuere Verantwortlich keit aus uns laden, wenn wir auch nur aus rin Jahr lang die vorgesehenen Formationen ohne Chargen ließen. Es ist von der größten Wichtigkeit, daß schon in diesem Jahre die großen Manöver sich un er güm igeren Bedingungen abspielen als im vorigen Jahre und daß uns«re Reserveregimenter bei dieser Gelegenheit schon mit einem festeren Rahmen und besser gefügt auftrelen." Abgesehen von den Kompensationen sür die zweijährige Dienstzeit sollen speziell die vierten Bataillone in erweitertem Maße die Rolle dir caärss complöweotairs» der sranzösischen Linienregimcnter übernehmen. Die Militärverwaltung ging hierbti ron nahezu gleichen Erwägungen aus, wie die Militäi- kommission der Deputsirtenkammer, während die Mehrheit in d«r Milsiärkommiffien deS teuischen Reichstages das Bedürfnis der vierten Bataillone und damit das Bedürfnis hinreichender Chargen, als der Träger des festen Zusammenhaltes speziell bei einer neu aufzustellenden Truppe, nin,t anerkannte Denn waS hier an Chargen mehr gewährt werden soll, wird nicht gewährt im Sinne des sranzöstschkn Cadresgesetzes, sonoern nur als Ausgsiich sür die zweijährige Dienstzeit und die damit ver bundene erhöhte Arbeitsleistung der Chargen. Allerdings betont der Bericht der französischen Militärkommission noch ganz auedrücklich die „ungeheuere Verantwortlichkeit", welche mail aus sich laden müroe, wenn man auch nur ein Jahr lang noch die Neusormationen ohne genügende Cadrcs lasten würde. Man glaubt also doch in Frankreich, gar keine Zeit mehr verlieren u dürfen, um diese als äußerst dringlich bezeichnete Berstärlung der Friedensrahmen herbeizusühren Im weiteren ist aus dem Berichte ersichtlich, daß nicht nur die dringliche Notwendigkeit einer Cadresvermehrung, wie sie die Regierungsvorlage wollte, son'ern noch eine bedeutende Vermehrung der Chargen seitens der Kommission sür nölig gehalten wird. Betreffs der Jnsanterie wird nun vorgeschlagcn, die Cadres der rö^imoat» sabärvisionnairss folgendermaßen zu gestalten: bei 73 Regimentern bestehen dieselben au» einem Obersten, einem Oberstlieuienant und K Bataillonschess, bei 72 Regimentern aus t Obersten, 2 OberftlieutenantS und S Bataillonschess. Bei allen Regimentern aus 1 capitaino trö-orior, 1 capitains ä'kabillvweat, welche bis zum 6i). Le >en jahre in ihrer Funktion bleiben können, au» 12 Kapitäns erster Klasse, 11 Kapitäns zweiter Klasse und 30 Lieutenants Von der Ausstellung der mehr geforderten beiden Jäger- bataiüone hat die Kommi.sion Abstand nehmen zu sollen ge glaubt, dagegen wird bei den bestehenden 3U Jägerbaiaillonen allgemein Lie Zahl der Compagnien um 2 pro Bataillon ver mehrt wcrdcn Bei der Kavallerie hat die Kommission im LinverständniS mit dem KriegSminister für sämtliche Kavallerie- regin enter eine Erhöhung der CadreS beschlossen, sämtliche französischen Kavallerieregimenter werden i unm«hr an Chargen auswcisen: 1 Obersten, 1 Oberstlieutenant, 2 edel» ä'evouänoo, l Major, t Lapitains ä'instructron, 1 Oapitains tröuorisn, ö ^apitaine» cowwaväunt», 5 Lapitaias» «n »soonä, 22 Lieutenants, im ganzen SS Offiziere, das sind 16 Ossi- ziere im Frieden mehr als bei einem deutschen Reiterregiment. Für die Artillerie ist eine Vermehrung der Cad:eS bei jedem der L8 Artillerieregimenter um 1 obek ä'esouäroo, 3 Lupitaine» co »scooä, außerdem eine Lermehrung von 2 Haup traten bei den Pontonr gimentern, um 1 Hauptmann b,i den Bataillonen der F-stungsanillerie und bei jeder GebirgS- batterie vorgesehen. Die Ansorderungen für Genie und Train wurden nach dkn RegierungSvorschlägen genehmigt. Residenztheater. Die wünschenswerten Erfolge: volle harmlose Heiterkeit und die Bewunderung eines Talente-, das vielseitig befähigt ist, diese wohlthätigen Wirkungen aus da- menschliche Gemüt belebend und verjüngend hervorzurufen, — diese liebenswürdigen Ziele sind erst jetzt im Gastspiel des Hrn. Fettx Schweighofer durch die Costa'sche Posse „Ihr Corporal" wieder erreicht worden. Das Publikum erfreut sich durch zahlreichen Besuch und mit unge- sckwächtem Beifall täglich an dieser Darstellung und teilt über den erfrischenden Eindruck derselben ganz die Ansicht-n der Kritik. Sollte diese unterhaltende Arbeit endlich von allen Kreisen genügend genossen sein, so sind nach einige andere ältere Possen vor handen, die mit demselben Erfolg neu einstudiert werdenckönnen. Auch für dieHerbstsäison wird dem belieb ten Künstler noch eine stattliche Aushilfe übrig bleiben. Es würde unrichtig sein, au- diesem Ausspruch den voreiligen Schluß zu ziehen, daß zur Empfehlung eine- Stückes dessen gereiftes Alter begünstigend bei trüge. Kein gebildeter Kopf wird den Reiz der Neu heit geringschätzen, wenn sich im Gebiete de- Geiste- mit dem Neuen zugleich da- Tüchtige verbindet. So bald aber da- Gegenteil der Fall ist, kann keine gröbere Beleidigung gegen den gesunden Menschen verstand und somit gegen da- Publikum gedacht werden, al- da- alberne Verlangen, die Neuheit eine- Stückes an und für sich schon als ein genügende- Verdienst anzuerkennen. Ebenso muß der eifrig ge pflegte Wahn leerer Köpfe zurückgewiesen werden, daß wohlgelungene litterarische Leistungen wie Kleider schnitte und Modewaren eigentlich nur eine Saison hindurch lebendig bleiben und in wenigen Jahren ver ¬ alten. Hierin liegt ein Armutszeugnis für Narren und solche, die närrisch werden wollen. O. B. Litteratur. — „Lehr- und Handbuch der politschen Oekonomie." In einzelnen selbständigen Abteilungen. In Verbindung mit A Buchenberger, K. Bücher und H. Dietzel und Anderen bearbeitet und herausgegeben von Adolph Wagner. Erste Hauptabteilung: „Grundlegung der politischen Oekonomie." Von Adolph Wagner. Erster Teil: „Grundlagen der Volkswirtschaft." Zweiter Halbband. Leipzig. C. F. Wintersche Verlagshandlung. Mit diesen kürzlich erschienenen Bande ist der erste Teil der „Grundlegung" in der neuen Bearbeitung der dritten Auslage erledigt. Durch die wesentlich erst hier erfolgte Aufnahme der BevöllerungSlehre (4. Buch) hat Inhalt und Umfang dessen, was dieser zweite Halbband im Vergleich mit der früheren Auf« läge bringt, eine erhebliche Erweiterung erfahren. Dagegen ist der Inhalt der beiden Bücher 5 und 6 („Die Organisation der Volkswirtschaft" und „Der Staat, volkswirtschaftlich betrachtet") ungeachtet all seitiger R-vision und stellenweiser Umarbeitung in der Hauptsache derjenige der zweiten Auflage ge blieben. Die äußere Veränderung des ganzen Werkes ergiebt sich schon auS der großen Ausdehnung diese- ganzen Teils, in welchem die neu hineingezogenen einleitenden Erörterungen, dann namentlich die Aus führungen über die wirtschaftliche Na'ur de- Menschen, die Motivation, die Methoden ic. und über die Be völkerung allein 506 Seiten, gegen bloß 16 Seiten der zweiten Auflage, umfassen. DaS Ergebnis der Wagnerschen Lehre von Bevölkerung und Volkswirt ¬ schaft ist: „Robert MalthuS behält in allem Wesent lichen recht" — ein Ergebnis, auf welches der Ver fasser dem falschen Optimismus des Sozialismus gegenüber ähnlichen Wert legt wie auf das Ergebnis im ersten Buche hinsichtlich der Psychologie und Motivationstheorie . . . Der zweite Teil der ersten Hauptabteilung des groß angelegten Werkes wird be handeln: „Volkswirtschaft und Recht, besonders Vermögensrecht oder Freiheit und Eigentum in volks wirtschaftlicher Betrachtung". Die buchhändlerische Ausstattung der beiden vorliegenden Halbbände deS ersten Teil- ist eine gediegene. Oeffentliche Vorträge. In der Si ung des Verein» für Erdkunde am 14. d. M. gelangte abermals ein Gegenstand der Geographie Südamerikas zur Besprechung, indem eS Hr. Prof. A Gorring aus Leipzig über» nommen hatte, die Pampa«, Campos und Blano« zu schildern, jene waldlosen oder mindesten« waldarmen Ebenen, die sich im Gebiete de« Rio de la Plata und de« Orinoko ausdehnen. Die Pampa«, welche den größten Teil von Argentinien einnehmen, bilden fast ununterbrochen eine taselgleiche Fläche, die von büschelförmig wachsendem, grau grün gefärbtem, niedrigem Grase bedeckt ist; nur in der Nähe der Wasserläufe und Lagunen ist e« hoher, von saftigerem Grün und in größerer Zahl mit anderen Pflanzen- geschlechtern untermischt. Tagelang sieht der Reisende nur Himmel und Gra«; doch diese« graue Grasmeer erscheint starr und ermüdet da« Auge, da« auf dem Ozean am Spiel der Wellen und der wechselnden Färbung der Gemäßer und de» Himmel» sich nicht satt sehen kann. Daher begrüßt der Reffende Bäume, die vereinzelt in den Pampa« auftauchen, mit Freuden, um so mehr, al« er sicher sein kann, in der Nähe derselben Wasser zu finden Auch di« Hütte eine« Gaucho trifft er in der Regel unter einem solchen „Schatt«,.
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