Delete Search...
Weißeritz-Zeitung : 27.10.1930
- Erscheinungsdatum
- 1930-10-27
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1761426109-193010278
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1761426109-19301027
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1761426109-19301027
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWeißeritz-Zeitung
- Jahr1930
- Monat1930-10
- Tag1930-10-27
- Monat1930-10
- Jahr1930
- Titel
- Weißeritz-Zeitung : 27.10.1930
- Autor
- Links
-
Downloads
- Download single page (JPG)
-
Fulltext page (XML)
Die Totenfeier von Alsdorf Alsdorf, 26. Oktober. Die herbstliche Stimmung der Jahreszeit paßte zu der Trauer, die Alsdorf und das ganze Aachener Land erfüllt. Am Sonnabendvormittag wurden die 262 Särge vom Ver waltungsgebäude der Grube Anna auf von Tausenden und aber Tausenden trauernder Menschen umsäumtem Wege zu dem Sonderfriedhof für die Opfer der Alsdorfer Gruben katastrophe geleitet. Schon um 8 Uhr morgens begannen die Glocken in Alsdorf und der Umgebung den Trauertag ein zuläuten. Unübersehbare Menschenmassen, schwarz geklei det. in stiller Trauer, Hunderte von Leidtragenden und Hin terbliebenen in tiefem Schmerz fanden sich auf dem Gru- bcngelände ein, um dieser Trauerstunde beizuwohnen. Der Reichspräsident, der Reichskanzler und die Reichs regierung hatten den Reichsarbeitsminister Stegerwald als ihren offiziellen Vertreter entsandt, für die preußisch« Regierung nahm Handelsminister Dr. Schreiber teil; di« Nachbarländer Holland und Frankreich, ferner Jugoslawien hatten besondere offizielle Vertreter entsandt. Nach einer kurzen Ansprache des Generaldirektors des Eschweiler Berg werkoereins, Dr. Westermann, der den Hinterbliebenen das Beileid, den Rettern den Dank der Verwaltung aussprach, nahm Reichsarbeitsminister Dr. Stegerwald das Wort, um zunächst die innige Anteilnahme des Reichspräsidenten, des Reichskanzlers und der übrigen Mitglieder der Reichsregie rung den Leidtragenden auszusprechen und dann zu erklä ren: , Die Bergbaukatastrophe, deren unglücklich« Opfer wir in dieser Trauerstunde ehren, hat nicht nur unter Tag gewütet, sondern auch über Tage zerstört und vernichtet und so in gleicher Weise den Bergmann unter wie Büro beamte, Angestellte, Arbeiter und Arbeiterinnen über Tag« -ahingerafft. Wiederum haben Frauen ihre Männer, El tern ihre Söhne. Kinder den Vater oder die Mutter ver loren. Trotz der Opferfreudigkeit und Todesverachtung der getreuen Helfer konnten leider so viele, die man noch immer .lebend zu retten hoffte, nicht mehr gerettet werden. Lin« unendliche Trauer liegt über ganz Deutschland, und mit un- ßerem Volke trauern fast alle Völker der Welt um die hel- -en der Arbeit, vor deren Särgen wir aufs tiefste erschütteri Athen. Unser herzliches und aufrichtiges Mitgefühl gilt vor allem den Hinterbliebenen und den Verletzten. Was irgend getan werden kann, um ihr Leid zu lindern, sie vor Not zu bewahren, soll und wird geschehen. Die Hilfe wird nicht nur auf die gesetzlich vorgeschriebenen Unterstützungen be schränkt, sondern darüber hinaus sind besondere Hilfsmaß nahmen eingeleitet. Ihr, die Ihr jetzt im Tode ruht, standet im Bewußt sein des Schicksals, das Euch täglich ereilen konnte, in Eurer ernsten harten Arbeit. Ihr fielt in treuer Pflichterfüllung im Dienste Eures VolkesI Mit dem Kranze, den ich im Auf trage des Herrn Reichspräsidenten und der Reichsregierung überbringe, ehrt das ganze deutsche Volk in dankbarem Ge denken Euer Wirken. Euer Streben! Nach dem Reichsarbeitsminister sprach im Namen der Preußischen Regierung Handelsminister Dr. Schreiber. Er führte aus: Tief erschüttert stehen wir an den Särgen all der bra ven Bergleute, die mitten in ihrer friedlichen Arbeit, von furchtbarer Katastrophe überrascht, so jäh dem Leben und ihren Lieben entrissen wurden. Die Erde gibt die Schätze, die sie birgt, nicht her ohne schwere Opfer, die der Bergbau in allen Landern immer wieder fordert. Aber selten war das Opfer so groß, wie es bei diesem Schicksalsschlag von deutschen Bergleuten gefordert wurde. Das, was die An gehörigen der Berstorbenen in diesen Stunden des Grauens verloren haben, vermag niemand ihnen zu ersetzen. Möge es den Witwen und Waisen ein Trost sein, daß mit ihnen das ganze deutsche Volk und über Deutschlands Grenzen hinaus auch der Bergbau und die Bergleute des Auslandes aufrichtig Anteil nehmen an der Trauer, in die sie versetzt worden sind. Noch ist die Ursache dieser Katastrophe ein Rätsel. Möge es der sorgfältigen Untersuchung gelingen, sie zu klären und neue Mittel und Wege zu finden zur Ab wendung der Gefahren, die immer noch den Bergbau um lauern. Meine Verwaltung wird in Gemeinschaft mit allen Beteiligten alle ihre Kräfte für dieses hohe Ziel einsetzen, und es wird alles geschehen, was irgend in Menschenhand lieg: um die Wiederkehr ähnlicher Katastrophen zu ver hüte:: Den Verletzten wünschte der Minister baldige und völ lige Genesung, den Rettungsmannschaften sprach er beson dere Anerkennung und wärmsten Dank aus. Sie hätten durch ihr tatkräftiges Eingreifen manchem Kameraden das Leben gerettet und die alte Treue bewährt, die im deutschen Bergbau von jeher eine Stätte hatte. Den Toten weihte er als Abschiedsgruß zur letzten Grubenfahrt den alten Berg mannsgruß: Glück aufl Ergreifende Abschiedsworte sprachen hierauf die Ber- jreter der drei Konfessionen. Abschiedsgrüße überbrachten die Vertreter des Gewerkoereins Christlicher Bergarbeiter, der Bergarbeiter-Internationale und schließlich ein hollän discher Abgeordneter des niederländischen Roten Kreuzes, der zugleich die Anteilnahme der niederländischen Königin und des niede-ländiscken Volkes zum Ausdruck broehte. Dann wurden unter Orgelspiel die 262 Särge aus dem Zechengebäude herausgebracht. Kopf an Kopf stand die Die Särge der Opfer werden in die Grust aetraaen Die Geistlichkeit am Massengrab. , Menge «n dichten Reihen auf dem Weae nach dem FriLbyvH um den Toten die letzte Ehre zu erweisen. ' Die Beisetzung Die Ueberführung der Opfer nach dem Kirchhof erfolgte in geschlossenem Zuge, nachdem die letzten Särge auf vir riesigen Lastkraftwagen geladen worden waren. Unter dem Läuten der Totenglocke und den Klängen des Chopinschen Trauermarsches setzte sich der endlose Zug um 11.15 Uhr in Bewegung. Auf den Straßen, di« der Zug passierte, herrschte eine lautlose Stille. Hinter den mit Kränzen und Blumen völlig bedeckten Wagen, di« den Zug eröffneten, folgt« die Geistlichkeit, dahinter in ununterbrochenem Zuge die Wagen mit den sterblichen Ueberresten der so jäh M1S . dem Leben Gerissenen, dazwischen wieder Blumen und Tau seiche von Kränzen. Zur Seite die Bergknappen mit trauer umflorten Lichtern. « ' Der Regen, der zu Beginn der Trauerfeier herniederge strömt war, Katt« inzwischen aufgehört, und die Herbstsomts brach durch oi« Wolken, als Wagen nach Wagen an dest gesenkten Fahnen der Vereine und Abordnungen aus dem ganzen Reiche und an der vieltausendköpfigen Menge vorbei- jfuhr. 40 ganz große Lastkraftwagen waren notwendig, um allein die 150 Alsdorfer Toten zur letzten Ruhestatt jit bringen. In Reihen neben- und hintereinander waren die Särge aufgestellt. Die brennenden Scheinwerfer der Wagen wareii mit Trauerflor verhängt. Hinter den Wagen folgten die Angehörigen: alte Mütterchen, von ihren Kindern geführt, Eltern, die die Söhne, Frauen, die ihre Männer, Kinder, di« ihre Väter verloren haben, einfache Leute alles, eine unübersehbare Menge. Nach endlos scheinender Zeit kamen die Toten aus Schaufenberg und Hellersdorf unter Vorantritt der Beamten und der Belegschaft des Eschweiler Bergwerkvereins, die engsten Freunde und Mitarbeiter der Toten, die Kamera den, die zum Teil unter eigener höchster Lebensgefahr ihre verunglückten Freunde aus der Grube geborgen hatten. Die Alsdorfer Toten wurden nach dem eigens für sie angelegten Fr.edhof gebracht, die von Schaufenberg und Hellersdorf in ihrr Heimatsorte. Aus dem neuen Gemeindefriedhof von Alsdorf wurden rund 140 Opfer der schweren Grubenkatastrophe bestattet. An den Gräbern spielten sich herzzerreißende Szenen ab. Die Zahl der an den Trauerfeierlichkeiten teilnehmenden Personen dürfte an 150 000 betragen haben. Erst gegen 14 Uhr war der offizielle Trauerakt beendet, und nur ganz i allmählich entfernten sich die Angehörigen von der letzten ' Ruhestätte ihr«r Toten Kommunistische Kundgebung Während des Traueraktes aus dem Friedhof versuchte die revolutionäre Gswerkschaftsorganisation (RGO.), eine Kundgebung zu veranstalten, indem mehrere hundert Mit glieder dieses Verbandes mit Fahnen und Kränzen die Straßen durchzogen Einige Musikkapellen spielten kom munistische Lieder. Auf dem Marktvlatz kam es zu Zusam menstößen mit der Polizei, die damit endeten, daß die Kom munisten ihre Kränze aus dem Marktplatz niederlegten. Dir Treuer in Berlir Während in Alsdorf die Trauerfeier für die Opfer der ' Katastrophe im Wilhelms-Schacht stattfand, gedachte auch die Reichshauptstadl der Toten Um 10 Uhr wurden zu ihren Ehren alle Glocken geläutet: alle öffentlichen Gebäude und i viele Prioathäuser hatten die Reichs- und die Landeefarben halbstock gesetzt. Dampfer „BaSea" in Ria defchaZe« 20 Todesopfer — 35 verletzte Der hapagdampfer „Vaden" wurde beim verlassen des ' käsens von Rio de Janeiro durch Geschütze des Forts Lapa- vlanca beschossen, 20 Personen wurden getötet, 35 sind ver wundet worden. Der Dampfer ist nach dem Haken zurückge- kehrt, da er beschädigt worden ist. Die „Vaden" ist Rn Dampfer von 8803 Tonnen und von Hamburg nach Buenos ob sich unter den Opfern auch Deutsche befinden, ist Im Augenblick noch nicht festgestellt. Der brasilianische Ma- rineminifter hat sofort den deutschen Gesandten ausgesucht und ihm sein Bedauern zum Ausdruck gebracht. Lr hat hinzuaefügt, daß alle» geschehen werde, um den Vorfall oufzutlären. Von brasilianischer Seite wird betont, daß die Beschießung auf eine Verkettung von Mißverständnissen zurückzufahren fei. 27 Tote aul der „Baden" Hamburg, 27. Oktober Ein Reichsdeutscher gelötet und sechs schwer verletzt Wie die Hamburg-Amerika-Linie mitteilt, sind nach amt lichen Erkundigungen bei der deutschen Gesandtschaft in Ri« de Janeiro 27 Tote, 25 Schwer- und etwa 30 bis 33 Leicht- verlebte m beklagen Unter den Toten befindet ücb ein ! «e«y»oeuil<yer, ver Heizer Willi Müller. .Die Wissen i sind spanischer Rationalität. Unter den SihwervephMeu, Di« gleichfalls überwiegend Spanier find, wurden 6 Reichs- oeuifthe festgestefit. nämlich die drei Passagiere Georg Pohle, Otto Dammbeck vnd Paul höhn und die drei Mitglieder sei Besatzung, der Matrose Heinrich Osterkamp, der Heizer Heinz Lwersdorf und der Maschinenwärter Willi Ahrbeck. Unke« den Leichtverletzten befinden sich ebenfalls 7 bi» 8 Reich- deutsche. Die „Baden", auf der der rückwärtige Mast weggeschossen wurde, wird nach Aufklärung wieder auslaufen und ihre Reise nach Buenos Aires fortsetzen. Die brasilianische Regie rung hat sich bereiterklärt, die Getöteten auf Staatskosten zu beerdigen. Die Hamburg-Amerika-Linie ist bis zur Stunde ohne jegliche Nachricht aus Rio de Janeiro, da offensichtlich Privattelegramme nicht durchgelassen werden. Die Reederei findet für den unglücklichen Vorfall nach wie vor keine Er klärung. Der Vorwurf, daß der Kapitän auf Aufforderung seine Flagge nicht gezeigt habe, ist schon deshalb hinfällig, weil das Schiff um ld Uhr, also bei Dunkelheit, den Hafen verlassen hat. Der Kapitän des Dampfers „Baden" ist ein alter, erfahrener Schiffssührer, der seit vielen Jahren die süd amerikanische Linie befährt und alle internationalen Regeln und Vorschriften durchaus beherrscht. Der Kapitän der „Vaden" verhaftet? New Port. 27. Oktober. Der Korrespondent der „New Aork Times" in Sao Paulo meldet, der Kapitän der „Baden sei verhaftet worden, da die Polizei ihm die Schuld an dem Unglück zuschiebe. ktzvosution in örasilien GehaltsoerMt des Retchspr fidemen Berlin, 27. Oktober. Reichspräsident von Hindenburg bat sich dem Beschluß oes Reichskanzlers und der Reichsminister, bereits ab 1. November ds. Js. auf zwanzig Prozent ihrer Gehaltsbezügr zu verzichten, angeschlossen und dementsprechend dem Reichs finanzminister zwanzig Prozent seiner Gehaltsbezüge zur Verfügung gestellt. Bombenanschlag inJnnsbenü Wien, 27. Oktober. Nach einer Meldung der „Sozialdemokratischen Korre spondenz" aus Innsbruck wurde vor Beginn einer sozialde mokratischen Versammlung, in der der Abgeordnete Dr. Bauer sprach, unter der Rednertribüne eine Bombe mii Zündschnur gefunden, die von politischen Gegnern derari angebracht worden war, daß es dem Täter, der die Zünd schnur in Brand setzen wollte, gelungen wäre, durch ein« Hintertür zu entkommn. Es sind mehrere Verhaftungen er folgt. Gleich nach Eröffnung der Versammlnng wurden Stinkbomben geworfen, sechs Frauen fielen in Ohnmacht. „MsWaÄ" l Arnolt Bronnen, der durch seinen vater ¬ ländischen Romon „Lbcrschlesien" Aufsehen er regt hat, veröffentlicht soeben einen neuen . Roman, der in „Roßbach" den Freikorpsfüh- rer darstellt. Wir veröffentlichen mit Geneh migung des Berlages den Anfang des Buches. „Spielschar angetreten." Wir sitzen in dem kleinen Hotel „Zum Markgrafen" in - der kleinen Oberstadt Schwedt. Vor uns steht ein großer. - blonder Junge in einer braunen Uniform und meldet. Wir ! sehen ihn prüfend an, während sein Auge munter, frisch, ! doch unbeirrbar an Roßbach hängt. Dies ist eine Disziplin, j die uns gefällt; es ist die Diszplin der Freien. Roßbach erhebt sich. Wir folgen ihm in den großen Saal, in welchem am zweiten Abend gespielt werden soll. Diese Säle sind die Urzellen der Kunst in Deutschland. In diesen plumpen, ungefügen Gefäßen brodelt noch alles durcheinander: Theater, Tanz, Politik, Vortrag, Zirkus. So ist auch die Atmosphäre, die der Raum uns entgegen haucht; unrein, doch zur Größe strebend. Sie verwirrt uns; unsere Köpfe schwimmen in der dumpfen Luft über den zahllosen Stuhlreihen. Unter der großen Bühne stehen in militärischer Auf stellung etwa drei Jungen. Uniform; gute, rassige Gesich ter; die Stämme Deutschlands von Holstein bis zur Steier mark; Arbeiter- und Bauernkinder. Ihre Augen hängen an Roßbach wie Stahlspäne an einem Magneten. Der Ober leutnant geht scharf an sie heran, sein Blick durchjagt jeden
- Current page (TXT)
- METS file (XML)
- IIIF manifest (JSON)
- Show double pages
- Thumbnail Preview