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Dresdner Journal : 03.10.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-10-03
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190510031
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19051003
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19051003
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1905
- Monat1905-10
- Tag1905-10-03
- Monat1905-10
- Jahr1905
- Titel
- Dresdner Journal : 03.10.1905
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mittelbare Zukunft der Typus des modernen Industrie arbeiter» der organisierte Arbeiter sein wird Und der erfordert als Gegenstück den organisierten Unternehmer. Darüber darf man sich von vornherein keiner Täuschung hingeben, daß die sich einander grgenüberstehendcn Orga nisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer KampfrS- organisationen sein werden und sein müssen, weil der auf dem Standpunkte des KlaffenkampsS prinzipiell ver harrende Hauptteil der Gewerkschaften dem Unternehmer tum fortgesetzt den Kampf aufzwingen wird. Auch ist c« so gut wie sicher, daß gerade der weitere Ausbau der beiderseitigen zentralistischen Organisationen den Kampf im Prinzip verschärfen wird Was aber im Prinzip zur Verschärfung des Kampfes dient, kann in der Praxi« zu seiner Herabminderung dienen Da nämlich durch den zunehmenden Umfang der Organisationen und durch den Bestand wohlgerüsteter und ebenfalls kampfbereiter Arbeit- gcberorganisationen an Stelle der kleinen Scharmützel mehr und mehr große Kämpfe treten müssen, und da bei diesen Kämpfen das Risiko ungleich größer ist, so werden die OrganisationSsührer es sich sehr reiflich überlegen, ob sie e« wagen dürfen, ihre Organisationen in den Kampf zu führen Da ferner bei beiderseitiger Anerkennung der Organisationen die Verhandlungen vor Beginn und bei Beendigung der Kämpfe von den beiderseitigen Organi sationsleitungen naturgemäß geführt werden müssen, d h. also, da auch seitens der Unternehmer die Verhandlungs fähigkeit der Gewerkschaftsführer anerkannt wird, so haben diese verhältnismäßig wenigen, in den zentralisierten Gewerkschaften an leitender Stelle stehenden Einzel persönlichkeiten (die Legien, v. Elm, Hue rc) auch vor der gesamten Öffentlichkeit die sittliche Verantwortung zu tragen, und dieses Verantwortlichkeitsbcwußtsein muß der leichtfertigen Inszenierung großer, die ganze Organi sation in Mitleidenschaft ziehender Streiks ebenfalls hinderlich sein. Diese neue, aus Anerkennung der Arbeiterorgani sationen gerichtete Arbeitgebertaktik, die naturgemäß auch die Geneigtheit in sich schließt, die Verhandlungsfähigkeit der gewerkschaftlichen Arbeiterführer anzuerkennen, sie hat zunächst dem Arbeitgebertum in subjektiver Hinsicht eine hohe moralische und intellektuelle Position gegenüber den Faktoren unseres politischen und öffentlichen Lebens und gegenüber dem unserer Zeit eigentümlichen sozialen Rechtsgesühl und schützt das Unternehmertum am besten vor willkürlichen Angriffen oder vor plötzlichen und viel leicht notgedrungenen Eingriffen in das Arbeitsverhältnis von außen her. In objektiver Hinsicht aber kann sic zwei Möglichkeiten zur Folge haben Die Streiks werden — wie gesagt — immer größer und opservoller, dafür aber auch seltener. Nun kann in den Gewerkschaftsführern der sozialdemokratische Charakter und der revolutionäre Wille stärker sein, als das sittliche und soziale Verant wortlichkeitsgefühl. Dann werden sie sich bemühen, immer wieder möglichst große Kämpfe selbst aus die Gefahr des Unterliegens hin, um der Erschütterung der bestehenden Verhältnisse willen, zu inszenieren. Solche Kämpfe kämen schließlich einem Generalstreik nahe oder gar gleich In diesem Falle wäre der rein revolutionäre Charakter der Gewerkschaften offen zutage getreten, und die Staats gewalt, gestützt von der öffentlichen Meinung, könnte sich der Notwendigkeit nicht mehr entziehen, gegen ein solches gewerkschaftliches Treiben kraftvoll vorzugehen Die Hoff nung, in den Gewerkschaften einen Faktor friedlicher sozialer Entwickelung zu sehen und zu pflegen, wäre endgültig zu Grabe getragen. Das wäre die eine Möglichkeit Andernfalls aber könnte es sich Herausstellen, daß in den Gewerk schaftsführern sich das soziale Gewissen und das sittliche Verantwortlichkeitsgefühl stärker erweist, als der revolu tionäre und in bestehenden Verkältnissen längst nicht mehr begründete Wille. Dann werden sie nach Möglichkeit davon abstehen, das Risiko großer Streiks bei Gefahr der Niederlage leichtfertig oder böswillig einzugehen. Die Kämpfe — die sicherlich noch Vorkommen müssen — werden zwar immer größer, die Pausen zwischen diesen Kämpfen aber immer länger werden. Und nun könnte cs sich ereignen, daß die proletarische Gefolgschaft — so schreibt wörtlich die „Deutsche Arbeitgeber-Zeitung" — „an diesem Zustande bewaffneten Friedens mit der Zeit Gefallen findet, und daß die Befriedigung über die ver tragsmäßig und mit den obwaltenden gewerblichen Ver hältnissen im Einklang stehenden kleineren Errungen schaften sie auf den Wunsch verzichten läßt, an der Verwirklichung der sozialdemokratischen Utopien mit zuarbeiten". Die neue Arbeitgebertaktik hat also den Vorzug, allen Entwickelungsmöglichkeitcn Rech nung zu tragen und in gleicher Weise die Inter essen des Unternehmertums in vollem Umfange zu wahren, wie den Bedürfnissen der nationalen Gesamtheit und des Staates dienlich zu sein Im besonderen wird noch die Mühe des Um- und Weiterbildens im Blick auf be stimmte Absichten und Endziele die darstellungslustige Hand gehemmt, ganz gehorcht sie noch dem Instinkt, und jeder Strich scheint unmittelbarer als später, beim gleichsam offiziellen Kunstwerk, aus der Erregung der Sinne und der Phantasie zu fließen und für die ur sprüngliche Art der schaffenden Persönlichkeit Zeugnis ab- zulegcn. Indem aber jeder Vergleich zwischen dem Ausgangs punkt und dem Ergebnis einer Entwickelung unseren Sinn für Entwickelung und Gewordenes fördert, so muß schließlich auch das Studium der Handzeichnung, ab gesehen von dem Genuß, den die Erkenntnis ihrer be sonderen Schönheit bereitet, klärend auf unser Verhältnis zu den fertigen Kunstwerken wirken. Einen Meister, den wir in der Intimität seiner Werkstatt beobachten konnten, werden wir ganz anders und bester verstehen und be urteilen, wenn er uns dann in seinen, von vornherein für die Öffentlichkeit bestimmten Werken entgegentritt. Um wertvoll und interessant zu sein, braucht eine Ausstellung von Handzeichnungen nur von dem beson deren dieser Kunstart in ihrer heutigen Gestaltung aus zugehen. Wo der Reiz der Sache nicht in der Voll endung, nicht in der Erreichung eines ästhetischen Ideals, sondern in der ungeschminkten privaten Äußerung einer Persönlichkeit liegt, wäre es am wenigsten angebracht, die Förderung einer auf ein bestimmtes Ideal ein geschworenen Richtung aufs Programm zu setzen. Selbst verständlich ist nur der Ausschluß des künstlerisch Minder wertigen und, um Verwirrung zu vermeiden, der Ver zicht auf Zeichnungen, die für irgend ein Druckverfahren und damit von vornherein für die Öffentlichkeit bestimmt find Viel eher kann ein Aquarell oder ein Pastell, das sich technisch nicht gerade als Zeichnung aufweist, Auf nahme finden, wenn es den Charakter der zur eigenen Förderung geschaffenen Studie oder der zum eigenen Ver gnügen hingeschriebenen Improvisation trägt, also geistig hierher gehört Mit diesen Sätzen habe ich im Vorwort zum Kata loge der II deutschen Handzeichnungsausstellung im Kunst salon Arnold die Voraussetzungen und Erwägungen an- zudcuten versucht, aus denen diese Ausstellung her vorgegangen ist In den nachstehenden Zeilen möchte ich nun von einigen, meiner Ansicht nach besonders ge lungenen Abteilungen des mit ungewöhnlichen An strengungen vorbereiteten Unternehmens sprechen Zu dem Schönsten und Mächtigsten der Ausstellung Regierung der sehr unersprießlichen Position enthoben, in die sozialen TageSkämpfe mit der Begründung ein- zugreifrn, bestehende „soziale Rechte" der Arbeiterschaft gegenüber dem „Herrenstandpunkl" de» Unternehmertums vertreten und verteidigen zu müssen. Das ist der Gedankengang der „Deutschen Arbeit geber-Zeitung", der hier nach den in sieben Nummern bis jetzt vorliegenden Artikeln wiedergegeben ist. Alles in allem betrachtet, berühren die Ausführungen der „Arbeitgeber-Zeitung", wie die „Nordd Allg. Ztg." auS- führt, nicht unsympathisch, da sie eine Basis zu bieten scheinen, auf der die Kämpfe zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern in einer mit dem bestehenden Rechtszustand und dem sozialen Empfinden unserer Zeit in Einklang stehenden Weise unter Wahrung der berechtigten Inter essen zum Austrag gebracht werden können. Scheint nun aber auch den Ausführungen der „Arbeitgeber-Zeitung" ein gewisser Umschwung in den in Arbeitgeberkreisen herrschenden Anschauungen zugrunde zu liegen, so hat sich doch auch die Opposition gegen die Anerkennung der Arbeiterorganisationen seitens der Arbeitgeber zum Wort gemeldet Insbesondere bekämpft der Geschäftsführer des Zentralverbands Deutscher Industrieller H A Bueck in der „Deutschen Industrie-Zeitung", dem Organ des Zentralverbands Deutscher Industrieller, energisch den Vorschlag der „Deutschen Arbeitgeber-Zeitung". Er be ruft sich auf die Stellungnahme des Zentralverbands Deutscher Industrieller in Sachen des BergarbciterausstandS und erklärt, daß dieser Teil der deutschen Industrie den Nat, mit den Vertretern der Arbeiterorganisationen zu verhandeln, entschieden zurückweisen werde. Rian wird daher immerhin abwarten müssen, inwieweit sich die Argumente der „Arbeitgeber-Zeitung" auf die verschie denen Organisationen der Arbeitgeber als eindrucksvoll erweisen Tagesgeschichtc. Dresden, 3. Oktober Zur heutigen König lichen Jagd auf Grillenburger Revier waren Ein ladungen an den Königl. Kammcrherrn Frhrn v. Besch witz und an den Geh. Oberforstrat Prof. Dr. Neu meister ergangen. Die Abreise Sr. Majestät des Königs nach Rchefeld erfolgt heute nachmittag 4 Uhr 11 Min. ab Klingenberg In der Allerhöchsten Begleitung dahin befinden sich: Oberhofmarschall Frhr v dem Busjche-Streithorst, Exzellenz, Kammerherr Frhr. v. Beschwitz und Flügeladjutant Oberst v. Wilucki. Ferner als Jagdgäste: Se. Erlaucht Graf zu SolmS- WildenfelS, sowie Ihre Exzellenzen Staatsminister General der Infanterie Frhr. v Hausen, General adjutant General der Infanterie v. Minckwitz und Oberstallmeister v. Haugk. Mit Sr. Majestät dem Könige treffen auch Ihre Königl. Hoheiten die Prinzensöhne in Begleitung des Militärgouverneurs Hauptmann Baron O'Byrn auf einige Tage in Rchefeld ein. Heute abend werden die zur Parochie Hermsdorf gehörenden politischen Gemeinden Hermsdorf, Seyde und Rehefeld - ZaunhauS, sowie der Gesangverein Liedertafel Hermsdorf Sr. Majestät dem Könige am Königlichen Jagdhause in Rehefeld eine Huldigung darbringen. — An der heutigen Mittagstafel bei Ihrer Majestät der Königin-Witwe nahmen Ihre Königl. Hoheiten der Kronprinz, Prinz Friedrich Christian, Prinz Ernst Heinrich, Prinzessin nen Margarethe und Marie Alix, sowie Ihre Exzellenz Frau Oberhofmeisterin v. der Gabelentz- Linsingen, Hofdame Fräulein v. Schönberg-Roth schönberg und Militärgouverneur Hauptmann Baron O'Byrn teil. — Ten Kammerherrndienst bei Sr. Majestät dem Könige hat bis zum 14. Oktober o der Königl. Kammcrhcrr Frhr. v Befchwitz auf Arnsdorf über nommen. Deutsches Reich. Berlin. Aus Rominten wird noch nachträglich berichtet: Bei dem SonntagSgotteSdienst in der Hubertus- kapelle waren auch Minister v. Podbielski, Lbersorst- meister v Alten, Regierung«- und Forstrat Hedden- Hausen aus Gumbinnen und die Oberförster und Förster der Romintener Heide sowie ferner der Chef der russi schen Gendarmerie in Kibarty, Oberstleutnant Mjäso- jedow, gegenwärtig Minister v Podbielski ist gestern früh von Goldap, wohin er sich vorgestern abenv von Rominten aus begeben hatte, abgereist — Der Vaterländische Bauverein, der sich die Verbesserung de« Wohnungswesen» zur Aufgabe stellt, hat am Sonntag in Pankow bei Berlin den Grundstein zu einem Neubau gelegt, der den Namen „Posadowsky Hau»" tragen soll. Der Staatssekretär des Innern, der den ersten Hammerschlag führte, hielt dabei eine Ansprache, in der er auf die Sozialdemokratie hin- wics, die von allen derartigen Bestrebungen nichts wissen will „Diese Partei steht", so bemerkte der Redner, „auf dem Standpunkte, daß Rettung nur von ihrem ZukunftSstaate erwartet werden könne, und daß dieser allein einst imstande sein werde, die Gebrechen unserer Zeit zu heilen " Hierauf führte Hr. Graf v Posadowsky aus, auch wir anderen glaubten an einen Zukunflsstaat, wir glaubten daran, daß unsere Regierung durch unab lässige Arbeit zu einer Veredelung unseres Volkes ge langen werde, und das sei der von uns erhoffte Zu- kunststag Der Zukunftsstaat liege einfach in der Ent wickelung, die uns die Zukunft bringen werde Der Minister sagte wörtlich: „Und wir glauben an sein Kommen, weil wir an das deutsche Volk glauben. Aber wir glauben nicht im Sinne der Sozialdemokratie an einen solchen Staat. Deshalb nicht, weil wir nicht anzunehmen vermögen, daß alle die Unter schiede in den Veranlagungen des Geistes und des Charakters, alle die tausend Zufälligkeiten, durch die ein Menschendasein hinaus zu den Höhen geleitet oder hinab in die Tiefen ge schleudert werden kann, daß alles die- durch Gesetzesakle ge regelt oder gar aus der Welt geschafft werden kann " — über die Zahl der deutschen Richter bringt der 12. Jahrgang der „Deutschen Justizstatistik" eine Übersicht, der wir nachstehendes entnehmen: Abgesehen von dem Reichsgericht, bei dem 92 Richter, und dem bayerischen Obersten Landesgericht, bei dem 22 Richter angestellt sind, waren am 1. Januar d. I. im Deutschen Reiche 8703 Richter vorhanden gegen 8397 am 1. Januar 1903, 8072 am 1. Januar 1901, 7789 am 1. Januar 1899 und 6955 am 1 Januar 1883. In den letzten beiden Jahren hat also eine Zunahme der Richter um 306 oder 3,6 Proz. stattgefunden, in den letzten 22 Jahren ist eine Zunahme um 1748 oder 25,1 Proz erfolgt. Da die Bevölkerung des Deutschen Reiches von 1883 bis 1905 um etwa 30,8 Proz. gestiegen ist, hat die Vermehrung der Richter mit der Bevölkerung nicht Schritt gehalten Erst in den letzten sechs Jahren ist eine stärkere Richter vermehrung, um 914 oder 11,7 Proz. gefolgt, während die Bevölkerung im gleichen Zeiträume nur um 8,9 Proz. gestiegen ist Von den einzelnen Obcrlandesgerichts- bezirken hat Berlin (Kammergericht) die meisten Richter mit 847 (1903: 808); dann folgen die Bezirke Breslau mit 663 (645), Dresden mit 628 (627) und Cöln mit 608 (528). Von den Richtern entfallen 651 (1903: 611, 1901: 595) auf die Oberlandesgerichte, so daß hier die Steigerung in den letzten zwei Jahren recht be deutend war; ferner 2899 (2770) auf die Landgerichte und 5153 (5016) auf die Amtsgerichte In den letzten 22 Jahren hat zugenommen die Zahl der Richter bei den Oberlandesgerichten um 127 oder 24,3 Proz, bei den Landgerichten um 721 oder 33,1 Proz, und bei den Amtsgerichten um 900 oder 21,2 Proz. Die verhältnis mäßig größte Steigerung entfällt also auf die Land gerichte Essen (Ruhr). Amtliches Wahlergebnis. Bei der am 28 September stattgehabtcn ReichstagS-Ersatzwahl für den Wahlkreis Düffeldorf 5 (Essen Stadt- und Landkreis) sind im ganzen 79 323 gültige Stimmen ab gegeben worden. Davon entfielen auf den Kandidaten des Zentrums, Arbeitersekretär Joh. Giesberts in M.-Gladbach, 41799, auf den Kandidaten der Sozial demokraten, Redakteur Wilh Gewehr in Elberfeld, 37 524 Stimmen. Giesberts ist somit gewählt. München. Die Zentralversammlung des Land wirtschaftlichen Vereins in Bayern nahm folgenden Antrag Beckh an: Die Staatsregierung möge in dem Bundesrate darauf hinwirken, daß die Schutzmaßreaeln zur Verhinderung der Einschleppung von Seuchen durch ausländische Schlachttiere nicht abgeschwächt und in dieser Richtung der Agitation für die Öffnung der Grenzen keine weiteren Zugeständnisse gemacht werden gehören für mein Gefühl die sieben großen Blätter Leibls Hier ist eine Kunst der Zeichnung, die auch nicht im entferntesten mehr an die Zeichenvorlage erinnert, dafür aber mit einem Instinkt, der an das Wunderbare grenzt, von dem realen künstlerischen Materiale, der wahren und unveränderlichen Kraftquelle der bildenden Kunst ausgeht. Schwarz und Weiß, von einer mächtigen Künstlerhand zu belebtem Hell und Dunkel gestaltet, mit einer Klangfülle ausgcstattet, die unser Auge berührt, wie eine Abfolge wunderbarer Töne unser Ohr Den Höhepunkt dieser Art zu zeichnen finde ich in dem Bildnis eines Mannes aus dem Jahre 1898. Hier, in diesem Werke seiner letzten Jahre ist nichts von jener Härte und manchmal peinlichen Schärfe, die Leibl, der Maler, in seiner späteren Entwickelung so oft mit grillenhafter Mühe anstrebte und die von gewissen theo retischen Konstrukteuren einer neuen, spezifisch deutschen Kunstanschauung erst als die wahre Höhenleistung des Meisters hingestellt wird. Ich finde, daß dieses zauber hafte Verlebendigen des künstlerischen Materials, wie wir's in der erwähnten Zeichnung sehen, unendlich wert voller ist, als das Reproduzieren der Natur mit der Schärfe des photographischen Apparats, ja, in der bil denden Kunst sogar einen höheren, weil wesentlich spe zifischen schöpferischen Akt bedeutet, äls das Erfinden der schönsten Fabeln, als das Erzählen der geistvollsten Seelenanekdoten. Vor allem kommt aber bei dieser Leibelschen Art zu zeichnen das Stück Natur, das er seiner Darstellung zu gründe legt, durchaus nicht zu kurz Im Gegenteil! Mit einer Lebendigkeit, die der bloße Ab-Zeichner auch mit dem heißesten Bemühen nie erzwingen wird, taucht hier nun das Antlitz des Porträtierten aus der Hell und Dunkeldichtung herauf. Es ist, als hätte sich gerade in dem Augenblick, da wir jvor das Blatt treten, der mystisch bewegte Dämmer zu den Formen dieses Gesichts verdichtet, und wir erleben das Kunstwerk höchster Art, — ein Stück Natur, zu neuem selbständigen Dasein ge boren aus dem Geiste des künstlerischen Material»! * * Neben diesen Werken des toten Meisters haben die Arbeiten der Lebenden keinen leichten Stand. Und merk würdig, — die in ihrer inneren Struktur dem großen Bauernmaler am stärksten entgegengesetzte Erscheinung, Wilhelm Steinhausen, der Dichter de» Leisen und Zarten behauptet sich neben ihm entschiedener als mancher' andere Da» rührt wohl daher, daß auch Steinhaufen seinem Materiale als echter Künstler gegenüber steht, daß auch bei ihm das Hell und Dunkel auf der toten Papier fläche zu klingen beginnt, wenn er mit dem Finger daran rührt. Dabei begnügt sich aber Steinhausen der Natur gegenüber nicht mit der Erfassung realer Erscheinungs werte, wie Leibl. Er ist ein rechter deutscher Dichter, er horcht in die Seelen der Dinge hinein und hat zu allein, was er auf'S Papier bringt, ein Herzensverhältnis. Aber das eben ist Steinhausens Größe, daß er nicht nur dichterisch feine Erfindungen vor uns hinstclll, sondern daß seine Hand, die dieses Hinstellen besorgt, von dem gleichen Gefühl, aus denen jene Erfindungen hervor wuchsen, erfaßt und bewegt wird und nun über jeden Strich den gleichen Zauber breitet. Die Verhältnisse seiner Hell- und Dunkelwerte, der zart-zitternde Fluß seiner Linien berühren durch unser Auge unsere Seele schon mit heimlichem Zauber, ehe wir noch Sinn und Bedeutung des Dargestellten ersaßt haben. Blätter, wie die Waldwiese, der barmherzige Samariter, Märchen, Abendwolken rc. sprechen für diese wunderbare Fähigkeit des Künstlers am eindringlichsten, und kaum kann ich mich erinnern, je ein Gemälde Steinhausens gesehen zu haben, das diele Fähigkeit reiner zum Ausdruck gebracht hätte, als diese anspruchslosen Zeichnungen. Ar ' Den Arbeiten Schönlebers ist die Nähe Leibls und Steinhausens nicht gerade günstig. Sie wirken in ihrer kühlen, auch bei Raumdarstellungen die Konturen der Einzeldinge scharf wiedergebenden Art noch am ehesten als „gute Zeichnungen" im Philistersinne Es ist auch etwas Philiströses in diesem Haften am Einzelnen Ein Stil, der vor allem die räumliche Funktion der einzelnen Erscheinungen im Raume und dann erst ihren Sonder charakter erfaßt und betont, ist dem Karlsruher Meister fremd Trotzdem halte ich die Vorführung seiner Zeich nungen auch in dieser Ausstellung für berechtigt Vor allem ist in Schönlebers Kunst etwas sehr Anständige« und Reelles. Sie will nie mehr vortäuschen als wirklich in ihr ist. Und wenn man sich einmal damit abgefunden hat, daß es ein DarüberhinauS über den Stil diese» Künstler» gibt, daß aber nicht jedem Schaffenden das Höchste verliehen ist, dann kann man mit doppeltem Ver gnügen die große Augenfeinheit und Handzuoerlässigkeit, die Delikatesse de« Sehens und Zeichnen» bei Schönlebcr anerkennen. Hat er dann gar einmal einen landschaft lichen Vorwurf, dessen Reiz weniger in der Entfaltung des Raumes, mehr in einer reizvollen Silhouettenwirkunz mögen; ferner möge die Regierung entsprechende Vor kehrungen treffen, damit das nach dem neuen Handels vertrag zugelaffene Einfuhrkontingent österreichischer Schweine an der Grenze geschlachtet und nur solche Schweine eingeführt werden können, die sich vor der Schlachtung als gesund erwiesen haben. Die Regierung möge außerdem dre eine Öffnung der Grenze beantragenden Städte veranlassen, bis zur Wiederkehr normaler PreiS- verhältniffe die gemeindlichen Aufschläge auf Fleisch und die Schlachthausgebühren aufzubeben bez. hcrab- zumindern Österreich-Ungarn. Wien. Im Abgeordnetenhause wurde gestern die Besprechung der Regierungserklärung fortgesetzt. Lueger wie« entrüstet die Äußerung Pernerstorferö gegen die Dynastie zurück. Redner fuhr fort, Ungarn dürsten keine weiteren Zugeständnisse gemacht werden Tas einzige Mittel zur Sanierung der Verhältnisse in den Reichstellen bestehe in der Lltroyierung dc« allgemeinen gleichen direkten und geheimen Wahlrecht« und der Befreiung der unterdrückten Nationalitäten in Ungam. Dworzak er klärte, falls die Regierung fortfahre, vor den Drohungen der Deutschen zurückzuweichen und die Kardinalforderungen der Tschechen unerfüllt zu lassen, müßten diese zu den schärfsten taktischen Oppositionsmitteln zurückkehren. Nachdem noch Romanczuk und Klofac gesprochen, wurde die Verhandlung abgebrochen Nächste Sitzung morgen Brünn Die Demonstrationen der Tscheschen wiederholten sich gestern abend In deutschen und tschechischen Kaffeehäusern wurden die Fenster eingeschlagen Das Militär säuberte die Straßen. Die Tscheschen bewarfen des deutsche Haus und die deutsche Hochschule sowie andere deutsche Häuser mit Steinen. In der deutschen Technischen Hochschule wurden mehrere Hörsäle demoliert. Das Militär, das zum Schutze der deutschen Technischen Hochschule ausrückte, wurde mit Steinwürfen empfangen und mußte zum Bajonettangriff übergehen Hierbei wurde ein Tischlergeselle schwer verletzt, der bald darauf seinen Verletzungen erlag Elf Deutsche und fünf Schutzleute sind durch Steinwürfe verletzt worden Budapest. Der Ministerpräsident Baron Fejcr- vary und der Minister des Innern Kristoffy sind gestern abend nach Wien abgereist — Die Konferenz der liberalen Partei hatte aus Antrag des Grafen Tisza eine Resolution angenommen, in der die Regierung aufgefordert wird, die Einmischung des Grasen Goluchowsky und des Frhrn v. Gautsch in die Frage der ungarischen Wahlresorm durch eine un zweideutige Erklärung klarzustellen. Zugleich wird gegen diese Verletzung der Selbständigkeit des Landes protestiert. Falls die Erklärung der Regierung nicht befriedigt, wird dieser die Mißbilligung ausgesprochen, daß sie über innere ungarische Fragen mit nicht zu ständigen Faktoren verhandelt habe. Die Resolution spricht femer das Bedauern aus, daß die jüngste Er klärung des Königs von politischem Inhalt in der Öffent lichkeit erschienen sei ohne Gegenzeichnung der verant wortlichen Faktoren Im weiteren wird ausgeführt, daß daß der König wohl gegenüber der Persönlichkeit, die er mit der Kabinettsbildung zu betrauen beabsichtigt, seinen Standpunkt darlegen könne, die Veröffentlichung solcher Äußerungen widerspreche jedoch entschieden der konstitu tionellen Auffassung, da pflichtgemäße kritische Äußerungen gegen eine solche Kundgebung mit der konstitutionellen Unverletzlichkeit des Souveräns unvereinbar seien Tie Resolution erklärt endlich, die Revision des Ausgleichs in diesem Punkte sei bedenklich, da die Krisis dadurch eher verschärft als gemildert würde Das Recht eines selbständigen Zollgebiets sei schon auf Grund des gegen wärtigen Ausgleichs vollständig gesichert. — Nachdem der für heute abend geplante Fackelzug verboten worden ist, wurde seitens der Bürgerschaft eine Kundgebung anderer Art beschlossen ; es soll ein Massen - aufzug zum Grabe de» Grafen Ludwig Batthyany, der im Freiheitskampf hingerichtet wurde, veranstaltet werden. Das leitende Komitee der Linken drückte seine Miß billigung gegenüber dem Polizeichef aus, weil dieser den Fackelzug der Bürger unter falschen Vorwänden ver boten und dadurch einen Angriff auf die verfassungs mäßige Freiheit der Bürger ausgeübt habe. Ztzrankreich. * Das Organ der französischen Kolonialpolitiker, die „Döpöche Coloniale", das schon bei den Vorverhand lungen Deutschland die feste Absicht, „ungefällig" zu sein, zugeschrieben hatte, sagt zu dem Ergebnis der jüngsten Verhandlungen zwischen Frankreich und Deutschland: „Nach reiflicher Überlegung nahm Hr. Rouvier die Kon ferenz im Grundsatz an. Deutschland, stolz aus den mehr liegt, so bringt der Künstler mit seinen ihm eigentüm lichen Mitteln ein so feines und entzückendes Blatt hervor, wie den Strand von Scheveningen. Und will man Schönleber richtig kennen und würdigen lernen, so ist gerade das Studium seiner besten Zeichnungen, wie sie jetzt bei Arnold vereinigt sind, wertvoll Hier gilt, was ich in der Einleitung als möglich hinstellte: die persön liche Art des Künstlers kommt reiner zum Ausdruck als in seinen Bildern Schon seine kleinen Gemälde sind reizvoller als seine großen Leinwänden, vor denen ihm oft der künstlerische Atem ausgeht, und diese delikaten und intimen Zeichnungen lassen uns erst ganz erkennen, wo seine wahre innerste Liebe liegt. Zugeben wird der Meister das natürlich nicht! * * * Von Schönleber zu Max Slevogt, der in dem kleinen Altmarktzimmer ausstellt, das ist ein ganz gewaltiger Sprung! Bei dem einen alles Feinheit und Delikatesse, kühle Betrachtung und ruhige Niederschrift, bei dem anvern alles Temperament, Leidenschaft, kühne» Zupacken und erruptives AuSsichherauSschleudern. Wohl in keinem seiner Werke offenbart sich diese Seite Slevogts drastischer, als in dem interessanten Skizzenbuch zum d'Andrade, von dem sich der Künstler erst nach langem Widerstreben trennte. Da» Büchelchen, das nach Schluß der Ausstellung wieder ordnungsgemäß zusammenaeheftet nach Berlin zurückwandern muß, ent hält die Aufzeichnungen der ersten Eindrücke, die der Berliner Maler von dem genialen Darsteller des Don Juan empfing. Was für Aufzeichnungen! Er, Slevogt, wie der prachtvolle Kerl zum erstenmal vor ihm steht, ist sofort ganz Aktion; während des schnellen Wechsels der Bilder vor seinem Auge sind seine künstlerischen Jn- stikte mit der äußersten Energie zusammengcfaßt, und mit unfehlbarer Sicherheit weisen sie ihn auf« wesentliche. Seine Hand gehorcht absolut und mit wenigen blitz schnellen Pinselhieben ist die Situation aufs Papier ge worfen Die stürmischste Umarmungsszene! Jede Linie ist in Aufruhr. Wild sehen wir die Bewegungen gegeneinander andrängen. Fast werden wir imitatorisch zur Mittätigkeit gezwungen Und dazu nun — ein Meisterstück genialer Farbenpsychologie — diese erregteste Situation vor da« erregendste leidenschaftlichste Gelb gestellt. Da« blitzt ihm auf und im selben Augenblick fließt auch schon die Farbe au« dem Pinsel aus« Papier. Die in diesen Halb-Minutenwerkchen erreichte Stärke Ich »o bei W> kor hei ms aaj we bei Un rei siä Io die erh »M Ich> we sül hei des du vo led phi int wu zös ohl we d« nu aus Un kor off Zu nel lief der Zu Mi kon der Ge zur „T Ian Mi sie an! ein der na< den Au red Du der rich wie für Ve Vo lich mr dm uu ein Sä Hal Kn Hai ve erö Pn den vor Krc von des gro dies um Wr Im Hol drä lich seh» Se, in hat auö abn Flo we§ iffc Tu erö sich der wm He län die Gc. cst, Gc dan deff 35l Ref Pri run IP» spn den ven An äuf die neh
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