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Dresdner Journal : 21.02.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-02-21
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190502214
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19050221
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19050221
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1905
- Monat1905-02
- Tag1905-02-21
- Monat1905-02
- Jahr1905
- Titel
- Dresdner Journal : 21.02.1905
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Erste Beilage zu ^7 43 des Dienstag, 21. Februar 1905, nachm. Deutscher Reichstag. »4». Sitz»», a» 20. Februar ISO». Um Lisch« de« Bundesrat«: Staatssekretäre vr. Graf p. Posadow«ky>w»huer, Frhr v Richthofen, Frhr Stengel. Da« Hau« ist aut besetzt Präsident Graf ». ValiesttreM eröffnet die Sitzung um 1 Uhr 20 Miu Auf der Lage«ordnuug steht die zweite Beratung der Handeltverträae. Dazu hat «bg Blell (frs. vp.) und Skno^en eine Resolution beantragt, in der er Reuregelung folgender Punkte de« Bertin-zollgtsetze« fordert: 1 . Haftung der Verwaltung für Verschuldung ihrer Be amten ; 2 Entscheiduua der Beschwerden über Anwendung de« Zoll tarif« durch eine richterliche Reich-zeutralstelle nach Anhörung von Sachverständige«; 3 Bindend« Kraft amtlichrr Auskünst« üb«r Zolllariffätzr. 4 Abgrenzung der Haftung zwischen Eisenbahn- und Zollverwaltung für Verlust oder Beschädigung von Waren »c.; 5 Einheitlich« Regelung de« Veredelung-Verkehrs. 6 Abänderung der Strasbestimmungen nach Maßgabe der allgemeinen Recht-anschauungen, namentlich Beseitigung der Konfiskation al- Desrauoationsstrase. Auf Antrag de» Abg. vr. Gpah« wird zunächst zur Be sprechung gestellt der österreichisch-ungarische Vertrag. ISr den nicht anwesenden Berichterstatter Grafen Kanitz berichtet der Vorsitzende der Kommission Abg. Vr. Spahn. Abg Hufnagel (dkons.) tritt für den Vertrag ein und führt aus, die Industrie werde e« zwar schwer haben, aber sie könne sich leichter den Verhältnissen anpassen als dir Land wirtschaft. Staaissekretär vr. Graf v. PosadowSt»»Wehner t Im Namen der Verbündeten Regierungen habe ich zu er- klären, daß Österreich die Refaktien für Malz fallen lassen wird, untrr der BorauSsetzung allerdings, daß auch unserseits keine Änderungen in den Tarifen entstehen Ferner habe ich zu erklären, daß wir die Biehseuchenkonvenlion in einem Um fange üben wrrden, der zum Schutz der deutschen Viehbestände notwendig ist und ferner, daß wir die zu niedrigen Sähen eingesührte Gerste denaturieren werden, wenn der geringste Zweifel beftrht, ob sie zu Brauzwecken verwendet werden kann (Beifall.) Auf Anregung des Abg. vr. Heim (Z.) erklärt Staatssekretär vr. Graf v. Posavowsky-Wehnerr Wenn Österreich-Ungarn in irgend einer Weise für Getreide, Malz, Gerste Exportprämien etnsühren wollte, sind wir völlig frei, Gegenmaßregeln zu treffen. WaS die Refaktien betrifft, so sind nach dem Berner Übereinkommen geheime Refaktien überhaupt verboten. ES ist ausgeschlossen, daß Österreich gegen d ese Konvention verstoßen wird. Abg. vr Semler (al ): Solange wir Landwirtschaft und Industrie nebeneinander haben, muß eS Gegensätze geben, die nicht sofort auSzualeichen sind. Aber nacheinander ist e- möglich. Sollte die Industrie heute geschädigt werden, so muß man in den nächsten Verträgen dies ausgleichcn. Um hier eine Änderung hintanzuhalten, ist es aber notwendig, dem Handel und der Industrie aus innerem Gebiete zu Helfen, namentlich im Geldverkehr. Wenn demgemäß auch Mängel in d«n Verträgen sind, stimmen wir ihnen doch in der Hoff nung auf eine gedeihliche Zukunft zu. (Bravo! bei den NalionaUiberalen) Abg. Goihri« (frs. Bgg): Die österreichischen Bahnen sind besonders Privatbahnen. Wie will man diese zur Auf gabe der Refaktien bringen? Österreich will man ferner Aus fuhrprämien verbieten Aber tragen denn unsere Einfuhrscheine nicht auch den Charakter einer Ausfuhrprämie. Wie stimmt da- zusammen? Der Vorredner meinte, die Industrie werde geschädigt. Das Geständnis war mir interessant. Es lohnt nicht, auf Einzelheiten einzugehen; bis Donnerstag ist doch alle- fertig. Da- ist um so bedauerlicher, al- noch niemand von unS imstande ist, sich ein Gesamtbild davon zu machen, nicht einmal die Kommission-Mitglieder, die 16 Stunden täg lich auf das Studium der Verträge gewandt haben. Ein- aber ist sicher, e« findet eine große Belastung der Industrie statt Namentlich wird die Hut-, Bürsten- und Papiersabri- lalion in- Ausland getrieben Staatssekretär vr. Graf v. PosadowSty » Wehner: Wenn Österreich auch für anvere Waren als Getreide in irgendeiner Form Ausfuhrprämien einsührt, so sind wir völlig frei in der Ergreifung von Gegenmaßregeln. Was die Re faktien anlangt, so stehen die meisten österreichischen Bahnen unter Staatsverwaltung. Wie der Staat die Refaktien ab schaffen will, ist seine Sache Verpflichtet hat er sich dazu. Abg vr. Wolff (B. d L) spricht sich für den Vertrag aus. Abg. Barbcck (Frs. Vp) bleibt bei der großen Unruhe des HauseS unverständlich. (Reichskanzler Graf v. Bülow betritt den Saal.) Abg vsel (Z): Auch ich bedauere, daß man die Handels verträge so schnell erledigen soll. Aber wenn Hr. Gothein über die Verlängerung der Debatten geklagt hat, so muß ich bemerken: er trägt seinen vollen Anteil daran In der Kom mission hat er mindestens SO Proz. von der Debatte allein bestritten. (Beifall recht- und in der Mitte.) Redner geht hierauf auf verschiedene Bemerkungen GothrinS ein und führt aus, die Einfuhrscheine würden zu einer Erweiteiung der Grrsteneinsuhr führen. Könnte man den österreichischen Handelsvertrag allein ablehuen, so würde er ibn wahrlich verwerstn, drnu was schlecht sür die Landwirtschaft gewordeu sei, vrrdank« man diesem Vertrage Abg. GLmpf (Frs. Vp) sragt au, ob künftig die Zoll sätze nach Kronen netto erhoben und berechnet werden sollen. Staatssekretär vr Gras v. PosadowSky » Wetz«er erwidert, da- Agio sei in dem Zollsatz« brreit- rnthalten. Redner erwidert dann dem Abg Barbeck, Bilderbücher mit längere» Geschichten leien zollfrei, Bilderbücher mit Krru- sprüchen aber dürsten der Verzollung unterliegen. Rach wriWrn Bemerkungen der Abgg. Schlumberger (Hosp. d. Nl), Aigner (Z), Gothein (Frs. Vp) und v. Böhlendorss (dwas) werden di« Positionen 1 bi- 626 d«r deutschen Zollsätze genehmigt Abg WaUau (al.) bespricht dir Möbelindustrie. Hieraus wird der Rest d«S deutschen Taris- genehmigt Abg Luka« (al.) bedauert, daß e- nicht grlungeu sei, der Edelmetallindustrie die alten Zollsätze zu wahren Geh Rat v. GchSniveS bemerkte demgegenüber, man könne bei dem Bestreben Österreich- wie Ungarn-, seine alt eingesessene Edelmetallindustrie zu schützen, zufrieden sein, daß man so viel erreicht habe. Außerdem habe man den weseot- lichen Vorteil erzielt, daß Edelmetallmuster künftig ungepunzt nach Österreich eingeführt werden könnten. Abg. Singer (Soz) führt au-, diejenigen, die den autonomen Zolltarif zustaudegebracht hätten, hätten kein Recht über Benachteiligung der Industrie zu schreien, da sie die Unterhändler gebunden hätten. Der österreichische Tarif wird genehmigt Die Abstimmung über den grundlegenden Artikel 1 de- BertragS ist aus Antrag Singer eine namentliche. Artikel 1 mit Tarifen wird mit 192 gegen 53 Stimmen genehmigt. Drei Abgeordnete haben sich der Abstimmung enthalten; eine Stimme ist ungültig Ohne Erörterung wird der Rest de- Vertrag- genehmigt. ES folgt die zweite Beratung des Biehseuchen- übereinkommens. Abg Hilpert (Bauernbund) spricht sich gegen die Konvention aus. Abg. Held (nl.) spricht die Hoffnung au-, daß sie segensreich wirken werde, wenn die Verbündeten Regierungen hart seien in der Durchführung Die Konvention wird ohne weitere Erörterung ge nehmigt, ebenso das Schlußprotokoll. ES solgt die zweite Beratung des Handelsvertrag- mit Rußland. Abg. Sickhoff <srs Bp) bemüht sich nachzuweisen, daß die Eisen- und Stahlindustrie namentlich sür die Ausfuhr von Schasscheren schwer benachteiligt sei und bestreitet die entgegengesetzten Äußerungen eines Kommissars in der Kommission Der Vertrag sei kein Vertrag für, sondern gegen den Handel, daher werde seine Partei dagegen stimmen. Geh Rat LusenSky erklärt, sür Schasscheren sei absolut nicht mehr zu erreichen gewesen Nur Feilen, Raspeln, Kluppen, Gewindebohrer und Schraubenbacken seien auf 2,50 Rubel erhöht worden Alle anderen Werkzeuge, und da- sei doch die große Mehrheit, trügen nur einen Zollsatz von 1,80 Rubel gegen 1,65 Rubel früher. Abg. Hufnagel (kons ) bemängelt, daß sür Postsendungen nicht koulaute Behandlung ausgemacht worden fei; heute sei man allerlei Scherereien im Postverkehr mit Rußland aus gesetzt Abg vr. Müller-Sagan (freis. Vp) sührt aus, die Verbündeten Regierungen müßten schlecht insormiert gewesen sein, sonst hätten sie nie einer Zollerhöhung für die Kleia- industrie stattgeben können Geh. Rat LusenSky erwidert, daS sei nicht der Fall; im Gegenteil, jede dieser Positionen sei mit den Interessenten sorgsältig diskutiert worden. Abg Scheidemann (Soz) bemerkt unter Heiterkeit des HauseS, die ganzen Verträge würden wie eine Schasschere wirken. Nach weiteren Bemerkungen der Abgg vr. Potthof (freis. Bz), vr. Müller-Sagan (freis. Bp) beantragt Abg. Schmidt-Elberfeld (freis. Bp ) namentliche Abstimmung über die Tarife. Sie werden mit 1S8 gegen 61 Stimmen bei 4 Stimmenthaltungen angenommen. Der Rest des Vertrags wird ohne Erörterung an genommen. ES folgt die Beratung des Handelsvertrags mit Italien. Nach einigen Bemerkungen der Abgg. Schlumberger (Hosp. d. Nl.), Sartorius (freis. Bp.) und Preiß (elf. Landesparlei) werden die Tarife und der Rest des Ver trags angenommen, ebenso das Protokoll zum Ver trage. Zum Vertrage mit Belgien spricht Abg. vr. Pott hof (freis. Vg). Dann wird er angenommen; ebenso ohne Erörterung der Vertrag mit Rumänien. Der Handelsvertrag mit der Schweiz wird ange nommen, nachdem die Abgg. Hug (Z), Sartorius (frs. Vp) und Schlumberger (Hosp, der Nl) einige Bemerkungen über die Tarife gemacht halten. Ohne Erörterung wird der Vertrag mit Serbien genehmigt. 21 vorliegende Petitionen werden durch die Be schlußfassung sür erledigt erklärt, über die Resolution wird bei der dritten Lesung beraten werden. Damit ist die Tagesordnung erschöpft. Um ^8 Uhr vertagt sich daS Hau- auf Dienstag 1 Uhr. (Toleranzantrag und Arbritskammern) Ein angenehmes Erbe. Humoristischer Roman von Victor v Rei-ner. 4S (Fortsetzung.) „Daß dich doch gleich die Mücke sticht!" wetterte der Pfarrer, „demnach bin also ich in seinen Augen -er Sündenbock!" Erich nickte und sah dem Pfarrer, der abgerissene Worte herau-stoßend, auf und nieder rannte, mit besorgten Blicken nach. Dann machte er sich sanft von der Geliebten lo« und vertrat dem Erregten den Weg. „Vater Adame", bat er mit herzlicher Schlicht heit, „wenn Ihnen an unserem Glück etwa« gelegen ist, dann sprechen Sie sich mit meinem Papa offen und ehrlich über die Vergangenheit aus. Wenn erst diese» unselige Mißverständnis, denn nur um ein solcher kann er sich handeln, aur der Welt geschafft ist, dann wird er gewiß freudigen Herzens unseren Bund segnen." Mit gesenktem Kopf hatte ihm der Alte zu- gehört Nun richtete er den Blick auf ihn und sagte mit tiefer Wehmut in der Stimme: „ES ist geradezu ungeheuerlich, wie er mich, der ich wie ein echter Christ handelte, für den Schuldigen halten konnte! Mich, der ich durch seinen Vetter so be schimpft wurde und der ich trotzdem nie an Ver geltung gedacht habe! DaS tut weh, mein Sohn, bitter weh." Er wandte sich, übermannt durch die Er innerung an die ihm widerfahrene Schmach, er schüttert um und suchte die jäh aufsteigenden Tränen gewaltsam zurückzuhalten. Da« junge Paar sah sich bettoffen an In heißem Mitleid umschlang dann Ljobiza zaghaft seinen Nacken und fuhr ihm. ohne «in Wort dabei zu verlieren, mit der Hand lieb kosend und beruhigend über die Stirn „Du bist ein liebe«, ein gute« Kind", dankte er ihr. Erich hatte seinen Schmerz durch Schweigen ge ehrt, nun aber hielt er eS für seine kindliche Pflicht, auch für den Vater eine Lanze einzulegen und ent schlossen bat er: „Erlauben Sie mir ein offenes Wort?" Der Pfarrer nickte nur und Erich fuhr fort: „Meinen Vater trifft nicht so schwere Schuld, als eS den Anschein hat. Wenn er Ihnen unrecht getan hat, woran ja gar nicht mehr zu zweifeln ist, so liegt eS nur in dem blinden Vertrauen, das er seinem Vetter schenkte, der ihn ausdrücklich vor Ihnen — warnte." „Und er, der solch namenloses Unheil über mein Hau« brachte, hatte noch den traurigen Mut, vor mir zu warnen!" entrang eS sich gequält des Pfarrer- Brust. Dann sich zusammennehmend, sagte er ganz ungläubig: „Ich kann eS mir gar nicht erklären, wie er ihm daS schreckliche Ereignis dargelegt haben mag daß überhaupt nur der Schatten einer Schuld auf, mich fallen konnte?" „Wir wissen ja bis heute nicht, wo« geschehen ist", gestand Erich verlegen, „um eS von Ihnen zu erfahren, kam ich ja heute herüber." ,Zn seinem Auftrage?" fragte der Pfarrer ge spannt. Einen Moment zögerte Erich mit der Antwort, dann gab er der Wahrheit die Ehre und sagte: „Nein" Der Pfarrer seufzte recht schwer. „Also ungeprüft hält er mich irgendeiner schlechten Handlung fähig", meinte er bitter. „Lieber, lieber Vater Adame", bat Ljubiza herz lich, „vergessen Sie unseretwegen die Ihnen wider fahrene Kränkung, seien Sie großmütig und verzeihen Sie ihm seinen Argwohn." „Mein liebe« Kind", entgegnete der Alte voller Milde, „ich habe schon viel Schmerzliche« verziehen, sogar ihm ... doch genug davon", unterbrach er sich, „ich fahre jetzt sofort zu deinem Vater, um mit ihm Zur Wohnungsfrage in Vrerden. Der Allgemeine Mietbewohnerverein zuDre-deu bittet ua- um Aufnahme eine- Aufjatz««, der im weseutlichen folgende Ausführungen enthält: »Der Gefamtvorstand des Allgemeinen Mietbewohner- vrrein- zu Dresden beschloß am 7. d M einstimmig, gegen die von feiten einer Anzahl HanSbesitzer an Rat und Stadt verordnete erlassene Petition, die jetzige »unheilvolle Bau tätigkeit' in unserer Stadt zu hemmen, entschiedenen Protest zu erheben und solgende Warnung an die Bürgerschaft bez. Einwohnerschaft Dresdens zu richten, um eine Unterstützung und Förderung jener Petition durch Unterfchrist oder auf andere W«ise zu verhindern. Hierzu ist er auf Grund folgender Erwägung gelangt: „Die Wohnung — im Gegensatz zum Grund und Boden — ist eine Ware. Bei vermehrtem Angebot sinkt ihr Preis, während, wenn dir Ware knapp wird, eine Preissteigerung säst unausbleiblich ist Jede Beschränkung der Bautätigkeit be wirkt nun, wie klar ersichtlich, eine Verringerung deS An gebots von Wohnungen Ein Bauverbot und überhaupt jede behördlicherseit- angeordnete Verlangsamung der Privatbau- tätigkeit bedeutet daher eine Maßnahme, die der kleinen Zahl der Hausbesitzer auf Kosten der großen, breiten Masse »er Mieter zugute kommt. „ Wir kommen jetzt zu einigen Einzelheiten der betreffenden Petition. Nach derselben stehen jetzt SSOO Wohnungen leer, das sind 7'^ Proz. sämtlicher Mietwohnungen Dresdens. Danach müßten in unserer Stadt 128000 Wohnungen vor handen sein. In Leipzig gibt eS 116 000 Wohnungen, und davon standen im letzten Jahre 4975 (gegen 4457 im Jahre 1903), d i. 4,3 Proz. leer. Der Jahresbericht der Leipziger Jmmobiliengesellschast pro 1904 (jedenfalls auch für Haus besitzer ein einwandSfreier Zeuge) nennt diesen Prozentsatz normal. In Leipzig sind 4,3 Proz. ein selbstverständlicher Satz, in Dresden ist rin Mehr von 8,2 Proz schon eine Gefahr sür den Hausbesitzerstand. Woher kommt diese Ver schiedenheit in der Auffassung? Wir erklären sie so, daß in Dresden der Wohnungsmarkt so andauernd günstig für die Hausbesitzer gewesen ist, daß jetzt, wo die Zahl der leerstehenden Wohnungen den normalen Satz ein wenig und auch erst seit kurzem überschreitet, die verwöhnten Interessenten in diesem Rückgang sofort einen Notstand empfinden. Es ist bekannt, daß 4 Proz Wohnungen oder nicht viel weniger leer stehen müssen, um den Wohnungswechsel in regelrechter Weise zu ermöglichen Wir haben also nur 3'^ Proz. leerstehende Wohnungen, die aus Mangel an Mietern nicht besetzt sind. (4500 von 128000 vor handenen Wohnungen). — Auch bei dem Ausfall an Miete, der (nach vr. Schäser) 4 Mill. M. auSmacht, liegt die Sache für den Hausbesitzer nicht so un günstig, als es den Anschein hat. Man lasse sich nur nicht durch die hohen Ziffern düpieren und bedenke stets, daß Dresden eine Halbmillionenstadt ist Der Grund und Boden (der bebaute und unbebaute) repräsentiert in unserer Stadt mit Zuaiundelegung der neuen Grundwertsteuer einen Wert von 2 Milliarden. Auch die „Bürgerzeitung" erkennt diese Schätzung als richtig an. Die jährliche Einnahme der Haus besitzer beträgt daher durchschnittlich mindestens 100 Mill. (4 bis 6 Proz Reinertrag, außerdem Wertsteigeruug) und es wären 4 Mill MietauSfall ein Rückgang von 4 Proz. Der ganze „offensichtliche Notstand" der Hausbesitzer besteht also in der Verminderung ihres Ein kommen- um 4 Proz. „Jeder Geschäftsmann, jeder Gewerbtreibende würde heute bei der schlechten Geschäftslage sehr zufrieden sein, wenn er keine stärkere Mindereinnahme zu konstatieren hätte, ja auch den doppelten Ausfall würde man bei der jetzigen schlechten Konjunktur immer noch gern hinnebmen, wenn man, wie die Hausbesitzer, auf 20 reichgefegnete Jahre zurückblicken könnte." „In den Begleitworten zu jener Petition (Dresdner Nach richten vom 24. Januar 1905) geben die Hausbesitzer selbst zu, daß d«r Bodenwert in den letzten 20 Jahren ganz außer ordentlich gestiegen sei, und daß die Spekulanten enorme Gewinne erzielt haben. Ja, jetzt kommt wie bei jeder Speku lation einmal die Baisse. Die richtigen Häuserspekulanten und Bodenwucherer haben sich längst in Sicherheit gebracht. Wie beim Zusammenbruch der Leipziger Bank kein Börsianer einen Pfennig verloren hat, ebenso sind die berufsmäßigen Spekulanten und Wucherer längst vom „Geschäft" zurück- aetreten. Die jetzt in einem „offensichtlichen Notstand" Be findlichen sind die Opfer einer - man kann wohi sagen — ziemlich wüsten Spekulation. Mit Häusern soll aber nicht spekuliert werden, es soll nur der ein Haus kaufen, der eins braucht, oder der Geld hat, eS zu bezahlen. Solche soliden Hausbesitzer werden auch heute von einer Notlage weit entfernt sein und würden sich scheuen, nach Zwang-- maßrcgeln zu schreien. Wir wenden unS dann noch gegen einen Satz in der betreffenden Petition: „Aus nahmezustände rechtsertigen AuSnahmemaßrrgeln" Wem müßte nicht alle- geholfen werden, wenn diese Behauptung eine so ausgedehnte Berechtigung erhielte! Dann könnte sich Staat und Gemeinde gleich als permanente UnterstützungS- behörde konstituieren für alle diejenigen, die in Grund und Boden spekulieren und sich in ihren Erwartungen getäuscht sehe«. In dem Anschreiben zu der betreffenden Petition wird ferner behauptet, daß der Grundwert im Zentrum um 25 Proz und in den Vorstädten um 33H Proz zurück gegangen fei und daß eine „allgemeine Entwertung desselben bi- zu 50 Proz. zu befürchten sei" „Wäre die- wirklich der Fall, dann müßte doch ein Rückgang in der Prei-lage der Mieten sich bemerkbar machen. Davon ist jetzt leider wenig zu spüren, und im großen und ganze» halten sich die Mietpreise auf der durch vielfache Steigerung erreichten Höhe ES ist aber dringend notwendig, daß auch für die Mieter, die länger al- 20 Jahre Miel-stetgerung aus Miet-steigeruna erfuhren, end lich eine Zeit der Ruhe eintrete, wo die Mietschraube auf hört, sich weiter zu drehen. Die betreffende Petition der Hausbesitzer aber will eS ander-. Danach soll der MietpreiS der Wohnung auf seiner jetzigen Höhe erhalten bleiben und die Mieter sollen auch noch Vie Kosten aller versehlten Hänser- spekulationen tragen. Nachrichten aus den Landesteilen. Plauen. Wie bereit« gestern zurz gemeldet wurde, sind die Mörder de« Gutsbesitzer« Forner au« Thoßfell ermittelt und festgenommen worden E« sind die Weber und Handelsleute Neumann, Onkel und Neffe; ersterer etwa 43 Jahre alt und in Plauen i. V wohn haft, letzterer etwa 26 Jahre alt und in Hartmanns- ariin bei Treuen wohnhaft Ersterer wurde auf dem Bahnhofe zu Plauen verhaftet und an da« Landgericht in Plauen eingeliefert, letzterer wurde in seiner Wohnung festgenommen und an das Amtsgericht in Treuen ein geliefert Der in Treuen einaelleferte Paul Hermann Neumann (der Neffe) hat vorgestern nachmittag dem hier eingetroffenen Staatsanwalt Rebentrost aus Plauen ein umfassende« Geständnis abgelegt. Danach sei er (der Neffe) von seinem Onkel zu dem Verbrechen verführt worden Die beiden Mörder hatten es nicht auf Forner direkt abgesehen; sie wollten vielmehr aus jeden Fall irgend jemand berauben, um zu Geld zu gelangen. Wie bereits gemeldet, hatten die Mörder ihr Opfer vor der Tat durch Pfeffer geblendet. An dem Überzieher de« jüngeren Neumann sind deutliche Pfefferspuren bemerkbar, ebenso wurden in seiner Wohnung die Handschuhe des Er mordeten aufgefunden. Der hier Verhaftete wurde an das Landgericht in Plauen abgeliefert. — Die Beerdigungs feier für den ermordeten Gutsbesitzer Karl Friedrich Forner sand auf dem Friedhöfe zu Altensalz unter außerordentlich zahlreicher Beteiligung statt. Nach der Beisetzung wurde in der Kirche zu Altensalz ein Trauer gottesdienst abgehalten, bei dem Pfarrer Ludwig eine tief zu Herzen gehende Rede hielt. U Hammerbrücke-Friedrichsgrün i. V. Wäh rend in den niedrigeren Teilen des Vogtlands der Schnee bereits gänzlich geschmolzen oder nur in dünnen Schichten noch anzutreffen ist, liegt hier und in den umliegenden Waldungen der Schnee bis zwei Meter Höhe. Auf den Wegen »st er zu beiden Seiten meterhoch aufgetürmt und seit vielen Jahren war die Gegend nicht so ein- gcschneit. Drei Touristen, die am Sonntag von hier au« dem allbekannten Schneckenstein einen Besuch ab statten wollten, mußten nach kurzer Wanderung um kehren, sie blieben bi« zur Brust im Schnee stecken. Hiernach wird bis spät ins Frühjahr hinein in unseren Waldungen Schnee anzutreffen sein. Oederan. Da« diesjährige große Sängerfest des Erzgebirgischen Sängerbundes findet nach einem jetzt in Chemnitz gefaßten Beschluß am 24. und 25. Juni d I. in Oederan statt. Es werden auch dies mal wieder neben den anderen zahlreichen Veranstaltungen ein geistliches und ein weltliches Konzert stattfinden, an dem über 1000 Sänger aktiv mitwirken werden Zittau. Die städtischen Kollegien haben beschlossen, an Stelle des abgebrannten Restaurants auf dem Töpfer ein neues Gebäude — eine Art GebirgS- baude — mit einem Kostenaufwand von 18 750 M. zu errichten. Ost ritz. Der hiesige Stadtgemeinderat beschloß den Neubau eines Rathauses nach dem Entwurf des Architekten Pipo in Zittau. Die Mittel zu dem Baue werden aus der Sparkasse entnommen, deren Eigentum das Rathaus auch bleiben soll. Pirna In einer von Angehörigen verschiedener politischer Parteirichtungen aus den zum vierten Wahl kreis gehörigen Städten besuchten Versammlung, die von Hrn. geh. Medizinalrat vr. Weber und Hrn. Kommerzienrat Haensel einberufen war, wurde der bis herige Vertreter des vierten städtischen Wahlkreise« Hr. Rechtsanwalt vr. Spieß wiederum als Kandidat auf gestellt. Vermischtes. * Veraltete Gesetze. In keinem Lande dürften mehr Gesetze noch zu Recht bestehen, die niemals an ¬ zu beraten, ob er oder ob ich selbst ihm die Wahr heit hinterbringen soll, und reicht er mir dann, sein Unrecht bekennend, die Hand, so habe ich vergeben und vergessen." Gerührt und in der sicheren Zuversicht, daß nun nicht- mehr ihrem Glück im Wege stünde, dankten ihm die Liebenden „Ach Kinder, ich tue ja nicht- weiter als meine priesterliche und menschliche Pflicht", lehnte er mit mildem Lächeln ihre überquellenden Beteuerungen ab, „unser Herrgott lasse mich nur in seuch ein glückliche«, in heiligem Frieden und ungetrübter Ein tracht lebendes Paar sehen, dann bin ich für mein bißchen Selbstüberwindung reichlich und überreichlich belohnt." Darauf begleitete er sie nach dem Hof, gab Auf trag zum Anspannen deS Wagens und reichte ihnen, die sich mittlerweile auf ihre Pferde geschwungen hatten, zum Abschied die Hand Al- sie zum Tore Hinausritten, fuhr eben Hr. v. Szabo am Pfarrhaus vorüber. Er grüßte höflich und schaute ihnen mit hämischem, nichts Gutes prophezeiendem Lächeln nach Der auf so dumme Weise vereitelte Waldverkauf, für dessen Zustandekommen ihm von Brabar eine nicht unbedeutende Provision zuaesagt worden war, hatte ihm einen argen Strich durch die Rechnung gemacht Seine Laune war daher die allerschlimmste. Mit Hrn. v Höchstfeld wegen dessen Narrheit zu rechten, durfte er natürlich nicht wagen, dafür bot sich aber jetzt die schönste Gelegenheit zur Rache an Erich für dessen offen und unverblümt zur Schau getragene« Mißtrauen Am Herrenhof angelanat, beeilte sich Szabo, den Major, der gerade sein Jagdgewehr vom Riegel nahm, aufzusuchen. Mit kurzen Worten erstattete er ihm Bericht von dem Ausladen der für die Zuckerfabrik angekommenen Maschinenteile Hr. v Höchstfeld schmunzelte voller Behagen „Und wenn kommen die Monteure?" erkundigte er sich eifrig. „Sie sind für nächste Woche angemeldet." „Nun, dann werden wir diesen vorsintflutlichen Furchcnritzern wohl bald zeigen können, was ratio nelle Wirtschaft heißt!" sagte der Major, die Hände vergnügt ineinanderreibend, „speziell auf das Gesicht dieses Besserwissers, dieses Stepenaz, bin ich be gierig, der mir mit seiner Großsprecherei zu impo nieren glaubt! Und nun Adieu, ich will noch vor Sonnenuntergang ein paar Hasen zur Strecke bringen". Hr. v. Szabo räusperte sich ein wenig. „Wollen Sie vielleicht noch etwas?" fragte Hr. v. Höchstfeld sich umwendend. „Ich weiß nicht, Hr. Major, ob ich mir er lauben darf, über Dinge zu Ihnen zu sprechen, die mich als Fremden eigentlich nichts angehen dürften", sagte Szabo mit anscheinender Selbstüberwindung, „allein Ihr mir stets bewiesene- Vertrauen macht eS mir zur Pflicht, Ihnen reinen Wein einzuschenken " Der Major stutzte und kehrte sofort um. „Wa- ist-, sprechen Sie", bat er. „Ich möchte nur nicht gern al- Denunziant gelten", salvierte sich Szabo den Rücken „Unbesorgt, mir, der ich Sie so genau kenne, liegt solch ein Gedanke fern und sonst wird nie mand etwa- von unserer Unterredung erfahren", ver sicherte ihm der Major. Noch einen Moment überlegte Szabo, dann be gann er vorsichtig: „Mir ist Ihre völlig begründete Aversion gegen den Grafen Stepenaz und gegen den Pfarrer schon seit langem bekannt, ebenso genau weiß ich aber auch, daß Ihr Herr Sohn Ihre Anschauungen nicht teilt, vielmehr...." „Er hat sich einfach zu fügen", unterbrach ihn der Major sFottsetzuag folgt.)
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