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Dresdner Journal : 02.06.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-06-02
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190506024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19050602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19050602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1905
- Monat1905-06
- Tag1905-06-02
- Monat1905-06
- Jahr1905
- Titel
- Dresdner Journal : 02.06.1905
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1081 -7^ Vorarbeiten, die auf die Novelle zum Börsengcsetz, den Gesetzentwurf über d'e Ausgabe kleiner Papierwertzeichen durch die RcichSbank, die Kamerun Bahn und vor allem auf den Entwurf eines Militärpensionsgesetzes bereits verwendet worden sind, in vollem Maße nutzbar er halten. Man hätte im Herbst den Faden der Verhand lung genau an derselben Stelle wieder ausnehmen können, wo er jetzt abzubrechen war, während bei Schluß des Reichstags die ganze Arbeit wieder von vorn an- gesangrn werden muß Umgekehrt sind die Gründe, die für die Schließung des Reichstag« sprachen, vorwiegend staatsrechtlicher Natur Entscheidend war die Erwägung, daß nach der Reichsversassung jede Reichstagssession eigentlick geschloffen werden soll, und daß die Vertagung eine nur für besondere Fälle zulässige Ausnahme bildet Nun war der Reichstag bereits im vorigen Jahre nicht geschloffen, sondern vertagt worden. Daß am Schluß einer parlamentarischen Kampagne mancherlei Be ratungsmaterial unerledigt bleibt, ist ferner kaum noch ein Ausnahme fall, sondern kann nahezu als Regel angesehen werden Hätte daher auch dies mal statt des Schluffes die Vertagung stattgcfunden, so würde schwer abzusehcn gewesen sein, wie man in der Zukunft noch zum Schluß einer Session hätte gelangen können und cs würde tatsächlich im direkten Widerspruch mit der Ansicht der Reichsverfaffung der Reichstag in Permanenz erklärt worden sein Diese Erwägung fiel um so mehr entscheidend ins Gewicht, als wenigstens die Möglichkeit nicht auSgeschloffen ist, daß im kommen den Frühjahre bei der Größe und Wichtigkeit der legis latorischen Aufgaben der nächsten Reichstagskampagne Ursache vorhanden sein wird, ausnahmsweise die Voraus setzungen sür eine Vertagung als vorhanden an- zuerkcnnen. Erwägungen dieser Art sind beim Bundes rate in letzter Stunde entscheidend für den Schluß in die Wagschale gefallen. Darmstadt. Das Schicksal der hessischen Wahl- rcchtsnovelle ist noch durchaus ungewiß, nachdem der Ausschuß der Ersten Kammer den Gesetzentwurf mit wichtigen Zusätzen bepackt hat, deren Annahme durch die Zweite Kammer durchaus zweifelhaft ist. Die „Darm städter Zeitunc" veröffentlicht jetzt einen eingehenden Be richt des zweiten Ausschusses der Ersten Kammer über die Wahlrechtsvorlage, welche die Einführung des direkten, gleichen, geheimen Wahlrechts zur Zweiten Kammer vor- sieht Die Mehrheit des Ausschusses steht der Vorlage ablehnend gegenüber, hält sich aber für verpflichtet, nach Mitteln und Wegen zu suchen, um die Annahme der Vorlage zu ermöglichen, ohne daß der Staat durch das übermächtigwerden von Sonderbestrebungen Not leide. Aus dieser Erwägung heraus Haden 21 Mitglieder der Ersten Kammer einen Initiativantrag auf Abänderung der Artikel 67, 69 und 110 der VerfafsungSurkunde ein- gebracht; hiernach werden Vie beiden Kammern in bezug auf das Budgetrecht gleichgestellt. Die Weitcrerhebung von Auflagen für den Fall des Nichtzustandciommens des Finanzgesetzes wird neu geregelt und für gcwiffe Fälle (bei Gesetzen über direkte und indirekte Staats- stcucrn sowie über Gememdesteuern) ebenfalls die Zu stimmung beider Kammern verlangt Der Ausschuß der Ersten Kammer hat die Annahme dieser Änderungen sowie einiger anderer abändernder Punkte im Gesetz selbst als sowlitto «ns gu» von für seine zustimmende Stellung zur Vorlage bezeichnet. Krasrkreich. Paris. Als der König von Spanien, dessen Wagen von einer dichten Kürassiereskorte umgeben war, nach Beendigung der Galavorstellung m der Oper gegen '^1 Uhr durch die Rue de Rivoli fuhr, wurde aus der Menge in der Richtung des Wagens des Königs eine Bombe geschleudert, die mit lautem Knall explodierte. Zwei Individuen wurden verhaftet; man glaubt, daß der Attentäter ein Ausländer ist; es heißt, daß die Bombe mit Nägeln geladen war. Unter der Volksmenge herrschte große Entrüstung über den Anschlag. Bei der Bombenexplosion sind zehn Personen seicht verletzt, ein Polizist, vcr durch ein Pferd umgcworfen wurde, hat das Bein gebrochen. Die Schuld der beiden verhafteten Personen hat sich noch nicht fest- ftellcn lassen. Eine als Zeugin vernommene Frau sagt aus, sie habe gesehen, wie drei Personen die Bombe im Portal des Louvre angezündet und einer sie dann in der Rich- rung auf den königlichen Wagen geworfen habe Nach einer anderen Darstellung soll die Bombe von einem benachbarten Haufe aus geschleudert worden sein, wo noch Nachforschungen angeftellt werden. Ter eine der beiden Verhafteten war wie ein Arbeiter gekleidet; sein "Name ist unbekannt. Er hat eine Verletzung am rechten Auge; man weiß aber nicht, ob sie von der Explosion herrührt, oder ob sie ihm von der Volksmenge beigebracht ist. Er verweigert die Aussage. Anscheinend ist er einige 20 Jahre alt. Die aufgefundencn Bombenstücke wurden dem Direktor des städtischen Laboratoriums zugesandt, der sie zusammensetzte. Weiter wird noch zu dem Vorfall gemeldet, daß der König im Augenblick der Explosion seine Kaltblütigkeit bewahrt und die Menge gegrüßt habe, die ihm begeistert zujubelte "Nach dem „GauloiS" hat der Präsident die Königin Marie Ehristine telegraphisch über den Vorfall beruhigt Der König schickte einen GesandtschastSattach« an den Tatort, um über die Wirkung des Anschlags Erkundigungen einzuziehen. Die Blätter melden zu dem gestern nacht verübten Anschlag noch folgende Einzelheiten: Die französische Polizei war bereits vor einiger Zeit von Madrid auS ver ständigt worden, daß ein spanischer Anarchist Namens Avila oder Davila sich nach Paris begeben und mehrere Bomben mitgenommen habe Dieser Anarchist wurde kürzlich in Paris verhaftet und in seiner Wohnung alle von ihm mitgebrachten Bomben bis aus eine vorgefunden. Man glaubt, daß diese eine zur Ausführung de- Anschlags gedient hat Lon anderer Seite wird gemeldet, daß gestern nacht in der Rue des Pyramide-, einer Seitenstraße der Rue de Rivoli, eine Bombe gefunden worden sei. über die Art, wie der Anschlag verübt wurde, liegen noch verschiedene Darstellungen vor. Nach einem Be richt durchbrach der Übeltäter den Polizeikordon, durch den die Menge auf dem Bürgersteig zurückgehalten wurde, und schleuderte die Bombe, die knapp hinter den rückwärtigen Rädern des Wagens zu Boden fiel und explodierte. Nach anderen Berichten wurde die Bombe mitten aus der Menge von einem Burschen geschleudert, dem ein auf dem Vor sprung eines Arkadenpfeilers stehender Komplize beim Heran- vahen des Wagenzugs rin Zeichen gegeben hatte. Trotz Vornahme der Verhaftungen besitzt die Polizei keinerlei An haltspunkte über den Urheber des Anschlags Allgemein aber wird die Ansicht ausgesprochen, daß der Urheber nur ein spanischer Anarchist sein könne. Die gesamte Presse gibt den Empfindungen der Empörung über daS Ereignis schärfsten Ausdruck. Der republikanische Ausschuß und das nationalistische Wahlkomitee des ersten Bezirks richteten an den König eine Adresse, in dem sie ihre Entrüstung und ihr Bedauern über den elenden Anschlag aussprechen, dessen Schauplatz dieser Bezirk war. Nachdem der König von Spanien in das Palais am Ouai d'Orsay zurückgekehrt war, unterhielt er sich noch in heiterer Stimmung mit seinem Gefolge Gestern morgen wohnte der König der Messe in der Kirche Ste. Clotilde bei und fuhr uin '^9 Uhr mit dem Präsidenten Loubet und dem Kriegsminister Berteaux nach CHalo ns ab Strenge Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Ordnung waren getroffen In die im Ministerium des Auswärtigen und im Elysee aus Anlaß des Attentats auf den König von Spanien aufliegenden Listen haben sich sämtliche Minister, das diplomatische Corps, sehr viele hervor ragende parlamentarische Persönlichkeiten und in die in der spanischen Botschaft auflicgende Liste sämtliche Mit glieder der spanischen Kolonie eingeschrieben. Ter Vorstand des Munizipalrats hat den Präsidenten Loubet namens der Gemeindeversammlung ersucht, dem König Alfons ihr Mitgefühl über den feigen Anschlag, den man nicht genug verdammen könne, auszusprcchen. Der Richter Leydct ist mit der Untersuchung der Angelegenheit der beiden verhafteten Männer beauftragt worden; der eine wurde freigelassen, der andere ins Ge fängnis gesetzt; als belastend gegen ihn lag nur vor, daß er sich offen zu den anarchistischen Lehren bekannte. — Die Untersuchung ergab, daß die Bombe nicht aus dem Fenster eines Hauses geworfen wurde. Die Zahl der Verwundeten wird jetzt aus >5 angegeben; unter ihnen befindet sich ein mexikanischer Deputierter Namens Fernando Rubio, der eine Verletzung am Schenkel er litten hat; er befand sich im Augenblicke des Anschlags an einem Fenster des Hotel du Louvre. — Auf dem Wege, den der König nahm, ist eine zweite Bombe, die nicht geplatzt war, gefunden worden. — Der spanische Ministerpräsident Villaverde hat den Ministerpräsidenten Rouvier telegraphisch ersucht, dem Präsidenten Loubet die Glückwünsche der spanischen Nation aus Anlaß des gestrigen Vorfalls auszusprechen, und den besten Wünschen für die dabei verwundeten Personen Ausdruck gegeben. Rouvier sprach Villaverde im Namen Loubets seinen besten Dank aus und sagte weiter in seinem Antworttelegramm, der Anschlag, dem König Alfons und Präsident Loubet glücklicherweise ent ronnen seien, habe Anlaß gegeben, die Gefühle der Zu neigung, die Frankreich für Spanien empfinde, noch zu Verstärken Mourmelon König Alfons wohnte gestern mit dem Präsidenten Loubet, dem Kriegsminister Berteaux, den Präsidenten des Senats und der Teputiertenkammcr u a im Lager von Chalons kavalleristischen und artilleristischen Übungen bei Um 4 Uhr nach mittags wurde die Rückfahrt nach Paris angetreten «Arotzbritannien. * In den Dimensionen des modernen Kriegsschiff baues macht sich ein allgemeiner Fortschritt bemerkbar. Englands neuester Linicnschifsstyp, wie er durch die „Dreadnought" dargestellt wird, erhält eine Tonnage von 18 000 1. Die Vereinigten Staaten haben für die neueste Panzerklasse eine Tonnage von 17 000 t in Aus ¬ sicht genommen Die japanische Regierung hat den Bau von 18 500 t-Linienschiffen angekündigt Alle diese Maße werden übertroffen von den neuesten Panzern der italienischen Kriegsflotte, die eine Tonnage von 19 500 erhalten sollen. Hand in Hand mit dem Streben nach einer Erhöhung der Größenabmesfungen geht der Wunsch nach stärkerer Armierung und besserer Fahrtleistung Die geplanten Riesenpanzer der japanischen Marine sollen nicht weniger als 16 Geschütze schwersten Kalibers er halten und 19 Knoten laufen, also mindestens um einen Knoten mehr als gegenwärtig die schnellsten Linienschiffe der europäischen Marinen. Eine noch stärkere Bestückung ist für die Dreadnought-Klasse der britischen Marine in Aus sicht genommen; nach „Engineering" wird die artilleristische Ausrüstung nach Zahl und Kaliber der Geschütze der artig sein^ daß der eine Panzer zweien der stärksten im Dienst befindlichen Linienschiffe hinsichtlich der Feuer leistung vollständig gewachsen ist Die Fahrtleistung dieser Klaffe soll sogar auf 21 Knoten erhöht werden, so daß die neueste Klasse der englischen Hochseepanzer, indem sie die artilleristischen Fähigkeiten des Linienschiffs mit der Schnelligkeit des Kreuzers vereinigt, einen völlig neuen Schlachtschifftyp darstellen wird. Norwegen. Christianis Magistrat und Bürgervorsteher schaft haben beschlossen, an den St orthing folgende Erklärung zu senden: Christianias Magistrat und Vor steherschaft danken dem Storthing und der Regierung für die Festigkeit, die sie bei der Wahrung von Norwegens Recht gezeigt haben und sprechen die Hoffnung auf einen würdigen und schnellen Ausgang der politischen Krise aus Rußland. Petersburg. Da Großfürst Wladimir an seinem alten Leiden wieder erkrankt ist, begibt sich statt seiner der Bruder des Kaisers, Großfürst Michael Alexan- drowitsch, als Vertreter des Kaisers zur Vermählungs- feier nach Berlin. — Der Kaiser hat dem Deutschen Botschaftsrat Frhrn. v. Romberg den Stanislausordcn 1. Klasse ver liehen. Amerika. Washington. Es verlautet, der Staatssekretär der Marine, Morton, werde am 1 Juli zurücktreten und das Amt des Direktors der New Jork Jnterborough- Railway übernehmen. — Wie verlautet, wird Mortons Nachfolger als Marinesekretär der Baltimorer Rechtsanwalt Charles I. Bonaparte sein New Jork. Die New Iorker Handelskammer hat einstimmig eine Resolution angenommen, in welcher der Abschluß von Neziprozitätsverträgen mit den europäischen Ländern, vor allem mit Deutschland, be fürwortet wird. Marokko. Tanger. Der Sultan hat dem französischen Ge sandten Taillandier mitqeteilt, daß er die Vorschläge Frankreichs nicht annehmen könne. El-Torres wird dies den Mächten in einem amtlichen Rundschreiben mitteilen Hier verlautet, der Sultan wünsche, daß Reformen nur mit Zustimmung der Mächte eingeführt werden und alle Mächte um ihre Ansicht bezüglich der Abhaltung einer Konferenz über diesen Gegenstand zu befragen Fez. Die zunehmende Häufigkeit der Fälle, daß Kuriere angehalten und beraubt werden, macht den Ver kehr unsicher Vor zwei Tagen wurde ein Kurier, der an den auf der Reise hierher befindlichen britischen Ge sandten Lowther abgeschickt worden war, aufgchalten Die Depeschen, die er bei sich führte, wurden ihm ab genommen und vernichtet — Der „Köl. Ztg." wird aus Fez vom 28. Mai (Telegramm über Tanger, 31 Mai) telegraphiert: Gras Tatten b ach und die der Sondergesandtschaft zu geteilten Offiziere wurden gestern vom Sultan in Privat- audicnz empfangen. Der Sultan unterhielt sich fast eine Stunde aus das liebenswürdigste mit den Herre«, die sämtlich die Begabung und das rege Interesse des jungen Herrschers für alle Fragen rühmen. Abessinien. * In der abessinischen Eiscnbahnsrage, die längere Zeil zwischen Frankreich auf der einen, England und Italien auf der anderen Sette Schwierigkeiten ge macht hat, steht jetzt der Abschluß eines Übereinkommens zur Begleichung der Streitpunkte bevor. Für Deutsch land kann, so schreibt die offiziöse Süddeutsche Reichs korrespondenz, dieser Ausgang nur willkommen sein. Tenn der Entwickelung unserer HandelSintercffen wird cs zugute kommen, wenn die das bis auf weiteres wichtigste Werkzeug des europäischen Verkehrs mit Abessinien bildende Bahnlinie Dschibuti —Adis-Abeba möglichst bald sertiggestcllt würde In die politisch- diplomatischen Erörterungen aber, zu denen die Baufrage Anlaß gab, haben wir uns nie eingemischt Es war daher auffällig, daß der „Masin" kürzlich Angaben über eine Befragung Deutschlands zur politischen Seile der englisch - französisch - italienischen Auseinandersetzung verbreitete. Wie sich bald herausstellte, war dies auch nur geschehen, damit einige Tage später dasselbe Blatt seinen Meldungen widersprechen und unter Hinweis auf die angebliche Geringfügigkeit unserer Interessen in Abessinien gegen den Gedanken einer deutschen Be teiligung an dem abessinischen Abkommen Englands, Frankreichs und Italiens zu Felde ziehen konnte. Diese Polemik rennt offene Türen ein, da wir, wie gesagt, mit Beziehung aus die bisherige Häkelei der drei Mächte in der Frage der äthiopischen Bahnen keinen anderen Wunsch haben, als den, daß sie möglichst bald beendigt, und für die praktische Arbeit zur Er schließung Abessiniens Raum geschaffen werde Während der „Matin" von deutschen Ränken fabelt, denen die Mächte hätten ausweichen müsscn, ist einem Londoner Briefe des „Figaro" das Eingeständnis zu ent nehmen, daß die englischen, französischen, italienischen Vertreter am Hofe des Negus sich früher in offenem Widerstreit befanden, und daß bis in die letzte Zeit „leurs iutrixues" lähmend auf die friedliche Arbeit zur Entwickelung Abessiniens wirkten Wir wiederholen, daß es der „Figaro" ist, der für diese Darstellung die Ver antwortung trägt, übrigens kündigt der nämliche Ge währsmann an, das neue Abkommen werde durch den französischen Minister des Äußern anderen interessierten Mächten -zur Kenntnis gebracht werden Wahlbewegung. * Ter Wahlaufruf der nattonallibcralen Partei für das Königreich Sachsen für die im Herbste bevor stehenden Landlagswahlen ist soeben erschienen Tiefer gehl davon aus, daß feit den letzten Wahlen in der Zweiten Sächsischen Kammer von 82 Abgeordneten sich 57 zur kon servativen Partei, dagegen nur 22 zur nationalliberalen Partei und 3 zu anderen Parteien rechneten Bei solch großem Über gewicht, das in der Ersten Kammer noch stärker sei, beherrsche die konservative Partei den Landtag allein Nicht nur, daß ein Gesetz ohne ihre Zustimmung unmöglich fei, sie habe es auch in der Macht, durch ihre Zweidritlelmajoritäl Verfassungs- Veränderungen durchzusetzen. Dieses Übergewicht müßte nach dem Wahlaufrufe der nationalliberalen Partei gehoben werden, und dazu habe der Landesausschuß der national- liberalen Partei Sachsens folgende Forderungen ausgestellt: Reform der Ersten Sländckammer, damit Industrie, Gewerbe, Handel, Technik, Rechts- und Gesundheitspflege sowie das Unlerrichlswesen in ihr gesetzlich vertreten sei Reform des Wahlrechts zur Zweiten Kammer, und zwar nach der Richtung, daß die haltlos gewordene Unterscheidung zwilchen städtischen und ländlichen Wahlkreisen wegsälll und daß ferner allen Klassen der Bevölkerung die Teilnahme an der Gesetzgebung gesichert sei, jedoch die Alleinherrschaft eines Standes oder einer Klasscnpartei, sei es der sozialdemokratischen oder der agrarischen, verhütet werde Für ein bestimmtes Wahlrecht tritt der Ausruf nicht ein. Als unerläßliche Vorbedingung zu einer Wahlrechtsreform Sachsens wird jedoch in dem Auf rufe das Festhalten an einer geheimen Wahl erklärt. Tas wirtschaftliche Programm, das in dem Ausrufe festgestellt ist, deckt sich im wesentlichen mit dem des Verbands Sächsischer Industrieller; die Nalionalliberalen wollen keine besondere Be steuerung von Gewerbe, Handel und Industrie Sie befürworten im Interesse unserer industriellen Konkurrenzfähigkeit Len Aus bau unseres Wasserstrabennetzes unter entschiedener Ablehnung der in Preußen gevlonten Schiffahrtsabgaben Warm begrüßt wird die Anbahnung der Eisenbahnbetriebsmittelgemeinschafi, ebenso die Vereinfachung der Eisenbahntarise Aus dem Ge biete der Finanzwirtschasl fordern die Nationalliberalen ver nünftige Svarsamkeit, die aber die nöligen Anforderungen für die wirtschaftliche und geistige Entwickelung des Landes gegen über den berechtigten Ansprüchen der Beamten nicht unerfüllt läßt. Sozialpolitisch soll Ls: Mittels, werden^ besonders auch durch Ausbildung des Fachschulunterrichls Es wird Hervorgehoden, den Frieden zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu sichern. Entsprechend dem allgemeinen nationalliberalen Programm verkünden auch die sächsischen Nationalüberalen als ihre Grundsätze: Abwehr der uüramon tanen Übergriffe, Schutz der „sachlichen" freien Meinungs äußerung, Bekämpfung der behördlichen und gesellschattlichen Einschüchterung und Maßregelung wegen politischer Anschau ung sowie Schutz der politischen Unabhängigkeit der Beamten. Nach dem Versprechen, alle Übelstündc und Mängel in Gesetz aebung und Verwaltung genau zu prüfen, dann aber ohne Rückhalt zur Sprache zu bringen, heißt cs in dem Aufruf zum Schluß: „Erfüllt von Heimatslicbe fördern wir alle Schritte, die geeignet sind, unser Sachsenland vom Ruse des politischen Rückschritts und des roten Königreichs zu befreien Weil wir überzeugt sind, daß jeder politische Rückschritt die Zahl der sozlaldcnloklaüschen Mittäujer und Wähler vermehrt, und ein von einseilig konservativ agrarischen Interessen beherrschtes Staatswesen unmöglich den berechtigten Forderungen der Zeit gerecht werden kann, hallen wir eine starke liberale Mtttel- vartei in Sachsen für unentbehrlicher als je Tas politische Leben in Sachsen ist nicht, wie es fein soll Wette Schichten sind ihm entfremdet oder neigen zu radikaler Auffassung. Doch die bloße Verneinung schafft nicht Wandel Tas vermag allein die auf positive Ziele gerichtete ehrliche volitiiche Arbeit " Kontaktverfahrens für die Schwefelsäuregewinnung und die umfassende Durcharbeitung der chemischen und physi kalischen Grundlagen dieses Prozesses. Wissenschaft. -s Aus Paris kommt die Nachricht, daß der welt bekannte Vaudevillist Ernest Blum im 69. Lebensjahre gestorben ist. Blum, der Sohn eines Schauspielers, ivar der Bühne, auf der er in jungen Jahren auch als Darsteller Versuche machte, von Kindheit an vertraut. Er bildete sich früh zum Meister der äußerlichen Bühnen technik heraus, hatte schon als Achtzehnjähriger literarische Erfolge und versorgte ein halbes Jahrhundert lang die Theater mit wirksamen Stücken aus zwei Bereichen, mit schauerlichen, rührseligen Boulevarddramen und Schwänken von kecker, geistreicher Erfindung und groteskem Reiz. Angesehene französische Schriftsteller, wie Ponson du Ter- rail, Hector Cremieux rc. waren seine Mitarbeiter. Dem Pariser Schwank, der in allen Weltstädten heimisch ist, hat er das Gepräge seiner Erfindungsweise und seine« ausgelassenen Witze« aufgedrückt. In diesem Gebiete wirkte er lange Jahre mit Toch« (der 1875 freiwillig au« dem Leben schied) zusammen und die Firma Blum u Toch«, der manches in der Schwankmathematik ge lungene, im Witze beißende, in der Pikanterie lockende Stück zu danken ist, genoß Weltruf bei jenem Publikum, das jedes Genre — abgesehen vom langweiligen — gelten läßt Blum war auch ein Meister der Plauderei; au« dem Anekdotenschatz de« von ihm herauSgcgebenen Jour nals eines Vaudevillisten hat die ganze Presse viele Jahre geschöpft Die Heiterkeit, die er oft und oft ver breitet hat, wird lange ein Licht üb« sein Andenken werfen Bildende Kunst. * Au« Münzen wird mitgeteilt: Die neunte internationale Kunstautstellung im GlaSpalast und die Lenbach-Lu«steklung im Kunstau«ste8ung«grbäude am Kömgsplatz wurvcn gestern durch Sc. Königt. Hoheit den Prinz-Regenten in Gegenwatt aller Mitglieder des königlichen Hauses feierlich eröffnet * über die Ausgrabung der Sphinx in der Nähe der Pyramiden von Gizeh wird aus Kairo be richtet: Der Plan, die bekanntlich mit ihrem ganzen Körper im Wüstensande vergrabene große Sphinx, die nur mit dem Kopfe aus dem Erdboden heroorragt, ganz freizulegen, ist in ein neue« Stadium zetteten, da ,sich zu der ursprünglich kleinen Anzahl derer, die sich für die Sache interessieren, zahlreiche neue Freunde zugesellt haben, die den Wunsch hegen, daß der Schleier von dem großen Rätsel balv gehoben werden möchte. Darunter befinden sich zahlreiche hohe ägyptische Würdenträger und eine Reihe von Gelehrten und Finanzleuten fast aller europäischen Länder Vor einigen Tagen fand eine Versammlung sämtlicher Interessenten im ägyptischen Institut in Kairo statt, in der Mr Dow Covington auf Veranlassung des Vorsitzenden Abbate Pascha, Präsident der ägyptischen geographischen Gesellschaft, über die Fortschritte, welche die Bewegung seit ihrem Anfang gemacht hat, berichtete. Er legte eine An zahl von Plänen und Schatzungen vor, die ein hervorragender ägyptischer Architekt, M D. Favarger, hcrgestellt hat. Nach dem ersten Plane waren 186 obm Sand zu bewegen, eine Arbeit, deren Kosten sich auf 80000 M belaufen. Indessen wurde der Plan modifi ziert in einer Weise, durch die sowohl die Arbeit als die Kosten wesentlich herabgemindert werden. Aus An fragen au« der Mitte der Versammlung hinsichtlich finanzieller Unterstützung von au«wärt«, führte er eine Reihe von Geldgebern in den Vereinigten Staaten von Nordamerika an, die bereit wären, etwa eine Summe von 20000 M beizutragen Die Versammlung faßte ihre Meinung dahin zusammen, daß der Plan au«führ- bar sei, da auch eine genügende Beteiligung zur Herbei schaffung der erforderlichen Mittel aus Europa zu er warten fei E« wurde infolgedessen ein Finanzkomit« ernannt, um die Sache in dieser Richtung weiter zu fördern. Der Richter Royle machte in der Diskussion darauf aufmerksam, daß bisher drei Versuche unter nommen worden seien, um das Problem zu lösen Der erste fand bereits während der Regierung des ägyptischen Königs Thotmes IV. vor mehreren tausend Jahren statt. Den zweiten unternahm Kapitän Caviglia im Jahre 1818 und der dritte Versuch erfolgte durch ein Mitglied des Hauses Rothschild. Er betonte dabei, daß eS erfreulich sein würde, wenn man mit den Mitteln der modernen Technik eine Aufgabe bewältigen könne, die früher nicht ausführbar gewesen sei. Munk. * Aus Weimar wird gemeldet: Sigrid Arnoldson wurde während der letzten „Traoiata"-Vorstellung zur Großherzogl. Sächsischen Kammersängerin ernannt * Ermano Wolff-Ferrari, der Komponist der „Neugierigen Frauen", arbeitet an einer neuen Oper, die „l rustvxbi" betitelt ist. * Im Residcnztheater wird morgen, Sonnabend, abend Gustav KadelburgS Lustspiel „Der Familien tag" gegeben. Am Sonntag abend geht das Lustspiel „Champerays Leiden" in Szene * Sonnabendvespcr in der Kreuzkirche, nach mittags 2 Uhr: 1. Xllsxrv m^ostoso für Orgel von Josef Sittard (geboren 4. Juni 1846, gestorben 1903). 2. „Vater unser" für mehrstimmigen Chor aus dem Passion«oratorium von Felix Woyrsch 3. Avazio für Violoncello von Joseph Haydn, vorgcnagen von dem Kammervirtuosen Hrn Johanne« Smith 4. „Vsni 8»nct« Spiritus", Motette von C G Reißiger 5. „Ich sende euch, geht hin, ihr meine Zwölfe", biblisches Bild für Bantonsolo (gesungen von Hrn Eugen Franck), Violoncello (gespielt von Hrn Joh. Smith) und Orgel («p 49, zum erstenmal) von Ed Lasten 6. „Iu äi« aaxustias inclamo »<I te, Domins", Motette (op. 51 Nr. 4) von Felix Draeseke * Hr. Hürlimann, Gcsangschüler des Hrn Konzert- sängers Eduard E. Mann, hat sich in seinem ersten Engagement in Aachen und in Bielefeld (Monatsoper) als lyrischer Tenor ganz vortrefflich bewährt. * Eine Schillerfeier zugunsten des geplanten Dresdner Schillerdcnkmals veranstaltete vorgestern im gut besetzten Saale des Musenhauses der Direktor der Ehrlichschen Musikschule Hr. Paul Lehmann- Osten. Einleitend spielten Mitglieder der Schützenkapelle Carl Reineckes elegisches Vorspiel zu „König Manfred" für Streichorchester. Frl. Csatarina Hiller sang drei Lieder aus „Wilhelm Tell". Aus des Sennen Abschied und des Buben Schützenlied, von Robert Schumann in harmlos-liebenswürdiger Art in Musik gesetzt, ist kein Glanzftück zu gestalten, dagegen erfuhr der Fischerknabe in Liszts genialer Vertonung sowohl hinsichtlich des Ausdrucks, wie auch gesang-technisch eine vortreffliche Wiedergabe. Frl. Friederike Stritt hatte Schillers Worte des Glaubens, Kaffandra und die Teilung der Erde zum Vortrag gewählt, wovon sie das erste und dritte Gedicht, durch höchst beredtes Mienenspiel unter stützt, sehr stilvoll und fein abgetönt zu schönster Geltung brachte. Auch am Vortrag der Kaffandra wäre nicht« auszusetzen gewesen, wenn nicht dem Organ der jungen Künstlerin für solche Aufgaben zu enge Grenzen gesetzt wären Zuletzt gelangte in Dresden zur Ausführung das Lied von der Glocke vom Casseler Musikdirektor Albrecht Brede für Deklamation, Soli (Sopran und Alt), Fcaucnchor, Klavier und Streichorchester, eine Komposition, für die man sich nicht zu erwärmen vermochte Tie Ausführung durch Frl. Stritt (Deklamation), Frl Hiller, Frau Rebhuhn (Sopran und Alt», den Lehmann-Osten- Chor, Hrn Richard Schmidt (Klavier), der auch die Lieder voriüglich begleitete, und die Mitglieder der Schützenkapelle (Streichorchester) unter Hrn Lehmann- Osten ist volle« Lob zu zollen 6.
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