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Dresdner Journal : 06.10.1908
- Erscheinungsdatum
- 1908-10-06
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190810065
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19081006
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19081006
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1908
- Monat1908-10
- Tag1908-10-06
- Monat1908-10
- Jahr1908
- Titel
- Dresdner Journal : 06.10.1908
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Die Alleichöchsten und Höchsten Herrschaften erhoben Sich alsbald unter Vortritt und in Begleitung des König lichen Großen und Prinzlichen Dienstes und der Pagen in den Bankettsaal und nahmen an der in Hufeisenform aufgestellten Tafel Platz. Se. Majestät der König von Spanien saß in der Mitte zwischen Sr. Majestät dem König und Ihrer Königl. Hoheit der Frau Prinzessin Johann Georg. Nach rechts schlossen sich an: Ihre Königl. Hoheit die Prinzessin Mathilde, der Königl. Spanische Staatsminister Manuel Allendesalazar, Oberhofmeisterin Freifrau v. Finck, Staats minister General der Infanterie Frhr. v. Hausen, Hof dame Freiin v. Gärtner, Königl. Spanischer Oberstall meister Marquis de Viana rc. Nach links Se. Königl. Hoheit der Prinz Johann Georg, Oberhofmeisterin v. der Gabelentz-Linsingen, Königl. Spanischer Gesandter Polo de Bernabö, Hofdame v. Schönberg, Staatsminister v. Metzsch-Reichenbach, Hoffräulein v. Schönberg, Königl- Spanischer Oberst und Kammerherr Graf Grove rc. Gegenüber saß der Minister der auswärtigen Angelegen heiten, Staatsminister vr. Graf v. Hohenthal und Bergen, rechts die Staatsminister vr. v. Rüger und vr. Beck, links der Staatsminister vr. v. Otto und Oberstmarschall Graf Vitzthum rc. Die Tafel war mit Goldgeräten und mit altem Watteau-Porzellan geschmückt. Die Blumen-Arrangements bestanden aus Rosen und roten Dalien. An der Längs seite des Saales waren Goldbüfetts errichtet, ausgestattet mit hervorragenden Kunstgegenständen in Form von goldenen Pokalen, Tabletten und Terrinen rc. Nachdem der Champagner eingeschenkt worden war, erhob Sich Se. Majestät der König zu folgendem Trink spruch: 8irv! 6'ost äs tout Llov ooevr qus cko souksit« I» bisovsnu« L Votrs Llajvstv au woinvllt oü LU« a Visa voulu kovorer Uv 8» visits Lion ka^s st öl» Liaison. Uv suis kvursu x ck'avoir vu es jour loocasion vivsweot attsnäus äs röitsrer vis a vis äs Votiv Llajsstä tous Iss ssvtiinents äs As plus «inosrs rsoon- vais»anos pour ovtto drillautv kospitalit^ qui Ll'a stä olssrt« lors äs Llon sHour ä üäaäriä, «t äs la reuärs so rvvius tsiups l^uoiqus L uns inanisro plus woässtv. I, s U-us äamitis et äs parsntä qui existent äspuis äs si lou^ues auosss sntrs les Liaisons Kopals» ä'^spaxue et äs 8axs out vt^, «rLos L ^os rslations personnollss nouvellernent evtalnss», rsjeunis et kortiLses. äs suis prosouäsmeut touob^ äu xranä konosur gus Votrs Llasesto a eu lextrsrns doutä äs Lie kairs eu Lis nowwaut Oolonsl konorairs äu rsxiinont 8oria, et Ue suis Ler äs tair« parti« ains» äs I» ßlorivuss arins« Lspa^vol«. O'sst aussi avsc uu vik plaisir quv Ue Ll'ernpresss äe rsiuer- vier Votrs Liajest^ lju'LUs » eu la ^rLo« ä'agr^vr I» nomination ooiulus Ovlons! konorair« äu äsuxisme r^Kirnent äs OK Ians uuiusro äix-kuit. U'ose prier Votre Llajvst^ äs rester envvrs 8on vouvoan r^^iwsnt toujours uu oksk bisuvsillant et U'espsre quo es rsgi- rueut us rnauqusra Jawais non plus äe se inontrsr äi^ne äu granä konneur qui visut äs lui vtrv accorcks st c^us toute Lion arin6« resseot viveinsnt. tonte la jois que Lis proours I» visits äs Votrs Llajest^ se wvle le ssul rvxrvt que 8» Li Leests la ksins n'ait pa» pu Von» aeoornpaxusr, st Votre Liajsst^ Li olrlixersit inüniwsnt en 8« kaisant aupräs äe 8on Augusts Lpouss l'intsrpröts äe Lies rexrets st äs Livs ssvtirnsnts les plus respectueux. kewereisnt vivernsnt Votrs Liajsstv äs 8» visits Ue iorrn« le» vovnx les plus sinovrss pour le bonksur äs 8on ^uxustv Lersonne, äs 8» Lisjests la Keino st äe tonte l'illnstre Liaison Kocsis ä'Lspa^ns et Us Kvv Lion verrs en l'konneur äs Lion trös-eker Kote: Se. Majestät der König von Spanien lebe hoch, hoch, hoch! In deutscher Übersetzung lautet der Trinkspruch: Majestät! Von ganzem Herzen heiße Ich Ew. Majestät in dem Augen blicke willkommen, wo Sie mit Ihrem Besuche Mein Land und Mein Haus beehren. Ich schätze Mich glücklich, heute die lebhaft ersehnte Gelegen heit zu haben, um gegenüber Ew. Majestät die Gefühle der auf richtigen Dankbarkeit für jene glänzende Gastfreundschaft zu er neuern, welche Mir gelegentlich Meines Aufenthalts in Madrid geboten worden ist, und sie gleichzeitig, wenn auch in bescheidener Weise, zu erwidern. Die Bande der Freundschaft und Verwandtschaft, welche seit so langen Jahren zwischen den Herrscherhäusern von Spanien und Sachsen bestehen, sind durch die zwischen UnS angeknüpften persönlichen Beziehungen zu Meiner großen Freude neu belebt und gefestigt worden. Ich empfinde tief die große Ehre, daß Ew. Majestät die außerordentliche Güte gehabt haben, Mich zum Lhef des Re giments Soria zu ernennen, und Ich bin stolz, auf diese Weise der ruhmreichen spanischen Armee anzugehören. Mit lebhafter Freude beeile Ich Mich, auch Ew. Majestät zu danken, daß Sie die Gnade gehabt haben, die Thefstelle Meine- 2. Ulanenregiments Nr. 18 zu übernehmen. Ich bitte Ew. Majestät, Ihrem neuen Regiment stet- ein gnädiger Ehes zu bleiben, und Ich hoffe, daß das Regiment e- nie daran fehlen lassen wird, sich der ihm erwiesenen hohen Ehre würdig zu zeigen, die auch Meine ganze Armee lebhaft mit empfindet. In all die Freude, welche Mir der Besuch Ew. Majestät be reitet, mischt sich nur da» Bedauern, daß eS Ihrer Majestät der Königin nicht möglich gewesen ist, Sie zu begleiten, und Ew. Majestät würden Mich außerordentlich verpflichten, wenn Sie Ihrer erlauchten Gemahlin gegenüber der Dolmetsch Meine- Be- dauerns und Meiner Huldigung sein wollten. Indem Ich Ew. Majestät angelegentlichst für Ihren Besuch danke und den herzlichsten Wünschen Ausdruck gebe für Ihre erhabene Person, für Ihre Majestät die Königin und für da ganze erhabene spanische Königshaus, erhebe Ich Mein GlaS zu Ehren Meines sehr lieben Gaste-: Se. Majestät der König von Spanien lebe hoch, hoch, hoch! Unmittelbar darauf erwiderte Se. Majestät der König von Spanien folgendes: 8ir»l Ls» parolss si coräials, st si s^mpatdigus» qus Votrs Hajvstä vivnt äs prononoer et I'avsueil qu'LUs Ll » fait an- zourä'kni Ll'ont trd, vivewvnt touods. äs prio Votrs Ll^jsstä ä'aarser Li«, plus sinosrs» st cba- lsursux remervimsnt, pour 8» cdarmante koepitalitä, äs laguell« ^aräsrai, »insi gas äs estts »vleaäiäs vills äs vrssäs, I« plus prsoisax »ouvsair, oommo äs I« garäs toqjour» äs l» visits äe Votre Lia^sstö L Ltaäriä. Xos rslations persouneUes, Votre A^jvstö vieat äs Iv äire, o ont pa gas fortiLer et nyonnir les lisa, ä'switiö st äe paronts gai existent «ntrv l«, äeax Liaisons Kopals«, St Lio, röviproguss nowinations au oowmsnäsinvnt bonoraire äs» kögiwsnts saxon et sspagnol, ne kvront gus reiserrvr cvtt« traäitionells »witis. Iv rerneroi» trö» sinodrewent Votre Lisissts äs Lka noini nation, äont ä'apprvois la valsur, oowws Oolonsl äu brillant äsuxisme k^giwsnt äs Lancisrs numsro 18, guv äs Lie röjoui» äe visitsr äsmain. 8a Llajvstö la keine Ll'a cbarxö ä'expriwer L Votrs Liajestä le regret gu'LUs öprouv« äs us pa« avoir pu m'aoeompagner, et Lils »ppreoisr» sau» äoutv bsauooup ls Souvenir graoisux gue 8a Liajestö a bien voulu Lui aäresssr. äe renouvellv «noors uns toi» Liss vik» reweroimsnt» so levant Lion verrv ä la sautä äe Votre Liajssts et äs l'illustrs Liaison Kopals äs 8axs. Se. Majestät der König lebe hoch, hoch hoch! In deutscher Übersetzung lautet dieser Trinkspruch: Majestät! Die herzlichen und freundlichen Worte, welche Ew. Majestät soeben gesprochen haben, und die Aufnahme, welche Sie Mir heute bereitet haben, haben Mich aufs tiefste gerührt. Ich bitte Ew. Majestät, Meinen allerherzlichsten und wärmsten Dank für Ihre liebenswürdige Gastfreundschaft entgegenzunehmen. Sie wird Mir ebenso, wie diese schöne Stadt Dresden eine gleich wertvolle Erinnerung bleiben, wie für immer der Besuch Ew. Majestät in Madrid. Unsere persönlichen Beziehungen haben, wie Ew. Majestät betont, nur die Bande der Freundschaft und Verwandtschaft, welche zwischen den beiden Herrscherhäusern bestehen, stärken und neu beleben können, und die wechselweise Ernennung zu Chefs von sächsischen und spanischen Regimentern verknüpft noch fester diese traditionelle Freundschaft. Ich danke Ew. Majestät auf richtigst für die von Mir in ihrem Wert voll gewürdigte Er nennung zum Chef des fchönen 2. Ulanenregiments Nr. 18, das ich Mich freue, morgen zu besuchen. Ihre Majestät die Königin hat Mich beauftragt, Ew. Majestät das Bedauern auszusprechen, Mich nicht haben begleiten zu können, und Sie wird, wie Ich nicht zweifle, die huldvollen Worte des Gedenkens feiten Ew. Majestät hoch zu schätzen wissen. Ich wiederhole noch einmal Meinen lebhaften Dank und er hebe Mein Glas auf das Wohl Ew. Majestät und des erlauchten sächsischen Königshauses. Beide Hochs wurden mit Fanfaren der Königl. Hof trompeter begleitet. Während der Tafel konzertierte das Trompeterkorps des 2. Ulanenregiments Nr. 18. Nach aufgehobener Tafel fand der Cercle im großen Ballsaal statt, wobei der Kaffee und der Likör serviert wurden. Gegen 8 Uhr zogen Sich die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften zurück und begaben Sich zur Fest vorstellung in das Opernhaus. Se. Majestät der König von Spanien verlieh Sr. Majestät dem Könige das Infanterieregiment „Soria" Nr. 9. Heute früh nach 9 Uhr begaben Sich beide Königl. Majestäten vom Residenzschloß zur Tiergartenjagd nach Moritzburg. Nach Schluß derselben fand eine Früh stückstafel im großen Speisesaal des dortigen Schlosses statt, nach der Ihre Königl. Majestäten Schloß Moritzburg verlieben. Se. Majestät der König von Spanien reiste mit Sonderzug nachmittags 2 Uhr 40 Min. ab Coswig zum Besuch des Allerhöchstihm verliehene« 2. Ulanenregiments Nr. 18 nach Leipzig, während Sich Se. Majestät der König auf dem Bahnhof Coswig von dem Hohen Gaste verabschiedete und in das Hoflager nach Pillnitz zurück- kehrte. Se. Königl. Hoheit der Prinz Johann Georg be gleitete Se. Majestät auf der Reise nach Leipzig. Die Abreise von Leipzig wird heute abend 8 Uhr 15 Min. mit Sonderzug über Dresden nach Wien er folgen. — Ihre Königl. Hoheit die Frau Prinzessin Johann Georg wohnte heute vormittag 11 Uhr in Be gleitung Ihrer Exzellenz der Frau Oberhofmeisterin Frei frau v. Finck und des Hofmarschalls v. Mangoldt-Reiboldt der diesjährigen Generalversammlung des Albertvereins im Carolahaus bei. De»tscheS Reich. vom deutsche« Flotteuverein. (Berl.Morgenbl.) München, 5. Oktober. Der Aus schuß des bayerischen Verbands des Flottenvereins forderte die Vorstandsmitglieder v. Spieß, Frhrn. v. Würz burg und Regierungsrat v. Braun, die zurücktreten wollten, auf, ihre Mandate beizubehalten. A«Sla»tz. Österreich. Wie die Wiener „Neue Freie Presse" meldet, wurden auf den deutsch-böhmischen Städtetagen in Eger, Teplitz und Reichenberg Resolutionen gefaßt, in denen die Re- gierungspolitik scharf gemißbilligt, von den Abgeordneten verlangt wird, daß sie in der Obstruktion bis zur Sicher stellung der nationalen Unabhängigkeit der Deutschen Böhmens verharren, und zur Verweigerung der Landes umlagen aufgefordert wird. «in neuer deutsch-französischer Zwischenfall. Ein Telegramm der „Kölnischen Zeitung" aus Tanger meldet: Gestern hat sich ein neuer deutsch französischer Zwischenfall in Rabat zugetragen. Der Bote der deutschen Post, Muhammed Filali, geriet in Streit mit den einem französischen Offizier unter stehenden Polizeitruppen. Als er verhaftet wurde und dem französischen kommandierenden Offizier vorgesührt werden sollte, kam es zu einer Schlägerei zwischen den Polizeitruppen und Marokkanern, wobei Muhammed Filali entwischte. Der französische Offizier veüangte vom deutschen Bizekonsul die Auslieferung des Post boten. Diese wurde verweigert, jedoch zuaestanden, daß der betreffende Offizier, der Hauptmann Reimont, der Vernehmung des Postboten und der Zeugen beiwohnen könnte. Bei dieser Vernehmung haben sich über den tatsächlichen Lergang Abweichungen ergeben. Es ist zu hoffen, daß vie weiteren Besprechungen zwischen dem deutschen Bizekonsul und dem französischen Polizeioffizier zu einer Beilegung des Zwiscyenfalls führen, der sich, soweit bisher eHichtlich, nur als eine Schlägerei zwischen Marokkanern.und Polizeisoldaten darstellt. Dänemark. (W.T.B.) Kopenhagen, 5. Oktober. Folkefing. Der von der linken Reformpartei und der gemäßigten Linken ein gebrachte Antrag, das Folketing möge den Willen aus- sprechen, an der Milderung der Folgen des von Alberti begangenen Verbrechens mitzuwirken, wurde heute mit den Stimmen idieser Parteien angenommen. Die übrigen Parteien enthielten sich der Abstimmung. Die nächste Sitzung wurde auf den 13. Oktober festgesetzt. Zur Lage auf dem Balkan. Die Wiener „Neue Freie Presse" meldet aus Buda pest: Die Proklamation der Annexion Bosniens wird in den allernächsten Tagen erfolgen. Die Prokla mation wird die Entschließung des Kaisers kundgeben, daß er seine volle Souveränität auf Bosnien und die Herzegowina ausdehne und für diefe Länder die für Osterreich-Ungarn bestehende Erbfolge einführe. Mit der Pforte wird über eine Verständigung verhandelt; Oster- reich-Ungarn ist geneigt, auf feine Besetzungsrechte im Sandschak zu verzichten. lW. T. B.) Paris, 5. Oktober. Der Minister des Äußern Pichon hat heute vormittag den russischen Minister des Äußern Iswolski und sodann den türkischen Botschafter Naum-Pascha empfangen. Er wird nach mittags die Botschafter Englands und der Vereinigten Staaten und morgen früh den diplomatischen Agenten Bulgariens empfangen. Gegenstand der Unterredungen sind die Orientangelegenheiten. (Meldung des Reuterfchen Bureaus.) London, 5. Ok tober. Der österreichisch-ungarische Botschafter Graf Mens- dorff ist nach Balmoral abgereist, um dem König Edward den eigenhändigen Brief des Kaisers Franz Joseph vor zulegen. Die englische Regierung ist von der österreichisch ungarischen Regierung über die Absichten des Kaisers betreffend Bosnien und die Herzegowina in Kenntnis ge setzt worden. — Der Minister des Auswärtigen Grey ist in London eingetroffen. Die amtlichen und diplomatischen Kreise Londons geben deutlich ihr Mißfallen über die Vorgänge im Orient zu erkennen. Dem Vernehmen nach ist die russische Re gierung bereit, sich allen friedlichen Schritten anzu schließen, welche die Mächte zur Verhütung des Aus bruchs eines Krieges im östlichen Europa unternehmen werden. (Berl.Morgenbl.) Agram, 5. Oktober. Es heißt, das 13. Armeekorps erhielt Befehl, sich zu dem Abmarsch nach Bosnien bereit zu halten. Das 7. Korps sei be stimmt, das 13. in Kroatien zu ersetzen. (Meldung des Wiener K. K. Telegr.-Korr.-Bureaus.) Konstantinopel, 5. Oktober. Ter russische Botschafter Sinowjew überreichte in seiner Eigenschaft als Doyen des hiesigen diplomatischen KorpS der Pforte eine Kollektivnote aller Botschafter, die besagt, die Re gierungen beabsichtigten aus Beweggründen, welche die Pforte schätzen werde, die Offiziere, die mit der Reorgani sation der macedonischen Gendarmerie betraut waren, auf unbestimmte Zeit zu beurlauben. Die Offi ziere könnten unter den gegenwärtigen Verhältnissen als Instrukteure und Kontrollorgane nicht nützlich verwendet werden. Da sie aber durch Kontrakt gebunden seien, so frage man an, ob die Pforte gegen diese Maßregel nichts einzuwenden habe. Falls die Pforte den Vor schlag akzeptiere, bleibe nur übrig, gemeinschaftlich die Entschädigung zu regeln, die den beurlaubten Offizieren zu leisten sei. Diese letzte Klausel wurde besonders auf Verlangen Englands beigefügt, da die englischen Offiziere infolge der Beurlaubung außerhalb des Truppenverbands stehen. (Meldung der „Agence Bulgare".) Sofia, 5. Oktober. Die Nachricht von der Proklamierung Bulgariens zum Königreich wurde sowohl in der Hauptstadt wie in der Provinz mit großer Begeisterung ausgenommen. Überall herrscht lebhafte Bewegung. Aue Verwaltungs behörden trafen Maßregeln, um das Ereignis festlich zu begehen. Die Städte find beflaggt. Morgen werden im ganzen Lande Gottesdienste ab gehalten. Auf dem Truppen übungsplätze bei Sofia wird morgen Parade der ge samten Garnison stattfinden. Ebenso werden auch in der Provinz Truppenparaden abgehalten werden. Nach Tir- nowo gehen unausgesetzt zahlreiche Glückwunschdepeschen ab. Alle Bureaus sind heute geschlossen. Der Unterricht in den Schulen fällt für drei Tage aus. (Meldung des Wiener K. K. Telegr.-Korresp.-Bur.) Konstantinopel, 5. Oktober. Seit gestern herrscht hier infolge der Nachrichten über die Unabhängigkeits- erklärung Bulgariens, sowie infolge von Kriegs- gerüchten eine beunruhigende Stimmung; an der Börse ist dadurch ein starkes Weichen der Kurse herbeigeführt worben. — Die alarmierende Meldung eines Wiener Blattes, daß am 1. Oktober je 19 Batterien und je 24 Waggons Munition nach Adrianopel und Saloniki abgeganaen seien, ist unrichtig. Bisher sind nur 22 Waggons mit 2 Batterien Schnellfeuergeschützen nach Adrianopel abgegangen. Weitere Geschütz- und Munitionssendungen werden von morgen ab jeden Tag abgehen. Es handelt sich um die Vollendung der Neubewaffnung der beiden Korpsbereiche mit Schnell- feueraeschützen. (W. T. B.) Paris, 5. Oktober. Der „Temps" spricht die Ansicht aus, daß die Ereignisse im Orient, insbesondere die Proklamation der Unabhängigkeit Bul gariens den Kabinetten von Paris, London und St. Petersburg die Pflicht auferlegen, Europa daran zu erinnern, daß der Berliner Vertrag nicht zerrissen, son dern nur rektifiziert werden könne. Für die Rektifizierung sei das Einvernehmen aller Mächte notwendig, das nur durch die Einberufung eines Kongresses erzielt werden könne, auf dem alle Mächte offen die Gründe ihrer Hal tung darlegen müßten. Man sei um viel geringerer Dinge willen nach Algeciras gegangen.
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