zu erblicken vermögen und wie mächtig die Idee der B a n n u n g in ihm ist. Zur Ordnung eines Bildes gehört (wertmäßig), daß die künst lerische Absicht, das Thema, der eigentliche Bildgegenstand, deutlich ist. Das gilt genau so von den rein optischen Phaenomenen, vom Glanz des Meeres, dem seine Wellen peitschenden Sturm, der Transparenz einer zarten Blüte usw., wie von der Darstellung des Schmerzes, der Freude, der Liebe, des Hasses und der Angst usw., also den im Bild sichtbar gemachten Affekten. Alle Formen, alle Farben müssen — wenn das Bild gut sein soll — an der Verwirklichung der künstlerischen Absicht (Bildidee) teilhaben, müssen in sie einbezogen sein und zur künstlerischen Geschlossenheit des Bildes beitragen. Für die Qualität eines Bildes ist weiter bedeutsam, ob der Maler Wichtiges und Un wichtiges klar getrennt hat. In Holbeins Kaufmann Georg Gisze (Berlin) sind die dargestellten Nebendinge (Waage, Geschäftsbücher, Rechnungen, Briefe) fast stillebenartig da, aber sie sind nicht lediglich Schmuck, schildern nicht lediglich das Kaufmannsmilieu, sondern ver stärken den Leitgedanken, das Thema, dem sie dienend untergeordnet sind. Rembrandt schiebt dagegen alles Nebensächliche ins Dunkel oder läßt es weg, dafür den Hauptgegenstand ins Licht rückend — und welches Licht! Das alles nennen wir in der Malerei Komposition. Sie ist der In begriff der Ordnung im Bild. Von entscheidender Bedeutung für den Rang eines Bildes ist die Um wandlung des optischen Rohstoffes der Erscheinungswelt in Gestalten der Bilderwelt, also in malerische Substanz. Die Formen und Farben eines Bildes können denen der Natur ähnlich sein, aber sie sind sub stantiell andere. Sie sind neu (Neuschöpfung der Dinge). Licht und Dunkel führen im Bild ein anderes, bedeutenderes Leben als außer halb. Dabei gibt es so viele Weisen, einen Gegenstand malerisch zu erfassen, als es Maler gibt. Eine Bedingung aber muß erfüllt sein: Daß aus dem gemalten Ding seine Urform leuchtet, daß in ihm und durch ihn seine eigentliche Bedeutung erkannt und erlebt wird. In dem Grade, in welchem der Maler diese Urwirklichkeit der Dinge bloßlegt, nimmt er dem Betrachter eine — von ihm selbst nicht lös bare — Sehaufgabe ab. Das Maß, bis zu welchem ihm dies gelingt, be stimmt ebenfalls den Rang eines Bildes. Jedes echte, d. h. von einem Könner und Meister gemalte Bild, bildet nicht nur einen, vom Maler für würdig befundenen Gegenstand der Natur ab und schafft ihn neu, sondern ist — als Kunstwerk — selbst ein Stück gewordener Natur; so, wie der Maler biologisch der Natur angehört, in deren Auftrag er, als ihr Medium und Instrument, han delt. Dies geschieht, — wie alle Großen der Kunst bekannt haben —