Bild des Malers mit dem farbigen Bild des Fotografen zu vergleichen? Ich glaube nein. Denn die Farbenfotografie ist auch heute noch Neuland. Wie alle jungen Erfindungen (Film, Grammophon, Rundfunk, Fern sehen) zunächst wild gewachsen, wurde sie mit jener naiven Freude an der Buntheit begrüßt und gehandhabt, wie ein Kind seinen ersten Farb kasten bejubelt und benutzt. Es gibt bereits eine Menge guter Lehrbücher über Farbenfotografie, die Sich an den berühmten Herrn Jedermann wenden, gleichgültig, ob er auch Geschmack und Sinn für das kultivierte farbige Bild hat, auf das es allein ankommt. Denn nicht Buntheit schlechthin, als ein zu fälliges oder willkürliches Gemengsel von Farben, macht ein gutes far biges Bild aus, auch nicht die viel berühmte „Farbenharmonie“ — als Zusammenklang von Farben — sondern etwas anderes, das auch das gemalte farbige Bild auszeichnet. Bei ihm stehen alle Farben in einem vom/Maler gewollten und sorgsam überlegten Gleichgewicht mitein- apder. Der Maler trifft unter den Farben seiner Palette eine sorgsame nd feinsten künstlerischen Instinkt voraussetzende Auswahl. Die selektive Aufgabe des Fotografen ist eine andere: Er muß aus der überall chaotisch bunten Natur die wenigen Objekte und s e 1 - t e n e n Farbenkonstellationen auswählen, die er brauchen kann. Nach träglich korrigieren — durch Filter usw. — kann er sie nicht oder nur unter günstigen Bedingungen (bei vorhandenem Farbnegativ). Daß er, wenn er einen geeigneten Gegenstand nach langem, kritischem Suchen entdeckt, ihn blitzschnell und anscheinend mühelos mit der nichts mehr daran ändernden Kamera an sich reißt, vermindert die Größe seiner selektiven Vorarbeit nicht. Dem Maler braucht ein farbiges Sujet nur Anreiz zu sein. Schon eine Viertelstunde nach der ersten Farbskizze findet er unter Umständen eine völlig andere Farbstimmung vor. Er ist nicht vom Gegenstand „geknebelt“, wie Windisch (1. c.) einmal treffend vom Farbfotografen sagt, sondern steht ihm souverän und frei gegen über. Der Farbfotograf muß über die Farben, die er vorfindet und die Film und Kamera maschinenmäßig genau wiedergeben, gewissermaßen erst Regie führen. Gelingt es ihm, das farbig Wesenhafte des Gegen standes so zu isolieren, von allem farbig Unwesentlichen, Zufälligen oder Störenden zu befreien und von den Nebendingen nur das als far bige Akzente ins Bild zu nehmen, was das Leitmotiv mit seinem Unter grund verbindet und es wieder abklingen läßt, so formt er allerdings das farbige Bild und durchgeistigt es. Je schlichter und strenger er dies tut, desto größer ist seine persönliche Leistung. Daß Farbtreue für das dokumentarische Bild in der Medizin, Naturwissenschaft, Tech nik und im Kunstgewerbe sowie für alle Reproduktionen von Kunstwerken unerläßlich ist, wurde bereits gesagt. Ja, die Farbenfoto grafie verdiente schon unsere höchste Bewunderung — und den Dank