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Weißeritz-Zeitung : 09.01.1937
- Erscheinungsdatum
- 1937-01-09
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1761426109-193701095
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1761426109-19370109
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1761426109-19370109
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWeißeritz-Zeitung
- Jahr1937
- Monat1937-01
- Tag1937-01-09
- Monat1937-01
- Jahr1937
- Titel
- Weißeritz-Zeitung : 09.01.1937
- Autor
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vitidsrreodk-ovoMi S. w. d. L, SsrIIv SV « t) Nachdruck verboten. Seltsam Just Ovmllayd «ich immer wieder diesem Rädchen nächst »neu, von Km «ne solch« Leuchtkraft au»g«ht. Neben ihm find in weniaen Bekunden einige weiter« Anto» aufmarschiert, all« in Blickrichtung Lützowplatz. Line Dam«, mit betont zurechtaemachtem Antlitz, di« ein schnit tige», hellgraue» Sportkavriol«tt fährt, schaut «in paarmal zu Just Ooerland Herüber. Aber der beachtet e» gar nicht. Seine Gedanken kreisen noch immer um da» Geschäft, um Christa Lindner, seiner geschicktesten Modezeichnerin. Jetzt gibt der Polizeibeamte den Weg frei. Die schwarz haarige Dame fährt mit einem hochmütigen Achselzucken an ihm vorüber, aber auch das bemerkt Just Ooerland nicht. Plötzlich find seine Blicke, di« bisher ein w«nig ab- »»send waren, wie magnetisch angezogen. Da leicht- fähig schreitet eine junge Dame über den Damm. Au» der kleine«, dunkelblauen Tuchkappe quellen blond« Haar« hervor. St« gleichen einem lichten Kelm, den da» Machen t«igt. Irgendwie kommt st« dem Ranne bekannt vor und jetzt wendet sie sich noch einmal um und da kann er ihr Antlitz erkennen. Cs ist Christa Lindner, di« wohl kurz vor ihm da» Geschäft verlassen hat. Just Overland zieht grüßend d«n Hut, aber da» Mädchen hat ihn nicht bemerkt, komisch mit etn«m Mai« verspürt er keine Lust mehr, heimzufahren. Ja, da» spitze Gesicht seiner Hausdame flöht ihm sogar Unbehagen ein. Gs wäre schön, wenn jetzt ein Mädchen mit einem lichten Helm auf ihn warten würde, vielleicht in einem schneeweiß«« Atendkl«id, mit «in«r dunkelrotrn Samt- oechtdee am Ausschnitt, «inem Kleid, wie es Christa Lind- npr gestern entworfen Hot. Da» blonde Haar in leichten Uellen au» der Stirn gekämmt und kühlen, schlanke« Händen, di« über die schmerzende Stirn fahren würden. Just Ooerland mutz an di« klein« Figur qu» w«tßem To« denk««, di« ihm einer feiner Bekannten kürzlich -m« Geschenk gemacht hat. «» ist die Figur eine» jungen Mädchen», da» mit ein« rührend schlichten Gebärde ihr« beiden Arm« dem Licht «ntgegenhält. Das Antlitz ist ebenfall» nach oben Gericht«, al» erwarte sie die ersten Strahl«« der Sonne. Da» Haar ist in leiser Andeutung weit nach hinten gekämmt und fällt in den Nacken hinab. „Sonnenmädchen", steht unter dem Bilde, und es hat Just Ooerland «ne große Freude bereitet. Cs hat-ihn auf ganz eigene Art ergriffen und in diesem Augenblick weih er, daß es ihn an Christa Lindner erinnerte. Aber was ist nur heute in ihm gefahren? Wie kommt es, daß er schon während der ganzen Fahrt an das Mädchen Christa denken mutz, daß ihn im Grunde genommen so gar nicht» angeht. Richtig sein Prokurist hat ihm im Fortgehen noch einmal davon berichtet, daß die Mode, zeichnerin Christa Lindner ein äußerst vorteilhaftes An gebot ausqeschlagen habe. Und er hatte sich vorgenommen, ihr dafür ^n paar gute, anerkennende Worte zu sagen. Freilich, es war nicht auszudenken, wenn sie ihn jetzt im Stich gelassen hätte. Das eine stand fest, di« Kollektion wäre nicht rechtzeitig herausgekommen. ' Da jetzt war «r tatsächlich zu weit gefahren. Mit grellem Licht springt ihm di« Ankündigung einer Bar in di« Augen rot grün Roxy-Bar Nachtbetrieb! Just Ooerland lenkt sein Auto kurz entschlossen an die Bordschwelle heran. Dann springt er aus dem Wagen «nd g«ht mit schnellen Schritten, al» fürchte er plötzlich seinen Entschluß zu ändern, hinein. Drinnen springt ihm «ine Welle von Rauch, Lärm und G«schret entgegen. Ans einem schmalen, angedeuteten P^titin stand jemand im blauen Matrosenanzug und sang «n listig«» Seemannslied. Lin paar Säst» summten den Nehmt« mit. V „Lustig ist da« Leben, juchh«, d«nn blau ist da- M-r und wett ist die S«el" Mi« von einer Well«, so wird der Rap« von diesem Teichel erfaßt und er summt lächelnd d«« Refrain mit, al» da» Publikum »UN wieder «ufetzt, während er lich nach «um« passenden Platz umsteht. »Lustig ist da» Leben, juchh«, den« bla« ist das Reer und «mit ist di« Sees- Net«, hier ist,« nicht so still und ruhig wie in seinem MOeiiszimmer dah«im, wo auf dem SHreÄtisch ungezählte Miefe auf B«antwort«ng warten. Anh gegenüber der duuS« Bücherschrank ftrSmt ebenfalls «tu« ungeheure Kühle und Nüchternheit aus. „Bi« Mode im 18. Jahrhund«rt Trachtenkunde au» dm Zeit des Mittelalters!" Steht nur da, ihr dW«u ledernden Bände, heute erblickt ihr mich nicht. Lustig ist das L«btn, juchhe, den« blau ist da« Reer und ««It ist die Sm." Rdt hat d«r Sänger aus dem kleinen Podium dm» Li-d nein, «» ist ein Rädchen mit einem kindlich DM WuRtz und rührend schmale« Schultern. l ruhiger ist?" Doch jetzt bekommt Goggo Schmidt mit einem Male kühl«, abwesende Augen, es ist -an- seltsam, wie sie da» gan^ Mädchengeficht verändern. „Rein, das geht leider nicht, ich mutz hinterher noch meine schriftlichen Arbeiten für das Kolleg erlogen. Am Tag, find« ich kaum Z«it da,». Tie will mit einem kurzen Gruß davoneilen, aber der Blick de» Mannes hält fi« f«st- „Schad*", sagte er leise, und in seiner Stimm« It«gi Irlich« B«trübni». „Ich hätte so gerb etwa, über Ihr Studium gehört, ich finde es geradezu bewundernswert, wie energisch Tie dap Leben anpacken." Und in diesem Augenblick muß er wieder an Christa yfndner denken, die auch erst vor zwei Monaten ihre Mutter verloren hat und nun ganz allein in der Welt ist auch sehr tapfer«, sagt er au» dieser Er- kenntni» yerau» vor sich hin und diese Wort« find nicht für da» RÜdchen Goa« Schmidt bestimmt. Aber Soggy Schmidt hat plötzlich da« Gefühl, daß die Einladung des Manne» nicht «in» der üblichen ist, die fi« nur allzu oft erhält. - jetzt den kleinen Raum bEsu.rt. Jemand hat ihr «tn SchtsfeEavkr «E und nun steht fi« mitten im «ach wippt mit den schmalen Schultern und beginnt ei« neue» Lied. S» ist eine ungcheure Moritat von Matrose«, di« immer wi<d«r ihr Mädchen in den Armen eines andere« fanden, von «in«m Kapitän der ewig im Tran und einem Schifi, über dellen Planken eine unendltche Schar von Möv«n str«icht. E, ist ein bißchen ", 7 bibch-n schwermütig, um nicht zu U-n sentimental, aber dem Publikum gefallt es. Da» Mädchen muß es zweimal wiederholen Und ganz plötzlich verspürt Just Ooerland de« Wunsch, E thr zu sprechen. E- ist seltsam, «her er erkennt sich selbst nicht wieder, es ist al« sei er mit einem Male ein ganz anderer geworden. Richt der arb»it»besell«n« Direktor d«» Rodehaufe» Ooerland L Co., der auf-eht in der Sorge um sein Geschäft; e» ist auch nicht d«r Mensch Just Ooer land, der seine kurze Freizeit au-filllt mit dem Besuch eines Konzerte», und der sich Wßtenteil» auch dann noch in die Stille seine» Arbeitszimmers vergräbt, um sich in neue Zeichnung«» und Entwürse zu versenken. Aber das Mädchen scheint seinen Wunsch gar nicht merkwürdig zu finden. Sie nickt kurz mit dem Kopf, als ihr der Lwer di« Bitte vorträgt und kommt dann mit raschen, wiegenden Schritten auf seinen Tisch zu heiße Goggy Schmidt" sagte ste, als Just'Overland seinen Namen g«nannt hat. Goggy — — er hat den Nacken «och «i« gehört und eigentlich paßt er gar nicht so recht zu de« allittalichen und keinesfalls auffallenden NanM Schmidt, dA darauf folgt. Aber da» Rädchen lacht ihn-au». F-^ist überhaupt schwer, sich bei mir ein« «chi^, «ar« Lint« vo^ellen. ««gefangen ven d«m Name«, der so zusagen schon verdreht ist. Ater « ist nicht möglich, mich bet mein»« Eltern zu erkundigen, wa» st« sich bei m«iner Tauf« dacht««. Reine Rutter starb b«i meiner Geburt und m«in Bater als ich drei Jahr« alt war." „Im übrig««" fi« g«ht jrtzt auf einen leichten Ton über — — „ich studier« Kinderärztin und verdiene mir hiermit sozusagen mein Studium!" Nie ste so vor ihm fitzt, in dem dünken Matrosen- anzug, der st« ein w«nig verwegen erscheinen läßt, «ä Mn sich Just Ooerland da» Mädchen, nicht als Kinderärztin vorstellen. Aus einer hohen Stirn fallen ein paar un gebärdige Locken und nur die schmalen Hände find es, die ihre Worte bestätigen können. Sonst schaut fi« eher wie ein großer, Übermütiger Jung« au». Und wie zur Bekräftigung seiner H-danken springt fi« auf und summt den Refrain ihres Liedes mit, den die Kavelle jetzt als Tanz spielt. „Lustig ist das Leben, juchhe denn blau ist das Meer und weit ist die See!" „Es liegt nicht viel Sinn darin", sagt sie dann gleich sam al« Entschuldigung und nimmt wieder am Tisch Platz. „Aber was wollen Sie, di« Leut« sollen auch gär nicht darüber nachdenken. Sie sollen lustig sein, tanzen, sich amüsieren, da» ist di« beste Medizin und stärk für den kommenden Tag!" Mitten in all deck Lärm und Geschrei, bei d«n schmach tenden Klängen der kleinen Kapelle, ist Just Overland ein wenig nachdenklich geworden. Das ist also die Jugend von heute, überlegt er. Be wundernswert, wie sie das Leben meistern. Dieses junge Ding vor mir will Kinderärzttn werden, und um allen Schwierigkeiten zu begegnen, nutzt ste tapfer und frM drauf los ihr kleines Talentchen aus und singt in einer Bar Matrosenlieder. „Wenn Stt von hier weg können, darf ich Sie dann noch zu einer Tasse Kaffee einladen, irgendwohin, wo es Ste fahren in «in Ack«e» Saft, in »sm «nm uw «och et« halbe« Stündchen plauder« kam». GWy S di« plötzlich ei« wenig abgespannt avßebt. trm« 1« I kleinen Zügen den belebenden Trank, «nd dann st st« munter drauf lo» Pon ihr«, PEtzm» und Wunfchttüumen, für di« ste «M endlich einen Zuhör« gefunden hat. Di« nehm«« daM Form und Gestalt an, es ist al» «ntstüiche« st« au» blauen Rauchringen, di« st« in langen Züge« v»r Wh -inbläft. «Eine eigene Praxis möchte ich «inst ^ben und Hinde», viel«, viele Kinder, denen ich helfen Grint«. Ei« «l« müßten mich lleSaewtnnen und „Tante Goggy" zu mir sagen. Oder ich möchte Aerztin an einem großen Kranken haus sein, aber «ich nur auf der Kinderstation. Wissen Sie, wenn dann die Mütter kommen und man kann ihnen in ihre kummervollen Gesichter hinein die froh« Botschaft verkündem, daß ihr Kind gesund, aber auch wieder ganz gesund ist, finden Si« da» nicht wundervoll?" „Nicht wahr, Sie hatten mich nicht für kindisch?" qr- kündigt st« sich gleich darauf, als Just Overland st« lächelnd anschaut. „Dieser Tag hat nun auch einen schönen Abschluß ge- funden", denk er dabei. „Zuerst die Mitteilung, daß Christa Lindner da» ver lockend« Angebot nach Köln ausgeschlagen hat und nun dies« Goggy Schmidt, di« Kinderärztin werden will." Aber dann ist nahezu eine Sjunde vergangen und Goggy Schmidt möchte gern nach Hause. Sie gibt noch eine Biertelstunde zu, als sie hört, daß Just Ooerland sie in seinem Wagen nach Hause begleitet. - Und es ist lang« nach Mitternacht, als Just Oo-xland dann sein Arbeitszimmer betritt. Ähr nachdsnllich geht er noch einmal zum Schreibtisch hinüber und nimmt die Figur aus weißem Ton in die Hand. „Sonnenmädchen", sagt er leise und muß dabei an Christa Lindner und Goggy Schmidt denken. Aber sonder bar, das Bild von der blonden Christa tritt stärker hervor, trotzdem die Studentin sich erst vor wenigen Minuten von ihm getrennt hat. „Sie wäre bestimmt ein guter, tapferer Weggefährte", sagt er leise vor sich hin und es ist nicht ersichtlich, wen er damit wohl gemeint hat. ö. Kapitel ' „Darf ich Sie mit Fräulein Lore Haller, Ihrer neuen Sekretärin bekannt machen?" Darstellend und einführend geht Direktor Iuliu» Leuchner mit dem neuen Abteilungsleiter Klaus Wegener durch alle Abteilungen des Hauses. „Freue mich sehr, ich hoffe, daß wir gut miteinander auskommen werden!" Das hat Klaus nicht wie ein« der am heutigen Bor mittag mindestens schon dutzendmal heruntergehaspelten Höflichkeiten dahingesagt, nein, Klaus hat von dem jungen Mädchen, das hinter dem dunklen Schreibtisch sitzt und ihm so unbefangen die Hand entg«genstreckt, tatsächlich vom ersten Augenblick an einen angenehmen Eindruck. Jung ist sie, jung und blond und hat um die feingeschwungenen Lippen einen energischen Zug, der ihn stark an Christa er innert. Und alles was mit Christa zusammenhängt, ist unbedingt sympathisch. „Ja, mein lieber Herr Wegener, damit will ich es für heute genug sein lassen. Fräulein Haller wird Ihnen noch ein wenig von Ihrer neuen Tätigkeit berichten und dann dann gehen Sie erst einmal wieder hinein in die Stadt und suchen sich in aller Ruhe eine nette Wohnung. Dabei können Sie sich gleich Ihre neue Heimat ein wenig anschauen!" Der Direktor lachte behaglich auf und ging mit eiligem Schritten, wie sie Direktoren, und Nielbeschäftigten zu eigen sind, hinan». Al- sich, die Tür hinter ihm geschlossen hatte, schlüpfte Lor« Haller Vnftr ihrem Arbeitsplatz h«rvor. „Dort drüben ist Ihr Reichl" sagte fi« »nd ging, ohne «ine Antwort abzuwarten, in« Nebenzimmer hinüber. Klaus folgte ihr. „Mit wem teile ich dieses Zimmer?" erkundigte er sich, als er die zwei dunklen Schreibtische er blickt«, die in der Mitte de» Zimmer, ausgestellt waren. „Ander Ihne« arbeitet niemand weiter in diesem Raum!^ antwortet« da» jung« Rädchen. „Bor einiger Zett leiteten die Abteilung «nkauf zwei andere Herren, aber diese Methode hat sich nicht bewährt. E» wollte keiner die Veravtwortnng tragen, w«nn etwa» nicht l« OHnung ging." «Ganz allein?" Klau» muß an seinen Arbeitsplatz in Berlin denken, «inen saalartigen Raum, in den acht Schreibtische Aufstellung gesunde« hatte«, und bei dem ihm der dicke Gründlich gegenüberfaß, den er nicht aurstetzen möchte. Ausprobierend nahm er am Schreibtisch Platz. Wenn er die Tür offen ließ, sah er direft auf Lore Hallers silbrige Blondhrit, und wenn er den Kopf «sandte, dann erblickte er draußen zwei hochstämmig« Akazien, die mit ihren Zweigen verheißungsvoll an da» Fenster klopften. Er blieb «tnig« Sekunden stehen und sah auf da» jung« Grün hinaus. Und ohne daß er es «sollt«, glitten seine Gedanken vom Augenblick ab, gingen mit Stebenmeilen- schritten auf die Wanderschaft und waren in «inem «eiten Äal gelandet, in dem ein junge» Mädchen eifrig über rin Zeichenbrett gebeugt saß. lFortfehung folgt.)
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