Deutsche allgemeine Zeitung : 18.08.1843

Freitag Nr. 140. —— 18. August L84S. WM Deutsche Allgemeine Zeitung. -WT «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» «eb-rblick. Deutschland. sVon der Donau. Ideale und Wirklichkeit. "Mün chen. Verhandlungen der II. Kammer über Zollwesen und in Bezug auf Hannover. "Dresden. Verhandlungen der Ständeversammlung über verschiedene Differenzen. Oberkirch. Programm des Verfas- sungsfestcs im Renchthale. "Kassel. Erzherzog Stephan. Graf Kuefstcin. vr. Pfeiffer. Verordnung in Betreff der Majestätsver brechen. Die Armenpflege. Jkrankrurt a. M. Erklärung in Betreff des jüdischen Reformvereins und des Circulars über ihn. Preußen, v Bertin. Die Militairjustiz. Berlin. Die Freimaurer- logensteucr zum kLlncrDombau. Der Kaiser von Rußland wird erwartet. Deßerreich, -j-tvien. Die Einsegnung der Kaiser-Ferdinands-Was serleitung. Der Herzog von Bordeaux. Spanien. "Paris. Die Volljährigkeitserklärung der Königin. Die Protestation der Junta von Barcelona gegen die Einberufung der CorteS. Das Rundschreiben der Junta von Lerida. Ein Amnestie- decret. Emeute der Seidenweber in Valencia. Großbritannien. Oberhaus: Irland. Unterhaus: Waffenbill. Frankreich. Die Rede des Maire von Mans und die Antwort des Herzog« von Nemours, -f Paris. Der Colonialrath von Guadeloupe und die Zuckerfrage. Italien. "Aus Sicilien. Die Reise des Königs. Die Reste des LehnSwesenS. Die Salzausfuhr. Handel und Industrie. "Berlin. Eröffnung der Berlin-Stettiner Eisenbahn. Berlin. «nkündigungen. Deutschland. 's Von der Donau, 13 Aug. Das Princip der Volks souve- rainctät, welches zur Stunde eine so folgenschwere Anwendung in Spanien gefunden hat und jcnes, wonach der Staat als Organismus zu betrachten ist, stehen unter sich in geradem Widerspruche. Nach dem Princip der Volkssouverainetät wird der Mehrheit der Staatsbürger u. A. unbedingt und unbeschränkt das Recht, die Obrigkeiten ein- und abzusetzcn, Vorbehalten. Die organische Anschauung des Staats ver trägt sich damit nicht, denn sie kann nicht umhin, Dem, was der Kopf will, den Vorzug vor Dem was die Glieder wünschen, cinzuräumcn. Die Annahme, der Staat sei ein Product freiwillig und wechselseitig abgeschlossener Verträge, ist fast immer aus der Quelle der Volks- souverainetät geschöpft, während der faktische Zustand der Dinge weit eher dem organischen Staalsprincip entspricht. Beide Principien be wegen sich im steten Gegensätze, und eins trachtet das andere gewisser maßen zu absorbiren. Woher diese Erscheinung? Sie beruht wol auf einer Nothwendigkeit, einer grundgesetzlichen Einrichtung der menschli chen Natur! Ein Zustand, wo sämmlliche Staatsbürger ziemlich gleich gebildet, jedenfalls aber von gleichem Eifer für das Wohl der Gc sammtheit durchdrungen sein, wo zahllose Bleigewichte, die jetzt sich an den Einzelnen hängen und seine politische Strcbekraft niederzichcn, hin- weggefallen sein werden, ist wol zunächst ein Traum, aber ein schöner philanthropischer Traum. Was Wunder, wenn ihn die Völker mit Leb haftigkeit ergriffen und so zu sagen in den Begriff der VolkSsouve- rainetät als in die kürzeste Formel gefaßt haben. Der Fehler lag und liegt bloö in der Uebereilung, ein Ideal sogleich ohne Zaudern wahr machen zu wollen. Man hätte die UebergangSperioden nicht aus dem Auge verlieren sollen. Allerdings kann-dcr Kampf für das Gute und Rechte niemals vermieden werden; denn die Bestimmung Les mensch lichen Geschlechts ist ja dieser Kampf und der daraus hervorgchcnde Sieg der Ideen. Allein vorsichtiger, unblutiger, schöner, rcsultatvollcr, mit Einem Worte, menschlicher konnte er während des halben Jahrhun derts seiner Dauer bestimmt geführt werden. Andererseits mag nicht verkannt werden, daß der Völker bisheriges organisches Leben, d. h. das gänzliche Nichtdasein eines Partialbewußtscinö im Glicde, während nur daS Ganze, durch geheime Naturkrast gebildet und erhalten, ein einiges Bewußtsein hegt, einer höher» Entwickelungsstufe der Mensch heit nicht zusagen dürfte. Es ist ja wol die Bestimmung des Einzel nen, sich eine feste, klare Ansicht über das Ganze zu bilden und mit Bewußtsein in den Wogen der Staalsgesellschaft unterzutauchen. Den größten Theil der Menschheit zu diesem dumpfen, grundlosen Hingeben -n den Staat für ewige Zeiten zu verdammen, ist dem Menschen freunde und dem Denker unmöglich. Es ist allerdings die Aufgabe, den Staat aus einem bewußtlos gewordenen Organismus in eine mit Bewußtsein gebildete Gesellschaft zu verwandeln. Aber diese Aufgabe ist eine unendliche, jeder Fortschritt eine Morgcnrölhe, die nie zum vollen, goldenen Tage führt, ein schrittweises Ringen, das durch for- cirtc Sprünge keineswegs zu ersetzen ist, ein immerfort lichteres Ah nen und innigeres Erfassen einer hehren menschlichen Idee, die wie ein Stern uns vorleuchtct bis zur Grenze des gelobten Landes. * München, 13. Aug. Die Debatte über den Bestelmcyer'schen Ausschußoorlrag über die Zollverhältnisse hat gestern zur ersten Abendsitzung unserer Abgeordnetenkammer geführt. Es wurde nämlich von verschiedenen Rednern in so ausführlichen Vorträgen auf Neben fragen industrieller und landwirthschaftlichcr Natur aller Art eingegan- gcn, daß man am Schluffe der langen Sitzung gcnölhigt war, die Berathung bis zum Abend zu vertagen. Indessen wurde wenigstens über den ersten Theil des Ausschußvortrags Beschlußfassung erzielt. Das dcsfallsigc Resultat besteht in der Annahme des Gesetzentwurfs und der betreffenden Ausschußanträgc zu diesem Theile des Vortrags, worüber in Nr. 136 daS Nähere. In der Abendsitzung spielte die Runkelrübe die Hauptrolle, und sie fand so gut ihre Freunde und Geg ner in unsrer Kammer, wie sie solche bis jetzt nur immer in irgend einer andern Kammer gefunden hat. Indessen füllten die desfallsigen Kämpfe nicht die ganze Sitzung, sondern auch noch manche andere Frage wurde thcils wiederholt berührt, Iheils neu angeregt. Unbe stritten nahm unter diesen allen die bezüglich Hannovers den ersten Rang ein. In doppelter Beziehung habe ich derselben bereits gestern gedacht, nämlich durch wörtliche Mittbcilung der beiden vom Baron v. Thon-Dittmer gestellten Anträge bezüglich des wünschenswerthcn Eintritts Hannovers in den Zollverein und bezüglich der hannoverschen öffentlichen Rcchtszuständc. In einer dritten Beziehung gab ein wei terer Antrag der Debatte eine bestimmte Richtung. Baron v. Schätzler nämlich wollte, „daß Se. königl. Maj. ehrfurchtsvollst gebeten werde, dahin wirken zu lassen, daß auf allen Flüssen und Strömen, welche das Gebiet des deutschen Bundes durchziehen, die Freiheit der Schiff fahrt in der Art hergestcllt werden möchte, wie cs in den Wiener Con- greßbestimmungen und im Bundcsbeschlussc vom 3. Aug., 1820 fest gesetzt ist, und daß insbesondere die Hemmnisse der Schiffahrt auf der Weser und der Stader Zoll beseitigt und somit die Wcscr-Schiffahrts- acte in ihrem vollen Umfange in Vollzug gebracht werden möchte." Das Resultat der Abstimmung bestand in Ler Annahme dieser und sämmtlicher Ausschußanlräge. Nur der Wunsch bezüglich der Rcchts zustände in Hannover wurde nach dem Wunsche des Vorsitzenden Vicc- präsidentcn nicht zur eigentlichen Abstimmung gebracht, sondern die Kammer zog auf einen Antrag vr. Schwindcl's, der übrigens selbst den Wunsch grade bei dieser Gelegenheit nicht cingcbracht wissen wollte, es vor, DaS, was von dem Antragsteller beabsichtigt wurde, nämlich eine Manifestation der Sympathie einer deutschen Kammer, durch ein bloßes Sichcrhcbcn zu beurkunden. Nur wenige Mitglieder blieben sitzen. * Dresden, 15. Aug. Gestern erstattete der Abg. Todt der ll. Kam mer Vortrag über das Resultat der Berathung der ersten Deputation über das den Gesetzentwurf über den Schuh der Rechte an litera rischen Erzeugnissen betreffende allerhöchsteDecret vom 13. Aug. (Nr. 138) und über den noch gebliebenen Differcnzpunkt in Betreff des ständischen Antrags zu H. 2. Nach der neuesten Redaction desselben soll nun die Regierung ersucht werden, die Veröffentlichung eines in daS Ei- gcnthum des Fiscus übcrgegangenen literarischen Erzeugnisses rc. einem Buch- oderKunsthändlcrzu überlassen, während sienach der frühcrnFassung die Veröffentlichung selbst veranstalten sollte. Man hat sich überzeugt, daß hierunter das Interesse des Fiscus leiden könne, weil es viel« lite rarische Erzeugnisse gebe, die keinen Absatz fänden, und deshalb sich zu dieser neuern Fassung vereinigt, welche von der Kammer auch ge nehmigt wird. WaS nun das königl. Decret betrifft, so stellt dasselbe tz§. 11 und 12 in der Fassung dcS Entwurfs wieder her bis auf den Schluß dcö §. 12, der nun lautet: „und in beiden Fällen die in tz. 13 erwähnte Bescheinigung ausgcwirkt worden ist." Die hh. II und 12 lauten sonach so, wie sie in Nr. 137 dieser Zeitung mitgetheilt worden