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Deutsche allgemeine Zeitung : 13.01.1844
- Erscheinungsdatum
- 1844-01-13
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id799109797-184401133
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id799109797-18440113
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-799109797-18440113
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDeutsche allgemeine Zeitung
- Jahr1844
- Monat1844-01
- Tag1844-01-13
- Monat1844-01
- Jahr1844
- Titel
- Deutsche allgemeine Zeitung : 13.01.1844
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98 Die Krankheit des Bischofs Keller veranlaßte das neueste Breve. Mit al len Mitteln wirkt man auf den altersschwachen Mann ein — dessen Tod gewiß die württembergische Regierung nicht wünscht--daß er am Ende sei ner Tage noch fechten solle für Erweiterung der Befugnisse des Ordina riats, denn das ist der wahre Titel für die obschwcbcndc Frage, nicht aber „Wiederherstellung der Autonomie der katholischen Kirche", welche so gern als vollständig von dem humanen und toleranten König längs anerkannt und gewährt wurde. Welcher mesquine Streit z. B. um die Verlegung des katholischen PfarrdicnflcxamcnS von Stuttgart nach Rot- tenburg! Die wahre Prüfungscommission hat, wie alle Centralprüfun gen auf Staats- und Kirchcndienste, ihren Sitz in dem Mittelpunkte des Landes, und der hochwürdige Bischof könnte doch eher ohne Noth und Kosten seinen Control-Commissar nach Stuttgart schicken, als daß die große Majorität der Prüfenden und zu Prüfenden nach Rottenburg pil gert! Was hat dieser Umstand mit der Autonomie der Kirche gemein? Dennoch verweigert der Bischof die Absendung eines Kommissars, sodaß die Theologen jetzt ohne sein Zuthun für tüchtig erklärt werden — von dem katholischen Kirchcnrath. Diese freiwillige Verrichtung auf ein Recht kann jedoch die Aufhebung des Rechts der Regierung oder die Ansprüche des Geprüften nicht nach sich ziehen, noch auch den Bischof von der Pflicht, solche Kandidaten nach ihrer Ernennung zu weihen, entbinden. Den päpstlichen Breven hat die Regierung aus dem Grunde die Publi-' cation versagt, weil sie nur geeignet wären, Unzufriedenheit und Spal tung zu erregen. Das Domcapitel selbst ist mit ihrem Inhalte, der be sonders die gemischten Ehen betrifft, nicht einverstanden, und Domdekan v. Jaumann, ein erfahrener, kluger Mann, dabei aber getreuer, rechtgläubiger Katholik, ist mit andern Domcapitularcn fortwährend der Ansicht, daß eine Trauformcl verfaßt werde, wodurch die Gewissen der katholischen Nupturicntcn zufricdengcstellt und die der strcngkatholischen Geistlichen doch nicht verletzt werden sollen. Das wäre auch sehr leicht, wenn nur die Aufhetzereien und Verdrehungen von ultramontanistischer Seite bei den friedlichen Schwaben unterblieben. Eben so befremdend mußte cs der Regierung sei'n, daß man die ge rechte gerichtliche Strafe eines pflichtvergessenen und seine amtliche Stel lung misbrauchcnden katholischen Geistlichen in der Nähe von Ellwan gen, abseits jener Blätter, unter das Kapitel „Verfolgungen" warf. Der Fall verhält sich so. Ein Schultheiß starb. Sein Ortögcistlichcr, der in Händeln mit ihm gelebt hatte, die sich aus den aufreizenden Ten denzen, welche jener Priester befolgte, leicht erklären lassen, statt dem Todten eine versöhnende Erinnerung zu weihen, leitete cS so ein,-daß ein von ihm bestellter Leichenpredigcr aus der Nachbarschast nicht erschien, sondern er selbst die Abdankung halten mußte. Da er sich auf solche Weise mit Nichtvorbereitung entschuldigen konnte, weil er einen Stell vertreter erwartet habe, so nahm er ein Predigtbuch und las daraus den jenigen Theil ab, welcher von den Fehlern handelt, die ein Ortsvorstand in seiner bürgerlichen und kirchenconvcntlichen Amtfuhrung begehen könne, ließ dagegen den andern Theil, das Gute, was er zu wirken vermöge, weg und—killt apl'Iieutia! —sagte: Amen! Auf die Klage indignirter Verwandten und Ortsbürgcr wurde dieser unwürdige Hirte zu einigen Wochen Fcstungsfreihcit verurthcilt. Jetzt schreien die ultramontancn Blät ter über Verfolgung. Nun kann ich Ihnen aber aus erster Quelle be richten, daß von den drei Großmächten: Rußland, England und Frank reich, die bekanntlich alle drei mit den ultramontancn Umtrieben zu thun haben, unter Benutzung einer anbcrwcilcn politischen Verwickelung, solche Schritte gcthan worden sind, die hoffentlich auch uns Ruhe schaffen sol len. Hier zu Land erwartet man mit Recht, daß ohne die Jnstigirung von außen her der künstlich gemachte Alarm verdampfen werde, weil ja der Augenschein zeigt, wie weit die württembergische Regierung von einer protestantischen Proselytenmachcrci entfernt ist, und wie gern sic Alles ge stattet, was nur ihren oberhohcitlichcn Rechten nicht zu nahe tritt. Ich frage aber: wohin käme cS, wenn man den Priestern z, B. den Schul unterricht rein überließe? — Von Mittermaier in Heidelberg wird nächstens eine Bcurthci- lung der den badischen Ständen vorliegenden, aus Ocffentlichkcit und Mündlichkeit begründeten Strafproccßordnung erwartet, die keineswegs in Allem beifällig ausfallcn soll. — Aus Gießen wird der Magdeburger Zeitung geschrieben: „Wenn man die Selbstvcrthcidigung Iordan S und die beiden Schriften, welche Aug. Boden in Frankfurt a. M. bei Sauerländer zu Jordan's Verthci- digung erscheinen ließ, gelesen hat, findet man sich aufs klarste von Jor- Lan's Unschuld überzeugt. Auch in Kurhcsscn wurden diese Schriften stark gelesen, doch soll die letzte kleine Schrift Bodcn'ö, welche als Nach trag zur größern erschien, in Marburg jetzt verboten worden sein." — Prof. Jordan's Schwiegervater, Ör. Wigand in Wetzlar, hat in der Absicht, zur Vcrthcidigung seines Tochtermanns aufzutrctcn, unter Andern auch Mittermaier in Heidelberg um seine Ansicht von dessen Verurthcilung angegangen, und die Kölnische Zeitung thcüt aus dessen Antwortschreiben mit, wie derselbe gleich nach seiner Rückkehr aus Ita lien schon gesonnen war, im „Archive des Criminalrcchtö" sich über den gegenwärtigen Stand der Ansichten über den Jndicienbcwciß und die von letztcrm gegen Jordan gemachte Anwendung dahin auSzusprcchcn, daß Jordan nicht hätte verurthcilt werden sollen. Dieser Arbeit darf man auch noch entgegensetzen, vorläufig aber spricht der berühmte Rechtsgelchrte sich dahin aus, „daß der Jordan'sche Fall aufs neue klar zeigt, wie gefährlich die Verurthcilung auf Judicien sei, wenn nicht andere Garan tien dazu kommen, welche der deutsche Strafproccß nicht gewährt. Die Vcrurtheilung Jordan's beweist, wie auch Richter mit den reinsten Ab sichten und mit tüchtiger juristischer Bildung zu einer Verurthcilung auf Jndicicn in Fällen kommen können, wo kein Strafurtel hätte ausgespro chcn werden sollen". Indem er dann auf die zwei Punkte kommt, um die beim Abwägcn der Jndicienbcweise sich Alles drehe, spricht Mittermaier sich in Bezug auf den ersten — ein gewisses Grundverhältniß, woraus man weitere Schlüsse ableitet — unter Abweisung der für-Jordan's Mitwissenschaft um die verbrecherische Unternehmung angeführten Gründe dahin aus, daß hier die Beweise fehlen und die Zeugen, auf die man sich berufe, dem Richter, der vor Allem Menschenkenner sein müsse, nicht genügen konnten. Den zweiten Punkt anlangend, inwie weit dem Angeklagten das ihm schuld gegebene Verbrechen zugetraut werden dürfe, spricht Mittermaier sich geradezu verneinend aus. Als Jordan vor 3» Jahren sein Zuhörer gewesen, sei schon dessen offener, wahrheitsliebender Charakter und dessen Haß gegen geheime Verbindungen und gesetzwidrige Handlungen bekannt gewesen. Er sei sich darin immer treu geblieben. Möge er, gleich Jedem in seiner Lage, gegen den Beifall des Volks zur Zeit seiner Wirksamkeit als Abgeordneter nicht gleichgül tig, und auch mit Männern bekannt gewesen sein, die später an verbre cherischen Dingen Theil nahmen, nichts deute darauf, daß er je verbre cherisches Treiben billigte und um solche Plane wußte. Schließlich be zeichnet Mittermaier die in den Entscheidungsgründen gegen Jordan an geführten Jndicicn noch als „sehr schwach" unv beruft sich auf die von ihm erfahrungsmäßig erlangte Kenntniß der Trüglichkcit des Jndicienbc- weises in unserm deutschen Proceffc, führt auch noch den Fall mit dem Tischler Wendt als Warnung für alle Richter an, die auf Jndicicn cin Urtel bauen sollen. 5 Lübeck, 7. Jan. Wie es heißt, sendete das hiesige Offiziercorps vor mehren Wochen Einen der Seinigcn nach Harburg, um dem dort sich aufhaltcnden Hauptmann Nachtigall zu erklären, daß dieses cs nicht mit seiner Ehre vereinigen könne, unter den obwaltenden Umständen mit ihm zu dienen, und cs ihm anheimgcbe, entweder durch eine zu beantra gende gerichtliche Untersuchung sich zu reinigen oder seinen Abschied nach zusuchen. Dem committirtcn Offizier war der zu seiner Reise erfoder- liche Urlaub nicht vom Militairdepartement, sondern nur von dem hiesi gen höchstcommandircndcn Major crtheilt worden. Gewiß ist, daß bei kürzlicher Anwesenheit des Generalmajors v. Gayl der Major zu acht tägigem Stubenarreste verurthcilt wurde, sodaß die heutige Parade von dem im Range zunächst folgenden Offizier abgehalten werden mußte. Nächstens wird nun m Bremen ein Ehrengericht zusammcntreten, um die zwischen Hauptmann Nachtigall und sämmtlichen übrigen Offizieren unscrs Kontingents ausgcbrochene Differenz auszugleichcn. WreuHen. Der König von Preußen ist am II. Jan. Nachmittags 3H, Uhr von Magdeburg mit einem Extrazuge nach Berlin zurückgekchrt. Der Prinz von Preußen und die ändern fürstlichen Personen waren dagegen zur Jagd bei Barby gefahren. (M. Z.) — Die Vossische Zeitung enthält einen Artikel über das Urtel gegen Jordan, der von dem kcnsor beanstandet, von dem Oberccnsurgericht aber aus folgenden Gründen freigegcben wurde: „Das durch den Druck bekannt gemachte gerichtliche.Urtel erster Jn- tanz in der Untersuchung wider den Professor Jordan zu Marburg, wegen hochverraths, gibt dem Verfasser des oben erwähnten Aufsatzes Bcranlas- ung, über diesen Proccß zu sprechen und daran Betrachtungen allgemeinen Inhalts zu knüpfen. Der Verfasser findet den Abdruck des Erkenntnisses, mit den Entschcidungsgründen ohne Beifügung der Berhandlungen selbst, nicht genügend zur völligen Ucbcrzcugung und Beruhigung der Leser; er sucht aber doch nach den vorliegenden Mitthcilungen zu zeigen, daß der objcctivc Lhatbestand des dem Professor Jordan schuld gegebenen Verbrechens nicht cstgcstcllt erscheine. Er spricht hierbei über die Bedenklichkeit jeder Vcrur Heilung, die auf den Grund eines bloßen Jndicienbeweiscs erfolgt, und dies ührt ihn auf die Oeffentlichkcit des Criminalproccsscs und auf das Geschwo renengericht, welchen beiden Formen er dann entschieden den Vorzug vor dem gemeinen deutschen Strafverfahren gibt. Endlich betrachtet er das kurhessi- jchc Gesetz, nach welchem Jordan gestraft worden, und er nennt die darin enthaltenen Strafdrohungen «barbarisch». Er erkennt dabei an, daß der Gerichtsgcbrauch bereits die Strenge dieses, unter ganz andern Zcitumstän- dcn - .während der französischen Revolution — erlassenen Gesetzes gemildert »abe, diese Milderung auch für Jordan cingetretcn sei. Er hält jedoch dafür, daß die Milderung eines Gesetzes durch de» Gerichtsgebrauch zur Unsicherheit des Rcchtszustandcs führe, und wünscht daher, daß die Gesetzgebung die für den vorliegenden Fall in Hessen bestehenden Strafdrohungen den mildern Grund- ätzcn der Gegenwart anpasse. Die Besprechung so vieler wichtiger Gegen wände in dem engen Raum eines Zeitungsartikels kann unmöglich genügend ausfallcn. Indessen betrifft dies mehr den wissenschaftlichen Werth des Auf satzes, mit welchem die Ccnsurbehörde nichts zu thun hat- Dieser würde, selbst wenn von einem, durch ein preußisches Gericht gefällten und öffentlich bekannt gemachten Urtelsspruche und von der Kritik eines einheimischen Ge setzes die Rede wäre, nur zu prüfen obliegen, ob die im Artikel tv. zu 2 und 3 der Censurinstruction angegebenen Grenzen solcher Erörterungen nicht überschritten sind- Strengere Rücksichten können jedenfalls hier nicht eintrc- tcn, wo zunächst die Angelegenheiten eines andern deutschen Bundesstaates, dann aber auch gemeinsame deutsche Zustände verhandelt werden. Nun hat aber der Verfasser ruhig und in anständiger Form, wenngleich mit Nachdruck, geschrieben, und auch eine übelwollende Absicht kann in dem Aufsätze nicht gefunden werden, weil der Verfasser, zwar vielfältig tadelnd, seine Rügen doch mit Gründen unterstützt und dabei auf Veränderungen dringt, die er als Verbesserungen ansicht und welche schon längst Gegenstand wissenschaft licher wie gesetzgeberischer Erwägung sind. Eben deshalb läßt sich nicht an- nchmcn, daß der Artikel zu Misvcrgnügen und zu Unzufriedenheit mit be stehenden Verordnungen aufrcizc, da nicht der ausgesprochene Tadel eines lvom Schriftsteller dafür erkannten) Uebels an und für sich, sondern nur die
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