Deutsche allgemeine Zeitung : 31.05.1844

Freitag —— Nr. 152. 31. Mai 1844. WM Deutsche ASgemeine Zettmtg. ZGU «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Nebe-bli«. Deutschland. * Von der schlesischen Grenze. Die Confirmation jüdi scher Mädchen. * Hannover. Geistlicher Eifer. Der Harburger Hafen. Die directen Steuern. Der Kaiser von Rußland. — Pfarrer Kuenzer in Konstans.— Politisches Strafurtel in Äurhessen. Die katholische Kirche in Eisenach. * Frankfurt a. M Die LaunuSbädcr. Intole ranz. vr. Stein.— Die französischen Contributionsgelder- Preußen. U Kerlin. l)r. Geiger. Die Schrift des Prinzen von Joinville. Minister v. Bülow. Die englische Liturgie. Dahlmann. Der Mainzer «Katholik». Die Kölnische Zeitung. Das königsberger Comite. Hr- v. Raumer. Weihbischof Latussek. Hr. Beuth. Hr. Devrient. A Ker lin. Der Kaiser von Rußland. Congreß. ch Königsberg. Die Jubelfeier der Universität. Kaufmann Grünhagen- — Religionswechsel und Intoleranz. Spanien * Paris. Die Königinnen. Die Anleihe. Die Bergwerke. «Großbritannien. Die Limes über die Kaper des Prinzen von Joinville. Sw H. Hardinge. Proceß O'Connell. Krankreich. Die Verhandlungen über den Secundairunterricht. Das Wahl wesen. Maitressenwirthschaft. Graf Victor Hugo- -h Paris. Das Budget- Die Geistlichkeit. Melgien. * Krüssel- Der König von Sachsen. Schweiz. Fortschaffung Weitling's. Schweden und Norwegen. Stockholm. Ministerialveränderungen. Ritterhausordnung. Rußland und Polen, f Petersburg. Reisen. Der Fürst v. Warschau. Die Albanesen. Der Lscherkessenkricg. Graf Benkendorff. Leichenhaus. Be völkerungsstatistik. Petersburg- Graf Cancrin. * Warschau- Das große Lager. — Die Deportationskosten. Serbien. Oesterreicher in serbischen Diensten- Personalnachrichten. Wissenschaft und Kunst. * Köln. Das rheinische Musikfest- Der Dom bau. Auffindung eines römischen Mosaikbodenß. 7— Hr. Berlioz. — vr. f Waagen. ' Handel und Znduskri«. "England und der Zollverein. "Warschau. Gewerbe- und Kunstausstellung- "Wien. Die Maßnahme gegen Bank notenverfälschung. "Frankfurt a. M. Atmosphärische Eisenbahn von Höchst nach Soden- Brücke über den Main. "Wien. Gebirgseisenbahnen. — Die Eisenbahnbauten in Württemberg. — Berlin. Meueße Rachrichten. Paris- Nachrichten aus Otaheiti. Ankündigungen. Deutschland. *Don der schlesischen Grenze, 28. Mai. Die in Nr. 147 dieser Zeitung aus den Berlinischen Nachrichten entlehnte Mittheilung in Bctreffder inBrcslaustattgchabtenConfirmation jüdischerMädchen enthält bedeutende Jrrlhümer und bedarf in vieler Hinsicht der Berichti gung. Die Confirmation ist weder eine Neuerung, die, wie der Bericht erstatter meint, „tiefer ins jüdische Leden als die Aufhebung der Beschnei dung eingreist", noch ist die in Breslau stattgehabte die erste in unserer Zeit. Fast in allen jüdischen Gemeinden, wo Confirmationen eingeführt find, nehmen Knaben und Mädchen zugleich daran Theil; so schon seit mehren Jahren in Braunschweig, Bcrnburg, Dresden und an andern Or ten. Auch widerspricht nichts im Judenthumc diesem Act; er ist eine feierliche Weihe an dem Tage, wo der jugendliche Mensch aus dcmKin- dcsalter tritt, und daher auch auf Mädchen anwendbar, ohne daß Schrift oder Tradition je etwas dagegen einwendctcn. Wie soll nun diese Hand lung auf ein Niveau mit der Aufhebung der Beschneidung gestellt wer den, die, im Gesetz und in einer mehrtausendjährigen Geschichte begründet, mit dem Judenthum als Bundeßzeichcn so innig verwachsen ist wie die Taufe mit dem Christcnthume? Liefern doch dic'Gcmcinden und die Rab biner, die die Confirmation eingeführt, den überzeugendsten Beweis, daß sie dieselbe für keine derartige Neuerung ansehcn, und es erfährt in der That fast an keinem Orte dieser Act irgend einen Widerstand. Hat nun der Korrespondent entweder aus Parteisucht oder aus irgend einem andern Motive sich schon hier auf der Oberfläche gehalten, so geht er noch mehr irre, da er, um dem von ihm berichteten Factum ein hervorstechendes Reliefs» geben, behauptet, daß das weibliche Geschlecht außer am Trauungs- und Sterbetage vom jüdischen Gesetze bisher ganz ignorirt worden sei. Das jüdische Gesetz hat nie die Frau ignorirt, sondern hat mit Berück sichtigung ihres Berufs im häuslichen Kreise sie von den an eine gewisse Zeit geknüpften Ceremonialgebräuchen befreit; hingegen nimmt es für son stige religiöse sowie für alle moralischen Vorschriften das weibliche Ge schlecht nicht minder in Anspruch und hat demselben manches Gesetz, das mit dem Thätigkeitökreise der Frauen in Verbindung steht, besonders an- heimg^eben. "Hannover, 28. Mai. Das Tagsgespräch bildet das Auftreten mehrer hiesigen Prediger gegen die Verfügung, welche aus der Eröff nung der Eisenbahn nach Braunschweig eine Sonntagsfeier machte und beim Kirchengeläute durch Kanonenschüsse und lärmende Musik das Volk hinauslockte, um den Jubel mit anzusehen. An der Spitze der Ei ferer stand wie gewöhnlich der auch in dieser Zeitung schon öfter genannte Pastor Petri, welcher schon am vergangenen Sonntage gleich auf frischer That seinen Unwillen über diese Entheiligung des Sonntags ausließ. In zwischen ist bekannt geworden, daß Pastor Petri, der sogar von Schande oder Schmach der Obrigkeit und aller Theilhaber an jener Feier gespro chen hat, wegen dieser und ähnlicher Reden und Ausdrücke zur Rechen schaft gezogen werden soll, und dies muß vermuthlich mehre seiner Colle- gcn veranlaßt haben, ihm und seinen Worten eine Stütze zu geben, denn am gestrigen und vorgestrigen Pfingsttage ist jener unglückliche Sonntag wieder das Thema mehrer Predigten gewesen, wobei gleichzeitig scharfe Streiche auf die materialistischo Richtung der Gegenwart überhaupt ge fallen sind. Die Behörden würden wol am besten thun, wenn sie diese ganzen Expektorationen unbeachtet ließen. DieMittheilungIhres Hamburger Korrespondenten, daß die Hafen anlage beiHarburgdefinitiv beschlossen sei(Nr.I47), ist eine bloße An- ticipation. Bis jetzt ist nur, wie von hier aus schon früher (Nr. 112) mitge- theilt worden, ein desfallsigcr Vorschlag der Regierung an die Stände ge kommen, die ihre Eisenbahncommission mit der Vorprüfung desselben be auftragt haben. Weiter ist die Sache noch nicht gediehen, Lie übrigens auch vertraulich behandelt wird, sodaß sich nicht einmal über die Stim mung der Kammern etwas Bestimmtes sagen läßt; früher waren sie für den Plan, der von ihnen ausgegangen ist. Morgen werden die ständi schen Arbeiten, die durch das Pfingstfest unterbrochen waren, wieder ihren Anfang nehmen. Unter den neuen Vorlagen befindet sich ein Vorschlag zur Modifikation des Gesetzes über die directen persönlichen Steuern, wegen deren seit Jahren verheißener Verminderung auf allen Diäten zahl lose Petitionen aus allen LandeStheilen eingcgangcn sind. Die Stande haben sich in letzter Diät gegen eine allgemeine Herabsetzung der Steuern erklärt, weil die kostspieligen Eisenbahnanlagcn vor der Hand noch eine Benutzung der Ueberschüsse dringend nöthiq machen. Die Regierung schlägt nun vor, die Verminderung der Steuerlast in den geringer» Klassen und Gewerben Lurch Erhöhung in andern zu ermöglichen, und hat einen Plan vorgelegt, wonach der Ertrag der sämmtlichcn directen Steuern sich nur um 50,000 Thlr. verringern würde. Diesen Morgen ist der Kaiser von Rußland auf der Reise von Berlin nach dem deutschen Südens?) durch das Hannoversche gekommen. — Pfarrer Kuenzer in Konstanz hat seine Abgeordnetenstelle wirk lich niedergelegt, vorher aber die Wahlmänner seines Bezirks zu einer Versammlung eingeladen, der auch über 50 beiwohnten, und ihnen die Gründe seines Schrittes auseinandergcsetzt, welche allseitige Billigung fanden. Die Versammlung war übrigens von dem Ämtsverweser in Möhringen für polizeiwidrig erklärt und den Wahlmänncrn verboten wor den, sie zu besuchen. — In den nächsten Tagen muß der Kaufmann G. Pflüger au- Hanau einen dreimonatlichen Festungsarrest in der Citadelle zu Kassel antreten. Er wurde zwar nach mehrjähriger Untersuchungshaft im vori gen Jahre der ihm belasteten politischen Vergehen wegen von der Instanz absolvirt und aus dem hiesigen Criminalgefangniß entlassen, allein wegen Beleidigung des richterlichen Ansehens zu 3 Monaten Festunqsstrafe ver- urlhcilt. > (Würzb. Z.) — Während des Aufenthalts des Großhcrzogs von Weimar in Ei senach soll auch mehrfach die Rede auf den beabsichtigten Bau ei ner katholischen Kirche am Fuße der Wartburg, was bereits von mehren Zeitblättern erwähnt worden ist, gekommen und zu bemerken ge wesen sein, daß die größere Zahl der Einwohner Eisenachs sich mit dem Unternehmen auf diese Weise nicht befreunden kann. Es möge hierdurch allen evangelischen Glaubensgenossen, die eben so wie die Eisenacher den ken, gesagt sein, daß bis jetzt nur die Idee dazu, nicht einmal ein förm liches Erlaubnißgesuch vorliegt, daß also auch noch an keine Erlaubniß- ertheilung gedacht werden kann. Zum Bau einer katholischen Kirche in Eisenach finden sich der Plätze noch viel paßlichere als der von einer ge wissen Partei projectirte. (Leipz. Ztg.) "Frankfurt a. M., 27. Mai. Die Launusbäder erhalten täglich mehr Fremde, die gewohnt sind, alljährlich aus dem Norden und Süden, aus Westen und Osten diese herrlichen Gegenden und ihre Quel len zu besuchen. Die Russen sollen diesmal mehr nach Wiesbaden als Baden-Baden zu gehen geneigt sein. Die v. Haber-Gölcr'sche Geschichte ist noch zu neu und wird als Ursache angegeben. — Im äußern Leben zeigte sich bisher selten in Frankfurt Intoleranz zwischen Lutheranern und Katholiken, Letztere haben sich als Minderzahl stets freundlichst und brüderlichst gegen Verwandte und Mitbürger der andern Konfession be tragen, und so ist eS noch immer der Fall; allein die katholische Geistlich-