Deutsche allgemeine Zeitung : 24.04.1856

Donnerstag ErIHzitz. Die Zeitung erscheint nN AuSnahiü« des Montags täglich und wird Nachmittag« ä Nh» au«, gegeben. -- Rümmer »Rgr. Nr. 95. 24. April L8S6. /» 7.. - -'je . Dmtfcht Mgmtim Ztitiiilg. . «WahrM-ad Recht, KeWt und Srsttl» Zu beziehen durch alle Postämter de« In- und An-lande«, sowie durch die Erpedition in Leipzig (Querstraße Nr. 8). Jnsertivnbgebühr für den Raum einer Zeile st Ngr. D e »t ^eh l 1» m H. Alt- Mitteldeutschland, 18. April. Dem Schwäbischen Merkur wird geschrieben: „Da mit dem Abschluß des Friedens die Verträge erlo schen find, durch welche Preußen und der Deutsche Bund sich zur even tuellen Unterstützung vonOesterreichS Stellung in den Donaufürstenthümern verpflichtet hätten, sonach jede Möglichkeit des Kriegs aufhört, so erwartet man von der Bundesversammlung den Antrag, die Kriegsbereitschaft aufhören zu lassen, welche nicht nur schwer auf den Finanzen, besonders der kleinern Staaten,. lastet^ sondern auch eine Menge Hände dem aufblühenden Gtwerbfleiß eyGehf.^ Preußen. * Berlin, 22. April, In der heutigen Sitzung des Hauses der Abgeordneten äußerte der Abg. v. Saucken (Julienfelde): „Der Ahg- v- Berg und Genossen haben untern» 2. April den Antrag gestellt, dies StaatSregierung zu ersuchen, «dem Hause darüber eine Mit- theilung zugehen zu lassen, wa- in Beziehung auf die gegen ein Mitglied de- Hauses, den Vieepräsidcnten der OberrechnungSkammer Seiffart, in Aufsehen erregender Weise erhobene Beschuldigung der Betheiligung an der Entwendung von Briefschgften von Seiten der Regierung Sr. Maj. geschehry sej^ Motive sind dem Anträge zugefügt: «Die Ehre des Hauses und des Landes.» Diesen Motiven wird man gewiß die volle Anerkennung nicht versagen können, wennmanerwägt, was bereits in die ser höchst beklagcnswerthcn Angelegenheit zur Kenntniß des PublieumS ge- kömfney ist, ohne eine Widerlegung gefunden zu haben. Jnhgltschwerere Motive als die Ehr« des Hause- und des Lande« kann es aber für dieses- HäuS nicht geben, sodaß wir mit Sicherheit erwarten durften, die betref fende EoMmissiM, welche bereits am 4..April zusammengetreten ist, würde diese .srnste Angelegenheit und den ihr gewordenen Auftrag mit der größfen Lhätlgkeit behandeln und dem Hause baldigst ihren Bericht vorlegen. Wir durften dies umsomehr erwarten, als der Auftrag nur dahin geht, die kö- nigljche Staatsregierung um eine Mittheilung zu ersuchen, jene Prüfung also kaum mit erheblichen Weitläufigkeiten verbunden sein konnte. Dennoch ist in Bezug auf die fragliche Angelegenheit bis heute nichts zur Kenntniß deS Hauses gekommen. Ich will der Commission hiermit keinen Borwurf machst», da ich die Gründe der Verzögerung nicht kenne, erlaube mir aber, -in Rücksicht M hohen Wichtigkeit dieser Angelegenheit und der großen ÄufmsMm^eit, Lie sie in den weitesten Kreisen auf sich gezogen hat, den Hrn. Präsidenten um eine bestimmte Mittheilung zu ersuchen, welche Schwie- rigkeiten der schleunigen Erledigung derselben entgegenstehen." Abg. Leh nert: „Als stellvertretender Vorsitzender der betreffenden Commission erkläre ich, daß sich die Milche in den Händen des Herrn Berichterstatters befindet; ich Wtx die Sache aber für so delicater Natur, daß sie nicht übereilt wer den kann." ?lbg. Herzberg: „Ich bin der von dem Herrn Vorredner ge dachte Berichterstatter. Ich habe geglaubt, zu meiner Information alle Leitungen der verschiedensten Art durchlesen zu müssen; ich habe die Na- «ional - Zeitung , dft Vtser- und andere Zeitungen ducchgesehen;. ich habe aber nichts Thatsächliches darin gefunden. Endlich bin ich auf die Min« Lener Patriotische Zeitung gestoßen; dort habe ich die snüss matmäae gelesen, diese ZeitunaÄiacht die direktesten Angriffe auf den Abg. Seiffart. Später habe ich üüt beürAüttätzskllrr Hrn. v. Berg Rücksprache genommen, der mir erklärt hat, daß «Ine ohne Angabe des Druckers und des Druckorts erschienene Schrift eS sei, sn welcher die in Aufsehen erregender Weise gemachten Erklärung«» abge geben worden seiin. Ich habe das Schriftstück erst später durch die Güte des Hrn. v. Btrg erhalten. Die Sache liegt nun so, daß ich, nachdem Ich diese Schrift erhalten, erst jetzt meinen Bericht abfaffen kann. Ich habe aber, um dies nebenbei anzuführen, in der Schrift keine Beschuldigung gegen Hrn. Seif- sart, sondern eher eine Rechtfertigung desselben finden können. Ich bin be reit, der nächsten snzuberaumenden Commissionssitzung den Bericht zu er statten." Ahg. Graf Schwerin: „Ich glaube, der Herr Berichterstatter hat sich die Sache schwieriger gemacht und ist weitläufiger geworden als es nöthig wär. - Es handelt sichwie die Motive zum Anträge des Hrn. v. Berg auch aussprechen, um die Ehre des Hauses und des Landes. Der Abg. Herzberg sagt, er habe alle Zeitungen dürchgelesen; das ist wahrlich doch zu weitläufig! Wenn es der Herr Abgeordnete für nothwendig gehal ten hätte, die bewußte Rechtfertigungsschrift durchlesen zu müssen, so würde ich ihm gern ein Exemplar zugestellt haben, da mir ein ganzes Packet da von in das Haus geschickt worbe»» ist. Ich glaube nicht, daß ich mich durch die Mittheilung dieser Schrift an den Herrn Abgeordnete»» einer strafbaren Handlung schuldig gemacht haben würde." Abg. v. Gerlach: „Ich trete Dem bei, was Hr. v. Saucken und der Graf Schwerin gesagt haben, und bin, der Meinung, daß der Bericht innerhalb 24 Stunden nach Einbrin- gung deS Antrags hätte erstattet werden können." Abg. Hetzberg: „Ob die Weiterverbreitung der gedachten Schrift nicht etwa- Strafbares sei, Larin bin ich doch anderer Meinung als der Herr Graf Schwerin. Wenn der Hr. v. Gerlach sich dem Tadelsootum der Herren Saucken und Graf Schwerin, ich kann es nur ein solches nennen, angeschloffen, so bedaure ich jetzt allerdings, mich nicht gleich an ihn gewandt zu haben; denn wahr scheinlich würde ich, ich glaube cs jetzt, gerade von ihm zu allererst und die beste Auskunft erhalten haben." Abg Marcard: „Der Herr Schrift führer (Herzberg) würde den Inhalt der VertheiblgungSschrift sehr leicht haben erfahren können, wenn er den Constitutionnel, daS Aftonbladet und den wiener Wanderer gelesen hätte." Abg. v. Gerlach: „Der letzten Aeu- ßerung deS Abg. Herzberg kann ich nur durchweg beitreten." (Heiterkeit.) Damit wird der Gegenstand verlassen und es geht das Haus zur Tages ordnung über. Am Schluß der Sitzung tritt der Ministerpräsident Frhr. v. Manteuffel in den Sitzungssaal. Das ganze Haus erhebt sich bei sei nem Erscheinen -77- Berlin, 22. April. In der heutigen Sitzung des Hauses der Ab geordneten fragte der Abg. v. Saucken, wie es denn eigentlich mit dem Antrag der Herren v. Berg und v. Gerlach hinsichtlich der Betheiligung deS Hrn. Seiffart an dem Potsdamer Depeschendiebstahl stehe. Man höre ja von alledem nichts. Hierauf hörte man denn von dem Abg. v. Herzberg, daß noch keine einzige Commisfionssitzung stattgefunden habe, überhaupt noch gar nichts geschehen sei, und zwar deshalb, well er, als Berichterstatter der Commission, noch gar kein auf die Sache bezügliches Material habe auftreiben können. Wir beabsichtigen nicht, Ihnen ein Re'- sums von den betreffenden Debatten zu geben; Sie werden dieselben ja ohnehin mittheilen. Dagegen erscheint eS angemessen, bei der folgenden Betrachtung einen Augenblick zu verweilen. Hr. v. Gerlach wunderte sich, daß jetzt, nach länger als 14 Tagen, in der Sache noch gar nicht- ge schehen sei, und er wunderte sich umsomehr, als er mit dem Grafen Schwerin der Meinung war, daß es, wenn man sich das betreffende Ma terial verschaffen wolle, an Wegen und Gelegenheit dazu gewiß nicht fehlen würde. Hr. v. Gerlach gab sogar zu verstehen, >daß Hr. v. Herzberg da- fragliche Material jeden Augenblick von ihm erhalten könne. Aeußerlich horten sich diese Bemerkungen ganz gut an; betrachtet man dieselben aber etwas genauer, so erscheinen sie in einem etwas sonderbaren Lichte. Hr. v. Gerlach wunderte sich, wie gesagt, und er that sogar recht unwillig gegen Hrn. v. Herzberg. Hat Hr. v. Gerlach denn wirklich erst heute gehört, daß in der Sache noch gar nichts geschehen sei? Das kann nicht gut sein, denn Hr. v. Gerlach hat den fraglichen Antrag selbst mitunterzeichnet, und bei der Wichtigkeit des Gegenstandes kann er es unmöglich unterlassen haben, dann und wann nachzufragen, wie cS mit der Sache stehe. Darum kann Hr. v. Gerlach auch nicht gut erst heute erfahren haben, daß, wegen gänzlichen Mangels an allem Material, noch keine einzige Commissionö- sitzung habe stattfinden können. Sollten wir uns in diesen Folgerungen irren, sollte Hr. v. Gerlach wirklich erst heute über die höchst sonderbare Sachlage informirt worden sein, so würde dies, In seiner Folge in Bezug auf das Verhalten des Hrn. v. Gerlach, doch wieder ganz dieselbe Bedeu tung haben. Denn man mag die Sache nehmen wie man will, man mag annehmen, daß Hr. o. Gerlach über die betreffende Situation schon früher unterrichtet gewesen oder erst heute über dieselbe unterrichtet worden: immer zeigt sich der Sache selbst gegenüber eine solche Indolenz, daß man fast versucht werden möchte anzunehmen, den Herren Antragstellern sei das AufStapetbringcn der kitzlichen Geschichte nachträglich wieder leid geworben. Dürfen wir eine Vermuthung aussprechen, so möchte cs die sein, daß das Verhalten der Commission in völliger Unlhätigkeit damit auch Hand in Hand zu gehen scheint. Nach äußerlichen Reden Ist nicht immer richtig zu urtheilen, und am wenigsten bei einem ooii ms tsnZero wie dieses. Es ist eine Sache, die entweder ganz, in allen ihren Beziehungen, aufgedeckt oder lieber gar nicht berührt werden muß. Das scheint man in der Com mission auch gefühlt zu haben. Eine Untersuchung der Sache „nach allen Seiten hin", wie sie vom Grafen Schwerin beantragt wurde, scheint aber von vornherein nicht beabsichtigt gewesen zu sein. Es ist zu dem Allen nicht uninteressant, daß Hr. Seiffart, wie man sich erzählt, zwar die Ab- sicht haben soll, sein Mandat niederzulegen, aber nicht eher, bis er, wenn seine Sache im Hause der Abgeordneten wirklich zur Verhandlung kommen sollte, Gelegenheit gehabt haben würde, sich offen von der Tribüne herab zu vertheidigen. — Der Kurier, welcher die russische Ratification deS KriedenSvertrags nach Paris überbringt, hat bereits unsere Hauptstadt pässirt. tBerlin, 22. April. Der Ministerpräsident Frhr. v. Manteuffel ist bei seiner hiesigen Ankunft in sehr herzlicher und auszcichnendcr Weise als Friedensbote und Friedensunterzeichner begrüßt und bewillkommnet worden. Morgen veranstalten die beiden Hälsser des Landtags zu Ehren des Staats- Ministeriums und namentlich de- Ministerpräsidenten «in Festmahl. — Der Graf v. Fürstenberg-Stammheim ist, wie «- zu erwarten war, hier