begegnet? ... Ol das ist wohl schon lange her, lange . . . in Trouville, glaube ich, nicht wahr?" Er frohlockte; sie erinnerte sich, auch siel War das nicht sonderbar? Aber war er nicht zu jener Zeit xwer der Könige des Strandes? Er hatte als erster dre kurze Hose gewagt, er hatte die grellfarbigen Westen eingeführt . . . Also, sie erinnerte sich. Sofort tat er vertraulich und begann die Serie seiner Erinnerungen aufzuzählen. Sie hörte ihn an, neugierig, mit einem Leuchten voll boshafter Heiterkeit in den Augen. Nachdem er die „schwarzen Strümpfe" und die „Maulschelle" erwähnt, mit einer süßlichen Melancholie in den Blicken und verschleierten Tsnspielungen der Leidenschaft hinter seinen Worten, be- komplimentierte sie chn über sein gutes Gedächtnis, besonders mit Hinsicht auf ein Kind von 14 Jahren. „Die schwarzen Strümpfe ... ja, das ist wahr . . . Eine Spitzbüberei von mir, oder bloßer Zufall . . . Die Maulschelle, auch sehr wahr . . . und sehen Sie, der sie ab bekommen, der ist heute mein Gatte . . . Alles fügt sich, sehen Sie ..." Pauls Miene umdüsterte sich. Sie fuhr fort: „Nun aber, um solche genauen Erinnerungen zu wahren, haben Sie — bekennen Sie es! — sicherlich ein Tagebuch geführt. Gestehen Sie es, denn auch ich machte es so, seit geraumen Jahren, seit eben jener Epoche. Ich glaube selbst, daß sogar Ihr Name darin vorkommt." Er bekannte nun seinerseits und war wieder heiter. Während der ganzen Soiree verließ er sie nicht mehr, über schüttete sie mit Höflichkeiten und Galanterien. Gegen zwei Uhr morgens wagte er sein Geständnis: „Ich liebe Sie . . . ich habe Sie immer geliebt." Sie ließ ihn ruhig gewähren. Auf die letzteren Worte aber entgegnete sie: „Monsieur, Sie werden morgen meine Antwort erhalten." es Dann verabschiedeten sie sich, er in einem Delirium, durchdrungen von dem Bewußtsein, seinerseits von ihr ge liebt zu sein . . . und dies seit zehn Jahren schon! Auf der Straße angelangt, jubelte er: „Sie versprach mir . . . und sie wird Wort halten, wird ihr Wort halten!" Am nächsten Tag erhielt er in der Tat einen Brief. Er öffnete den Umschlag, mit zitternden Händen. Er enthielt zwei vergilbte Blätter — herausgerissen aus einem Tagcbuche und mit ungefügen Kinderzügen bedeckt. Er las: 13. August. — Heut' lernte ich einen lächerlichen Stutzer kennen, der kurze Hofen trug; wenn man so schlappe Waden hat, sollte man sie verdecken. Er heißt Paul und die Leute lachen, wenn sie ihn vorbeikommen sehen . . . 16. August. — Der Geck schwimmt wie ein Hund aus Blei; er hat heut' früh einen tüchtigen Schluck Wasser ge tan .. . Der Bademeister hat ihn bei einer Pfote heraus gefischt, er war grün wie ein Frosch . . . 25. August. — Er guckt mich immer an . . . mit groß mächtigen Augen ... Er ist riesig garstig mit seinem kakadufarbigen Gilet, daß einem fast übel werden möchte. 3. September. — Er starrt mich immer eifriger an. Mama nennt ihn einen Flegel und gestern abend, im Ka sino, hörte ich Papa von ihm sagen — ich vernahm es ganz genau — „Paul, der Affe" . . . Und am Ende der zwei vergilbten Blätter standen zwei Zeilen mit frischer Tinte in zierlicher Kursivschrift: „Dies sind die Erinnerungen, die mir verblieben, und der gestrige Eindruck, er hat sie nicht geändert!" Mufgeleslen. „Auf meiner diesjährigen Seereise habe ich einen mächtigen Seehund erlegt. Der Kerl matz drei Meter fünfzig!" „Die Tiere wachsen wohl ungemein schnell?" „Warum?" , „Nun, vorgestern war er noch zwei Meter fünfundsiebzig!" Muck und Verlag: Neu» Berliner Verlagr-Anstali, Aug. «rebs, Lharlottenburg ^>ei Berlin, Serlinerstraße V>. verantwortlich für die Redaktion der Neuen Berliner Verlagr-Anfialt Aug Urebr: Max Lckerleln. Ldarlottenburg lvrimarerstrabe »o