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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 18.06.1915
- Erscheinungsdatum
- 1915-06-18
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-191506187
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19150618
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19150618
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFrankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
- Jahr1915
- Monat1915-06
- Tag1915-06-18
- Monat1915-06
- Jahr1915
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— 2S2 — telephonisch den Stationsvorstand, ob jemand in Stresa ver- stümmelte belgische Kinder gesehen habe. Niemand hatte etwa» gesehen. Da kam mir der Gedanke, daß vielleicht in Jntra oder in Pallanza etwas zu vernehmen sei, und so ging ich dorthin, wo ich das gleiche starre Staunen fand wie in Stresa. Ich verreiste mit dem letzten Schiff, welches in Canobbio anhält, und übernachtete dort. Und heute, Dienstag morgen, ging'ich nach Locarno zu Herm Quaranta, Redakteur des „Gottardo", und fragte ihn, wie er einen solchen Artikel in sein Blatt habe aufnehmen können? Er antwortete, er habe nur getreulich niedergeschrieben, was ihm der Bterfuhrmann Ziriatti von Muralto erzählt habe. Ich gehe zu Ziriatti. Mein Besuch setzt ihn in sichtliche Verlegenheit. Im Hotel des I. B. hatte er nichts sehen können, weil ... er nicht einmal in Stresa gewesen ist. Aber er hat Quaranta erzählt, was er von andern hörte; er überläßt jedoch Quaranta die volle Verantwortlichkeit für den Artikel. Er (Ziriatti) hat in Lufino ein verstümmeltes Kind gesehen, oder behauptet es wenigstens, ein solches gesehen zu haben; was man ihm glauben kann, erhellt aus obigem. Inzwischen hatte jener verfluchte Artikel eine solche Entrüstung gegen die Deutschen entfesselt, daß ernstes Unheil auch in unserem friedlichen Lugano hätte entstehen können. Wenn Dante ins Leben zurückkäme, würde er seiner „Hölle" eine belgische anfügen und die Spielverderber und ihre Informatoren hineinstecken, die eine wahre Pest der heutigen Gesellschaft sind. Das „Luzerner Tageblatt" (vom 23.) begleitet die Wieder gabe des Briefes mit den folgenden Worten: Der Bries de» Herm Calvino ist in mehrfacher Beziehung so lehrreich, daß es schade um jedes weggelaffene Wort wäre. Der Reinfall der lokalen Presse wäre köstlich, wenn er nicht einen furchtbar ernsten Hintergrund hätte. Er zeigt, mit welchen Mitteln hierzulande die Volksverhetzung betrieben wird. Was nicht die absichtliche, bewußte Hetzerei fertig bringt, voll» enden die gedankenlose Dummheit und Schwatzhaftigkeit. Und darum wäre es gut, wenn einmal ein Exempel statuiert und Biersuhrmann und Redakteur am Ohr genommen würden. Wmn die Verhetzung soweit gediehen ist, daß unreise Jungen fremde Gäste beschimpfen und kleine Buben aus der Straße „Evviva la guerral" brüllen dürfen, ist es an der Zeit, Ein halt zu gebieten. Jetzt wird wieder von italienischen Zeitungm berichtet, die Königin tElena habe dieses verstümmelte belgische Kind sich vorstellen lasten und sei bei seinem Anblick in Tränen aus gebrochen. Auch diese Nachricht ist nichts als eine Erfindung der von »französischen und englischem Gelde bestochenen Zei tungen.^ Trotzdem wird die Nachricht selbstverständlich wieder in allen Zeitungen Italiens, Frankreichs und des neutralen Auslands erscheinen und wieder flammende Entrüstung gegen die Barbaren auslösen. Und mit solchem Gesindel müssen wir uns herumschlagen! Lin Frikdensidyll im Felde (Aus einem Feldpostbrief vom 4. April 1915) „Mein liebes Mutting! Jetzt will ich Dir einmal eine ganz kleine Geschichte erzählen, die ich hier in meinem Neste ab und zu erlebe. Am DorsauSgange steht ganz abseits ein kleines niedriges Häuschen, so niedlich, daß gerade ein Männlein und ein Weib lein darin wohnen können. Und dahin führten mich vor kurzem meine Schritte. Drinnen saß ein uraltes Großmütterchen, noch munter und gesprächig, mit vielen Weisheitsfurchen im Gesicht. Neben ihr saß ihr Ehegatte, ebenso alt wie sie, mit einer Brille auf der Nase und schneeweißem Haar. Das Stübchen, in besten Mitte ein Eiscnöschcn seine Wärme spendet, sieht sauber und wohlgepflcgt aus, auch das Miezekätzchen fehlt nicht. Und dorthin zieht'» mich, wenn ich einsam bin. Dort gehe ich hin, weil ich weiß, daß das echte gute Alte find, die das Leben weise und sanft gemacht hat. Ja ernsterer und heiterer, in tiefer und herzlicher Unterhaltung sitzen wir beieinander, und verstehen uns. Das Altchen sorgt aufopfernd für mich, hat sich nach Euch und nach Dir, mein Muttel, erkundigt. Sieh an, das Alter und die Mutterliebe laufen parallel! „Unsere Tischrunde ist gar klein", sagt das Mütterlein auf französisch, „sie kann auch nicht groß sein, weil ein Kreis von Freunden nicht darin fitzen kann. Wahre Freunde gibt es auch wenig I" Schau an, wie erfahren da» Altchen in ihrem echt kindlichen Sinne spricht! Und der Alte plaudert vom Politischen, gestützt auf tiefe Geschichtskenntniste. Er beurteilt alles gerecht und durch die Brille des Unparteiischen, er sagt selbst: „Frankreich ist innerlich zerfallen, siegreich kann es nimmermehr sein". Und wir Sachsen haben guten Stand bei den Franzosen. Wir plaudern bis in den Abend hinein bei einem Glase Kaffee. Die Eßsachen bringe ich den Alten mit und versorge ihnen ihren Lebensunterhalt. Sie wisten's mir auch zu danken. Gelt, mein liebes Muttel, überall find Herzen zu finden, zu denen man sich hingezogen fühlt infolge gemeinsamer Anfichten und Ziele; aber mein richtige» Mutter herze fehlt halt doch. Man sucht sich halt überall etwas, wo ran man sich onschließen kann, und lieber gehe ich zum weisen Alter, das abgeklärt und rein nur veredelnd wirkt, als zum rüden und verlockend verderbenden Jünglingsübermut, der ge eignet ist, alle guten Seiten im Menschen ins Lächerliche zu ziehen und die Laster im animalischen Menschen zur Blüte zu bringen, zumal im Kriege, dem Sittenrichter und Sitten verderber zu gleicher Zeit. Solange der Kriegsgott die Zucht rute schwingt, Tod und Entbehrungen unter die Menschen wirft, wirkt er läuternd ohne Zweifel; sobald er aber friedliche manöverähnltche Formen annimmt, wie momentan im Felde, da find die langen, leeren Stunden zu allerhand Schmutz und Unfug geeignet, aber auch dazu, Charaktere zu entwickeln und zu stärken. Für heute genug, mein gutes Muttel, ich schlage mich durch und weiß, woran ich mich zu halten habe. Ich gehe hinaus in» kleine Häuschen, wo Weisheit, Erfahrung, Rein heit und Liebe wohnen, dort ruhe ich meinen Geist aus und stärke ihn im Hinblick auf meine Lieben zu Hause, die viel unseren.Gesprächsstoff bilden. Leb' wohl, sei tausendmal mit Ostergrüßen überschüttet. Möge es Frühling und Auferstehung werden im Herzen, möchte bald Frieden werden! .Dein guter, alter Junge." Literatur Ritter, Tod und Teufel. Kriegsgedichte von Rudolf Herzog. 160 Seiten mit Buchschmuck von Professor Georg Belwe. Gebunden 2 M. Verlag von Quelle und Meyer in Leipzig. 1915. „AuL die Poesie ist eine kriegführende Macht" und wir wollen dankbar sein, daß wir auch hierin unseren Feinden weit überlegen sind. Die vorliegende mächtige Sammlung, die schon in der äußeren Ausstattung mit ihrem köstlichen Buchschmuck eine besonders künstlerische Note er hält, ist dafür ein hervorragender Beweis. DaS ist kein Buch der schönen, daheim am stillen Schreibtisch ersonnenen Worte, sondern ein Buch der blutig erkämpften Taten, unmittelbar erlebt in der Enge des Schützengrabens, im Donner der Batterien, in den Stürmen der Lüfte. Unser großer rheinischer Dichter, den des Vaterlandes Not ins Feld geführt, singt hier das Heldenlied seines Volkes. Wie Meister Dürer uns den deutschen Ritter gezeigt, der Tod und Teufel spottend, unbeirrt dahillreitet tapferen HerzenS, freien Mutes, so setzt hier Rudolf Herzog deutschem Heldenmut und deutscher Treue, deurscher Pflichterfüllung und deutschem Glauben in leuchtenden und tiefen Farben ein unvergängliches Denkmal. Eine hinreißende Kraft erfüllt diese Dichtungen, in denen die Ereignisse neun schwerer Kriegsmonate an uns vorüber- rauichen. Mit besonderer Liebe feiert der Dichter in vielen Ge dickten die Taten unserer sächsischen Truppen, in deren Mitte er weilt. Jedem von uns, vor allem aber unseren tapferen Kriegern im Felde, wird es die schönste Erbauung und Erinnerung sein an Deu'.schlands größte Zett. Spart Brotmarken! Verantwortlicher Redakteur: Ernst Roßberg in Frankenberg i.2. — Druck und Verlag von C. G R^^rrg in Frankenberg i. S-
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