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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 25.12.1915
- Erscheinungsdatum
- 1915-12-25
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-191512255
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19151225
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19151225
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFrankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
- Jahr1915
- Monat1915-12
- Tag1915-12-25
- Monat1915-12
- Jahr1915
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— 61» — längst anvertrauen, fürchtete mich immer, 's gab ein Unglück ' Siehst', ber Michel Ellert stellt mir seit über einem Jahre nach. ) Er lauert mir auf und läßt mich nicht frei. ^Er haßt dich und möchk dich mir aus dem Herzen reißen. Er wÄ mich zur Frau, er verspricht mir das Schönste und Beste ... gut sollt ich's bei ihm haben, da er reich sei . . . Aber ich mag ihn nicht, den Lump, mag ihn nicht, und süß' er in Gold bis an die Ohren! Laß es ihn nicht misten, daß ich dir'L gesagt! Hörst du, Heinz? Aber paß heimlich auf, daß er deine Ehre nicht in den Schmutz bringt und ... die meine! Er ist rachsüchtig und möchte nnS sobald als möglich auseinander bringen. UnS, Heinz!* Ein tiefer Blick traf den Mann, und dann preßten fich die weichen Lippen des Mädchens wieder auf seinen Mund. Wie jener Tag jetzt im Schneegeflock, beim Seulen deS Sturmes ihm wieder vor der Seele stand! »Martha!* rief er unwillkürlich aus. Es schluckte in ihm auf. Und dann war jener unselige Sonntag gekommen. Der Tag, welcher über sein ganzes Leben entscheiden sollte. Er legte die Hand über die Augen. Nach dem Kirchgang war es gewesen. Er hatte sein Mädel noch ein Stück heimwärts geleitet, dann hatten sie sich verabredet, nach dem Abendesten im Wirtshause wieder sich zum Tanze zu finden. »Werde nicht ungeduldig, Heinz, sollte ich etwas später kommen! Hörst du? Ich muß nachmittags noch zur Pat« hinüber nach Ä., die Geburtstag hat. Die nimmt's sonst übel!* Das waren ihre letzten Worte gewesen, ehe sie sich zum Gehen wandte. »DTrotzdem war er eher denn sonst zum WirtShauS ge schlendert. Eine eigene Unruhe ließ ihn nicht daheim warten. Und diese Unruhe wuchs mit jeder Minute un heimlicher in ihm empor, so daß er olöklich den Saal Verließ, auf besten Estrade die Musikanten soeben begannen, ihre Instrumente zu stimmen. Als zöge ihn eine unficht- bare Kraft in den Wald, durch den der Weg zu dem Nachbardorse führte. ^Zuerst ging er wie in Sinnen. Das Bild des Mädchens stand immer vor ihm, doch eS schaute ihn wie verängstigt an, so daß er plötzlich seine Schritte beschleunigte. Dann aber . . . was war das? Klang da nicht ein Hilferuf? Jetzt wieder? Ihre Stimme? Das Blut wich ihm aus dem Gesicht. Im nächsten Augenblick stürmte er dorthin, von wo die Rufe jetzt immer lauter, immer weher gellten. Seitlich eine Tannenschonung. Von dort kam der Ruf. »Laß mich los! Ich will nicht! Hilfe!* „Hab' ich dich endlich, du stolzes Frauenzimmer?! Heute kommst du mir nicht so frei! Sag', daß du mich haben willst, dann geb' ich dich frei! Hab's lange genug um dich getragen!* Da war er heran gewesen. Wie ein Tiger war er mit einem wilden Sprunge auf Michel Ellert gestürzt und hatte ihn wie mit Eisenfäusten von dem bebenden Mäochen losgerissen. »Heinz! Heinz,* »Ha! Du!* Ein Zischen, wie von einer Schlange! Dann blitzte ein Mester in der Luft. Noch einmal: „Heinz!* Aber der Angegriffene hatte mit flinkem Ruck dem Ellert das Messer entrissen. Gleich darauf ein Schrei . . . Blut. . . Michel Ellert taumelt schwer ge troffen zu Boden. Martha fühlt sich an der Hand gepackt. „Komm, komm! Hier ist kein Platz für dich!* »Heinz, Heinz! Was hast du getan?!* »Was ich tun mußte, weil ich gar nicht anders ge konnt! Komm!" Noch denselben Abend brachte man den toten Michel Ellert ins Dorf. Den reichsten Burschen weit und breit. Da hatte sich Heinz Schenk selbst dem Richter gestellt. In Ler Hauptstadt ward ihm der Prozeß gemacht. Der Ver teidiger bat um Freispruch. Die Richter hätten vielleicht gern zugestimmt, doch das Gesetz, der trockene Buchstabe des Gesetzes! So wurde er nur zu drei Jahren Ge fängnis verurteilt. Nur drei Jahre! Ihm eine Ewigkeit, «ine grauenhafte Ode seines jungen Lebens! lind nun «ar er frei! Frei wie der Vogel in der Luft. Frei und heimatlos! Er blickt verzweifelt in da- immer stärker «insetzendr Mockengetriebe. So weh, so weh ist's ihm um's Herz. Kur einmal noch im Dorfe in den Schimmer eines Weih nachtsbaumeS schäum und dann stumm und ungesehen weiter in die milleidlose Wett ziehen! ' Er faßt den Stock fester und tappt vorsichtig und langsam in her Richtung hin, wo sein HeimatSdorf sich bergen muß. Eine halbe Stunde ist verflossen. Die Sehn sucht hat ihm die Augen geschärft. Denn jetzt taucht der erste Baum zur Sette auf. Drüben auch. DaS ist die Obstallee, die ins Dorf führt. Noch sieht er kein Haus noch Dach. Da! Ein Heller Glockenklang! DaS ist die Glocke seines Dorfes. Sie ruft vielleicht auch ihn. Seine Jugend schaut ihm inS Gesicht. Sie nimmt ihn bei der Haiw und geleitet ihn still und feierlich ins Heimatsdorf. Da ist ja auch der Anger . . . die große, alle Linde! Beim Maieufestspiele hat er unter ihr so manchmal getanzt. Er bleibt stehen. Er wischt sich dm Schnee von Bart und Augenbrauen, ein schmerzliches Austeufzen entringt sich seiner Brust. Da löst sich eine vermummelte Gestatt aus dem Schatten der Linde. Zaudernd, prüfend kommt sie näher. Und dann ein Aufschrei aus tiefster Seele. Zwei Arme öffnen sich, zwei Augen grüßen ihn, ein zuckender Mund sucht dm seinen. »Heinz!* Seine Heimat, seine Liebe steht wieder vor ihm. »Marthcr du??* »Ich wußte ja, daß du heute frei kamst, wußte ganz genau, daß du hierher kommen mußtest! Da hab' ich auf dich gewartet! Ich wollte die erste sein, die dich wieder begrüßte!* Sie lehnt sich an den Mann und weint leise. .Und du .... du ... .* Er will sprechen, er kann eS nicht. Sie erratet, was ihn zur Stunde bewegt. »Dir hatte ich mich versprochen vor Gott, und bet dir will ich bleiben bis zuletzt. Was du getan, für mich tatest du eS! Nun frage nicht weiter! Sei willkommen, sei willkommen, Heinz! Meine Eltern warten auf dich und noch ein anderes: das Christkind! Mr wollen die Lichter anbrennen! Es war so lange dunkel! Komm!* Sie umklammerte dm Mann, als wollte sie ihn nun nicht wieder freigeben. Und so schritten sie lmigsam im Schneegeriesel zum Dorfe hinein, während vom Turme die Glocke immer freudiger die Mär von der seligen Wethe nacht verkündete. ! Vas Munäer in äer Dachstube, s Weihnachtsnooelle von Erich Karl. ' (Nachdruck verboten.) Diese Straßen find des Abends von rotgelbem Licht durchgoffen, und der Puls des Lebens klopft in ihnen faszinierend. Sie dulden kein Harren und Stillstehen, und sie verschlingen hastvoll die staunenden Gebärden des Neulings. Ihr sanguinisches Temperament treibt rollend« Wellen auf und nieder — Wellen, die aneinander vorüber gleiten, sich berühren, ohne Spuren zu schneiden, bi« mählich sich verdünnen an den Enden und gleich spärlichen Fäden im Dunkel ze»fließen. Die Menschen, die sie mit sich ziehm, haben unruhige Augen in gleichgültigen Gesichtern; haben blaffe Wangen, grell belichtet von den Flammen, die rings funkelnde Garben geben. Sie tragest Maskm an den Stirnen, die alle Gedanken kraftvoll um spannen, und Siegel auf dm Lippen, daß ihnm kein Wort entweiche. Sie tragen über gleichen Leibern Lumpen, die offen klaffen, und seidige Pelze, die das Licht mit zärtlichen Reflexen streichelt. Sie find zwiespältig untereinander, aber sie gehm einträchtig und behutsam zusammen, um keine Funken zu wecken ... Sie wissen voneinander nichts, als daß sie Menschen sind, eines Geschlechtes, das wahllos zerrissen ist von Urbeginn an. Aber manchmal gehen unter ihnm Gestatten, die im Innern der Seelen Flammen bergen von lebendiger Krafh die von starker Eigenheit und reichem Willen zeugm; manchmal gehen unter ihnen Wesen, die mit großen Augen geheime Zu sammenhänge zu lösen versuchen; die für Stunden und Momente Seelenverwandte verlangen als Zeugen der un zertrennbaren Einsamkeit, die über allen wuchtet. Auch an diesem Tage der Freude und Befreiung. — ' Er löste sich unbeachtet aus dem streifenden Strome, glitt in die Nebenstraße, die sich dunkel austat. Dor einem niedrigen Obstladen blieb er zögernd stehen, musterte die Fruchthaufm hinter feucht beperlten Scheiben, stieß die Tür auf und bat um drei Bananen; diese Frücht« hinge»
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