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Lichtenstein-Callnberger Tageblatt : 11.01.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-01-11
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1776437853-190701112
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1776437853-19070111
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1776437853-19070111
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLichtenstein-Callnberger Tageblatt
- Jahr1907
- Monat1907-01
- Tag1907-01-11
- Monat1907-01
- Jahr1907
- Titel
- Lichtenstein-Callnberger Tageblatt : 11.01.1907
- Autor
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svecklos sind? Sie häufen in Referaten und Flug» blättern Zahlen auf Zahlen, die bet genauer Prüfung S« nicht stichhaltig sind. So sind in de« Flugblatt der Sozialdemokraten, dar hier zur Vertetlrmg kam, die bisher für unsere Kolonien gemachten Reich«» auSgaben auf 800 Mwionen Mark angegeben, während die Regierung sisisi»ne» diese bi» jetzt nur 663 Millionen M«k betragen, also 30 Millionen auf jedes Jahr unserer kolonisatorischen Tätigkeit. Natürlich kommt hier in Frage, ob die Kolonien so ertragsfähig siud, daß sie die aufgewendeten Aus gaben rechtfertigen. Selbstverständlich sind die Kolonien jetzt, «ährend ihrer Kolonialisierung, noch nicht ertrag-fähig. Ein HauS trägt doch, auch während deS Baues noch keine Zinsen, und ein Obstbau« kann doch auch in dem Jahre, in dem er gepflanzt wurde, noch kein Erträgnis liefern. Ob die Kolonien aber in Zukunft ertragSfähig werden, das kommt, wie schon gesagt, ganz auf da« Geschick der Regierung an. Ji den ersten Jahren, in denen die deutsche Regierung Kolonialpolitik trieb, hat sie, daL kann nicht verschwiegen werden, ihre Unfähigkeit bewiesen, sodaß arge Mißstände einreißen konnten. Wir preisen es deshalb jetzt als erlösende Tat, daß Dernburg die Mißstände mit st--rker Hand beseitigen will. Die Leist, Wehlau usw. tragen viele Schuld, daß unsere Kolonien einen schlechten Namen hatten. Diese Schuld trifft auch die Regierung, die in Deutschland anrüchige Elemente auf verantwortungsvolle Post n in den Kolonien setzte. Das konnte nur möglich werden, weil die Protektionswirtschaft aus der alten Kleinstaaterei auch bei der RsichSregierung E.agang gesunden hatte. Jetzt aber dürfen wir hoffen, daß sich unsere Kolo nien kraftvoll entwickeln werden. Deshalb treten wir auch für sie ein. E? steht nun ein Kaufmann an der Spitze, der gezeigt hat, daß er modern sein kann. Bebel hat erklärt, es sei Unsinn, für unsere Kolonie« Geld aufzuwendex, v el vecuunsugei. wäre e^, drewütr« in Deutschland brach l»zc»r:a Specken nutzbar zu wachen und hier mit diesin Summ a eia Paradies zu schaffen. Welche Verkennung der Vcrhält-iiste! Die in Deutschland brach liegen den Gebiete sind vollständig unfruchtbar, deren Bebauung lohnt sich r cht. Da ist auS dew Boden unserer Kolomen v el mehr heraus zu holen. Und noch eins, die dortigen Linwohner sind ei» billiges wertvollem ArbütsmateUal, wenn sie ver nünftig angeleitet werdea. Untere Kolonien si-d mit einem Dornröschen zu vergleiche«, hinter der an 70 tun breiten unfruchtbaren Küster.strecke dehnt sich ein weites Land, dessen Verhältnisse sich mit dir Zeit so gestalte» werde«, wir die der englische« Kapko^onie Hierzu wird eS nicht so langer Zeit bedürfen, weil heute viel intensiver kolonisiert wird wie früher. Wenn nun auch die Kolonialpolttk die Veranlassung zur SkeichStagSauflöfuug gab, so lag der etgeritliche Grund doch viel tiefer. ES lag der Regierung daran, den Druck, mit dem La« Zentrum von jeher auf der Regierung lastete, zu billigen Die Geschichte lehrt uns, wie von jeher Jesuiten und Römlinge Feinde des Deutschen Reiches waren. Das Zentrum mar immer Verführer LeS katholischen Deutschlandi-. Bismarck, der schon bei dcr RsichSgrü i:ung das Zentrum als geschlosst e Gegnerschaft vor and, Hst versucht, aber nicht erreicht, der Schlange des Jstuitismus den Kopf zu zertreten. Wie aber Bisma ck doch dos Deutsche Reich stack und herrlich ci sinaute, so wollen wir nun hoffen, daß durch die Neuwahlen die Schmach, die eine antideutsche Mehrheit dem Reiche zufüzte, wieder genommen werde. Die Regierung mußt« bisher mit dem Zentrum paktieren, weil eS an einer großen nationalen Partei im Reichstage fehlte, daS wird hoffentlich im nächsten Reichstage anders werben. National und liberal wollen wir auch dem Ausland- entgegentreten. Wir verlangen von unserer Regierung vollständige Achtung vor der Dusassung, Überbrückung all-r absolutistischen Neigungen. Die Monarchie ist in Deutschland die notwendige und einzig mözlicheStaatS- form, daher trete ich rückhaltlos für die Monarchie «in. Die Herrscher auf dem Throne haben aber auch die Pflicht, mit ihrer Persönlichkeit nicht so hervorzutreten, daß die Verfassung gefährdet erscheine. Daraus haben die Minister zu achten, und versagen sie, dann ist der Reichstag in der Lage, verfassungs mäßig gewährleistete Rechte zu wahren, falls sie ge fährdet würden. Deshalb ist eS nötig, daß Männer in den Reichstag entsendet werden, die den Mut der Uebezeugung besitzen. Ich erkläre mich für un bedingte Aufrechterhaltung deS allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahl rechts, verlange gleiches Recht für alle Volksgenossen, verwerfe alle Bevorzugung irgend welcher Volksklaffen. Aus dieser Erkenntnis heraus fordere ich, daß «ufere Luudwirtscheft fo geschützt wird, daß ihre Produkte nicht unter de« Weltmarktpreis sinke«. Dieser Schutz darf aber nicht so wett gehe«, daß die Grenzen Deutschlands gegen die Flrischeinfuhr künstlich geschloffen werden. Ich verlange deshalb Orffaung der Grenze» für ausländisches Fleifch unter Aufrechterhaltung aller sanitäre« Schutzmaßnahmen, die zur Verhütung der Sruchenübertraguna von ausländischem auf deutsche» Bieh nötig sind. Wo ein Wille ist, da ist auch ei» > Weg. Sobald die Oeffaung der Grenze» ohne Schade» I sär die heimische Landwirtschaft durchzuführen ist, da»« muß eS geschehe». — Wie die Landwirtschaft, so hat bl» JubuDrk» das gleiche Recht aus Schutz Hier muß der Zolltarif ei» solcher sei», daß die Industrie i» d« Lage bleibt, zu exportiere». I» dr» Verhandlungen des neuen Reichstages wird die Sozialpolitik einen toetten Raum einnehmen. Wenn sich unsere deutsche Arbeiterschaft in den 60er und 70er Jahren mit sozialistischen und kommunistischen Ideen be faßte, so lag es daran, daß eS ihr nicht gut ging und Lasalle, Liebknecht und Bebel die einzigen waren, di« sich ihrer annahmen. Wer wollte aber nun leugnen, daß ein großer Teil unserer Arbeiterschaft jetzt bester lebt als der größte Teil in den früheren Jahren. DaS weitere Aufsteigen dr» deutschen Ar beiters muß mit allen Kräften unterstützt mwden. DaS ist sehr gut möglich, ohne daß die Besitz nden darunter leiden. In dem gewaltigen Ringen, daS sich jetzt zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern vollzieht, erkennt der Sozialpolitiker eine neue Phase derWirtschaftSentwtcklung. Mit dieser Erkenntnis ist der Weg vorgrschrieben, der zu gehen ist. Et handelt sich nicht mehr darum, den Klaffenhaß zu predigen, sondern darum, für daS Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern die Form zu finden, di« unseren Verhältnissen an- gepaßt ist. Genau so, wie dies im vorigen Jahr hundert der Bürger tat, so kämpft jetzs der Arbeiter um eine Verfassung in den Fabrtkoetrieben. Der Kampf um die Verfassung, den man den Kampf um den industriellen Konst itutionaltS- muS nennen kann, ist die Signatur unserer Zeit. Gewerkschaft ««d Sozialdemokratie sftd keineswegs mehr ein und dasselbe. Sie sind zwei feindliche Brüder, die jetzt schon die Zeit hrrbeisehnen, die zum Bruche sührt. Sie sind zwei Brüder, von denen der eine durch Arbeit vorwärts kommen will, drr andere ihn aber mit Mißgunst ansieht, da er nur vom Hetzen leben und ohne Ar beit ein bequemes Leben sühren will Wer den Unterschied zwischen Sozialdemokraten und Arbeiter, schäft erkannt hat, für den gilt es nun, die Ge werkschaften mit allen Kräften zu unter- stützen, die Sozialdemokratie aber aufs äußerste zu bekämpsen. Auf diesem Standpunkt habe ich immer gestanden, ihn teilt mit mir heute auch ein großer Lell der Fabrikanten. Wenn jetzt die Fabrikanten, wo sie sich selbst organsieren, die Verhandlungen mit den Organisationen der Arbeit- nehmer noch ablehnten, so taten sie daS nur, weil sich eben die Scheidung zwischen Arbeiterschaft und Sozialdemokratie noch nicht vollzogen bat. Mc.n kann es auch keinem Arbeitgeber verdenken, wenn er mit Gewerkschaften, die noch auf dem Erfurt.c Programm stehen, nicht verhandeln will. Die deutsche Arbeiterschaft muß sich eben frei machen von der Vormundschaft der sozialdemokratischen Partei. Was die Gewerkschaften schon jetzt bedeuten, das zeigen einig: Zahlen. 1904 betrugen dis Ein- nahmen der freien Gewerlschaftru 20 Millionen, die der Übrigen 5 Millionen Mark, 1903 betrugen die Einnahmen schon 30 Millionen Mark. Die Buch drucker, die einen Tarifvertrag mit allen Arbeit- gebern abgeschloffen haben, vereinnahmten 1904 zwei Millionen Mark, dabei verausgabten sie für Rechts schutz 586, die Metallarbeiter aber 58000 Mark, für Gemaßregelte gaben die Buchdrucker 3000, die Maurer 40 020 Mark aus. Dasür aberzahltendte Buch drucker im vorigen Jahre 193 000 Mark Retseunter stützang, 60 000 Mk. Umzugskosten und 674000 M. Krankenunterstützung aus. Diese Zahlen zeigen, welche Bedeutung die Gewerkschaften, die im be wußten Gegensatz zu Sozialdemokratie stehen, ge- wonnen haben. Ich hoffe, daß die Tarifbewegung immer wcitere Fortschritte machen wird. DaS liberale deutsche Bürgertum hat rs heute nicht mehr so schwer wie früher, die Arbeiterschaft als gleich, berechtigt anzurrkennen. Wenn wir das tun, dann nehmen wn den Sozialdemokraten den Wind auS den Segeln. DeShaib verlange ich Beseitigung der etneS deutschen Mannes nicht würdigen BeschränkungdeS einzel- staatlichen Vereins- und Versamm - lungSgesetzeS und Schaffung einer groß- zügigen Vereins- und Bersamm - lungsrechteS von reichswegen; ferner Anerkennung der Arbeiterbe- rufSvererne dergestalt, daß ihnen bei Aus übung ihrer B^reinstätigkeit keine Schwierigkeiten bereitet werden, desgleichen eine rechtliche Grundlage für den kollektiven Arbettsvertrag,Schiedsgerichte für alle ArbeitSstreittgketten auf paritätischer Grundlage, Errichtung eines ReichSardeitSamteS.oonArbeitS- kammern.SchutzderHeimarbetter, einen zehnstündtgenNormalarbeit«. tag für Frauen, Ausgestaltung deS gesetz lichen paritätischen oder kommunalen Arbeits nachweise- sür dar ganze Reich und im Anschluß daran Versicherung gegen Arbeitslosigkeit. Wenn wir energisch sür da« eintreten, dann ge winnen wir die Arbeiter auch sür uns. Wenn aber die Arbeiter zu unS stehen, dann bieten wir dem Ausland nicht mehr da- Bild innerer Zerklüftung, dann sind wir ihm gegenüber noch einmal so stack. Die jetzige ReichStagswahl bedeutet deshalb auch für uns, ftek von dem Terrorismus der sozialdemokratischen Partei zu werde». Dann wird der deutsche Arbeiter sich auch gern an die Sette der deutschen Bürgers stellen. Und der Kamps gegen das Zentrum bedeutet für uns den Kamps um die Freiheit der Wissenschaft, um die Freiheit der Schule von dem Ein- sluß der Kirche, soweit e« nicht den Reli gionsunterricht betrifft, um die Freiheit ver Kunst. Die vom ausgelösten Reichstag noch angenommene Relchssinanzrefor« ist eine Mißgeburt. Der neue Rei-bStag wird neue Steuerqaellen ausfindig machen müffm. Da dürfen nun nicht mehr die kleinen Mittel gewählt werden. Wir dürfen nicht zurückschrecken vor einem wei teren Ausbau der Erbschaftssteuer. All« Werte werden doch nur durch Arbeit gewonnen und deshalb sollen auch die an Kinder vererbte Ver mögen zur Steuer herangenommen werden. Da fast 88 Prozent aller Volksgenossen über nicht» anderes oerfügen als Über ihre Arbeitskraft, hat jetzt auch die Arbeit eine höhere Wertschätzung ge funden al« früher. Bei Schaffung neuer Steuern sollen auch nur die leistungsfähigen Schultern, die außer ihrer Arbeitskraft noch über Kapital oder Grund und Boden verfilzen, herangezozen werden. Auch vor einer Reichseinkommensteuer dürfen wir nicht zurückschrecken. De« Mittelstand gilt eS, als besondere Gruppe zu erhalten. Die Kräftigung dieser Gruppe ist eine Notwendigkeit für den Staat. Deshalb müssen wir auch alle Be strebungen, die zur Sicherung der Position de» Mittelstandes dienen, unterstützen, als da sind: «nergsche Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes, der Auswüchse im Aus verkaufs- und VersteigcrungSwesen, der Abzahlungsgeschäfte, dagegen tatkräftige Förderung des gewerblichen Fachschul wesens und des gewerblichen Genossen schaftswesens. Die Privatbeamte« bedürfen dringend des Schutzes, besten sie noch ent behren. Auch in ihrer Organisation bildet sich ein Mittel, mit den Prinzipalen gemeinsam dir Arbeits bedingungen zu regeln. — Für die Post- undfE isen bahnunterbeamten und einige Subaltern - beamtenklassen muß eine Bess «rbezah- lung qefordet werden, zumal angesichts der hohen Ueb«rschüfle, die durch Post und Bahn erzielt werden. Das ist in knappen Zögen mein Programm wie es im Wahlaufruse der OrdnungSparteien sieht: Die Größe Deutschlands, seine freiheitlich» Entwickelung, die Wohlfahrt aller unserer Volksgenossen, besonders die Hebung der geistig ««d male irll schlechter gestellte« Klasse«. Wenn ich eS nun wage, im 17. sächsischen Wahlkreise a!s Kandidat aufzutreten, so ist für mich bestimmend, Laß ich meine, in den neuen Reichstag gehören Männer, die den Mut haben, ihre lieber» zeugung zu verirrten und die feste Grundsätze haben. Der gegenwärtig« Kampf gilt nicht der Person, sondern der Sache. Bekämpfen wir alle Sonder» int.»reffen, arbeiten wir sür die Wohlfahrt aller Volksgenossen. Die sozialen Ideen werden sich Bahn brechen. Nach einem Appell an die Er- scbienrnen, am Wahltage im nationalrn Sinne ihre Pflicht zu tun, schloß der Redner: Deshalb auf zum Kampfe, auf zum Siege für Deutschlands Größe! Stürmischer Beifall, der minutenlang anhielt, folgte diesen schönen und klaren Ausführungen. Die Diskussion an der sich zunächst drei sozialdemokratische Redner, die Herren Altermann- Chemnitz, Rich.S chmidt- Callnberg und Michael Peter, hier, beteiligten, konnte den gewonnenen vorzüglichen Eindruck drr Rede des Herrn Dr. C auß in keiner Weise abschwächen. Herr Oberamtsrichter Bachmann stellte fest, daß daS Programm deS genannten na tionalen Kandidaten vor allem von tiefem Ver ständnis für die moderne Arbeiter frage zeuge, daher berühre die Person de» Herrn Dr. Clauß s sympathisch. Redner wandte sich dann noch gegen en Ausführungen über unser« Kolonien und beries sich hierbei auf den ehsm. Gouverneur Liebert und Dr. Paasche als Gewährsmänner für die günstige Beurteilung der selben. Nachdem er noch die Behauptung Bebel» zurückgewiesen, daß unser Kaster ein „Cäsar" sei, forderte Redner die Anwesenden aus: Alle Mann sür Herrn Dr. Clauß einzutre ten. Der Staat, der jetzt eine schwere Krist» durchmache, zähle auf jeden Patrioten, auch auf jeden Arbeiter, die nach seinem Programm Alle ven genannten Kandidaten wählen könnten. Red nerschloß: Wählen Sie Herrn Dr. Elaußl Wer eS nicht tut, ist mit schuld, wenn Deutschland Schaden erleidet. Jeder gebe seine Stimme am 25. Januar für diese Kandidatur ab!
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