Delete Search...
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 04.03.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-03-04
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-192403046
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19240304
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19240304
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFrankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
- Jahr1924
- Monat1924-03
- Tag1924-03-04
- Monat1924-03
- Jahr1924
- Links
-
Downloads
- Download single page (JPG)
-
Fulltext page (XML)
llchen BeMm^sen zwischen Polen und Deutschland und treib« «ut «inen neuen Krieg l)<n Mr den Deutschland die Be» antwortung übernehmen müsse. In Kattowitz wurde eine Sammlung Mr di« iu Deutschland vers-afteten poknffchen Arbeiter veranstaltet, die 1773 000 000 volnücke Mart ergab. Oer Heitiire Giuhl gegen Ludendorff. Svke die T. N. erfahren haben WM, ist der Heilig« Stuhl entschlossen, in einem motu proprio zu de« Erklärungen Ludendorff- vor dem Münchener Gerichtshof Stellung z« nehmen, ebenso »vird da» Deutsche Episkopat sich mit den Behauptungen Ludendorffs beschäftigen und unmittelbar nach Beendi gung deS Münchener Prozesses voraussichtlich auf einer Bischofskonferenz in kfulda durch einen eigenen Hirtenbrief an die Katholiken Deutschlands de« Ausführungen Ludendorffs ent» gegentreten. In einem Rundschreiben an die Pfarrer der Kölner Erzdiözese wird Kardinal Schultze Richt linien sür die Zurückweisung der Ludendorffschen Er klärung vo« der Kau, el a«S eluleite«. vr. Roesickes Beisetzung Bus Schloß Görsdvi, urde Sonnabend nachnMag vr. Roestcke zur letzten Nutze bestattet. Di» Beteiligung M der Trauerfeier war ganz ungemein groß, etu Zeichen für die Wertschätzung, welche der Verstorbene genoß. Die Trauerrede hielt Pastor Nikolaus Wildau. Darm folgten Ansprachen von Vertretern von Behörden und Ver bänden. Freiherr von Wangenheim sprach im Namen aller im Reichsausschuß der Deutschen Landwirtschaft ver einigten Spitzenverbände. Im Auftrag der Reichsregierung sprach Neichscrnährungsminister Graf Kanitz. Weiter sprachen vr. Tschermak von der Deutschen Tageszeitung, Graf Westarp für die deutschnationale Volkspartei, Präfix dent von Oppen für die Landwirtschastskammer, Niko las für den Brandenburgischen Landbund, die Reichstags abgeordneten Weilnbäck, Payen und Körner- Württemberg für den deutschen Gilden. Dann bewegte sich der Zug durch den Gutshof und den Gutspark zur Grab stelle, die der Verstorbene sich selbst am Waldessaum erwählt hatte. Eine Ehrensalve schloß die ergreifende Feier. 200 Kommunisten in Zena festgenommen. Wie' vom Chef der thüringischen Landespolizei mitgeteilt wird, hatten die Kommunisten in der Nacht vom Sonnabend »um Sonntag erhebliche Kräfte nach Jena zu. sam mengezogen. Insolgdessen hatte die Landespolizei ungefähr 300 Beamte nach Jena befördert, eine Maßnahme, die sich als unbedingt notwendig erwies, um den „Deutschen Tag" des Iungsturmes sichern zu können. Es wurden über 200 Personen aus dein kommunistischen Lager wegen Wider- , standes gegen die Staatsgewalt verhaftet, ferner wurden i »ahlreiche Waffen, namentlich Schußwaffen, aufgefunden. ! Auch zwei kommunistische Landtagsabgeordnete wurden auf frischer Tat beim Widerstand gegen die Staatsgewalt fest genommen. Zeiguer-Prozeß am 14. MSrz Dresden. Am 14. März finden, nachdem die Norunter- suchung abgeschlossen ist, die Verhandlungen gegen den vor maligen Ministerpräsidenten Dr. Zeigner vor dem Landgericht Leipzig statt. Neben Zeigner wird dessen Gekilie Möbius, der vor einigen Wochen erneut in Untersuchungshaft genommen wurde, auf der Anklagebank erscheinen. Da« Hauptverfahren ist zunächst wegen iünf verschiedener Fälle eröffnet morden. Das laufende Disziplinarverfahren, so wie das Verfahren vor dem Untersuchungsausschuß de« Land tages sind bis zur Erledigung de« Strafverfahrens zurüttgestellt worden. Dt« Verhandlung vor dem Landgericht findet unter Vorsitz de» Landgerichtsdirektor» v. Mißkowski statt. E« wird mit einer zweitägigen Dauer der Verhandlungen gerechnet. Die Verteidigung Zeiqner« liegt in den Händen der Rechtsanwälte Dr. Alsberg Merlin) und Dr. Marschner (Leipzig), nach dem Dr. Milly Hoffmann und danach auch Zeigner» Freund, Rechtranwalt Dr. Graf, die Verteidigung niedergelegt haben. «-n m '— > Rechtsanwalt Hau vor der Freilassung. Rach achtzehn Aahee« Zuchthaus begnadigt. Der vor vielen Jahren vom Karlsruher Schwurgericht »umTode verurteilt«, nachher vom Großherzoa zu le de »»länglicher Zuchthausstrafe begnadigte Rechtsanwalt Hau wird in den nächsten Tagen die Freiheft wieder erlangen. Hau stand im Sommer 1907 vor dem Schwurgericht unter der Anklage, am 6. November 1906 in Baden-Baden seine Schwiegermutter, die Frau Geheim« Medizinalrat Molktor, erschossen zu haben, wobei als Haupt- motiv angenommen wurde, daß er den Besitz einer Erbschaft von einer Million Mark antreten wollte. In den, Prozeß, der ungeheures Aufsehen erregte, wurde Hau auf Grund eine» Indizienbeweises wegen über legten Mordes zum Tod« verurteilt. Der Großherzog macht« aber von seinem Begnadigungsrecht Gebrauch, und so wurde Hau zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe der Strafanstalt Bruchsal überwiesen. Mehrfach suchte Hau ein Wiederauf nahmeverfahren seines Strafprozesses zu erreichen, doch ohne Erfolg. Auch um volle Begnadigung hatte er im Laufe der Jahre wiederholt gebeten. Jetzt wird nun der ehemalige Rechtsanwalt, der sich tadellos geführt hat, nach Verbüßung von 18 guchthausjahren in di« Freiheit entlassen. Dresdner Tastung des sächsischen Textileinzelhaudels In Dresden dielt der Lande»v«rein Sachsen des Tertil- einzelhandelr am Mittwoch seine ordentliche Hauptversammlung im Landtagsaebäude ab. Der Regierungsvertreter, Geheimrat Fiorey, stellte tn den Vordergrund, daß da« Vertranensver- hältni» wiederhergestellt werden müsse, und zwar nach zwei Rich- jungen hin, zu den Lieferanten und zu den Verbrauchern. Pro fessor Dr. Kastner sprach dann über die Aufgaben de« Tertil- einzelhandel» im Nahmen der sächsischen Wirtschaft. Er ging auf die steuerlichen Belastungen des Einzelhandel« und auf die die freie Wirtschaft hemmenden sonstigen Einrichtungen der Marttstandraerichte, Preisprüfungsstellen usw. näher «in und schloß seine Rede damit, daß einzig und allein der freie lautere Wettbewerb de« ehrbaren Kaufmann« dem Interesse de« Ver braucher« diene und der Regulator der Wirtschaft set. Heber die Warenpreise im Einzelhandel sprach Schotten (Zwickau). Dr. Hilpert (Leipzig) hielt einen Dortrag über die Stellung des Einzelhandels zur Lohnpolitik, von der die Kaufkraft der Bevölkerung sehr wesentlich abhängig. Aufgabe de» Einzelhandel», der in enger Fühlung mit dem Verbraucher stehe, sei es, hier maßvoller al« dte Industrie aufzutreten. E» sei fetzt wieder möglich, Beziehungen zwüchen Umsatz und Ge- haltsßöhe aus,«rechnen. Nur dieser Gesichtspunkt dürfe maß gebend sein. Denn un einem Niedrighalten der Gehälter habe der Einzelhandel am allerwenigsten Interesse. Weniger aktuell sei noch die Frage der Arbeitszeit. Man soll hier sowohl nach der einen wie nach der anderen Seite den Bogen nicht Über spannen. — Die Wahlen ergaben die Wiederwahl der bis- herigen Vorstandsmitglieder. Erster Vorsitzender wurde wieder Gustav Heinrich (Dresden). Tastnust der Sächsischen HanSkesitzervereine Ehenmttzz 3. 3. Der Verband der Sächsischen Hausbesitzer- ' Verein« hielt am Sonnabend und Sonntag hier seinen außev- , ordentlichen Verbandstag ab. Die Mitteilung des Verbands- s vorsitzenden Rechtsanwalt Kohlmann (Dresden), daß das Wirtschaftsmimsterlum und das Finanzministerium auf die an sie ergangenen Einladungen zur Tagung nicht einmal eine Antwort erteilt hätten, wurde mit lauten Entrüstungsrufen entgegengenommen und in zwei einstimmig angenommenen > Anträgen das Verhallen der Regierung auf das schärfste mißbilligt. Baumeister Grohmann (Dresden) sprach dann über die Zwangswirtschaft, dir Wolmungsast und las Baugewerbe. Es wurde folgende Leitsätze angenommen: 1. Die bestehende Wohnungsnot ist die Auswirkung der Zwangswirtschaft. Die freie Wirtschaft der Vorkriegs zeit batte immer einen ausreichenden Vorrat an Wohnungen zur Verfügung. -2. Die absichtliche Herabminderung der Mieten hat Mi großen Teil zu einer Lerabminderung der Wohnungs dichte geführt. Die Anwendung des Reichsmietengesetzes hat den derzeitigen Nutznießern ein Wohnvorrecht Mchafsen. das unsere Wohnungslosen und den Nachwuchs entrechte! und ins Ausland treibt. 3. Di« Herstellung neuer Wohnungen ist durch di« Zwangswirtschaft ebenfalls gestört. Die Finanzier«m, d« Wohnungsbaues durch die öffentliche Hand Hat sich al« völlig unzulänglich erwiesen. 4. Die Neubautätigkeit kann solange nicht wieder auf- keben, wie dte Miet« für di« Altwohnunge« m« gerad« die Wirtschaft deckt, ohne eine Verzinsung de» angelegte» Kapitals zu gewähren. Mangel, feder ttapltalemeabilduna fallen auch alle Voraussetzungen für «inen N«ibaukredlt und damit die Vorbedingungen für den Neubau. 5. Um die Voraussetzungen sür ejne gesunde Wirtschaft zu schaffen, muh di« Miete bis 1. April 1925 sdaffeboeise auf Vorkriegshüh« gebracht werden. Die Wegst«u«runA ' eines wesentlichen Telles pes in der Miete enthaltene» Betrages für Verzinsung muh unterbleiben, da sonst di« «rn- bedingt erforderliche Kapitalsneubilduna erschwert bezw. unterbunden wird. Infolgedessen ist eine Mietsteuer tm Sinn« der 3. Steuernotverordnung entschieden abzulehn«». Syndikus Dr. Dumjahn bthandelte in s«in«m Vortrag« die tzypothetenaiufwertmig. In den angenommenen Leitsätzen hierzu h«ißt es u. a.: Zur Erschließung der Kapitalsquellen im eigenen Lande be darf es der Wiederherstellung des Vertrauens. Der Haus- besitz fordert di« alsbaldige Wiederaufnahme einer ssaffek- weise M erhöhenden Goldverzinfung. Die behördliche Ml-d- zinsfestisetzung hat eine Kapital-Zinstzabkung zu ermöglichen, die jeweils der wirtschaftlichen Lage oes Hausbesitz«« ;nd- r spricht. Werden Baugerverbe, Handwerk und Hausbesitz wie der Einkommensteuer-fähig, so ist auch die Finanznot des Reick,es, der Länder und Gemeinden entscheidend gelinde?. Den letzten Vortrag hielt Direktor Ackermann (Leip zig) über die Mtetpretsbildamg. Verlangt wurde: Die Miet« ist in der Höhe sestzw- setzen und lediglich im Gesamthundertfatz bekanntMgeben, dah sie Unbedingt alle Lasten deckt und dem Eigentümer «in vw- gemessenes Entgelt» gewährt. Der Vermied hat die ftei» Verfügung über die Miete. 8 17 des R. M. G. betreffend' Abrechnungsvslichi und sonstige Befugnisse der Mietervev- träge entfällt. Nur so kann der Friede in die Häuser zuras- kehren. Bei einer zukünftigen Besteuerung des Grundbesitze« gemäß 8 26 der 3. Steuernotoerordnung sind */, der Steuer der Grundmiete zuzuführen und Mietverluste voll zu bE rüttsickitigen. Sofortige Aufhebung de« ReichAnietengefthe» ist dringend Leboten. Inland nnd Ausland Weiterer Llnkrrutsch der sächsischen Sozialisten. Di« Gros,-Dresdener Sozialdemokratie nahm mit rund 26S gegen 85 Stimmen eine Entschließung an, die die Politik der Reichs« tagrfraktion tadelt. Zum Spitzenkandidaten für di« R«tch«taa»- wahlen für Ostlachsen wurde der früher« Kultusminister Fleißner mit 199 Stimmen gewählt, ferner wurden S wettere Kandidaten aufoestellt, dte ebenso wie Fleißner dem Linkflügel der Partei nnqehören. Die Besprechungen des Reichskanzler» mit den Der- tretern der Parteien über die Frage der Auflösung des Reichstages und des Termins für die Neuwahlen werden fortgesetzt. Für Montag nachmittag waren dia Führer der Sozialdemokraten zu einer Besprechtma beim Reichskanzler geladen. Die Entscheidung übtzr die Stellung nahme der Negierung wird erst fallen, wenn der Kanzler am Mittwoch mit den Vertretern der besetzten Ge biete verhandelt hat. Pfalzfeiern im Reich. Am vergangenen Sonntag fanden fast in allen größeren Städten des Reiches Kundgebungen und Sammlungen für die bedrängte Pfalz statt, dte oe- deutendste davon in Mannheim, wo außer dem Reichspräsidenten auch der bayerische Minister Präsident v. Knilling und der Reichsminister vr. Hvfle sprachen. Die Aussperrung auf den Wersten. Nachdem bereits die Wersten tn Hamburg. Lübeck und Bremen ihre Betrieb« ge schlossen und die Arbeiter ausgeschlossen haben, haben nun mehr auch die Werften in Stettin ihre Belegschaften ausgesperrt und die Betriebe geschloffen. Auch die Neptun- werft in Rostock hat die Belegschaft ausgesperrt. In Stettin werden etwa 7000 Arbeiter von der Aussperrung be troffen. Heimgefunden. Roman von B. v. d. Lancken. 43) (Abdruck ohne vorherig« Vereinbarung nicht gestattet.) „Frau Felsinger, draußen ss eine Frau, sie heißt Pomme ränke und kommt aus der Elsafferstraße von Fräulein Gadebusch, das heißt Fräulein Gaoebusch weiß es nich, die is krank und ganz unbesinnlich und der Doktor hat gemeint, es wär doch gut, wenn sich mal einer um sie kümmern täte. Der Doktor bat gefragt ob sie denn gar keine Bekannte nicht halt', denn müßt' sie woll ins Krankenhaus —" „Gertrud?" rief die alte Frau, „ach Gott, ich habe schon so was geahnt, weil sie seit vier Wochen gar nichts hat von sich hören lassen. Das arme Kindel! Sie griff nach ihrem Stock und ging so eilfertig wie sie nur konnte ins Zimmer. „Johanna, schick die Frau rein." Frau Pomineränke, in einer frisch gewaschenen Vlule. einem vertragenen schwarzen Nock und sauberer Schürze, trat beschei den ein. „Guten Tag, liebe Frau. Hie kommen aus der Elsaffer- s! aße von Fräulein Gadebusch?" „Ja, gnädige Frau." „Ich bin keine gnädige Frau, ich bi» Frau Felsinger," unter brach die Großmutter den Anfang der Ned«. „Also — was fehlt dem Fräulein und seit wann ist sie krank?" „Na — Gott, so eigentlich krank erst seit zwei Tagen, aber geklagt hat sie schon lange und schlecht auegesehen auch. Sie könnt immer nich schlaftn. hat so furchtbar gearbeitet und Kat auch immer Aerger mit dein Bruder gehabt. Und weil sie nu so hohes Fieber kriegte und so furchtbare Kopfschmerzen, bin ich »um Dok tor gelaufen und der fragte, ob das Fräulein denn keine Ver wandle oder Bekannte oder so habe. Da fiel mir die Herrschaft kier ein und die alle Dame, von der hat Fräulein immer so gut gesprochen und hat sie so lieb und weil nu die Nachbarin bei ihr is, bin ich hierher — bas Fräulein weis, es aber »sch, es schlief gerade. Ich bitte, es nich übel zu nehmen." „I bewahre, bas war ein vernünftiger Gedanke von Ihnen, liebe Frau," sagte die alte Dame. „Natürlich muß da was ge- fchehcn. Karolin", wandte sie sich an ihre Tochter, ..du könntest Wohl mit der Frau hinfahren und bringst mir Bescheid qnd sorgst für alles -- Kas arme Kindel, Golt, bas arme Kinbell" Abele stand daneben mit ernstem Gesicht und festgeschloffe nen Lippen. Ihnen allen wollte diese große Vorliebe der Groß mutter für Gertrud nicht so recht in den Sinn, aber tun konnten sie dagegen doch nichts. So fuhr denn Frau Brettschneider in die Elsaflerstraße und Frau Pomineränke saß ihr gegenüber auf dem Rücksitz des Auto«, das heißt, sie schwebte eigentlich nur auf dem Rand des Sitzes, damit alle Menschen sie hinter den blanken Scheiben sehen konn ten, und der Augenblick, wo sie vor dem Hause in der Elsasser- straße ausstieg, die Kinder sich neugierig herandrängten, ein paar Frauen hinter ihr her tuschelten, der Schuster und der Tischler in ihren Werkstätten lange Hälse machten, als sie hinter der gro ßen, gutgekleibeten Dame über den Hof ging, dieser Augenblick war ein Markstein in ihrem armen, von Waschbünsten und Küm mernissen durchsetzten Leben. Frau Brettschneider war eine Frau, die gerne half und immer gerne geholfen hatte und nicht nur so durch Vereine und aus der Ferne, nein, sie hatte sich auch selbst um die Not anderer bekümmert und sich ihrer angenommen. So fand sie sich auch kalb in den Verhältnissen zurecht, die sie hier vorfanb. Das saubere Stübchen mit seiner Traulichkeit, die tadellos weiße Bett wäsche, die Ordnung bis ins kleinste, bie-gepflegten Blumen, alles machte einen guten Eindruck auf sie. Frau Pommeränke war zuerst Hineingepangen und hatte Gertrud gesagt, baß sie Besuch von einer Danie bekäme. „Besuch? Ich? rief die Kranke. „Ich bin «s, liebes Fräulein Gadebusch," sagte Frau Brett schneider, über die Schwelle tretend. „Frau Brettschneider? Aber woher wissen Sie? Und wie gut, zu mir zu kommen!" „Frau Pomineränke war so verständig, uns zu benachrich tigen. meine Mutter schickt mich." Sie setzte sich aus den Stuhl neben dem Bett. Die Nach barin, die jetzt die Wohnung der verstorbenen Frau Gadebusch innehatte, trat höflich zurück und verließ das Zimmer. „Ich danke Ihnen auch, Frau Wassermann, banke Ihnen viele Male," rief Gertrud ihr nach, „auf Wiedersehen, ja?" „Aber gewiß doch, liebe« Fräulein, gewiß doch!" Karoline Brettschneider erkundigte sich nun nach Gertruds Befinden und was der Arzt gesagt. Gefährlich war die Sache nicht weiter, ein vollständiges Nieberbrechen der Nerven. Ueberanstrengung, so erzählte Ger- t;ub, Dgß her AM gMt, kitt mdWftflbr «OML« fttMe Affekte könnten sie so heruntergebracht haben, verschwieg sie. Fraz» Brettschneider hörte, aufmerksam zu, aber sie merkte recht gut, baß da noch etwas anderes mit im Spiel war. „Meine Mutter läßt Sie sehr herzlich grüßen, Fräulek Gabebusch, und hat mich beauftragt, nach jeder Richtung für Sitz zu sorgen. Sträuben Sie sich nicht dagegen. Sie wissen, wie gerne meine Mutter so etwas tut, jemand betreut. Sie verdie nen jetzt nichts und Ihre Ersparnisse dürfen Sie unter keinen Umständen angreifen. Hier sind zunächst 50 Mark und ein« Pflegerin schicke ich auch. Sie legte ein verschlossenes Kuvert auf das Nachttischchen. „Zwei Flaschen Fruchtsaft und «ins Flasche guter Wein sind dort in dem Paket." Gertruds Augen füllten sich mit Tränen. Sie nahm bl/ Hände der ernsten Frau, vor der sie immer so großen Respekt gehabt, schon seit den Kindertagen und küßte sie. Und nun faß diese Fran neben ihrem Bett und sprach — zwar etwas steift das war so ihre Art, aber doch so freundlich zu ihr und bachts an alles und sorgte um ihr Wohlbefinden. „Ich banke Ihnen, ich banke Ihnen so sehr," sagte fi« leise/ „Nicht mir, liebes Fräulein Gertrud, nicht mir. Ich bi» nur die Abgesandte meiner Mutter —" „Aber Sie sind gekommen, haben sich für mich bemüht, sch bin Ihnen allen so von Herzen dankbar. Wenn man so »<y lassen ist, tut es doppelt wohl, solche Güte und Teilnahme. Ein Weilchen noch blieb Frau Brettsdneider, sprach bann in der Küche mit Frau Pomineränke, gab ihr Anordnungen, nannte ihr Telephonnummer, trug ihr auf. sie immer zu benach richtigen. Die gute Pflege, die Ruhe und vor allem die freundlich« Tellnahme halfen Gertrud weiter. Es dauerte aber doch noch volle acht Tage, bis sie das Bett verlassen und stunbenweis« aus sein durste. Ganz still, die Hände im Schoß gefaltet, saß sie am offenen Fenster, vor dem die Blumen nun in voller Bracht son niger Herbsttage glühten. Der Sommer hatte Abschied genom men, draußen im Tiergarten mußten die Bäume schon buntes Laub tragen, die ersten sterbenden und toten Blätter in b«n Megen liegen. Auggehen konnte sie noch nicht, dazu war sie zu schwach, aber bas beunruhigte weder sie noch den Arzt. Die Kräfte würben schon wieberkommen, dafür sorgte ihre Jugend, ihr gesunder Körper, bl« gute Pflege ber alten Frau Felsinger? f (SoEbiUlg folgt.)
- Current page (TXT)
- METS file (XML)
- IIIF manifest (JSON)
- Show double pages
- Thumbnail Preview