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Wilsdruffer Tageblatt : 13.01.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-01-13
- Sprache
- German
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192201138
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19220113
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19220113
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWilsdruffer Tageblatt
- Jahr1922
- Monat1922-01
- Tag1922-01-13
- Monat1922-01
- Jahr1922
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 13.01.1922
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Vermischtes. Seidene Wäsche aus Sparsamkeit. Die hohen Preise, die die Waschanstalten und Wäscherinnen nehmen, haben in England dazu geführt, daß Unterwäsche aus Seiden- stoffen vielfach an die Stelle von Leinen und Batist ge treten ist. Besonders einzelstehende, berufstätige Frauen, die die Wäsche nicht zu Hause waschen können, erklären, daß sie lieber den ungefähr doppelten Preis für Unter kleidung aus Seide aufwenden, die sich mit weniger Mühe zu Hause wieder reinigen läßt, als die hohen Preise der Wäschereien, die noch dazu die Sachen verderben, zu be zahlen. Ob diese Gewohnheit sich auf die Dauer wirklich als so praktisch erweisen wird, und ob dabei nicht doch die liebe Eitelkeit der Sparsamkeit als Ausrede dient, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls wird erklärt, daß bei vornehmen Ausstattungen und da, wo die Kosten des Waschens keine Rolle spielen, Batistunterkleidung mit Stickereien und Spitzen immer noch das Feld behauptet. 4 Die Trauung im Schlafrock. In Schlafrock, Socken und Pantoffeln und einen langen Gchrock übevgestreift, kam dieser Tage ein Bräutigam in ein Londoner Standesamt gestürzt. Er hatte sein Absteigequartier in einem benach barten Hotel und war einige Tage zuvor darum einge kommen, eine Stunde vor der gewohnten Zeit getraut zu werden, da er mit seiner jungen Frau einen unmittelbar danach abgehenden Zug noch erreichen wollte. Am kriti schen Tage aber hatte er verschlafen, und so konnte er nur noch rasch in den Gehrock schlüpfen, der seine unvollständige Bekleidung nur unzureichend verhüllte. Di« Braut nahm seine Entschuldigungen lächelnd entgegen, und auch der Standesbeamte war höflich genug, ihm einen Raum ainzu- bieten, falls er seine Toilette der Würde der Situation ent sprechend, vervollständigen wolle. Der Bräutigam fürchtete jedoch eine zu große Verzögerung. Während die junge Frau noch die Trauungsgebühen bezahlt«, fuhr der Ehe mann rasch in die Hosen und eilte dann mit seiner jungen Gattin von dannen. Ein Frauenduell mit tödlichem Ausgang. Natürlich spielt die Geschichte in den Vereinigten Staaten, und na türlich war der Streitgegenstand ein Mann. Zwei Damen, die Witwe Caretta Noel und Fräulein Cora Jenkins, hatten eine Neigung zu demselben Mann gefaßt. Als sie sich kürzlich zufällig trafen, erhob sich erbitterter Streit zwischen den beiden Nebenbuhlerinnen, und da beide der Überzeugung waren, daß die Welt nicht groß genug für sie beide sei, beschlossen sie, um den Mann zu kämpfen, bis eine von ihnen auf der Wahlstatt bliebe. Als herausge forderter Teil durfte Frau Noel die Waffen wählen, und nachdem sie sich für Revolver entschlossen hatte, fand der Kampf in Unionstown in Pennfhlvanien nach allen Regeln der Kunst statt. Als Kampfplatz hatte man ein großes Zimmer gewählt. Damit kein Zweifel über die Ursache des Kampfes aufkomme, wurde der umstrittene Mann ein geladen, sich zu bestimmter Zeit an Ort und Stelle einzu finden. Er kam wirklich, nichts Böses ahnend, und mußte als stummer Zeuge zusehen, wie die beiden Rivalinnen mit Revolvern aufeinander losgingen, denn eine Ver wandte der Frau Noel, die als Unparteiische fungierte, duldete keine Einmischung. Schließlich sank Frau Noel mit einem Schuß über dem Herzen zu Boden, und kaum war dies geschehen, so verließ Fräulein Jenkins das Zimmer, und hinter ihr der junge Mann. Seitdem hat man nichts mehr von ihnen gehört. Frau Noel wurde ins Krankenhaus gebracht, wo sie nach einigen Stunden starb. Nah und Fern O Noch keine Frankiermaschinen. Dis in den letzten Tagen verbreitete Nachricht, daß die Post Frankiermaschi nen zu vermieten beabsichtige, und daß bereits im Februar 50 solcher Maschinen an private Firmen abgegeben werden sollen, eilt den Tatsachen voraus. Richtig ist, daß sich die Reichspostverwaltung schon seit längerer Zeit mit der Frage einer weiteren Ausdehnung des Barfreimachungs verfahrens durch Vermietung geeigneter Maschinen be schäftigt. Die Vorbereitungen sind jetzt soweit gediehen, daß eine Anzahl solcher Apparate bei einer Fabrik inÄnf- trag gegeben worden ist. Wann die Apparate fertigge- ftellt sein werden und in Betrieb genommen werden können, läßt sich noch nicht mitteilen O Naturschutzgebiet Lüneburger Heide. Durch eine Ver^ ordnung der preußischen Minister für Kultus und für Landwirtschaft ist ein in den Kreisen Soltau und Winsen a. L. des Regierungsbezirkes Lüneburg belegenes Gebiet zum „Naturschutzgebiet Lüneburger Heide" erklärt worden. O Der Fahnenträger von Weißenburg gestorben. In Visselhövede, Kreis Rothenburg, wo er im Ruhestand lebte, ist, 75jährig Generalleutnant Konstantin Baron, der Fahnenträger von Weißenburg aus dem 70er Kriege, ge storben. Den Titel „Fahnenträger von Weißenburg" hat dem Verstorbenen der damalige Kronprinz am Abend des Tages von Weißenburg und Wörth, 4. September 1870, gegeben. Nachdem sämtliche höheren Offiziere des 1. Ba taillons I. R 58 gefallen oder verwundet waren, hatte Baron, damals Oberleutnant, die Fahne, deren Träger mehrmals gewechselt hatte, an sich gerissen und war mit dem Rufe: „Wer verläßt die Fahne? Vorwärts!" in die feindliche Stellung gedrungen. O Die Opfer von Oppau. In der außerordentlichen Generalversammlung der Badischen Anilin- und Soda fabrik, die dieser Tage in Mannheim stattsand, wurde mit geteilt, daß bei dem Oppauer Unglück 522 Personen ihr Leben eingebüßt haben, 1097 verletzt wurden, und daß 43 Personen vermißt werden. v Explosionskatastrophe in Ungarn. AusBudapest wird gemeldet: In einer chemischen Fabrik entstand eine furcht bare Explosion. Die Mauern des Gebäudes stürzten ein. Unter den Trümmern liegt eine ganze Anzahl von Opfern per Katastrophe. Eine Kompagnie Soldaten wurde zur Hilfeleistung abgesandt. O Die Millionenunterschlagungen bei der Schupo. Von dem Millionenbetrage, den der Schutzpolizeibeamte Fechner in Berlin vor einigen Tagen unterschlug, wurden in Grün berg bet Verwandten des Fechner 250 000 Mark beschlag nahmt. „ , O Hochwasserkatastrophe in Messina. Infolge eines un geheuren Wettersturzes ist die Stadt Messina zum größten Teil unter Wasser gesetzt. Mehrere öffentliche Gebäude, darunter die Bürgermeisterei und die Kathedrale, sind größtenteils zerstört und mehrere Häuser eingestürzt. Die Zahl der Opfer ist unbekannt. () Ein italienisches Dorf verschüttet. Nach anhaltenden Regengüssen und Schneefällen hat ein Erdrutsch das sizi lianische Dorf San Fratello teilweise verschüttet. Das Rathaus, die Kirche, das Post- und Telegraphengebäude und viele aridere Häuser wurden zerstört. Die etwa 5000 Einwohner flüchteten in die umliegenden Dörfer. O Deutsches Hilfswerk in Mexiko. Der Verband Deut scher Reichsangehöriger in Mexiko hat Wrede rum ein um- fassendes Hilfswerk fiir die notleidenden deutschen Lands- leute, Ansässige und Einwanderer, eingeleitet. Seit Kriegsende hat der Verband bereits 40 000 Goldpesos den Wohltätigkeitedereinigungen überwiesen und rund 15 000 Goldpesos für die Unterstützung der deutschen Einwan derer ausgeben können. Neueste Meldungen. Keine Reichsrentenanstalt. Benin. Wie verlautet, ist seitens der ReichsregieANtg der Plan der Errichtung einer Reichsrentenanstalt zunächst zurück» gestellt worden. Dagegen sind Notstandsmaßnahmen and««? Art zur Linderung der Not der Kleinrentner »ingeleitet. Internationalisierung der Elbe. Dresden. Die zweite Internationale Elb-Konferenz wlÄ im Februar in Dresden abgehalten werden. Sie wird sich mit der endgültigen Ausstellung der Elb-Schiffahrtsakte befasse«, durch die di« Elbe internationalisiert werden soll. Interessengemeinschaften im polnischen Oberschleflen. Breslau. Mit dem Sitz in Kattowitz wurde für das Pols nische Oberschlesien ein Konzern der Firmen Friedländer, Eminenzgrube, Gräflich Schaffgottsche und Gräfl. Balle- stremsche Verwaltung gegründet zur Organisation des Ge schäftes nach dem Osten. Neue Hochschule für Technik und Wirtschaft. Weimar. Eine Hochschule sür Technik und Wirtschaft mit allen Rechten einer Universität, auch mit dem Promotions recht, soll in Weimar gegründet und noch in diesem Jahre er öffnet werden. Als Lehrgebiete sind zunächst industrielle Tech nik der Banken und Organisation, Technik, Verwaltungswissen- schaft und Kriminalwissenschast vorgesehen. Die für Jena ge plante Betriebsrätehochschule soll mit der neuen Hochschule ver- chnigl werden. Butterkrieg in Kreuznach. Kreuznach. Wegen der hohen Preise wurden auf dem hie sigen Wochenmarkte die Butterberkäufer von den Hausfrauen boykottiert mit dem Erfolge, daß der Preis der Butter zunächst aus 40 Mark und als dann die Nachfrage weiter schwach blieb, auf 36 Mark zurückging. Düsseldorf ohne elektrische Kraft. Düsseldorf. Wegen vollständiger Verstopfung der Bahnhöfe ist die Kohlenversorgung Düsseldorfs so schlecht geworden, saß das städtische Elektrizitätswerk die Kraftversorgung an di« Industrie einstellt. Nur die lebenswichtigen Betriebe, wie Zei tungen, Bäckereien usw., sollen noch mit Strom versorgt werden. Die dänische Landesverteidigung. v^. Schleswig. Der Schwerpunkt der dänischen Landverteidi gung soll von den Inseln, besonders von Seeland nach Jüt land verlegt werden. Unterbringung und Gruppierung der dänischen Armee werden geändert. Die Festung Kopenhagen soll geschleift werden. Zerstörung deutscher Munitionslager. Straßburg. Von verschiedenen elsaß-lothringischen Ge meinden und Verwaltungskörpern des Landes, sowie auch von der Presse sind bei der elsaß-lothringischen Regierung Vor stellungen darüber erhoben worden, daß die zurückgebliebenen deutschen Munitionslager eine ständige Gefahr für die Be völkerung darstellen. Nunmehr gibt die französische Regierung bekannt, daß von 30 000 Tonnen Munition, die sich im Lande befanden, bisher ungefähr 22 000 Tonnen zerstört worden sind. Die Zerstörungen der restlichen 8000 Tonnen soll im Lauft dieses Jahres beendet werden. Rußland wirbt Arbeiter in Amerika. Newyork. Die Sowjetregierung.hat in Newyork ein amt liches Werbebureau für Industriearbeiter errichtet, die sich nach Rußland begeben wollen. Der Sowjetagent Keller gibt bekannt, daß er auch beauftragt sei, Konzessionen für Fabriken, landwirtschaftliche Siedlungen, Grubengesellschaften usw. zu erteilen. Arbeitslosigkeit in Japan. Tokio. In der japanischen Eisen- und Stahlindustrie herrscht große Arbeitslosigkeit, die dadurch verursacht wurde, daß die Jndustriewerke, die am Bau von Kriegsschiffen be teiligt waren, fast die Hälfte der Arbeiterschaft entlassen haben. Letzte Drahtberichte des „Wilsdruffer Tageblattes". Eine neue bayrische Frage. München, 12. Ian. (tu.) Unter der Ueberschrist „Eine neue bayrische Frage" wendet sich heute der „Bayrische Kurier" dagegen, daß rückwirkend auf den 1. Dezember auf böhmische Kohle die deutsche Kvhlensteuer mit gegenwärtig 20 dem nächst aber voraussichtlich 4V des Wertes vom Reichsfinanz ministerium erhoben werden soll. Dadurch wird die bayrische Industrie, die in besonderem Matze auf die böhmische Kohle an gewiesen ist, mit jährlich 250 Millionen Mark belastet und ihre Konkurrenzfähigkeit eingeschränkt. Das genannte Blatt stellt die Frage: „Ist mit der bayrischen Regierung diese ausschlaggebende Maßnahme vorher besprochen worden, wenn nicht, was gedenkt die bayrische Regierung zu tun, nachdem sie einen solchen Faust schlag erhalten hat? Internationale Seeleute-Konferenz in Hamburg. Hamburg, 12. Ian. (tu.) Gestern trat in Hamburg eine von der Internationalen Transportarbeiter-Föderation einbe- rüfene Seeleute-Konferenz zusammen. Die Konferenz ist die Fortsetzung der am 3V. 11. und 1.12. in Antwerpen abgehaltenen Internationalen Seeleute-Konferenz. Auf der Tagesordnung steht die Besprechung der internationalen Wirtschaftslage sowie die Beratung von Matznahmen seitens der Seeleute, um die dringende Verschlechterung der Arbeitsbedingungen abzuwehren. Der Präsident der Internationalen Transportarbeiter-Föderation eröffnete die Tagung, Franz Köhler (Deutscher Transport arbeiterverband) hieß die Delegierten im Namen der deutschen Seeleute willkommen. Der 1. Verhandlungstag wurde durch die Beratungen der Delegierten über die Lage der Seeleute in den einzelnen Lnädern ausgefüllt. Ans Stadt und Land. MttX^na-- Ar dtrs« Rodrik n«h»«n wir txrxltr darrkb« Wilsdruff, am 12. Januar. Die Berufswahl. Wo es noch nicht geschehen, bringen die ersten Wochen des neuen Jahres in den Familien, in denen kommende Ostern ein Kind die Schule verlätzt, nun ernstlich die Frage der Berufs wahl zur Sprache. Die Unsicherheit der Zeit tut ein fiebriges, diese wichtige Wahl noch besonders zu erschweren. Was soll der Lunge oder das Mädchen werden? Es ist ein typisches Zeichen unserer Tage, daß inan allenthalben jetzt Berufsfragen für Knaben und Mädchen in einem Zuge nennt. Früher blieb das Mädchen in sehr vielen Fällen daheim bei Muttern, wo sie sich in der Hauswirtschaft nützlich machte und sich so langsam und gründlich auf ihre spätere Aufgabe als deutsche Hausfrau vorbe reitete. Jetzt müssen auch die Mädchen in den meisten Fällen einen Beruf erlernen. Ist die Auswahl unter den Erwerbs möglichkeiten für sie noch eine verhältnismäßig leichte, so ist das bei den Knaben wesentlich anders. Hier handelt es sich doch darum, die Grundlagen für eine Lebensaufgabe zu schaffen. Auf alle Fälle werden Eltern, die noch zu keinem festen Ent- schlutz kommen konnten, gut tun, sich in der Schule bei dem Lehrer ihres Kindes nach dessen Befähigungen und Neigungen zu erkundigen und ihn bei der Berufswahl mit zu Rate zu ziehen. Manch verkrachte Existenz wäre vermieden worden, hätte man den Jungen nicht frühzeitig in einen Beruf gedrängt, der seinen ganzen natürlichen Veranlagungen widersprach, der nur „den Wunsch der Eltern erfüllte". Die Berufswahl für ein Kind ist eine so wichtige Angelegenheit, dah hier Lieblingswünsche der Eltern oder Verwandten zurückgestellt werden müssen, wenn aus dem Jungen etwas Tüchtiges werden soll, find darauf kommt es jetzt in unserem Volke vor allen Dingen an, daß wir eine Jugend heranziehen, die in ihrem Beruf wie auch im öffentlichen Leben voll und ganz ihren Mann stellt. ID Zu Großvaters Zeiten. Aus zahlreichen Schilderungen sprechen die vergangenen Zeiten zu uns von bescheidener Lebensfreude, beschaulicher Genügsamkeit und ernstem Schaf fen. Man lebte, liebte., und litt, damals wie heute und sank ins Grab, wenn die Zeit erfüllt war. Es hat Fälle gegeben, da haben selbst ernste Männer spöttisch über die gute alte Zeit gelächelt, über ihre Kleinlichkeit, für die uns Großzügigen Vas Verständnis abging. Aber unsere Großeltern hatten mit ihrer Anspruchslosigkeit den Boden bereitet, auf dem sich dann, in den letzten dreißig Jahren vor dem Kriege, der unerhört« Aufschwung Deutschlands vollzog. Dann brachen wir zusam men, sozusagen über Nacht wurden wir um ein halbes Jahr hundert zurückgeschleudert. Jetzt soll uns wohl das Lächeln über die Bedürfnislosigkeit der Alten vergehen. Wären wir doch- fähig, das, was nun noch vor uns steht auf dem Tisch des Lebens, mit derselben fröhlichen Bescheidenheit hinzunehmen, wie sie es taten. Wir aber können uns nicht froimachen von den lockenden Bildern unserer Vergangenheit, und deshalb wird es uns so unsäglich schwer, uns in bescheidene Umstände hinelnzustnden. Freilich unsere Vorfahren lebten im Auf schwung, und weil sie die Verhältnisse nur nach ihren noch dürftigeren eigenen Erfahrungen messen konnten, erwies sich ihr Maßstab als zu klein, sie errechneten sich also immer einen Uberschuß an Glück, während wir mit unserem großen Maß stab zu einem Ausfall kommen. Aber wir wissen, daß es den Alten nicht besser ging als uns jetzt, und daß sie trotzdem glück lich wa-en und daneben noch die Grundlage für unser Lebens glück zimmern konnten. Wir müssen, ob wir wollen oder nicht, den Weg nochmals gehen, den unsere Großeltern zurücklegten. Wäre es nicht gut für uns, wenn wir dies mit derselbe« Fröhlichkeit täten, mit der sie es taten? — Nichts Unbeständigeres gibt es jetzt, als das Wetter. Es wechselt rascher denn im bekannten launischen April. Wer es be urteilen will, mutz mehr als vorsichtig sein. Die Kälte war so schnell, wie gekommen, wieder verschwunden, und das schöne Winterbild vom Sonntag war am Montag schon zerstört. Gestern nachmittag noch Regen und warmer Westwind und heute morgen wieder die herrlichste Winterlandschaft. Hoffentlich kom men bald wieder mehr von den Federn Frau Holles zur Erde, damit Rodel und Schneeschuh voll wieder in Betrieb kommen können. — Der Landwirtschaftliche Verein zu Wilsdruff hielt gestern nachmittag im „Adler" eine recht gut besuchte Versammlung ab. Nach Eröffnung durch den Vorsitzenden, Herrn Ritterguts pächter Böhme, erstattete Herr Erbgerichtsbesitzer Kaiser- Grumbach den reichhaltigen Jahresbericht, auf den näher ein zugehen wir uns versagen müssen, da die jeweiligen Versamm lungsberichte in unserem Blatte regelmähig erschienen sind. Der Stand der Mitglieder des Vereins beträgt gegenwärtig 285. Den Kassenbericht erstattete der Kassierer, Herr Gutsbesitzer Kirchner-Grumbach. Nach Prüfung der Rechnung wurde ihm Entlastung zuteil und ihm wie dem Schriftführer der Dank des Vereins ausgesprochen. Kurz und schmerzlos war die fol gende Vorstandswahl. Auf Zuruf wurden wiedergewählt der verdiente Vorsitzende, Herr Rittergutspächter Böhme- Klipp hausen, als dessen Stellvertreter Herr Gutsbesitzer Wetzel- Birkenhain, als Schriftführer Herr Erbgerichtsbesitzer Kaiser- Grumbach, als dessen Stellvertreter Herr Oberlehrer Hientzsch- Wilsdruff, als Kassierer Herr Gutsbesitzer Kirchner-Grumbach, als Buchwart Herr Privatus Zschoche-Wilsdruff. Ausschüsse und Vertrauensmänner bleiben dieselben bis auf den Vertrauens mann von Helbigsdorf, als der Herr Gutsbesitzer Hensel gewählt wurde. Im weiteren Verlaufe der Sitzung berichtete Herr Kaiser nochmals über die geplante Haushaltungsschule. Die An meldungen dazu haben für 1922 die Höchstzahl der aufzuneh menden Schülerinnen bereits überschritten. Anmeldungen für die nächsten Jahre werden noch angenommen. Der Landes kulturrat hatte der Einfachheit halber angeregt, daß die Anteile zur Finanzierung zinslos gewährt werden sollten; die Versam melten erklärten sich auch damit einverstanden. Interessante Filmvorführungen bildeten den Schluß der Sitzung. iD Fahrpreisermäßigung für Jugendpfiegevererne. Die Fahrpreisermäßigung zugunsten der Jugendpflege auf den deutschen Eisenbahnen sollte vom 1. Januar ab nur den be- hörvlich anerkannten und durch Vie Msenbahnverwaltung besonders bekanntgegebenen Vereinen für Jugendpflege gewährt werden. Die Durchführung der behördlichen An erkennung der Vereine Hai sich jedoch verzögert, und es wird daher Vie Fahrpreisermäßigung bis auf weiteres nach einer Erklärung der Eisenbahnvn ektion Berlin noch nach Lem bisherigen Verfahren gewährt. — Neugruppierung der sächsischen Turngaue? Die seit Jahren bestehende Absicht, Sachsens Turngaue neu einzuteilen, hat sich zu einem Vorschlag des Oberturnwarts M. Schwarze- Dresden verdichtet, der das weiteste Interesse aller Turnkreise erwecken dürfte. Oberturnwart Schwarze will sämtliche 20 säch sischen Gaue aufgelöst wissen und erstrebt eine völlige neue Grup pierung in 9 Gaue. Die Lausitz wäre der 1. Gau bis zur Linie Pulsnitz—Stolpen—Neustadt; das Elbtal als 2. Gau würde Dresden als Mittelpunkt, Dresden-Süd bis Pirna, Dresden- West bis Tharandt, Meißen, Riesa, Großenhain und Dresden- Neustadt bis Radeberg umfassen. Als weitere Gaue find ge dacht: 3. Gau: das Erzgebirge; 4. Gau: das Obererzgebirge; 5. Gau: Wesssachsen; 6. Gau: das Vogtland; 7. Gau: Mittel sachsen; 8. Gau: Niederland; 9. Gau: das Leipziger Schlachtfeld. — Erhöhung der Brotpreise. Die „Frankfurter Zeittmg" meldet: In der letzten Zeit sind wiederholt Nachrichten über eine Erhöhung des Brotpreises verbreitet worden. Sie entbehren in sofern nicht der Grundlage, als die Reichsregierung, wie man weiß, nicht in der Lage ist, auch im Jahre 1922 Zuschüsse zur Verbilligung des Brotgetreides zu leisten, die sie bisher in Höhe von 7 bis 8 Milliarden gemacht hat. In den Haushalt für 1922 sind dementsprechend Zuschüsse zur Verbilligung von Brot getreide nicht mehr eingestellt worden, fieberdies hat der un günstige Stand der Valuta zur Folge, daß die von der Reichs- regierung bisher schon gezahlten Zuschüsse nicht mehr ausreichen, die Verbilligung in dem bisher vorgesehenen Maße durchzu führen. Es wird also mit einer beträchtlichen Erhöhung des
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