Sächsische Elbzeitung : 24.07.1875

MGsche WMmg. Amts- und Anzeigeblatt für das Königl. Gerichtsamt und den Stadtrath zu Schandau und den Stadtgemeinderath zu Hohnstein. 1875. Schandau, Sonnabend, den 24. Juli o Ans dem Lebe» des deutschen Kaiser. Bei der politischen Oedc, welche gegenwärtig die Signatur der Zeit ist, werden die Lcscr uns nicht verargen, wenn wir, statt mit abstrakten Fragen vor sie zu treten, ihnen aus den: Leben des deutschen Kaisers eine kleine Skizze liefern, die freilich schon aus geraumer Vergangenheit datirt. Es war im Herbst des Jahres 1841. Durch die Thronbesteigung König Friedrich Wilhelm IV. war Prinz Wilhelm, der älteste Bruder, zum Thronfolger mit dem Titel: „Prinz von Preußen" ernannt wor den. Kommandeur des Gardckorps, wurde derselbe zugleich Vorsitzender der Kommission, welche die Ncu- Uuiformiruug der Kavallerie mit einer neuen Instruk tion und Umwandlung des Exerzierreglements der selben bcrathcn sollte. Durch diese Obliegenheiten war der Prinz eines Tages veranlaßt worden, nach der Kaserne des Gardc-Kürassicr-Ncgimcnts zn dem Obersten Prinzen August von Würtcmbcrg, dem hcn- tigen Kommandeur des Gardckorps, zu fahren. Der Prinz von Preußen, sowie seine beiden jüugcrcii Brü der, der Gcucralfeldzcugmcistcr Prinz Karl und Prinz Albrecht, liebten cs vorzugsweise, bei jeder Witterung und zu jeder Jahreszeit in einer leichten, offenen, rus sischen Droschke zn fahren. Pferde und Wagen wa ren Geschenke ihres Schwagers, des Kaisers Nicolaus vou Rußland, und die Kutscher Nationalrusscn. Bei der Rückfahrt, an der Stadtmauer nach dem Hallc'schen Thore zu, wurde» plötzlich die Pferde scheu und gingen mit dem leichten Gefährte durch. In wilder Flucht rasten die tollen Ukrainerrossc dahin. Die Gefahr erkennend, daß der Wagen an den Prell steinen der Rinnen oder an den Pfeilern der Stadt mauer zerschellen müsse, wandte sich der Kutscher mit dem Zuruf au seinen Herrn: „Königliche Hoheit, wir sind in großer Gefahr, retten Sie sich!" Indem der Prinz den Wagen durch einen glück lichen Sprung verließ, wurde der treue Diener von seinem Sitze gezerrt, die Zügel noch fest um die Hand gewickelt, hcrabgcschlcndcrt, unter die Räder geschleift und gegen den Rinnstein geschleudert. Durch hiuzu- gcciltc Gardc-Dragoucr wurden die Pferde gebändigt, der unglückliche Kutscher schwer verletzt und blutend anfgchoben nnd in das in der Nähe des Bcllc-Al- liancc-Platz gelegene Lazarett; des Garde-Ulaucn-Nc- gimcutü gebracht. Schon anderen Tagcö kam der Prinz von Preu ßen selbst an daö Krankenlager, nm seinen schwer verwundeten Diener zn besuchen und empfahl densel ben der Obhut eines alten, in der ganzen Armee als Original bekannten Generalarztes, vr. Hartmann. Die außcrordcntlichstc Pflege konnte jedoch den Ver wundeten nicht retten. Als den Prinzen der Zustand gemeldet wurde, wiederholte derselbe seinen Besuch am Sterbebette des Dieners, dankte ihm für seine Treue und schickte auf sein Verlangen den Geistlichen der russischen Gesandtschaft, um die Sterbesakramente nach griechischem Ritus zn spenden. Noch heute er hält die alt gewordene Wittwe Pension und reichliche Unterstützung. Die Leiche des Kutschers wurde ans dem evangelischen Gottesacker der Jerusalemer Kirch gemeinde nach griechischem NituS unter großer Thcil- nahme und ehcreuvollcr Auszeichnung bestattet. Wenige Monate später — cs war am 13. Juli 1842 — fuhr der Thronfolger von Frankreich, Her zog Ferdinand von Orleans, in einem leichten Ka- iriolct zum Thore von Ncuilly hinaus. Die Pferde cheuten uud gingen durch. Der Prinz wollte sich >cr drohenden Gefahr entziehen, doch das Schicksal ügte es, daß er durch einen unglücklichen Sprung einen jähen Tod fand. Es war wie eine Ahnung des traurigen Geschi ckes, welches über Frankreich hcrciubrcchcu sollte. Als die Nachricht sich verbreitete, fand die Kunde die auf richtigste Thcilnahme nicht allein in Frankreich, son dern in der ganzen Welt. Man prophczcihtc dcr französischen Regierung und der herrschenden Dyna stie, daß sie den Stcncrmann für den Tag zu befürch tender Stürme verloren habe. Noch heute ist cs Thatsachc, daß cinsichtSvollc Franzoscu versichern, wäre der Herzog von Orleans am Leben geblieben, so wäre ein 24. Fcbr. 1848 unmöglich geworden, oder, wenn auch der Aufstand zum Ausbruch gekommen, seine Folgen wären andere gewesen. Es wäre nicht dcnklich, daß neben der beliebten Persönlichkeit des Thronfolgers nnd seiner Gemahlin, einer Herzogin von Mecklenburg, ein Napoleon III. und eine Euge nie zur Geltung kommen konnten. In Dcntschland und in Frankreich, merkwürdiger weise in fast ähnlicher Lokalität, ein ähnliches Ercig- niß! In Frankreich geht mit dem Leben des Thron folgers die Zukunft der herrschenden Dynastie zu Grunde, in Preußen wird mit der Erhaltung des Thronfolgers der künftige deutsche Kaiser gerettet. Vorstehender Skizze haben wir schließlich nnr noch die Bemerkung bciznfügen, daß sic anö der vortrefflich rcdigirtcn und reichhaltigen „Jllnstrirtcn Volks zeitung" von Ednard Hallbcrger in Stuttgart ent lehnt ist, die wir hiermit unserm Leserkreise aufs an gelegentlichste empfehlen. Tagesgeschichte. Sttchfett. Schandau. Die am 21. d. M. erschienene 13. Nnmmcr der hiesigen Ladeliste weist 330 Parteien mit 922 Personen nach. Dresden, den 22. Jnli. Sc. Majestät der Kö nig sind hcnte Vormittag 10 Uhr 48 Min. hier ein- gctroffcn nnd haben Sich nach Pillnitz bcgcbcn. —Ans dem in Dresden in der Zeit vom 25. bis 27. Jnli tagenden deutschen Tnrntagc wird der Gan- vcrband dcö Meißner Hochlandes durch die Herren Turnlehrer Schmidt von Pirna, Buchhändler Miß bach ans Ncnstadt und Kaufmann Kaulfuß aus Kö- uigstcin vertrete» sei». Der geisteskranke Sohn eines Gutsbesitzers in Zaschendorf bei Meißen hat ein Pferd mit dcr Sense zn Tode gehauen und gestochen, infolge dessen der Irrsinnige im Köllner Bezirks-Krankcnhanse nn- tcrgcbracht wurde. Am 19. Juli hat cin heftiges Gewitter mit wol- kcnbrnchühnlichcm Regen Lausigk und dessen Umge gend hcimgcsncht. In Köllsdorf stürzte in Folge des sen ein erst 2 Tage vorher gehobenes Hans zusammen; ein Menschenleben ist jedoch nicht zn beklagen. In Ammelödorf bei Francnstcin hat am 20. Juli ciu furchtbares Gewitter mit Wasserhose große Verheerungen an Gärten, Feldern und Gebäuden an- gcrichtct. In der Gegend von Troschenreuth i. V., nahe der bairischen Grenze, gingen am vergangenen Sonn tag bedeutende Wassermasscn nieder. Um 3 Uhr Nachmittags brach die Flnth fast urplötzlich über den im Thale gelegenen Ortöthcil von Wicdcrsbcrg her ein und brauste grausig und vielen Schaden brin gend wie ein wogender See über den genannten Marktflecken dahin, riß die Brücke nnd viele Zäune ab, führte Massen Holzes, auch der Brauerei eine Anzahl Fässer fort, erfüllte, stellenweise in beträcht licher Höhe Stuben, Ställe, Scheunen re. und setzte den unteren Thalwcg so hoch unter Wasser, daß der Eingang zn dem Ncichclt'schcn Gasthof nur durch daö zweite Stockwerk desselben — vom Berge herab — möglich war. Vermischtes. — Warmbrunn, 21. Jnli. Die in Folge wolken- brnchartigcn Regens eingctretene Uebcrschwcmmnng ;at die Hälfte der Stadt unter Wasser gesetzt, so daß die Bewohner der unteren Etagen der Hänscr dcö übcrflnthcten Stadttheilö in dic oberen Stockwerke 'lüchten mußten. Der Zackcnfluß hat von Schreibcrhau abwärts furchtbare Verheerungen angcrichtct, die Brücken bei Petersdorf fortgcrissen und die Wege un brauchbar gcmacht.j — Auf dic Stürme in den oberöstcrrcichischcn uud tcicrischen Alpen folgte in den letzten Tagen ein star- eö Sinken der Temperatur; auf denn Dachstein liegt bis ziemlich tief herab frischer Schncc. Am 12. d. M. Abends sank nach einem mehrstündigen Gewitter regen das Thermometer bcdmlcnd; dic für den 12. Juli nngcwvhnlich empfindliche Külte wird durch den Umstand erklärt, daß cö im Gebirge geschneit hat. Die Koralpc nnd die Glcinalpc prangen bei Hellem Himmel im schönsten Schnccschmncke. Wetterprophe ten glauben, daß nun ein constant schönes Wetter die ser gewiß seltenen Erscheinung folgen dürfte. — Eine furchtbare Feuersbrunst hat am 12. dö. dic etwa 400 Hänscr zählende blühende Ortschaft Moritzfcld im Tcmcscr Eomitat hcimgcsncht. Wäh rend dic männliche Bevölkerung ans den Fcldcru be schäftigt war nnd bloö die alien Leute und Kinder sich zu Hause befanden, brach ans noch unbekannter Ursache an einem Ende dcö Ortcs Fcucr anö, wel ches bei dem herrschenden starken Winde rasch nm sich griff nnd 102 Hänscr, darnntcr dic römisch-katholische Pfarrkirche, das alte Schulhaus, daö Gemeindehaus mit der Gcmcindckanzlci und allen darin befindlichen Schriften, 16 Stallungen und 68 Frnchtlristcn nnd zahlreiche Strohtristcn cinäschcrtc. Leider sind nnch sechs Menschen (eine Fran, ein junges Mädchen nnd vier kleinere Kinder) in den Flammen nmgekommc». Der Ortörichtcr erlitt so bedeutende Brandwunden, daß er denselben wahrscheinlich crlicgcn wird. «Kirche »Nach richten. Parochic Schandau. Am 9. Sonntag nach TrinitatiS. VormittagStcxt: Apostelgeschichte 8, 26—38. Nachmittagstcxt: 1. Kor. 10, 12—13. Geboren: Dem D. u. Beztrköfeldwebet A. C. Lind ner hier eine T. — Dem B. u. Tischler F. G. Hercher hier ein S. — Dem Einw. u. Stcinbr. F. W. PettcrS in Ostrau eine T. Getraut: Jgs. F. H. Hering, mit Zgfr. A. A. Krebs von hier. — Jgs. C. G. H. Hache, Einw. n. Schiffm. In Proffen, mit Jgfr. E. A. Frenzel in Wcndischfährc Gestorben: Ludwig Rudolf, des C. A. Zeitschel, aus. B. u. Kaufm. hier, ehel. S. 4 M. 4 T. alt. — Mar garetha Antonic, des C. A. Zeitschel, ans. B. u. Kaufm. hier, chcl. T., I I. 2 M. 26 T. alt. Parochic NcnchardSdorf. Geboren: Dem Kofferträger und Einw. G. H. Wachmann in Krippen ein S. — Dem Stcinbr. u. HauS- bes. A. W. Füffcl in Schöna ciu S. — Dem Capitaiu u. Hauöbcs. A. S. Füffcl ch Krippcn cin S. Getraut: H. G. Protze, Zimmcrm. u. Einw. in KlcingieShttbel, mit A. W. Ehrt tu KlcingieShübcl. Gestorben: Emilie, des Schnhm. u. Einw. F. Pfalz in Krippcn chcl. l. Kind, l I. 3 M. l2 T. alt. — Eduard Otto, dcS Schiffb. u. Hauöbcs., K. E. Querncr in Schöna chcl. s. Kind, t I. l M. 3 T. a». - K. G. Viehrig, Tagelöhner u. Einw. in Neinhardödorf, cin Wwr., 76 I. 2 M. 8 T. alt. — Eh. Tr. Vichrig, GulSauüzügl. in Schöna, ein Ehemann, 72 I. 6 M. 18 T. alt. — Lina Sidonie, Schiffm. u. Einw. K- T- Kretzschmar in Nein- hardödorf, ehel. f. Kind, 8 M. 20 T. alt. - Gustav Rein- hold, des Stcinbr. u. Einw. B. E. Hcnsel in Krippen chcl. 2. S., l I. l M. t8 T. al,. Parochie Königstein. Am 9. sSonntage nach Triuitatis predigt Vor mittags Herr I'. Hartenstein über Apostclgcsch. 8, 26—38. Nachmittag nm 2 Uhr Gottesdienst znr Jahresversammlung des Zwcigvercinö der Gustav- Adolph-Stiftung der Ephorie Pirna. Dic Predigt hält der Herr Professor Lr. Richter ans Dresden. Eollccte znm Besten der Zwecke dcö Vcrciiiö. Geboren: Dem BahnhofSarb. u. Einw. H. F. Hof mann in Königstein ein S. (todtgcb.) — Dcm Architekt u. Einw. C. M. Täubrich iu Königstein eine T. — Dem Zicgcleipachter E. M. Nitzsche in Königstein ein S. — Dcm Dahnarb. u. Einw. K. F. Mehle in Königstein eine T. — Dem GutSbcs. K. G. Scheumann iu Weißig eine T. — Dcm Stcinbr. ». Einw. K. A. Müller in Strand eine T. — Dem ans. B., Täschner u. Tapezierer I. L. Grimm in Königstein eine T. Gestorben: Martha Meta, K. A. Richters, Tagarb. u. Einw. in Porschdorf, chcl. T., 3 M. 2 W. alt. — Emma Katharlnc, F. A. M. Roßbergs, B. u. Tischlers in König- stein, ehel. T., 2 M. 3 W. l T. alt. - Carl Paul, K. A. Ritters, Schiffbaumströ. u. Einw. in Königstein, ehel. S-, l I. 7 M. 10 T. alt. — Bertha Emilie, F. W. HäschclS, Tagarb. u. Einw. in Hütten, chcl. T., 1 M. 3 W. 1 T. alt. - Cbr. A. Noch, Maur. n. Hausbes. in NickolSdorf, 55 I. 3 W. 4 T. alt. — Emma Rosa, A. L. Schuberts, Steuern«, u. Einw. in Königstein, chcl. ZwillingS-T-, 2 W.