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Nachrichten und Anzeiger für Naunhof, Brandis, Borsdorf, Beucha, Trebsen und Umgebung : 30.12.1939
- Erscheinungsdatum
- 1939-12-30
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787954706-193912304
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787954706-19391230
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787954706-19391230
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungNachrichten und Anzeiger für Naunhof, Brandis, Borsdorf, Beucha, ...
- Jahr1939
- Monat1939-12
- Tag1939-12-30
- Monat1939-12
- Jahr1939
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Solche Gruselgeschichten machen aber späterhin der Politik Platz. Besonders in der politisch bewegten Zeit von 1848. Sowie jedoch die Wolken den politischen Himmel einmal nicht mehr verdunkeln, kehren die Schauergeschichten wieder. 1876 wird dem Blatt regelmäßig eine Unterhal tungsbeilage angefügt und 187Y um das Illustrierte Sonntagsblat vermehrt. Mit der Uebernahme des Tauchaer Wochenblattes durch die Firma Porzig anno 1881 erscheint die Zeitung dreige spalten und zweimal wöchentlich, ein Beweis, auf welch fester Grundlage das Unternehmen stand. Das bedeutet dasselbe, als wenn unsere Naunhof-Brandiser Zeitung in ihrem 50. Jahr gang auf tägliches Erscheinen übgergegangen ist. Grundstock dazu legte aber niemand anderes als Aar? Große in unermüdlicher Arbeit. Er führte nicht bloß eine ge wandte Feder, sondern schrieb auch mit viel Humor; alles in allem ein großer Aönner —. wie hat er sich vor allem be müht um den örtlichen Teil! „Aber es kommt kein Le ben in die tote Maschine." Naunhof z. B. ist „so still, als habe es der Schlag gerührt". Na, da schreibt Große in Heller Verzweiflung eben schnell eine Geschichte des Brannteweins, oder der Aönig von Belgien muß herhalten. Line andere Ueberschrift lautet einfach: Rußland. Hauptsache, der Stamm tisch hat sein Tagesgespräch. Ja, ja: der örtbiche Teil war viele Iahr^ hindurch die schwerste Geburt unserer Zel- tung! Auswärtige Berichterstatter waren offenbar die Pa storen. In Naunhof übernahm der Pfarrer sogar die Ge schäftsstelle. Deshalb nahmen die Airchennachrichten bei wei tem auch den breitesten Raum ein. Man ersieht daraus, daß die Naunhofer Gottesdienste früh sieben Uhr begannen. Der Brandiser Pfarrer schrieb ausführlich über das Erntefest 1847. Aantor Volkmann, der Großvater von dem vielverkannten, großen sächsischen Komponisten, hatte dabei doppelchörige Lieder mit Instrumentalbegleitung gesungen. Unter Führung des Pfarrers mag auch 1845 der Naunho fer Bürgerverein entstanden sein. Sein Ziel galt der „Aneignung feinen Umgangtones und an edlen Freuden der Geselligkeit Geschmack zu finden". Wöchentlich kam man ein mal am Spieltisch zusammen, und bei den Bällen „hoben sich die feinen städtischen Sitten hervor". Die ausführliche Bericht erstattung darüber trug dem Tauchaer Wochenblatt eine Satire in den „vaterlandsblättern" ein, die einfach schrieben: die Bürger wissen mit dem Munde nichts Besseres anzufangen als zu trinken. Infolgedessen wurde es um die örtliche Berichterstattung unserer Kleinstädte noch stiller. Es sei denn, daß ein unbekann ter Toter anfgefunden wird. 1 Dörfliche Mrtsnamen lliest man höchstens einmal, wenn in Pole n z „ein alter Hühnerhahn" verkauft wird oder in A in m elshai n ein Hund entlaufen ist. Und hört nur einmal, was am 8. Februar 1844 von Beucha zu lesen ist: „Ist der Mützentausch am Beuchaer Karpfenschmaus bloß Spaß oder ist es Ernst gewesen? Lieber Herr! Tauschen Sie in Zukunft wo Sie wollen, nur in Beucha nicht, mit wem Sie wollen, nur mit mir nicht. Ihren zurückgelassenen Schmier deckel können Sie sich in Beucha wiederholen. I. G. Fiseber, Schneidergeselle in Wolfshain." Brandis fragt nach Jahresfrist: Wie kommt es nur, daß über unseren Grt gewöhnlich nicht das Mindeste in un serem Wochenblatt steht? Mit Neugier sehen wir jedes Mal der neuen Nummer entgegen, um endlich zu finden, daß wir wieder leer ausgegangen sind. Antwort: „Weil niemand et was einsendet. Ich kann weder etwas erfinden, schreibt der Schriftleiter, noch ist es meines Amtes, hier und dort vielleicht herumzuschnüffeln oder aufzulauern. Warum niemand etwas einsendet, weiß ich nicht. Der Grund kann nicht der sein, weil in Brandis alles so gut wäre, daß es nichts zu rügen, oder so schlecht, daß es nicht zu*veröffentlichen wäre. Es muß ja nicht immer getadelt sein. Es kann auch mal etwas Lobens wertes erwähnt werden. Hätte ich übrigens Skandalgeschich ten in das Blatt bringen wollen, so hätte schon vielemal et was drin gestanden. Doch in honetter Gesellschaft darf kein Skandal vorkommen. Und die Leser des Wochenblattes bilden eine honette Gesellschaft". Glaube aber nur ja niemand, daß in den lVrten unseres Verbreitungsbezirkes früher nichts los gewesen wäre, weil Berichte darüber in der Zeitung fehlen! Blättern wir einmal im Anzeigenteil! Da ist besonders der Wurzen er recht reichhaltig. Ls kommen Leipziger Ramschladenbesitzer und halten auf der Durchreise Ausverkauf in Schnitt-, Leinen- und Modewaren; sie bieten Nähmaschinen für 12.— Mk. feil. Das wird ein scböner Schund gewesen sein! Und einer handelt — in den 50er Jahren! — gar mit 50 Pf. Artikeln, Brieftaschen, But terglocken, Kämmen, Körbchen, Bürsten, peitschen, Rauch zeugen, Bestecks, Schürzen, Nähkästen, Schreibzeugen. Der reinste Iahrmarktsbetrieb! Laut Tauchaer Nachrichten hat Brandis auch seine re gelmäßigen Vieh Märkte, die zugleich richtige Volksfeste sind. 1870 wird der erste Schweinemarkt gehalten.- Die Brandiser haben sich immer ein wenig wichtig mit ihren Anzeigen: „Nicht zu übersehen" steht oft darüber, oder sie werden oft auf den Kopf gestellt, um aller Augen auf sich zu lenken, wenn einmal darüber steht: „Für Damen", dann lesen es doch ganz bestimmt zuerst die Herren. Wo heute Direktor Dornblut regelmäßig mit seinem Ensemble gastiert, da erfährt vor beinahe ioo Jahren eine gute Beurteilung „Bauchredner Schreiber aus Wien: er gibt mit seiner Familie eine Vorstellung in dieser Kunst, sowie auf dem Felde der Gymnastik und in Tänzen". „Heute, Mittwoch Abend, werde ich in meinem Parterre lokal mit guten Gerichten verschiedener Speisen portionsweise bestens aufwarten, wer vielleicht Apetit hat etwas Telikates zu genießen." Karpfenschmäuse und „Ballmusik mit frischen Pfannkuchen" reißen überhaupt nicht ab. Die „lustige Witwe" aus dem Brandlser Ratskeller, die Minkler Dorle, die veranstaltet ihre beliebten Vogelschießen mit Harnisch. Nach Naunhof kommt ein Theatrum mundi: die große Schlacht bei Leipzig 1815 für 50, 50 und 20 Pf-, mit dem belustigenden Zusatz in der Anzeige: „werde einem hochver ehrten Publikum einen vergnügten Abend verschaffen." Nicht zu vergessen auch „Die Schlacht bei Jena oder das Müller röschen". Aber Spaß beiseite; denn dieselbe Direktion fllhrr auch den Freischütz mit der vollständigen Musik von Weber auf. „Mathilde, ein deutsches Frauenherz" und „Die Straßen tänzerin von Paris" runden den mehrwöchigen Spielplan ab. „NB. Das Mitbringcn der Hunde ist nicht gestattet." „Aufgemuntert durch den meinen schwachen Leistungen in der Tanzkunst geschenkten Beifall, werde ich mit hoher Mbrig- keitlicher Erlaubnis einen Kursus der Tanzkunst eröffnen." Auch Scbönbrodts beliebte Tanzstunde bat also ihren Vorgän ger. Ein Lokal in Machern ladet zum Hahnschlagen ein und zu Maskenbällen für 1,25 Mk. Eintritt. Das L ä m m e r e i er K i r s ch f e st ist berühmt. Polenz veranstaltet regelmäßig Türkensteeben. Seifertshäin war weit herum bekannt durch seine Keilereien mit Tanzvergnügen, die Gegenstand längerer Erörterungen in der presse wurden. Und A m in e I s- hain ist im August Treffpunkt der Damenwelt. Dort beginnt das Stollenausschieben — eine Art Preiskegeln. „Da brauchen die Damen daheime nicht zu backen", betont der Wirt aus drücklich. Wolfshain wurde mit stark besetzter Ballmusik — 12 Mann in dem kleinen Saale — was muß das für ein Krach gewesen sein! — eine Berübmtheit. wer wollte da sa gen, unsere Vorfahren wären kein vergnügungsfrohes Völk chen gewesen? Großer Beliebtheit erfreuen sich Sonntagsfabrten. „Mit Auf- und Abstieg in Borsdorf" führen sie nach Dresden und für 5.— Mk. auch nach Berlin. 1851 kann man über Köln—testende—Dover sogar 2. Klasse zur Londoner Welt ausstellung fahren. Sechs Tage mit Reise, Rheinfahrt bis Mainz und Verpflegung einsrbl. Wein für 00 Taler! Das ba den fick' die vermögenden Naunhofer natürlieb nicht ent- geben lassen.
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