83 (unspektakulärer) Tod, Geburtstag und die vergleichsweise bescheidenen bürgerlichen Gelegenheiten. Hier unterlag der Poet weniger dem Zwang zu Vollständigkeit und über prüfbarer Genauigkeit der Details, der Äußerlichkeiten und Abläufe. Vielmehr wuchs seine (poetische) Freiheit; Themenwahl, Bildhaftigkeit, Metrum standen ihm offen, ja so gar die Möglichkeit, den engen Schreibanlaß ins Allgemeingültige zu weiten, Zeitbezüge herzustellen und die gerade in der Residenzstadt durch Unterwürfigkeits-, Insuffizienz-, Heische- oder Heldenlob-Topoi bestimmte Autorsituation zu reflektieren. David Schir mers 10 Gratulationscarmen auf Johann Georg II. ist zugleich ein Nachdenken über den Pflicht-Neigung-Konflikt eines Hofpoeten und kursächsischen Bibliothekars: »Sonnet. Es ist ja meine Pflicht. Ich soll Dich/Held/anbinden. Wie kan ich aber das? Mein Strymon fleust nicht mehr. Pamassus ist mir kahl/und der Libethrus leer/ Daß Deiner Göttlichkeit ich nicht ein Wort kan finden. Du übertriffst mein Thun!das etwa sonst den Linden Noch Wohlgefallen hat. Vnd seit daß/ Herr/Dein Heer Der Tugend sich gestärckt/so furcht ich mich zu sehr/ Jch würde meine Glut nicht nach Gebühr entzünden. Wer kan auch/ wie Du bis/Dir geben Deinen Ruhm? Du bist ein Schatz der Welt/und Gottes Eigenthum/ Das Deinen Fürsten-Muth absondert von der Erden. Nim diß zu Gnaden an. Scheint besser dort von fern Auf meinen Epheu-Krantz ein göldner Morgenstern/ So soll Dein hohes Licht der Sonnen ähnlich werden.« 12 ’ Scheinen der schwerfällige Alexandriner, mehrere Enjambements und die hier eher hem mende Formstrenge des Sonetts dem vom Autor als gewichtig akzeptierten Gegenstand an gemessen, läßt das folgende Naturbild, das eine Ode (im selben Jahr auf dieselbe Person) einleitet, nicht vermuten, daß Schirmer schnell in die Symbolwelt des Lobgedichts ein- tritt. Zitierenswert bleibt die erste Strophe in ihrer metrischen Leichtigkeit, in ihrer syn taktisch-rhythmischen und lautlichen Kongruenz: »DJe Mitternacht schwindet. Der Morgen körnt wieder. Der Phosphorus blincket. Es taget die Nacht. Aurora legt unter die Blumen sich nieder. Die traurigen Sterne verschlafen die Wacht. Melpomene wirffet das Trauer-Gebinde/ Vnd weichet dem Lispeln der Westischen Winde.« 131 Die meisten Schirmerschen Gelegenheitsgedichte, seine Sonette, (pindarischen) Oden, Chronodistichen, »Lorbeer-« bzw. »Tugend- und Ehren-Kräntze«, paarigen Alexandriner in »Lob-Reden«, wurden später in Sammlungen vereint. Am ungebundensten klingen - ganz wörtlich, da sie vertont publiziert wurden - seine »SJNGENDE(N) ROSEN Oder Liebes- und Tugend-Lieder« (1654), auch wenn sie vom Autor in (wohl nur scheinbarem)