16 hatte Lahmann an der Universität Leipzig Jura studiert. Doch mit dem Referendarexamen endete diese juristische Laufbahn bereits wie der, und der Vater räumte ihm nach anfäng lichem Widerstreben die Möglichkeit - und vor allem auch die Mittel dazu - ein, sich von nun an ganz seinen schöngeistigen Interessen widmen zu können, wozu bereits in Bremen neben der Pflege von Gesangskunst und Lite ratur auch das leidenschaftliche Sammeln von Kunstwerken gehörte. Als Sammler besaß Lahmann offenbar ein besonderes Gespür für künstlerische Qualität, und mit seinem vielseitig angelegten Interesse sammelte er unabhängig von den Vorlieben der Zeit und den Präferenzen des Kunstmark tes alles das, was ihm gefiel. Solche Unabhän gigkeit, gepaart mit einem ausgeprägten Qua litätsempfinden, war es wohl, die ihn zum Entdecker hat werden lassen. Noch vor der Berliner Jahrhundertausstellung von 1906 richtete sein Augenmerk sich auf die deutsche Male rei der Romantik, auf Nazarener und frühe Realisten. Dabei hat Lahmann schon von Bremen aus, und vermutlich im Zusammenhang mit dem Wirken seines Bruders in der Elbestadt,bald auch die Dresdner Kunst der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stärker ins Auge gefaßt. Die Unbeirrtheit eines ganz von der persönlichen Wahrnehmung bestimmten Blickes, weder durch vorherrschende Meinungen noch von der Geringschätzung gegenüber dem Unbekannten oder vermeintlich Unbedeutenden getrübt, dies ist es wohl, was dem Sammler mitunter einen Vor sprung vor dem beamteten Fachmann der offiziellen Kunstbeurteilung verschaffen kann. Wie sonst wäre es Lahmann möglich gewesen, im Werk eines Vergessenen, ja eigentlich niemals wirk lich bekannt oder gar berühmt Gewesenen wie Christian Gille den besonderen Reiz zu erspüren und die überragende Originalität zu erkennen, die uns heute erst wieder recht bewußt gewor den ist. Die frühe Entdeckung und die Bewahrung des nachgelassenen Werkes von Christian Fried rich Gille, der 1899 in größter Armut und Vergessenheit in der Elbestadt gestorben war, ist in ganz besonderer Weise als ein persönliches Verdienst des Kunstsammlers Johann Friedrich Lah mann hervorzuheben. Bereits von Bremen aus muß er einen Zugang zu dem Nachlaß des Künst lers gefunden haben. Auf der Berliner Jahrhundertausstellung 1906 wurde Gille mit zwei Wer ken der Öffentlichkeit vorgestellt, die beide aus Lahmanns, noch in Bremen befindlicher Sammlung stammten.^ Vor allem jene so faszinierend unmittelbaren Studienarbeiten des hoch talentierten Dahl-Schülers hat Lahmann mit großem Eifer zusammengetragen. Auf etwa 400 Werke, darunter vor allem Ölstudien und Gemälde, ist seine Gille-Sammlung im nachhin- Johann Friedrich Lahmann, Gemälde von Max Kurth, 1929