10 In Cranachs Gemälden bewundert man beson ders die angenehme gelinde und frische Färbung, die jetzt, nach mehr als dritthalb hundert Jahren, immer noch so lebhaft sich darstellt, als sey sie erst seit we nigen Tagen von der Staffeley. Uebrigens wusste er auch die Leidenschaften eben so kräftig, als natürlich auszudrücken. Sein Leichenredner sagt von ihm: „Er habe nicht wie gemeine Maler fremde Kunst stücke zierlich nachmachen, abreissen, nadi- ,,malen, abmodeln, illuminiren und patroniren, ,, sondern aus eigener Invention und Ersinnung von „freyer Hand ein fein inveution dichten, eine artige „possirung stellen können u. s. vv. und zwar mit sol- „cher hurtigen Behendigkeit, dass ehe nur ein ande rer sein Pinsel und Farben zusammen gesucht, und „sich bedacht hat, was er machen wölte, bey Cra- „nach das Werk schon vollendet und ganz vor Au- ,,gen gestanden.” Ein feines Lob, Welches zugleich als Probe einer Kunstkritik des sechszehnten Jahrhunderts gelten kann. Was das Erfinden anbetrift, welches die Leichen rede ihm vorzüglich beylegt, so verdient er dies Lob wohl mit allem Beeilt; denn was er war, war er meist durch sich selbst. D ii rer und H o 1 b e i n /