•26 I. Abtheilung. III. Der Adel und die Landesherren. Es war von jeher und zumal im Mittelalter die schöne Aufgabe des Adels, eine feste Stütze der Throne zu sein. Von dem Landes- lierrn ward ihm Gut, Gunst und Ehre zu theil; dafür folgte er dem selben getreu in Kampf, Noth und Tod. Dieses persönlich enge Verhältniss zwischen Adel und Landesherrn konnte in der Oberlausitz sich nie so rein und ungetrübt gestalten, wie in anderen Ländern; denn seit im 10. Jahrhundert die eingebornen slawischen Fürsten der Waffengewalt der Deutschen erlegen waren , hat die Oberlausitz nie mehr einen eignen Herrscher gehabt, hat nie mehr ein Landes herr auf die Dauer in diesem Lande selbst residirt. Von den meissnischen Markgrafen erobert, bildete die Oberlausitz zuerst ein Pertinenzstück von Meissen (bis 1158), dann von Böhmen (bis etwa 1253), darauf von Brandenburg (bis 1319), seitdem mit nur kurzen Unterbrechungen wieder von Böhmen. Letzterem Reiche wurde sie 1355 förmlich incorporirt. Trotzdem hörte sie aber nicht auf, ein besonderes „Land‘‘ zu sein mit eigner Verwaltung, mit eignen selbstgegebenen Gesetzen, mit eigner Verfassung. Diese Selbständig keit des eignen Landes zu wahren, ja zu erweitern, erschien für den oberlausitzischen Adel ebenso durch eignes Interesse, als durch Pflicht geboten. Und so finden wir denselben viel häufiger im treuen Dienste seines heimathlichen Landes, als im persönlichen Dienste des fernen Landesherrn. Der von dem Landesherrn eingesetzte Landvoigt handhabte die Regalien und vermittelte den Zusammenhang zwischen dem Fürsten und dessen Nebenlande. Unmittelbar von der Kanzlei der böhmischen Könige gingen die theils dem ganzen Lande, theils den einzelnen Ständen desselben ertheilteu Befehle oder Privilegien aus. Mit der Landesregierung des Königreichs Böhmen und den dortigen Landes beamten hatte die Oberlausitz gar nichts zu schaffen. Ebenso wenig berührten sie die Landtage des Königreichs Böhmen. Nur bei beson deren Veranlassungen, welche Böhmen und seine Nebenlande in glei cher Weise betrafen, wie Thronwechsel, Aussteuer von Prinzessinnen, Bewilligung allgemeiner Landessteuern, wurden „allgemeine Land tage“ nach Prag ausgeschrieben, auf denen neben den böhmischen Ständen auch Abgeordnete der Nebenländer zu erscheinen hatten. Sehr oft gingen die Interessen der letzteren und die der Böhmen aus ein ander, zumal als diese (seit 1419) ihr Land als ein Wahlreich betrach-