Erzgebirge mit Einschluss der böhmischen Bäder Teplitz, Karlsbad, Franzensbad und Marienbad, des Voigtlandes und des Granulitgebietes an den unteren Mulden
Titel
Erzgebirge mit Einschluss der böhmischen Bäder Teplitz, Karlsbad, Franzensbad und Marienbad, des Voigtlandes und des Granulitgebietes an den unteren Mulden
Untertitel
ein Reisehandbuch mit Reiskarte von Rudolf Henke und einer Routenkarte
Alternativtitel
Gampe's Erzgebirge mit Einschluss der böhmischen Bäder Teplitz
92 sens. Man prägte die Ausbeute in der Münzgasse in die sog. Engels grosehen um oder brachte sie auch ungemünzt zur Vertheilung. Die Bergherren sollen sehr üppig gelebt und eine Bäuerin soll sogar Bäder in Wein genommen haben. Die Sage schreibt dieser Ueppig- keit den raschen Verfall des Bergbaues zu, die Gruben versagten im 17. Jahrh. mehr und mehr, einzelne kamen zum Erliegen, 1604 suchte ein grösser Brand die damals fast ganz hölzerne Stadt heim. Kloster, Rathhaus und Schule brannte nieder und selbst die Kirche ward ihrer Thürme und ihres Daches beraubt. Der 30-jähr. Krieg that sein Uebriges, die ehemals reiche Bergstadt zu einer Stätte des Elends zu machen. Einen Nothnnker in dieser langen schlimmen Zeit bildete die Spitzenklöppelei. Barbera Uttmann, einer Nürn berger Patrieierfamilie entsprossen und an einen reichen Annaberger Bergherrn Uttmann vorheirathet, erfand, oder wie man nach einer ändern Lesart will, erlernte von einer Brabanterin das Spitzenklöppeln und führte es bereits 1561 unter der Bergbevölkerung ein. 1589 gesellte sieh die Posamentirerei dazu, eingeführt durch Georg Ein enkel. Im Laufe derZeit haben sich noch eine ganze Reihe anderer Industrien, meist Luxusindustrien, hier heimisch gemacht, so dass aus der Bergstadt die erste und grösste Fabrikstadt des Obererz gebirges geworden ist. Adam Riese lebte in Annaberg als Ilerg- schreiber, Chr. Friedr. Weisse der Kinderfreund und Genosse Lessings wurde 1726 zu Annaberg geboren; eine milde Stiftung ehrt sein An denken. Sehenswürdigkeiten. Hier ist voran die Annenkirche zu nennen; sie ist zwar nicht die schönste, aber was Ausschmückung anlangt, die interessanteste des Landes. Von 1499—1525 durch Erasmus Jacob von Schweinfurt erbaut, gehört ihr Styl der Spiit- gothik an. Der Thurm wurde nach dem Brande 1604 zum Theil erneuert. Am Hauptaltar Stammbaum Christi, der aus der Brust Abrahams herauswächst. Am Bergaltar, von Bergleuten gestiftet, interessiren gute Holzschnitzereien und Oelgemälde auf Holz. Den neuen Altar, der 1834 erneuert wurde, schmückt besonders ein Bild „Tod Mariäs“ nach einem Schongauer’schen Kupferstich. Der Miinz- altar in der Chorkapelle des rechten Schiffs wurde 1552 von den Münzern gestiftet, als Hauptsehmuek sind Sehnitzwerke zu nennen: Maria mit dem Jesuskind von Engeln umgeben. Die Gemälde an