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Dresdner Journal : 14.11.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-11-14
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190211147
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19021114
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19021114
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1902
- Monat1902-11
- Tag1902-11-14
- Monat1902-11
- Jahr1902
- Titel
- Dresdner Journal : 14.11.1902
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Dresdner ZMtMl Herausgegeben von der Königl. Expedition des Dresdner Journals, Dresden, Zwingerstraße 20. — Fernspr.-Anschluß Nr. 1295. Erscheine«: Werktag- nachm. 5 Uhr. — Originalberichte und Mitteilungen dürfen nur mit voller Quellenangabe nachgedruckt werden. ve-us-pret«: Vetm Bezüge durch die chelLättasteire tuuerdak» »ieedeu» 2.50 M (emsch! («w-schließlich Bestellgeld) vierteljährlich. Liuzelue Nummern 10 Pf. Wird Zurücksenduna der für die Schriftleitung bestimmle», «der von dirfer nicht eia» geforderten Beitrüge bean- prncht, so ist da- Popgel» beizufüge». AnlüudtgungSgedührr«: Die Zeile lleiuer Schrift der 7 mal gespaltenen Ankündi gung-Seite oder drrenRaum so Pf. Bei Tabellen- und Ziffernsad 5 Pf Aufschlag für di« Zeile. Unten» Re- daktionSstrich (Eingesandt) die Tertzeile mittler Schrist oder deren Raum 50 Pf. Gebühren - Ermäßigung bei öfterer Wiederholung. Annahme der Anzeigen bi« mittag- 12 Uhr für d,e nach mittag- erscheinende Nummer 265. Freitag, den 14. November nachmittags. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben Allcrgnädigst ge ruht, den Amtsrichter bei dem Amtsgerichte Dresden I)r. Krug zum Bergamtsrathe zu ernennen. Dresden, 3. November. Se. Majestät der König haben Allcrgnädigst geruht, den Oberlehrern Dr. pbil. Arno Albin Bergmann am Gymnasium zu Schnee berg, Hofrat Julius Johannes Poland am Königl. Gymnasium zu Dresden Neustadt, Johannes Finster busch am Gymnasium in Zwickau, l)r. pbil. Moritz Hermann Gäbler am Gymnasium in Chemnitz, vr. pbil. Balduin Lorentz am Gymnasium in Wurzen, Karl Friedrich Franz am Gymnasium in Plauen i. V., Robert Glaß am Realgymnasium in Planen i. B., Ernst Gustav Teichmann am Real gymnasium in Borna, vr pbit. Kurt Benno Leon hardt am Realgymnasium in Annaberg, vr. pbil. Gustav Adolf Broglö an der Realschule in Leipzig- Reudnitz, Karl Moritz Huth an der Realschule in Stollberg, dem Realschuldirektor vr. pbil. Robert Claus an der Realschule in Oelsnitz i. V., den Oberlehrern Or pbil. Land. rev. mm. Karl Wilhelm Georg Adolf Amelung am Bitzthum'schen Gymnasium in Dresden und Kurt Wilhelm Zöllner an der Realschule in Chemnitz den Titel und Rang als „Professor" in der vierten Klasse der Hofrangordnung zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allcrgnädigst ge ruht, dem Steinbossirer Barthel in Rauschenthal das Allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen. Personalveränderungen in der Armee. Offiziere, Fähnriche u. s. w. 12. November. Die charakteris. Fähnriche: v. Montbs im 1. (Leib ) Gren-Regt. Nr. 100, v. Wallenberg im 2. Gren.- Regt. Nr. 101 „Kaiser Wilhelm, König von Preußen", Stresemann, Nickels, Meißner im 3. Jnf.- Regt. Nr. 102 „Prinz-Regent Luitpold von Bayern", Albrecht im 4. Jnf.-Regt. Nr. 103, Grabau im 6. Jnf.-Regt. Nr. 105 „König Wilhelm II. von Württemberg", Tschoertner im 7. Königs-Jnf.- Regt. Nr. 106, v. Wolff im Schützen-(Füs.-) Regt. „Prinz Georg" Nr. 108, Neubert im 10. Jnf-Regt. Nr 134, Aster im 11. Jnf.-Regt. Nr. 139, Planitz im 12. Jnf.-Regt. Nr. 177, Frhr.- v. Hodenberg im 13. Jnf.-Regt. Nr. 178, Vogel im 14. Jnf.- Regt Nr. 179, Müller im 15. Jnf.-Regt. Nr. 181, v. Posern, v. Malortie im Garde-Nciter-Regt., v Reese im Karab.-Rcgt., v. Boxbcrg im 1. Hus.- Regt. „König Albert" Nr. 18, Frhr. v. Rochow, v. Ehrenstein im 1. Ulan.-Regt. Nr. 17 „Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, König von Ungarn", Schultze im 5. Feldart.-Regt. Nr. 64, Nette im 8.Feldart.-Regt. Nr. 78, Rosenmüller im 2. Pionier- Bat Nr. 22, die Unteroffiziere: Diemer im 2. Gren. - Regt. Nr. 101j „Kaiser Wilhelm, König von Preußen", Schönfeld im 11. Jnf.- Regt. Nr. 139, Fette im 14. Jnf.- Regt. Nr. 179, Schultze im Karab.-Rcgt., Bccker, Helm im 2. Feldart.-Regt Nr. 28, Höfert, Burgdorf, Brehm, Hildebrandt, Schmidt im 5. Fcldart.-Regt. Nr. 64, Frölich, Kutzleb, Hoffmann, v. Ehrenkrook im 7. Feld art.-Regt. Nr. 77, Kegel, Teuscher im 8. Feldart - Regt Nr. 78, Beyer, Marheine, Papsdorf im Fußart-Regt. Nr. 12, Vieweg, Bornemann im 1. Pion.-Bat. Nr. 12, Vogel im 2. Pion.-Bat. Rr 22, — zu Fähnrichen ernannt. Beamte der Militärverwaltung. 8. No vember. Jünger, Oberzahlmstr. vom 2. Gren. Regt Nr. 101 „Kaiser Wilhelm, König von Preußen", bei seinem Ausscheiden ans dem Dienst mit Pension der Charakter als Rechnnngsrath verliehen. Se. Majestät der König haben Allcrgnädigst geruht, den nachgcnanntcn Offizieren die Erlau bniß zur Anlegung der ihnen verliehenen Auszeichnungen zu crtheilen, und zwar: des Ritterkreuzes 1 Klasse des Königl. Bayerischen Militär-Vcrdienst-Ordens: dem Oberstltnt. Ernst beim Stabe des 3. Jnf- Regts. Nr. 102 „Prinz-Regent Luitpold von Bayern"; des Fürstl. Reußischcn (jüngerer Linie) Ehrenkrcnzes 3. Klasse mit Schwertern: dem Hauptm Richter, aggr. dem 2. Jäg.-Bat. Nr 13; des Großkreuzes des Kaiser!, und Königl. Oesterreichischcn Franz Joseph Ordens: dem Generalmajor Frhrn v Stralenhcim, Kommandanten von Dresden. WekannLmclchung. Infolge Ablebens des Geheimen Hofraths Prof, vr. Nitsche kann der von demselben an der Königl. Forstakademie Tharandt für die Zeit vom 20. bis mit 22. November ds. Js. in Aussicht genommene Lehrkursus über Fischzucht nicht abgehalten werden. Dresden, am 10. November 1902. Die Ministerien des Innern und der Finanzen. Für den Minister: 10285 v. Metzsch, vr Varchewitz. Das Ministerium des Innern hat der Deutschen Bauhandwerker-Krankenkasse für Chemnitz und Umgegend (eingeschriebenen Hilfskasse) auf Grund des II Nachtrages vom 3. Oktober 1902 zu ihrem revidirten Statute vom 19. April 1893 be scheinigt, daß sie, vorbehaltlich der Höhe des Krankengeldes, den Anforderungen des 8 75 des Krankenversichcrungsgesetzcs vom 15. Juni 1883 in der Fassung vom 10. April 1892 genügt. Dresden, am 10. November 1902. Ministerium des Innern, Abtheilung für Ackerbau, Gewerbe und Handel. Ur. Bodel. 10287 KekanntrnaPung. Die Süddeutsche Versichcrungsbank für Militärdienst undTöchter Aussteuer inKarls- ruhe hat als Hauptbevollmächtigten für das König reich Sachsen gemäß 8 115 Äbs. 2 des Reichs gesetzes über die privaten Vcrsicherungsuntcrnchmungen vom 12. Mai 1W1 Herrn Hermann Beyer mit dem Wohnsitze in Dresden, Hauptstraße 7, bestellt. Dresden, am 11. November 1902. Ministerium des Innern, Abtheilung für Ackerbau, Gewerbe und Handel. vr. Vodel. 1028k Ernennungen, Versetzungen re. im öffent lichen Dienste. Im Geschäftsbereiche »tS Ministeriums der Finanzen. Bei der Postvcrwaltung sind ernannt worden: Kreyß, zeither Postdirector b. Postamte 10 in Leipzig, als solcher in Reichenbach (Vogtl ); Hille, Blumen fabrikant, als Postagent in Saupsdorf (Sächs. Schweiz). Im Geschäftsbereiche des Ministeriums de» Oultus u. SffenN. Unterricht». Zu besetzen: Die 1. Lehrerstelle a. d. Schule zu Lberschlema Koll: Die oberste Schulbehörde. Außer 300 M Wohnungsgeld u 800 M. f d innere Leitung der Schule bis z. 25 LebenSj. 1200 M, danach 1350 M Ansangsgehalt, das von da an durch 5 Zu lagen zu je 1Ü0 M. und 8 zu je 100 M. in 30 I auf 2400 M steigt. Gesuche m allen erfordert Beilagen bis 1. Dez. b Bezirksschulinspektor Vr. Förster, Schwarzenberg, einzureichen; — eine stand Lehrerstelle a. d Volksschule m Sclekta zu Schönheide. Koll.: Der Stadlgemeinderat. Einschließl Wohnungsgeld 1600 M. Ansangsgehalt, v. erfüllten 26 LebenSj an 1700 M u danach nach je 8 I. 6mal Zu lagen v je 150 M, 2mal v. je 100 M u 2mal v. je 200 M. bis z Höchstgehalte v 8200 M, das m Erfüllung des 56. Lebensj erreicht wird. Bewerbungsgesuche, auch solche von jetzt wahlsähig gewordenen Hilfslehrern, bis 30. Nov. beim Koll, einzureichen. (Behördl. Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile.) Nichtamtlicher Teil. Die ehrliche und die böswillige Opposition. Der Zolltarisvorlage stehen die beiden freisinnigen Parteien, die süddeutsche Volkspartei und die Sozial demokratie oppositionell gegenüber. Die Einwände dieser Gegnerschaft bewegen sich auf gemeinsamem Boden. Sie gehen dahin, daß zn befürchten sei, auf der Grundlage des neuen Tarifs würde cs unmöglich sein, neue für unseren Handel und unsere Industrie günstige Tarifverträge abzuschließen, und daß die Erhöhung der landwirtschaftlichen Schutzzölle eine große Lebensmittelverteuerung herbeiführen werde. Diefe Einwände sind bereits vielseitig und ausführ lich widerlegt worden, sie sollen daher auch hier nicht nochmals in aller Breite erörtert werden. Nur zwei besonders beweiskräftige Gegenargumente seien hier angeführt: Es ist die ausgesprochene Uebcrzcugung der Verbündeten Regierungen, daß der neue Tarif sich nicht nur zur Erzielung neuer Handelsverträge vortrefflich eignet, sondern daß er als neue, zeit gemäßere Unterlagen für die bezüglichen Verhand lungen geradezu erforderlich ist. Die Zuständigkeit der Verbündeten Regierungen bei der Beurteilung der Handels- und zollpolitischen Lage dürfte aber den An spruch auf erheblich größere Sicherheit haben als die gegenteilige Behauptung der Oppositionsparteien. Was die angebliche starke Lebensmittelverteuerung durch die Erhöhung der landwirtschaftlichen Zölle betrifft, so ist dieser Behauptung die Thatsache cntgegen- gehaltcn worden, daß die Gctreidczölle in derselben Höhe, die der neue Tarif aufweist, bei uns bereits vor dem Abschlusse der laufenden Handelsverträge mehrere Jahre hindurch in Geltung waren, ohne daß eine wesentliche Lebensmittelprciserhöhung eingetreten wäre, und daß infolge Herabsetzung dieser Zölle keine Verbilligung der Lebensmittel eingetretcn ist. Sind, wie man hieraus ersieht, die gegnerischen Einwände nur sehr schwach begründet, beruhen sie fast ausschließlich auf bcwcislosen und keineswegs stichhaltigen Behauptungen, so ist es nur zu be dauern, daß gleichwohl die Parteien der Linken auf ihrer grundsätzlichen Opposition beharren, ohne auch nur die ihnen entwickelten Gegenargumente genügend zu würdigen. Die Erklärung für dieses Verhalten haben die erwähnten Parteien selbst bei gebracht. Sie sind nicht in erster Linie als Freunde neuer Handelsverträge und einer billigen Volks ernährung Gegner der Zolltarifvorlage, sondern sie sind von ihrem frcihändlcrischen Standpunkte grund sätzlich jedem Schutzzölle feind und erblicken in dem 1W2 neuen Tarif eine Verstärkung und Befestigung unserS Schutzzollsystems, in das ihrer Uebcrzcugung nach die laufenden Handelsverträge eine dem Freihandel Eingang versprechende Bresche geschlagen hatten. Deshalb ist kein noch so durchschlagendes Argument, keine noch so überzeugende Zusicherung imstande, die gegnerischen Parteien in ihrer Opposition wankend zu machen. In sich sind die Oppositionsparteien nur hin sichtlich ihrer wirtschaftspolitischen Ziele einig, in ihren parteipolitischen Zwecken und in ihrer Taktik jedoch unterscheiden sie sich voneinander ganz erheb lich. Man wird aus Grund der bisherigen Er fahrungen die Parteien der freisinnigen und der süddeutschen Volkspartei als ehrliche, die freisinnige Vereinigung und die Sozialdemokraten dagegen als böswillige Opposition bezeichnen können. Tie letzt genannten Parteien verfolgen den ausgesprochenen Zweck, die Zolltarifvorlage in diesem Reichstage nicht zur Verabschiedung gelangen zu lassen, um sie für die bevorstehenden Rcichskagswahlen als ihrer Meinung nach zugkräftige Wahlparole benutzen zu können Um diesen parteipolitischen Zweck zu erreichen, üben sie die Taktik der Obstruktion und ziehen in böswilliger Weife durch verschiedenerlei Chikanen die Verhandlungen endlos in die Länge. Wir brauchen diese Machenschaften nicht des Näheren zu schildern, sic sind allenthalben genugsam bekannt. Die Führung einer derartigen Opposition, die ihre Aufgabe darin erblickt, Dauerrcdcn zu halten, unzählige Anträge zu stellen, namentliche Abstim mungen hundertwcis zu veranstalten und absichtlich Beschlußunfähigkeit herbeizuführen, liegt in den Händen der Sozialdemokratie, die sich von ihrer Taktik naturgemäß den alleinigen Vorteil ver spricht. Es ist in hohem Maße bedauerlich, daß die freisinnige Vereinigung, die sich bisher den Ruf zu verschaffen wußte, eine maßvolle, der positiven parlamentarischen Arbeit zuneigende Partei zu sein, sich dazu hergiebb, die Sozialdemokratie bei ihrer Obstruktion zu unter stützen. Ist die Freisinnige Vereinigung auch eine kleine Partei und ist ihre zahlenmäßige Hilfe für die Sozialdemokratie nicht gerade bedeutsam, so wiegt die moralische Unterstützung umstürzlerischer Tendenzen durch eine bürgerliche Partei doch um so schwerer. Wäre die Sozialdemokratie bei ihrem obstruktionellen Vorgehen auf sich allein im Parlament und in der Presse angewiesen, so würde sie sich hüten, die Sache auf die Spitze zu treiben. Es war daher unzweifelhaft von nicht zu unter schätzender Bedeutung, daß am Mittwoch der Führer des anderen Flügels der Opposition, der Abgeordnete Richter, mit scharfen Worten der Sozialdemokratie und der Freisinnigen Vereinigung entgcgentrat, als diese Parteien sich der Beratung des Antrags auf Vereinfachung der namentlichen Abstimmungen aus nichtigen Gründen widersetzten. Die Erklärung dc» crfahrenen Parlamentariers, daß es seiner lang jährigen politischen Laufbahn ins Gesicht schlagen würde, wollte cr nicht der Wahrheit die Ehre geben, hat ersichtlich im ganzen Hause großen Eindruck ge macht. Es wäre nur zu wünschen, daß die An schauungen des freisinnigen Führers auch in den Kreisen seiner ehemaligen Fraktionsmitgliedcr, die sich von ihm getrennt halten, weil cr ihnen als ein zu starrer Oppositionsmann erschien, Wurzeln fassen möchten. Die Sozialdemokraten freilich sind über den Abgeordneten Richter sehr aufgebracht; denn seine Autorität wiegt noch immcr schwer bei den Freisinnigen im Lande; desto größere Anerkennung Kunst und Wissenschaft. Königl. Schauspielhaus. Am 13 d. Mts : „Aschen* bachs" Schauspici in vier Aufzügen von Armin Gimmerthal. (Zum ersten Male.) Eine erschütternde Begebenheit: der wirtschaftliche Zu- irmmcnbruch eines jungen thüringischen Bauern, der vom Zusammenwirken ungünstiger Umstände und dem Haß und Trotz eines bis zur Tücke listigen, bis zum Wahn sinn selbstsüchtigen, bis zur teuflischen Bosheit rach gierigen Vaters herbeigeführt wird und damit endet, daß der gehetzte, zertretene, um jede Lebensfreude, um die Kucht seines Fleißes, schließlich um seine Ehre gebrachte Heinrich Aschenbach diesen entsetzlichen Vater mit dem -eile erschlägt, hat gestern als Schauspiel eine gespannte Zuhörerschaft gefesselt und trotz des nicderwuchtendcn (indes dem Verfasser starken Beifall rind einen guten Erfolg gebracht. Die volle Ehrlichkeit schlichter Wirklichkeitsscbilderung, die treffende Beobachtung der Volkssittc, der warme Anteil am trostlosen Schicksal braver, tüchtiger und doch unseliger Menschen, die Charakteristik des jungen Bauern und seiner Frau Rofale, die glückliche Zuspitzung einiger Lernen auf theatralische Wirkung, heben die dramatisierte Dorfgeschichte Gimmerthals über die bloße photographische Wiedergabe eines schrecklichen Vorgangs hinaus Die Verwendung der Thüringer Mundart giebt dem Ganzen da» Gepräge, gelegentlich wohl auch den Schein der heute über alles gepriesenen „Bodenständigkeit". Vor die Wahl gestellt, ob man diesem entschloßenen, nüchternen, aber die Nöte, die Sorgen und die herzprcstenden Kon flikte des Alltag» treu erfassenden Naturalismus oder der nebelhaften, symbolischen StimmungSmalerci, die doch auch keine echte Poesie wird, den Vorzug geben soll, wird die Entscheidung für den erster» leicht. Aber das eben bleibt die Frage, warum wir nur jene Wahl haben sollen, warum unsere Dichter das Recht beanspruchen, sich bald das eine, bald das andre Hauptstück der lebenathmendcn, lebenweckendcn ganzen Dichtung zu schenken? Räumen wir ein, daß cs bester ist, die Wildwaster ins Strom bett zu leiten, als den Strom selbst in engen, grad linigen Kanälen versumpfen und versiegen zu lasten, wo steckt denn die Notwendigkeit, die uns zwischen kunstloser Wirklichkcitsschilderung und künstlicher Scheinkunst hin- und herwirft?! Gimmerthals Schauspiel „Aschcnbachs" schließt zweifel los den Kern einer dörflichen Tragödie, die Keime zu den starken Gegensätzen, auf denen alles echte dramatische Leben und jede nachhaltige dramatische Wirkung beruht, in sich ein. Aber der Verfasser läßt sich, allzugenüqsam, an den schlimmen Thatsachcn genügen. Der Konflikt zwischen dem Vater, der nicht ins Altenteil will, dem der Ge danke unerträglich ist, dem Sohn und der Schwieger tochter Feld und Wirtschaft überlasten zu müssen, das Verhängnis, das den Alten dennoch zwingt, sich dem verhaßten Muß zu fügen, der unversöhnliche Groll, den er seinen Kindern und Allen trägt, die dem jungen Paar geholfen haben, die schier sinnlose Wut-, mit der cr die vermeinten „Räuber" seines Eigentums verfolgt, verleumdet, zu Fall bringt, behalten in Gimmcrthajs Handlung etwas Zufälliges, Wurzelloses, lösen einander mehr ab, als daß sie ineinander verschmolzen wären. Der Verfasser motiviert viel und gelegentlich .sehr fein, wie beispielsweise in der Selbsterkenntnis, welche die arme Rosalc zu Anfang des vierten Aktes über kommt. Aber die eigentliche tiefste Arbeit des Dramatikers und vollends des Tragikers: die Haupt motive seines Dramas mit starken Wurzeln im Boden natürlicher, dem Leben entwachsender Charaktergegcnsätze zu befestigen, hat er nur halb gethan. Das äußerliche Unglück Heinrich Aschenbachs, der Mißwachs, der Fall seiner Pferde, der Rückgang des ganzen Hauses, die notgedrungenen Schulvcn und das innere Elend des Zerwürfnisses mit dem Vater und die tückcvolle Bosheit des Alten müßten vielmehr zu einer Kette von Ursachen und Wirkungen mit völlig überzeugender Notwendigkeit verbunden sein. Selbst beim letzten Unheil, daß der verkrüppelte Vater, indem cr sich bettelnd an die Straße stellt, den Sohn auch noch der letzten Hilfe, die ihm ein Rittmeister Birnholz bringen soll, beraubt und ihn in den Ruf eines Sohnes bringt, der seinen alten Erzeuger Hunger leiden läßt, bleibt das Zwielicht, ob da» in halber Unzurechnungsfähigkeit geschieht oder obs der Wut cnt- guillt, mit welcher der alte Aschenbach den Pfarrer an herrscht: „Ich glaub' lieber an' Dcifel — der is viel mehr drhintcr her, ein' zu runienicren, als cicr lieber Gott ein' zu helfe. Un dr Dcifel därf au mause. Jetzt maust'r mich mit den Juden, was ich erarbeit hab, un mit dem Pfarr, was ich erspart hab, un mit dem Schuldcnmacher un dem FrauenSmcnsch, was meine is!" Ucber dem ganzen Schauspiel liegt drückend die Atmosphäre leidenschaftsloser Kleinlichkeit, innerlicher Armseligkeit, dumpfer Beschränktheit, die durch die heiteren kleinen Züge aus dem Volksleben nur vorübergehend zerteilt wird. Dazu kommt ein merkwürdig schleppender Gang in einzelnen Scenen; wenn dennoch der Anteil nicht erlahmt, fo ist dies auf die Zustandsfchildcrungcn zurückzusührcn. Außerdem hatte ich den Eindruck, daß das Publikum von der letzten tragischen Situation er schreckt und überrascht wurde, und freilich hätte die Wendung zum glücklicheren Ausgang nahe genug ge legen, wenn Pathe Linsenbarth und der Herr Pfarrer den Mund eine Viertelstunde früher aufgethan hätten. Uebcr den Dialektgcbrauch und die Dialektwirkung läßt sich nicht streiten Ihr Mißliches behält sie immcr, in dcr.Klanafärbung der Wiedergabe schien mir das Thüringische allzu sehr an das Obersächsischc zu streifen. Doch kommt darauf nicht allzu viel an, die ganze Begebenheit und die ganze Menschenart, unter der sie sich abspiclt, wären auch in einem obersächfischen Torfe „mit Apo theken und Fabrik" möglich. Die Darstellung des Stücks kam im übrigen allen Absichten des Verfassers, auch den unausgerciften, halbvcrstccktcn vortrefflich zu Hilfe. Das ganze Schauspiel stellt, bei Weglassung einer Szene und einer Figur die Einheit des Orts völlig wieder her, spielt vom ersten bis zum letzten Auf tritt in Aschcnbachs Wohnstube, durch die hindurch man in den Vorraum und durch dessen Thür man auf die Dorfgastc sicht, und die rechts ein Schiebefenster gjeich- falls nach der Dorfgastc hat. Die Enge des Raumes steht also mit der Enge des Gesichtskreises wenigstens in Einklang. Unter den Darstellern zeichnete sich vor allen Frl Serda mit ihrer energischen, frisch charakteristischen, die Bravheit und den rechthaberischen Eigensinn eines jungen bäuerlichen Weibes mit großem Zug und feinen Einzelheiten spiegelnden Verkörperung der Rosalc aus. Hr. Decarli (Heinrich Aschenbach) überraschte durch die schlichte, kräftige Auf fassung des jungen Bauern, dem der Zwiespalt des Ge fühls das erlösende Wort und die vertrauende Aussprache erwürgt hat. Der Darsteller gab die allmähliche Uebcr- wältigung der guten Natur durch das dumpfe Unglücks gefühl, durch den wachsenden Ingrimm wider den un natürlichen Vater, mit vortrefflicher Steigerung, ohne grelle theatralische Ucbcrtreibung wieder, sein Heinrich Äschenbach war die beste Leistung, die ich noch von dem Künstler gesehen habe. Hr. Winds (der alte Aschenbach) wurde in Maske und Aus druck dem Charakter des tückischen Gesellen, bei dem der Geiz die Wurzel alles Uebels ist, vollkommen gerecht. Hr. Müller (Linsenbarth) schuf wieder eine in sich runde und überaus typische Gestalt, auch die Herren Eggerth (der Pfarrer), Gunz (Friedr. Triebel), Huff (Jonas, jüdischer Händler) belebten ihre Gestalten charakteristisch genug. In Frl. GuinandS alter Martha und Frl. GaSnyS Wmchen Grill kam das „BodcN- ständige" am wenigsten zu seinem Recht; namentlich das
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