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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.07.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-07-18
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030718016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903071801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903071801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-07
- Tag1903-07-18
- Monat1903-07
- Jahr1903
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Tabellarischer and Ziffernsatz entsprechend Häher. — Gebühren für Nachweisungen »ud Offerteuauuahme SS L» (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), nun mit oer Morgen-Ausgab«, ohne Postbefvrderuu, ^4 SO.—» mit Postdesärderung 70^. Anuahmrschiuß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Mvrgen-AuSgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen sind stets au di« Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag voa E. Polz tu Leipzig. Nr. 360. Sonnabend den 18. Juli 1903. 97. Jahrgang. Kolonisation in Ungarn. */* Chauvinistische Schriftsteller in Ungarn haben wiederholt auf die durch die Siebenbürger Sachsen, vor nehmlich deren Banken, durch die Rumänen, in Nord ungarn durch die slowakische TLtrabank usw., im stillen betriebene Kolonisation hingcwiesen. Sie haben dabei, besorgt um das national-magyarische Element, in lärmen den Artikeln den Staat aufgefordert, solchem Vordringen der Nationalitäten ehebaldigst Einhalt zu tun und die Kolonisation selbst in die Hand zu nehmen mit rein magyarischem Kolonisationsmateriale. Diesem fortwährenden Drängen in der Presse ist der Ackerbauminister DarLnyi nachgekommen, und in seinem Auftrage hat die Kolonisationsabteilung des Ackerbau ministeriums jüngst einen Gesetzentwurf herausgegeben, in dem sich deutlich die von den erwähnten chauvinistischen Schriftstellern, an deren Spitze Gustav Bcksiös steht, be tonten Grundsätze widerspiegeln. Klar und zwischen den Zeilen der 126 Paragraphen dieses Gesetzentwurfes läßt sich herauslesen, daß es sich in demselben vor allem darum handelt, neue wirtschaftliche Existenzen zu schaffen für das Magyarentum, dagegen die wirtschaftliche Kraft der nichtmagyarischen Nationalitäten nach Möglichkeit zurllck- zuürängen. Erwägt man die Vorteile, die der Staat jeder Kolo nisation im Lande, auch der privaten, in Aussicht stellt, so könnte man leicht über diese Hauptabsicht hinweg getäuscht werden. 8 63 des Kolontsationsentwurfes ent hält die Bestimmung, daß die zu schaffende Kolonisations behörde jeden zur Kolonisation bestimmten Grund vor her durch landwirtschaftliche und technische Sachverstän dige zu prüfen, die zur Aufteilung und Arrondierung der Parzellen notwendigen Messungen, die Anfertigung der Mappen und Skizzen, des Kolonisationsplanes, der Verträge und anderweitigen Urkunden durch ihre Fach organe unentgeltlich durchzuführen habe. Diese Bestimmung ist insoweit sehr wichtig, als bisher neben den hohen Uebertragungsgebühren gerade diese Arbeiten sehr teuer waren und den Verkehr mit liegenden Gütern, damit auch die Kolonisation, sehr erschwert haben. Nach 8 66 genießen Kolonien von kleinem und mitt lerem Umfange zehnjährige Steuerfreiheit. Die Ueber- tragungen, Jntabulationcn sind gebührenfrei; die für Gemctndezweckc, für Gemeinde, Kirche, Schule auszu scheidenden Gebiete werben vom Staate ganz ober teil- weise ersetzt,- derselbe trägt Sorge für den Bau der Kirche, des Gemeindehauses, der Schule, der Kinderbcwahr- anstalt, Pfarrers- und Notarswohnung, ja sogar für unentgeltlichen Volksschulunterricht und die Kleinkinder pflege. Für die erste Besetzung des Kolonistengebietes erhalten die Kolonisten samt ihren Angehörigen weit- gehende Fahrt- und Frachtbegünstigungen und Darlehn für Erwerbung von Vieh, Baumaterial usw. Zur Aufbringung der Mittel hierfür soll ein Kolo- ntsationSfondS in -er Höhe von 86 Millionen Kronen geschaffen werden. Die politische Tendenz des Entwurfes beginnt da, wo dieser jede Kolonisation der Zukunft an die Be willigung der Kolonisattonsbchörde knüpft. Ohne diese Bewilligung ist jede Kolonisation bei hohen Strafen verboten. Nach 88 62 und 73 wirb aber diese Bewilligung nur erteilt, wenn die geplante Kolonisation oder Parzellie rung dem „öffentlichen Interesse" nicht zu widerläuft. Diese allgemeine Bestimmung öffnet der Willkür Tor und Tür. Dazu ist durch Erfahrung sehr genau festgestellt, was unter Umständen als „öffentliches Interesse" angesehen werden wird. In diesem Interesse lag ja bisher schon vieles, da- die Nichtmagyaren al» Zurückdrängung und Unterdrückung zu empfinden und zu beklagen gehabt Haven. Der Ministerialentwurf macht übrigens in Punkt a des 8 63 auch eine ziemlich klare Eröffnung über einiges, das jenem öffentlichen Interesse zuwiderlaufen könnte. ES kommt nämlich da bei in Betracht die Lage beS Kolonisations gebietes, die Art und Zeit der Kolonisation, ferner die Frage, woher die Kolonisten gebracht werben und deren Nationalität. Geradezu einzig in seiner Art ist h 84, der dem Staate bet öffentlichen gerichtlichen Feilbietungen von liegenden Gründen etnräumt, auch ohne Erlegung des für jeden Käufer vorgcschriebenen BadiumS Kauf angebote und ohne Erlegung der neuerlichen Lici» tationskosten Nachgebote zu stellen, damit, wie es so bezeichnend heißt, der Staat auch im letzten Augenblicke noch dazwischcntreten könne, wenn Gefahr im Verzüge ist. Da ist eine andere als staatliche Kolo nisation fast gar nicht mehr möglich. Sehr deutlich ist auch 8 86. Dort heißt cS nämlich, baß der, welcher bearbeitung-fähigen Grund dem Staate ver- kauft und innerhalb eines Jahre» dem Werte diese» Grunde» entsprechenden Wald kauft, möglichenfalls keine Uebcrtragungskostcn zu zahlen hat und auch dem Staate seinen Wald tn die unentgeltliche Verwaltung übergeben kann. Das heißt mit anderen Worten, der magyarische Grund im ungarischen Tieflande soll in die von Len Nationalitäten bewohnten Waldgebiete Ober ungarns oder Siebenbürgens verlegt werden, damit die Parzellierung und Kolonisierung der Tiefebene für den magyarischen Klein- und Mittelgrundbesitz möglich, anderseits der sächsische, rumänische, slowakische Grund besitz zurückgedrängt werbe. Es darf nicht wundern, wenn sich die bedrohten Natio nalitäten rüsten, durch ihre Abgeordneten diesem in ein so schönes Gewand gekleideten gefahrvollen Entwürfe, wenn er im Reichstage zur Verhandlung kommt, auf das energischste entgegenzutreten. Deutsches Reich. * Leipzig, 17. Juli. Der Leipziger Liberale Verein ersucht unS durch seinen Vorsitzenden, Herrn Rechtsanwalt Martin, um Aufnahme folgender Erklärung zur Reform deS sächsischen Wahlrechts: „Der Liberale Verein zu Leipzig begrüßt freudig die Initiative unserer Regierung zur Wahlrechtsreform. Er befür wortet die Wiederherstellung des sächsischen Wahlrechts vom Jahre 1868, dessen radikale Beseitigung im Jahre 1896 nur durch eine unbegreifliche Ueberstürzung der gesetzgebenden Faktoren möglich gewesen ist. Steht doch unwiderleglich fest, daß nicht die Befürchtung vor dem Anwachsen der sozialdemokratischen Fraktion, also eine Art von Notwehr, die Wahlreaktion veranlaßt hat, sondern lediglich der Antrag der Sozialdemokraten auf Einsührung deS allgemeinen, gleichen, direkten Wahlrechts für Männer und Frauen. Wäre dieser Antrag nicht gekommen, würde nach dem Zeugnis de- Abg. Schill daS Wahlrecht nicht geändert worden sein. Der Liberale Verein wird aber mit aller Unbefangenheit die Abändrrungsvor» fchläge in Erwägung ziehen, die von anderen Seiten, vor allem aber von der StaatSregierong, gemacht werden. Er übersieht keineswegs, daß auch daS alte Wahlrecht nicht allgemein war. Dena es schloß diejenigen, die nicht mindestens 8 Staatssteuer zahlten, vom Wahlrecht auS. Infolge diese- ZensnS hatten im Jahre 1895 150 000 von 500000 an sich Wahlberechtigten kein Wahlrecht." --- Berlin, 17. Juli. (Die Sozialdemo, kratte und dieKlatschpresse.) Im vorwärts" beklagt sich jemand darüber, daß Berliner Ar beiter noch Gastwirtschaften besuchen, in denen als Zeitungslektüre nicht der „Vorwärts", sondern die Klatschpresse auslicgt. Das soztaldemokra- tische Zentralorgan beruhigt seinen Gewährsmann mit dem Hinweise auf die geringe Zahl derartiger Gastwirt- chaften: entweder hätten die Wirte sich dazu bequemt, den „Vorwärts" auszulegen, oder ihre Wirtschaften hätten aufgehört, Arbeiterlokale zu sein, wofern sie nicht eines schönen Tages überhaupt zu sein aufgehört hätten. Wirft diese Auslassung des „Vorwärts" ein bezeichnendes Licht auf die Mittel, mit denen die sozialdemokratische Propaganda betrieben wirb, so verlohnt es sich ander seits, zu betonen, wie wenig die ungeheure Verbreitung der Klatschpresse in Berlin der Sozialdemokratie Abbruch getan hat. Gleichviel welche Firma die Klatschpresse trägt: ihr Lescpubliknm aus den Massen des arbeitenden Volkes stimmt doch sozialdemokratisch. Man kann aus dem Munde konservativer Politiker deS öfteren die Meinung hören, daß die Begünstigung, insbesondere eines be kannten Verlages, durch höfische und durch amtliche Kreise ihre Ursache tn dem großen Einflüsse habe, den jene Presse auf das Volk ausübe; man sagt, was würde wohl ge schehen, wenn jene Presse Opposition machte? Der Aus fall der letzten Reichstagswahl hat gezeigt, daß in den sechs Wahlkreisen Berlins, sowie in den Wahlkreisen Charlottenburg und Nieder-Barnim, die Sozialdemo kratie seit den letzten fünf Jahren einen Zuwachs von 113 636 Stimmen hatte. .Glaubt heute noch wirklich jemand, daß dieses Anwachsen größer wäre, falls die Klatschprefle auf fetten der Opposition stünde? Die Sache erledigt sich auch insofern, als eS ja gerade charakteristisch für diese Blätter ist, aus Geschäftsinteresse keine Meinung zu haben. Hättensie eine Meinung, so wären sie nicht mehr, was sie sind und könnten nicht mit den jetzigen Abonnentenzahlen antreten. Wir sehen in der vorstehenden Zahl einen un trüglichen Beweis für die politische Linfluß- losigkeit der Klatschpresse aus die Arbeiterschaft. Dagegen ist cs höchst wahrscheinlich, daß dieselbe Klatschprefle die Neigung zur Mahlfaulheit in bürgerlichen Kreisen — in Berlin hat rund ein Viertel der Wahlberechtigten nicht abgestimmt — erheblich verstärkt. Menn daher der „Vorwärts", wie er es im Anschluß an die oben wieder gegebene Klage seines Gewährsmannes tut, die Aus legung deS vorwärts" in Arbeiterlokalen verlangt, so geschieht daS lediglich in seinem geschäftlichen Interesse; vom politischen Standpunkte aus hat das sozialdemokra tische Zentralorgan die Verbreitung der Klatschprefle in Arbeiterlokalen und in Arbeitcrkreisen wahrlich nicht zu beklagen. * verlin, 17. Juli. Den Ruf nach einem deutschen Reichsschulmuseum erhebt der Oberstudiendirektor beim Kommando de» preußischen Kadettenkorps, vr. I. Ziehen, in einer kürzlich bei Kesselring-Frankfurt erschienenen Schrift. Aeußerlich begründet sich der Wunsch nach einem Relck>»schul- musrum schon durch die Erfolge, die Oesterreich, di« Schweiz, Holland, Frankreich, Amerika und Japan mit dem gleichen Unternehmen zu verzeichnen haben. Zu sein« inneren Begründung betont man die Notwendigkeit, alle» zusammen- zustellen und übersichtlich vorzufahren, wo» über Schul. Einrichtungen und UnterrichtSmethodik in Bezug aus Auswahl der Stoffe und Heranziehung des reichen, aber der Sichtung bedürftige« Anschauungsmaterial» geleistet wordeu ist und geleistet wird, damit auf Grund umfassender Studien das Beste ausfindig gemacht und seine weitere Ver- vollkommnung angeregt werden kann. An einer solchen Zentral stelle konnten Lehrer und leitende Schulmänner sich fortbildeu. Einzelne geeignete Lehrer könnten zum Studium und zur zeitweiligen Mitarbeit entsandt werden, und die Beratungen der Schulleiter und Schulräte würden au der Hand der Sammlungen an sachlichem Wert gewinnen. DaS Schulmuseum könnte auch eine Pflegestätte der wissenschaftlichen Pädagogik werden, sein Wirkungskreis sich mit den Bestrebungen der Gesellschaft für deutsche Erziehuugs- und Schul geschichte berühren. Aber es müßte eine Reichs anstatt werden, damit die Schulverwaltungen der verschiedenen Bundesstaaten einen gemeiosamen Boden freier Beratung und Anregung fänden, damit der Reichs gedanke mehr al- bisher (in der beschränkten Reichs schulkommission) zum Ausdruck käme, womit eine vollkommene moralische Wirkung verbunden wäre. Gegenseitige Verständigung und dauernde Fühlung auf diesem Gebiete zwischen den Einzel- staateu brauchte darum noch lange nicht schablonenmäßige Gleich macherei zu bezwecken. Den Folgen der schulpolitischeo Partei gegensätze, au denen wir noch vielfach leiden, würde viel leicht mit der Zeit durch die gemeinsame Arbeit an einer solchen Anstalt ein Damm gesetzt werden können. Da uun bekanntlich auf der bevorstehenden Weltausstellung in St. Loui» wie vor Jahren tu Chicago das deutsche Erziehung-- und Schul- wesen vertreten sein wird, hält Ziehen die Gelegeuheit zur ersten Behandlung der Frag« für gegeben, für deren Entwicklung der kleine Anfang (ähnlich wie beim Postmusrum im Jahre 1874) kein Schade zu sein brauchte. * Berlin, 17. Juli. (Beschränkung der Haftpflicht.) In den Kreisen der Bauunternehmer macht sich das Bestreben geltend, die Reichsgesetzgebung zu einer Be schränkung der Haftpflicht insoweit zu bestimmen, als eS sich um die Haftpflicht der Bauunternehmer handelt; wie ver lautet, soll dem neuen Reichstage alsbald nach feinem Zu sammentritt eine Petition überreicht werden, deren Zweck die Einschränkung deS tz 831 deS Bürgerlichen Gesetzbuchs ist. Die „So,. Praxis" vertritt die entgegengesetzte Tendenz folgendermaßen: Ganz abgesehen davon, daß weder der Reichstag noch der Bundes rat geneigt sein werden, in der nächsten Zeit an eine Aenderung dieses Gesetzbuches heranzutreten, so ist auch diesem Vorgehen aus inneren Gründen entschieden Widerstand zu leisten. Die Haft- pflicht, wie sie im 8 831 des Bürgerlichen Gesetzbuchs normiert ist, geht durchaus nicht über daS Maß deS Notwendigen hinaus und übertrifft mit Nichten die tn Frankreich auf Grund des Napoleonischen Gesetzbuchs bestehende, daS doch gewiß nicht durch eine soziale Gedankenrichtung in nennenswertem Maße beeinflußt worden ist. Dem sozialen Interesse entspricht eine Gesetz gebung nicht, welche die Haftpflicht desjenigen, sder einen andern zu einer Tätigkeit beauftragt und aus dieser den wirtschaftlichen Nutzen zieht, allzu sehr einschränkt und hierdurch dem geschädigten Dritten tat- sächlich idie Möglichkeit nimmt, sich für den ihm erwachsenen Schaden irgendwo schadlos zu halten. Indem das Gesetz dem in Anspruch genommenen Auftraggeber den Beweis gestattet, daß er bei der Auswahl der bestellten Person oder bei der Verschaffung der zu stellenden Gerätschaften oder Vorrichtungen oder bet der Leitung der ganzen Arbeit die im Verkehr erforder- ltch« Sorgfalt beobachtet hat, oder Laß der Schaden auch bei Be- obachtung dieser Sorgfalt entstanden seiu würde, gibt es ihm in der Tat die Möglichkeit, sich von seiner Schadenersatzpflicht in allen Fällen zu befreien, in denen es unbillig sein würde, ihm solche zn belasten. ES kaou daher gar keine Rede davon sein, daß man in dieser Beziehung etwa zu weit gegangen wäre, und eS ist zu hoffen, daß die Versuche, eine rückschrittliche Revision des Haftpflicht- rechts herbeizuführen, sowohl im Reichstag wie auch bei den ver bündeten Regierungen mit einer unzweideutigen Ablehnung werden beantwortet werden. * Hadersleben, 16. Juli. Wegen Vermehrung der dä nischen Sprachstunden erbat heute eine Deputation von Dänen eine Audienz beim hier anwesenden Kultus minister Studt. Letzterer verbat sich den Empfang der Deputation. (Hamb. Nachr.) — Aus Posen wird mehreren Blättern übereinstimmend bezüglich der nationalen Reibereien auf dem Posener Sch ützenfeste geschrieben: Seit Sonntag feiert die hiesige Schützengilde ihr ttöOjähriges Bestehen in Verbindung mit dem 22. Märkisch-Bosener Bundes schießen. Gs hat hier in deutschen Kreisen überrascht, al- bekannt wurde, daß der Kaiser der Gilde eine Fahne verliehen habe — mit Recht überrascht, wie der Verlauf de- Festes zeigt. AIS die Gilde gebildet wurde, zählte sic nur deutsche Mitglieder, deutsch war die Stadt Posen bei ihrer Gründung, deutsch ihre Bürgerschaft. Welche Auf- gaben die Schützenailden im Mittelalter auch in den deutschen Städten des östlichen Europas hatten, ist be kannt. Seit langer Zeit ist die Mehrzahl der Posener Schützen nicht mehr deutsch, sondern polnisch. Heute wird man kaum noch ein Drittel Deutsche zählen. Ucber die Berechtigung der Gilden in unserer Zeit mag man denken, wie man will — eö spricht wohl vieles dafür, diese Ein richtung auch in die Zukunft hinüberzuretten — hier im Osten erscheinen die alten Privilegien nur berechtigt, wenn die Vereine deutsch sind. Die Mehrzahl der Gilden des Pvsen-Ncumärkischen Bundes ist cs auch, ebenso bestand die Mehrzahl der auswärtigen Festteilnehmcr aus deut schen Schützen. Der Bundesvorsitzcndc, so erzählte man auf dem Kesffckatze, war auf Veranlassung einiger Gilben von seinem Amte zurückgetreten — ob nur für die Dauer de» Festes oder kür den Rest seiner Amtszeit, sei dahin gestellt —; der Herr führt einen deutschen Namen, ist aber als Pole bekannt. Trotzdem hatten die deutschen Schützen, brüüer Anlaß, sich zu erregen. Das Fest trug in allen Stücken einen zweisprachigen Charakter, selbst die Medaillen, die verlieben wurden, wiesen deutsche und polnische Inschriften auf. Die Wahrheit erfordert das Zugeständnis, daß der polnische Borschende der hiesigen Tchützengilde (gleichbedeutend mit dem zurückgetretenen Bundesvorsitzendenj bei den wenigen offiziellen Gelegen heiten sich bemüht hat, sein Polenttrm zurückzuürüngen. Aber das ist ihm in den Kreisen seiner polnischen Schützen brüder anscheinend verübelt worden; denn diese haben um so eifriger ihr Polentum betont. So ist denn eine sehr große Zahl der deutschen Schützen schon am Dienstag ab gereist; vielleicht war dies das Beste, was sie tun konnten, um eine weitere Zuspitzung der Gegensätze zu vermeiden. Die Proklamation des Bundeskönigs hat nicht erfolgen können, weil die deutschen Schützen darauf bestanden, daß sie, wie üblich, im Schützenhaussaale erfolge, nicht im Fest zelte, wie das überwiegend polnische Präsidium es wollte. Die gegenteilige Ansicht des letzteren ist angeblich dadurch verursacht worden, daß vor der Proklamation die deutschen Schützen vaterländische Lieder im Saale ge sungen hatten. Soll das als eine Entweihung des Saales gelten? Das Fest zeigt, wie wenig angebracht (?) es ist, Veranstaltungen in der Stadt Posen zu feiern, die von einer national gemischten Menge besucht werden. Hier werden eben von polnischer Seite die nationalen Gegen sätze hervorgekehrt. Vielleicht auch ist das Deutschbewußt- scin in der letzten Zeit auch bei -en Deutschen in der Pro vinz schon so erstarkt, daß sie heute nicht mehr geduldig hinnehmen, was man vor fünfzehn Jahren allenfalls duldete, vielleicht fordern auch sie eine reinliche Scheidung: hie deutsch — hie polnisch. I Ans Thüringen. Nachdem vor etwa sechs Jahren die Lehrergehälter in den verschiedenen thüringischen Staaten neugeregelt worden sind, beginnt man sich schon wieder allerorten zu rüsten, den maßgebenden Stellen neue Petitionen wegen Gehalts erhöhung zu unterbreiten. Gotha ist vorangegangen und hat eine Zulage von 100 auf allen Stellen erreicht. Die Lehrerschaft des Grvßherzogtums Sachsen-Wei mar wird aus ihrer Ende September stattfindenden Ab geordnetenversammlung der Frage näher rreten. Der be treffende Antrag hat folgenden Wortlaut: „Die Ab geordnetenversammlung beauftrage den Vereinsvorstand, bei hoher Staatsregierung bezw. hohem Landtage dahin vorstellig zu werden, daß der Bolksschullehrer in feinen Existenzbedingungen, entsprechend seiner Vorbildung und seiner Aufgabe, den Staatsbeamten genähert werde." Die Antragsteller nennen keine Ziffern, weil sie wohl annehmen, daß die Annäherung einen großen Ab stand der gegenwärtigen Skala mit der der Staatsbeamten erkennen lassen würde. — Angeregt durch die Erfolge der Lehrerschaft im benachbarten Herzogtums Anhalt, be schäftigt sich auch die Altenburger Landeslehrerschaft mit der Vorbereitung zu einer neuen Gehaltsaufbesserung. In Reußj. und ä. L. glaubt man, daß besonders im Hin blick auf den Lehrermangel der Zeitpunkt gekommen ist, daß die Regierung die Volksschullehrer in eine höhere Rangordnung nrit höheren Gehältern «inrücke. Die Lehrerschaft verhehlt sich keineswegs, Saß jede Ge haltsaufbesserung für den Steatshaushalt jedes Landes ein bedeutendes Opfer bedeutet, daS doppelt schwer wiegt bei Berücksichtigung der gegenwärtigen Finanzlage. Gleichwohl erhofft sie, daß die Staatsrcgierungen Mittel und Wege finden möchten, daß der Volksschulleürerstand so gestellt werde, daß er finanziell derjenigen Beamten kategorie gleichkommt, mit der er hinsichtlich seiner Aus bildung und Arbeit konkurriert. Ist dies nicht auf ein mal zu erreichen, so hofft man, baß es nach und nach ge schehe. * BrcSlau, 16. Juli. Der „Gornoslazak" veröffentlicht folgenden Aufruf an alle Polen BreSlauS und Umgegend zu der geplanten Protestversammlung gegen den Hirten brief des Fürstbischofs Kopp: „In unseren beiligsten Gefühlen verletzt durch den Hirtenbrief Sr. Eminenz des Kardinals Kopp und seine Anwendung durch die germanisatorischen Geistlichen berufen wir Unterzeichneten für Sonntag, den 19. d. M., ins Kasino, Neue Gasse 22, ein« polnisch, katholische Versammlung ein, um nicht nur Stellung zu nehmen gegen daS Vorgehen deS Kardinals, sondern auch gegen die unge- rechte Behandlung, der wir in religiösen Dingen durch die geistliche Behörde ausgesetzt sind. Da diese Sache einen jeden guten Polen tief im Herzen ergreifen muß, so erwarten wir, daß unsere Lands- leute durch recht zahlreiche» Erscheinen unser Unternehmen unter stützen werden." * Karlsruhe, 16. Juli. Der Senior der national- liberalen Partei Badens, Geheimrat Eckhard- Mann- heim, hat trotz seiner 80 Jahre in vollster Rüstigkeit an den jüngsten Verhandlungen des badischen nativnallibc- ralen Landesausschusses teilgenornmen. Nachträglich meldet nun das badische Parteiblatt, die „Badische Lan- beSzeitung", eine sehr bemerken-werte Ansprache, die der greise Parteiführer in jener Sitzung gehalten hat. „Be- sonders eingehend verbreitete er sich über dieStellu n g zumZentrum und gab zu beherzigen, daß die Politik der Nachgiebigkeit, der man in letzter Zeit gehuldigt, keine andern Folgen haben wiirde, als die Anmaßung der Nimmersatten zu steigern. Das Jahr 1860 habe den badischen Liberalen die Lehre gegeben, daß man von dieser Partei und ihrer festen Organisation lernen, daß man fest «nd geschlossen ibr gcgenübcrtreten »nüsse. Man täirsche sich nicht darüber, daß das Zentrum den Liberaliö- mus als seinen schlimmsten und gefährlichsten Feind be- tracht«. Und das mit vollem Recht, weil von keiner andern Partei der Herrschsucht des Zentrums und seinem An- sturm gegen die Freiheit des ckiewisscns, der Schule und der Wissenschaft so energisch und nachdrücklich entgegen- getreten werde, wie von der liberalen. Vom Zentrum sei also nichts zu hoffen, und mit Reckst sei in dem vorliegen den Aufrufe gesagt, daß von einem Paktieren mit dieser Partei nicht die Rebe sein könne." Fraickreich. Sult»rk«M-f. * Paris, 17^ Juli. (Telegramm.) Im Ministerrate leckte Minilterpräsidrnt CombeS mit, daß die amtlichen Mit- teckuugra de- KLmmnbeschlusse» an die 81 weiblichen
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