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Dresdner Journal : 04.01.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-01-04
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188101046
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18810104
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18810104
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1881
- Monat1881-01
- Tag1881-01-04
- Monat1881-01
- Jahr1881
- Titel
- Dresdner Journal : 04.01.1881
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«s Dienstag, den 4. Januar. 1881 r. a« 6»ut^de° SLt»rli«k! . lS k««d«» tritt?o>t »llä ^^LUrlivU: 4 U»rk bv?k. Ui»»». UioxilLv Hasuavr». lv kk. I»»er»t«i»prel»« r IBr <l«n kt»aos «iovr ^v»p»It«a«» k«titL»»l« tü kk. Vater „Lia^««»a<lt" äi« 2«il» »0 Kt. Irieliol»»»» D-Sliek mit Aasaidw« 6er 8oaa aaä k'eiertajx» Adeaä«! Mr äen folxenäea D»g DreMerMuMl. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. l»>eiai< »uuauliiue <»U!,«iirt>i; -> Lra»a/-tetter, 6ommi»«lc»QLr 6s» llresäaer äouraal«; RemdarU vsrlis Visa I-stpriz V»««I -vr«»l»u l r >stk i t ». N.: Daa««n-te«n -l l^i-Ater, L«rUa Visa-8»mbur<s kr»4-L»>priss-^»ukkurt ». N ilvavd«» Du<7 .U«.ve/ vsrit» :§. /c»r»»Äb, , Lr«m«a: D Kc/i/ü«e, >r»»I»u: D. tjür^u; 6v«ivit>c« />>. UreaLkart ». N.' F ^««Aer'^ve u. «7. D. V/err,»«»— »cd« ltnekk»n6Innk; 0örUl»: tr ^/a//rr,- L»imov»r 77 »' k»ri» 8«rlu> - krsutliun » U St»rl^»rt: Da«-« «c a».,- »RmdarGi D. L7e«<^<n, -1ä. Är»ner Ilerauvxeder Xüaigl. Lrpeciitioa 6e» OrssUoer 6vurv»a», Oreialea, Xvinjksrslru»»» klo SO. Amtlicher Theil. Dresden, 31. December 188V. Sr. Majestät der König hat die Oberleitung des Oberstallamte- dem Major ä I» »alt» der königlichen Adjutantur, Hermann von Ehrenstein mit dem Titel und Range eine» Bice-Oberstallmeister» zu übertragen geruht. Dresden, 31. December 1880. Se. Majestät der König hat dem Präsidenten de» Landgericht» Plauen, vr. Georg Otto Freiesleben, die au» Anlaß seiner Ernennung zum Reich»gericht»rath nachgesnchte Ent lastung an» seiner seitherigen Stelle und dem Staats dienste aüergnädigst zu bewilligen geruht. Ee. königliche Majestät hat den Landgericht-Prä sidenten Wehinger zu Dresden und Degner zu Leipzig das Comthurkreuz II. Elaste, den Landgerichts- Präsidenten von Koppenfels zu Bautzen und Wer ner zu Freiberg, sowie dem bisherigen Präsidenten de» Landgericht» zu Plauen, ReichsgerichtSrath 0r. Freie»leben, da» Ritterkreuz I. Elaste de- Verdienst orden» zu verleihen allergnädigst geruht. Se. Majestät der König hat allergnädigst geruht, den ersten Rath bei der Polizeidirection zu Dresden, Regirrung»rath von Bose, zum AmtShauptmann in Zwickau zu ernennen.*) Dresden, 1. Januar 1881. Se. Majestät der König hat den Landgerichtsdirector Bernhard Oskar Neu mann zu Dresden zum Präsidenten des Landgerichts Plauen und den Rath beim Landgericht Dresden, Johannes Heinrich Har draht, zum LandgerichtSdirec- tor in Dresden zu ernennen allergnädigst geruht. Dresden, 1. Januar 1881. Se. Majestät der König hat den Assessor beim Landgericht Dresden Karl Gustav Oertel zum Rath bei dem gedachten Landgerichte zu ernennen allergnädigst geruht. S«. Majestät der könia hat allergnädigst geruht, dem AmtShauptmann von Zahn zu Zittau das Ritter kreuz I. Elaste de» Verdienstordens zu verleihen. *) Wiederholt, veil nicht in sämmtlichen Exemplaren der letzt« Nummer zur Lusaahmt gelangt. Nichtamtlicher Theil. Ueterllcht. Telegraphische Nachrichten. Zritaugsschau. (Times. Daily New») Taaesgeschichte. (Dresden. Berlin. München. Wien. Prag. Buda - Pest. Paris. London. Dublin. St. Petersburg. Bukarest.) Zur orientalischen Frage. Dresdner Nachrichten. Feuilleton. Tageskalender. Inserate. Beilage. Proviazialnachrichtev. (Leipzig. Eolditz. Ehemnitz. Zwickau.) vermischtes. Statistik und Lolkswirthschaft. Eingesavdtes. B örsevnach richten. Telegraphische Witterungsberichte. Inserate. Telegraphische Nachrichten. Bremen, Montag, 3. Januar. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Gestern Nacht ist ein Tyeil des hart an der Weser gelegenen Weserbahahvfes in die Weser gestürzt, da das Bollwerk durch das Hochwasser beschädigt war.' Menschenleben find nicht zu beklagen. Lissabon, Sonntag, 2. Januar, Nachmittags. (W. T. B.) Die CorteS find heute eröffnet wor den. Die Thronrede d«S Königs weist auf die guten Beziehungen des Landes zu den fremden Mächten hin und dankt den auswärtigen Negie rungen, Rationen und Körperschaften für ihre Theilnahme an der Gedächtai-feier zu Ehren deS Dichters CamoknS. Ferner hebt dieselbe die leb hafte Betheiligung des inländischen und deS aut- läadischen CapitalS an der neu aufgenommenen Anleihe hervor. London, Montag, 3. Januar. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Die „Timet" bezeichnen als gegen Ir land in Anwendung zu bringende Represfivmaß- regeln die Aufhebung der ll»d«»8-tvrpu8-Act<, die zeitweilige Suspension deS SchwurgerichtSverfah- reuS und eine Beschränkung deS Verkaufs und deS Tragens von Waffen. Eine Meldung von „Reuters Office" auS Konstaatinopel von gestern bestätigt, daß die Pforte in einer Note ein europäisches Schiedsge richt abgelrhnt bat; jedoch soll die Pforte gleich zeitig den Zusammentritt von Delegirtev der Mächte, sowie Griechenlands und der Türkei in Konstantinopel zur Regulirung der türkisch - grie chischen Grenze vorgeschlagen haben. Der „Daily Telegraph" meldet auS der Cap stadt, Präsident Brand habe angezeigt, er könne die BoerS deS OrangefreistaateS von der Bethei- ligung an dem Aufstande der BoerS im Trans vaal nicht zurückhalten und dürfte gezwungen sein, seinen Posten niederzulegeu. St. Petersburg, Sonntag, 2. Januar, Abeads. (W. T. B.) Der Botschafter v. Ubril hat heute die Rückreise auf seinen Berliner Posten angetreten. Athen, Sonntag, 2. Januar, AbendS. (W. T. B j Die Drputirtrnkammer hat sich heute bis rum 27. d. M. vertagt, nachdem sie vorher den Gesetzentwurf über Aufnahme der 120-Millionen- aulrihe iu dritter Lesung genehmigt und den für den Monat Januar erforderlichen zwölften Theil der im Budget veranschlagten Ausgaben bewilligt hatte. Dresden, 3. Januar. DaS englische Labinet hält fast täglich Sitzungen, und wie die „Daily News" annehmen, wird am Donnerstag, bei Eröffnung der Parlamentssession, die Thronrede der Königin einen klären Abriß der Arbei ten bringen, welche von der Vertretung deS britischen Volkes erwartet werden, insbesondere auch bezüglich der irischen Angelegenheiten. Dem Anscheine nach werden gleichzeitig sowohl Zwangsmaßregeln rücksicht lich der gegenwärtigen ungeordneten Zustände aus der grünen Insel (eine Coercion Bill), wie auch Verbes serungsvorschläge betreffs der agrarischen Verhältnisse (Irish Land Bill) zur Debatte gestellt werden, und man darf sich auf eine bewegte Session gefaßt machen. In Südafrika entwickelt sich der Befreiungskrieg der Bewoh ner der ehemaligen Transvaa lrepublik bis jetzt sehr zu Gunsten derselben. England sendet Truppen zu ihrer Bekämpfung ab, jedoch erscheint eS bi» jetzt noch nicht ausgemacht, ob die Regierung auf der Absicht beharren wird, äußerste Gewalt in Anwendung zu bringen; denn auch in England selbst fehlt e» nicht an Stimmen, die zu Gunsten der Unabhängigkeit der BoerS plaldiren, und diese Frage wird, neben der irischen, breiten Raum in den demnächst zu gewärtigenden Parlamentsdebatten für sich zu fordern wissen. Noch einer Meldung der „Daily NewS" hat ein Triumvirat der BoerS einen Aufruf erlassen, m welchem die frühere Verfassung ver- theidigt und allen Gegnern Verzeihung angeboren wird; die Beamten können ihre Stellungen behalten; em englischer Eonsul wird zugelassen; die Ausgaben wäh rend der Annexion werden gutgeheißen; da- Stand recht wird proclamirt und der Gouverneur Lanyon zur Uebergabe aufgesordert. Die Verbindungen, aus genommen durch den Orangefreistaat, sind gänzlich unterbrochen. Man trachtete vor einigen Tagen das Publicum durch die Nachricht gegen die BoerS einzu nehmen, daß sie ihren ersten Sieg durch einen ver- rätherischen Ueberfall erfochten und an 200 englische Soldaten ohne vorherige Kriegserklärung mit kaltem Blute abgeschlachtet hätten, als diese ihrer Waffen ent blößt waren. Mr. Charles Russell, der als Bericht- erstatter vom Kriegsschauplätze in Südafrika über die Vertrauenswürdigkeit der officiellen Meldungen Er fahrungen zu sammeln Gelegenheit hatte, warnte so fort das Publicum, diesen unverbürgten Nachrichten Glauben zu schenken, und that recht daran. Wir wissen heute schon, daß die Engländer zuerst auf die BoerS schossen und daß diese dann erst zum Angriff über gingen. Dieser eine Sieg zeigt aber und bestätigt die früheren Erfahrungen über die KriegStüchtigkeit der holländischen Bauern, die von Jugend auf an das Buschleben gewöhnt, im Sattel ausgewachsen und im Gebrauche der Büchse und des Waidmessers geübt, ausgezeichnete Soldaten abgeben. Ihre Zahl, die min destens 9000 beträgt, ist der ihnen momentan gegen überstehenden englischen Macht von circa 5000 Mann numerisch überlegen, was jedoch zum großen Theile durch den gänzlichen Mangel an Arllüerie auf Seite der Boers aufgewogen wird. 2 Regimenter Eavallerie, dann 1000 Mann Infanterie und mehrere Batterien sind inzwischen von England und von Indien aus bereits zur Verstärkung der königl. Truppen auf dem Wege nach dem Kriegsschauplätze. Gladstone hat bekanntlich früher, als er noch der Opposition angehörte, für die BoerS Partei ergriffen und die Annexion Transvaals bekämpft. Jetzt hat man sich der BoerS auch in ibrem Mutterlande Holland angenommen. In Utrecht yat Professor Hartung eine an die britische Nation gerichtete Adresse zur Unter zeichnung aufgelegt, damit die öffentliche Meinung England- das Cabinet von St. James veranlasse, den holländischen Boers ihre frühere Unabhängigkeit wieder zu geben. Die Adresse lautet folgendermaßen: .An da- Bolt von England! Mit tiefem Interesse haben die Unterzeichneten, alle hol ländische Bürger, die neuesten Ereignisse versolgt, welche das Bolk von Transvaal, durch Abstammung unser eigenes Fleisch und Blut, betreffen Und wir können nicht länger das Be fühl des Staunens und Bedauerns unterdrücken, das wir empfanden, al» die letzte Regierung von England das Bolk von Transvaal seiner nationalen Unabhängigkeit zu berauben und sein kleines Territorium der Administration der bri tischen Krone einzuverleiben beschloß. E» würde nutzlos sein, hier auf die Gründe für unser Staunen und Bedauern einzugehen. Schon haben viele unter unS, besonder« unser Premierminister, einen energischen Pro test gegen die Annexion von Transvaal als einen so unpoli- litischen wie ungerechten Act erhoben Noch hegte das Bolk von Transvaal die Hoffnung, und sicherlich nicht unverstän dig, daß da- ihm angethane Unrecht wieder gut gemacht wer den würde. Doch da alle seine Erwartungen getäuscht worden sind, ist jetzt seine Geduld erschöpft und hat es aus Verzweif lung zu den Wassen gegriffen Wir mögen diese That beklagen, können dieselbe jedoch begreiflich finden. Denn sind seine Vor jahren nicht dir unsrigen, die Männer, welche 80 schwere Jahre für die Erhaltung ihrer nationalen Unabhängigkeit kämpften? Und sollte der Beist seiner Ahnen unter ihm erloschen jein? Rein, Briten, ihr, selbst ein freie» Bolk, ihr könnt nicht an der-, al» mit einer, wenn auch vergleichsweise unbedeutenden Rationalität, Mitgefühl zu haben, welche Eure machtvolle Regierung zwar auSrolten oder über andere Niederlassungen zerstreuen kann, die sich jedech niemals unterjochen lassen wird. Diese» Bejühl ist eS, welches un» ermuthigt, diesen Appell direkt an das Berechtigkeitsgesühl der britischen Nation zu richten. DaS Bolk von England kann die Unehre nicht er tragen, welche unausbleiblich aus einem Kampfe rrsultiren muß, der sowohl ungleich wie ungerecht ist, ans einem Kampfe mit einer machtlosen Nationalität, mit einem Bolle, das nichts weiter wünscht, al« in Ruhe und Frieden zu leben unter eigenen Besetzen und den Boden bebauend, welcher ihr eigen und unter Gefahr und Noth erworben ist. Noch haben wir die Hoffnung, daß dieser unser Appell nicht ganz unbe achtet bleibt Wir sind noch geneigt, zu glauben, daß die Stimme der öffentlichen Meinung der gegenwärtigen Re gierung von England eine so mächtige Stütze gewähren wird, um Ihrer Majestät Minister in den Stand zu setzen, einen Act der Ungerechtigkeit zu beseitigen, welcher, nach de- Ea- binet» liberalen Besinnungen zu urtheilen, seiner eigenen Ansicht zusolge niemals hätte geplant und ausgesührt werden sollen." Profesfor Hartung macht in dem „Utrechter Jour nal" den Vorschlag, diese Adresse nicht blos den eng lischen Journalen, sondern auch den Mitgliedern deS Parlaments, und den Mayors und Aldermen aller größeren englischen Städte zuzusenden und in London öffentlich anschlagen zu lassen oder eine Deputation nach London zu senden, welche die Adresse im Namen des niederländischen Volkes den Vertretern deS eng lischen Volkes zu überreichen hätte. Die Unterschriften unter der Adresse mehren sich von Tag zu Tag. Sir Bartle Frere widerspricht m einer Zuschrift an die „Times" deren Behauptung, er habe den Boers den Glauben beigebracht, daß er ihr Gesuch um Rückgängigmachung der Annexion unterstützen werde. Er thut dies durch Citate auS den Blaubüchern über Südafrika, und eS läßt sich gegen die Widerlegung kaum etwas einwenden, außer vielleicht, daß er über haupt die Uederjendung der Bittschriften der Boer- feiner Zeit hätte ablehnen sollen. Dadurch, daß er sich zu deren Uebermittelung bereit erklärte, hat er doch der Hoffnung auf Erfüllung der Bitte Vorschub geleistet, so sehr er auch betonte, daß das Gesuch keine Aussicht habe, gewährt zu werden. Im Grunde aber ändert,- diese ganze Polemik nichts an der jetzigen Lage, die, soweit nach den widersprechenden Meldungen zu erkennen ist, sich jedenfalls ernstlich genug gestaltet hat, um dem Mutterland« schwere Opfer aufzuerlegen. Ueberraschend »st eS, in den „Times" den Rath zu finden, den Basutos entgegenzukommeu und nicht auf bereu Entwaffnung zu bestehen. Die „TimeS" befür worten dies zwar nicht direct, aber mittelbar zielt der Artikel darauf ab. Sir CH. E. Trevelyan, nicht zu verwechseln mit dem ParlamentSmitgliede und jetzigen Secretär der Admiralität George Otto Trevelyan, ver öffentlicht einen Brief an die „Times", in dem er ebenfalls mit Bezug auf Südafrika ein völliges Ver lassen der bisherigen „imperialistiichen " Politik empfiehlt, die dem Lande nichts, als Unheil gebracht und gegen die sich dasselbe bei den allgemeinen Wahlen erklärt habe. Er empfiehlt die Politik Cannmg's, und als früherer indischer Beamter weift er aus Indien hin, um darzulegen, daß kleine Staaten unter dem Schutze und Einflüsse Englands sich besser bewährten, indem sie sich m natürlicher und gesunder Weise entwickeln, wenn man es ihnen überläßt, ihre inneren Angelegen heiten nach eigenem Gutdünken zu verwalten; sie haben dann kemen Grund, sich gegen Eng.and zu empören. Der Secretär der „Gesellschaft zum Schutze der Ur völker" bekämpft in einer Zuschrift an die „Times" ebenfalls die Politik der Regierung gegenüber den Basutos. England habe nichts gcthan, um die Ein geborenen mit der Colomalherrschaft zu versöhnen, noch ihnen die Sicherheit gegeben, daß sie als Unier- thanen der Königin deren Schutz genießen würden. Die „Daily News" constatiren, daß man in der ganzen Capcolonie und in Natal das lebhafteste Mit gefühl für Transvaal hegt; nur einige Küstenstädie, wie Port Elizabeth und Durban, seien englisch; der Feuilleton. Nedigirt von Ott» Ba»<t. K. Hofthrater. — Neustadt. — Am 2. Januar zDer Secretär". Lustspiel in 3 Acten von Ernst" Wichert. (Zum ersten Male.) Unsre Regie, in diesem Falle durch Hrn. Richelsen mit gewohntem Eifer vertreten, hatte viel Mühe und aufrichtigen Fleiß daran gewandt, das nun einmal ge wählte Stück mit möglichster Tüchtigkeit der Bühnen technik in Scene gehen zu lassen. Der Verlauf zeigte die» gar erfreulich. Die Annahme der dreiactigen Novität findet eine natürliche Erklärung in der Thatsache, daß Wichert zu unsern gewandteren Versorgern de» Bühnenreper- toire» gehört und sich durch einige an muntern Ein fällen und drastisch glücklichen Scenen keine-weg» armen Piecen einen Vertrauen erweckenden Ramen er worben hat. Vielleicht hat diese» gute Renomm» nicht nur ver schiedene Theaterregien und da» zahlreich sich einstel- lende Publicum, sondern vorher auch bereit» den Autor selbst in Täuschungen eivgewiegt. Er baute zu sicher und sorglo» auf seinen günstigen Stern, der die» Mal jedoch nicht über ihm stand, oder mindesten» nicht iu »olleulosem, sondern sehr bewölktem Himmel. Die allgemein sichtbare Neigung de» Publicum», mit Vorliebe die Restaurationen, Gasthäuser, Bäder uud öffentlichen Verguügungtlocale zu beleben, hat «unding» verschiedene Autoren veranlaßt, die Scenen ihre» SÄcke« auf eia Terrain zu verlegen, »o Wirthe, Kellner uud Gäste auS- und einpassiren, und sich ohne besondere Motivirung zufällig zusammenfinden, um ebenso zufällig kleine, locker an einander gereihte Actionen, die man sehr irrthümtlch ein Lustspiel nennt, auf diesem ungenirten, neutralen Terrain abzuspielen. Auch die alte Lomödie aller deutschen Comüdien„Minna von Barnhelm" spielt in einem Gasthause, freilich hat der große Dichter darüber die feinste Charakterzeich nung und die au» dem Wesen der Personen hervor- gehende Handlung nicht vergessen. In neuester Zeit sind diese Hauptbedingungen zur Nebensache geworden. Es passirt in den Stücken Mancherlei, doch gehandelt im psychologischen Sinne de» Worte» wird fast gar nicht mehr. Diesem Fehler muß auch der Wichert'sche „Secre tär" zum Opfer fallen, um so mehr, als Da», wa» passirt, ungemein nichtig und interesselos, in seinen Wurzeln oft sogar frivol ist und daneben dem Stücke alle» Da» fehlt, wa» man dankbare Rollen nennt. Niemand, weder Frl. Ulrich, noch Frl. Guinand, Bormann und v. Ernest, noch die Herren Jaffs, Richelsen, MatkowSky können au» ihren mageren Partten (Theophile, Lina, Anna, Clara, Steinbach, Bernhard, Wenig, Watt) etwa» Fesselnde» gestalten, sie mögen sich bestreben, wie sie wollen. Hier scheitern Fleiß wie Talent. Die Rolle de» KanzleiratHS Wenig, der al» vollkommener, über seine eigenen Beine stol pernder Troddel gezeichnet ist, trotzdem aber eine noch flotte Wittwe, freien muß, ist ein Laricaturbild, dessen Humor in^widerlichen Albernheiten gesucht, doch vom gesunden Sinne der Zuschauer nicht gesunden wird. Diese Dürftigkeit macht aber da» Stück nicht etwa leicht spielbar, denn e» gehört viel Präcision dazu, da» Ensemble zu ermöglichen und in dieser Beziehung that unser Personal in sehr anrrkennenSwerther Weise seine Schuldigkeit. O. B. Ein Crimiualproceß. Erzählt von I. v. Unger. (Fortsetzung zu Nr. 1.) Sehr befriedigt kam ich Ende Juni von einem mehrtägigen Ausflüge zurück. Auf dem Schreibtisch lag eine Collection von eingelaufenen Briefen. „Oeffne doch diesen großen zuerst", sprach meme Frau, „er trägt ein Gerichtssiegel; vielleicht bist du etwas ge worden, oder wir haben eine Erbschaft gethan." Nun, die Ueberraschung war nicht angenehm. Ich wurde bei Androhung großer Geld- bez. Gesängniß- strafe ausgefordert, mich am 1. Juli Morgens 9 Uhr im Gerichtsgebäude zu Wolfenbüttel zu der dritten diesjährigen Quartalssitzung als Geschworner einzufin- den. Unter den neun abzuurtheilenden Fällen stand al» letzter verzeichnet: gegen den Militärkrankenwärter M. wegen Giftmordes. Die am 1. Juli beginnende Quartalssitzung kam mir in mancher Hinsicht höchst ungelegen. Doch tröstete ich mich bald Es standen viel interessante Fälle auf der Tagesordnung, und namentlich war der letzte Fall völlig dazu angethan, eine <»usv oslebrv zu werden; so viel war trotz alle» Geheimhalten» dennoch in die Oeffentlichkert gedrungen. Man wußte bereit» mit Sicherheit, der Angeklagte würde verurtheilt werden. So rasch mit dem Urtheil bei der Hand sein, ist da» sichere Kennzeichen von geistiger Beschränktheit und Mangel an Erfahrung. Hier konnte ich melleicht die Befähigung m die Wagschal« Wersen, welche ein vier jährige» Studium der Rechtswissenschaft und vielfaches Umhergeworftnsem in allen möglichen Lagen und Ver hältnissen mir gegeben hatte. Als gar Abends ein Freund von freien Stücken dasselbe gegen mich aus sprach, zimmerte ich mir mit Beihilfe der Eitelkeit rasch eine „Mission" zurecht, und war zuletzt sehr geneigt, einen ganz besondern Finger Gottes darin zu erblicken, daß dies Mal mein Name der Wahlurne entstiegen war. * » Die Verhandlung im Justizgebäude begann. „DaS Schreckniß, das der Ort mir offenbart", und was sich für mich weiter daran knüpfte — „ich werd' eS jetzt mit schlichten Worten sagen." So theilnahmloS sich das Publicum bei den übrigen Fällen des Quartal» verhalten hatte, so aufgeregt war eS bei diesem letzten. Als wir zwölf zum Richteramt ausersehene Männer in den Saal traten, unsere Sitze einzunehmen, drängte sich >m Zuschauerraume Kopf an Kopf, und weit hinaus auf dem Corridor sah man durch die geöffnete Thüre die neugierige Menge stehen. Bald erhob sich ein lautes Gemurmel: der Ange klagte ward eingesührt; er nahm uns gegenüber Platz Es war ein Mensch, dessen Anblick sosort lebhafte Theilnahme einflößte, und der einen scharfen Gegensatz zu den Spitzbuben bildete, über welche wir in den Tagen vorher das Urtheil gesprochen. M. war 27 Jahre alt; sein Gesicht regelmäßig und gut geschnitten; die Bläffe desselben wurde durch das reiche dunkle Haar und den vollen dunkeln Bart erhöht. Ohne di« mindeste Affeclion oder Frechheit, mit vollkommener Ruhr betrat er den Raum und ließ sich nieder; bei jeder vom Präsidenten des Gerichtshof«» an ihn ge-
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